Alexander Kluge

Geschichten vom Kino

Cover: Geschichten vom Kino
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006
ISBN 9783518419045
Gebunden, 351 Seiten, 22,80 EUR

Klappentext

Seit etwa 120 Jahren rattern die Kinoprojektoren, geräuschvoll und unaufhaltsam. Die Filmgeschichte ist jung. "Sie ist nicht älter", sagt Alexander Kluge, "als meine Großmutter mütterlicherseits." Die 120, zum überwiegenden Teil neuen Geschichten dieses Buches sind literarische Erzählungen in der kurzen und gewohnt lakonischen Art des Autors Kluge. Zugleich aber zeigen diese Geschichten die tiefe Zuneigung, die den Regisseur Kluge über mehrere Jahrzehnte seines Berufslebens (immerhin ein Fünftel der Filmgeschichte) mit dem Filmemachen verbunden hat. Die Geschichten handeln davon, wie die Kamera erfunden wurde, und von dem Elan, mit dem sich die Menschenmassen das frühe Kino aneigneten. Es wird gezeigt, wie der Film alles Unheil des 20. Jahrhunderts "getreu", aber "blind" begleitete. Es geht um den Anti-Realismus des Gefühls, mit dem das Kino darauf beharrt, ein "Magazin des Glücks" zu errichten, und wie zäh und fachkundig die Zuschauer darauf achten, dass die Happy-Ends und die Trauer an der rechten Stelle stehen. Erzählt wird vom Filmemachen und von Filmemachern, von der Vielfalt der Grautöne im Schwarzweißfilm und von der Utopie, die im "Prinzip Kino" versteckt ist. Und die nicht untergeht, wenn jüngere Medien das Kino zu überholen suchen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 03.08.2007

Alexander Kluge schätzt der Rezensent als entspannten wie witzigen Erzähler, der Adornos Traum vom "glücklichen Unsinn" inmitten von Verstandesdingen wahr macht. Kluges Prosa hält Sascha Michel für einzigartig, weil hier die philosophische Kategorie der Kontingenz Thema und Formprinzip zugleich ist. Ein Grund auch, warum Kluges Beschäftigung mit dem Kino für Michel Sinn macht. Schließlich fußen die Materialität des Films und seine gesellschaftliche Bedeutung auf Kontingenzen. Kluges lakonischen, zugleich enzyklopädischen Stil kann Michel gut vertragen und folgt dem Autor auf manches Nebengleis, ohne mit Beliebigkeit konfrontiert zu werden.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.05.2007

Als hätte Fritz J. Raddatz zwei Bücher gelesen, ist seine Besprechung von Alexander Kluges "Geschichten vom Kino" Lobgesang und Verriss. Zunächst preist Raddatz hymnisch Kluges "gar seltsam konstruiertes Gehirn", das einen scheinbar nüchternen Bericht über die technischen Vorzüge der Blende eine ganze "Philosophie der Unwahrscheinlichkeit" werden lasse. Mit Lakonie und der "Lust am Spiel zwischen Leichtigkeit, Ernst, Bildung, und tieferer Bedeutung" konnte Kluge den Rezensenten eine ganze Zeit lang bei Laune halten, der die Geschichten über Marlene Dietrich, einen Schlager über die Marneschlacht oder Joris Ivens' Film "Regen" regelrecht verschlang. Doch irgendwann gegen Ende des Buches, man erfährt nicht genau wann, verliert Raddatz die Lust. Dann nämlich verplaudere sich Kluge und reihe Anekdoten und Wissen "pointenlos" aneinander, wie Raddatz schimpft: "Das ist das Prinzip Wikipedia."

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.04.2007

Stefan Grissemann lobt Alexander Kluges "Geschichten vom Kino" als ein "schönes und hellsichtiges" Buch. Er würdigt den Autor als "kreativen Universalisten", in dessen Arbeit Literatur, Musik, Film, Fernsehen und Wissenschaft permanent ineinander fließen. Der vorliegenden Band scheint Grissemann typisch für Kluge: angesiedelt auf dem "weiten Feld zwischen Recherche und Fantasterei" und strotzend vom einzigartigen Assoziationsreichtum des Autors. Seine Reflexionen zum Kino teile Kluge ein in short stories, Erzählfragmente, kleine Gespräche und knappe Handlungsumrisse. Besonders bewundert Grissemann dabei "konzeptuelle und stilistische Leichtigkeit", den "lakonischem Witz" und die "differenzierte, unsentimentale Sprache" Kluges.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.02.2007

Lothar Müller lässt sich von der Liebe gerade zur frühen Filmkunst, die aus Alexander Kluges "Geschichten vom Kino" spricht, in den Bann ziehen. Der Autor erzählt in kurzen Episoden und Anekdoten von Gedanken, Erlebnissen, Reflexionen und Träumen vom Kino, wobei dem Leser einige bekannte Figuren aus dem Kluge-Werk begegnen, die hier wieder auftauchen, erklärt der Rezensent. Kluges Liebe gilt dem cinema impur, in dem die Wege zwischen "Scheinwerfern und der Sonne" noch kurz seien. Er hat die Hommage an den Film der Schwarz-Weiß-Ära genauso gern gelesen wie die Geschichten über Filmemacher und Schauspieler wie Edgar Reitz, Volker Schlöndorff oder Alfred Edel. Am meisten berührt aber hat ihn das Protokoll eines Gesprächs zwischen Kluge und Jean-Luc Godard im Anhang, auch wenn uns Lothar Müller nicht verrät warum.
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