Spätaffäre

Die Welt-Insel

Vorschläge zum Hören, Sehen, Lesen. Wochentags um 17 Uhr
22.04.2014. Der Rolling Stone beobachtet den steigenden Heroinkonsum in den USA. Die Dublin Review of Books analysiert die eurasischen Ideologien hinter Putins Expansionsstreben. Das BR-Feature "Artcore" beleuchtet die neue Verschmelzung von Filmkunst und Pornografie. Und die arte-Mediathek zeigt Claude Sautets wunderbaren Film "Mado" von 1976, mit Michel Piccoli und Romy Schneider.

Für die Augen

Arte bringt einen Klassiker des französischen Kinos von Claude Sautet: "Mado" handelt von einem überschuldeten Immobilienhändler (Michel Piccoli), der sich von seiner Geliebten Mado (Ottavia Piccolo) Tipps zur Rache an einem Kredithai geben lässt. Hier in der Mediathek. (120 Min.)

Passend dazu ist Frederick Bakers Porträtfilm über Sautets Lieblingsheroine zu sehen, die große, traurige Diva des europäischen Kinos: "Romy Schneider - Eine Frau in drei Noten". Ebenfalls in der arte-Mediathek in voller Länge zu sehen. (91 Min.)
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Für die Ohren

Mit seinen beiden "Nymphomaniac"-Filmen (hier und hier unsere Kritiken) hat Lars von Trier die Frage nach dem Verhältnis von Pornografie und Autorenfilm neugestellt. Im br-Feature "Artcore" gehen Markus Metz und Georg Seeßlen der Frage nach, was diese Verschmelzung disparater Filmkonzepte für die Zukunft des Kinos bedeuten könnte. Hier zum Nachhören. (50 Min.)

Mit gleich drei Sendungen hat sich der Deutschlandfunk in seiner Sendereihe "Essay & Diskurs" am vergangenen langen Wochenende mit dem Ersten Weltkrieg befasst. Alle drei Sendung sind nun online nachhörbar. Dominik Geppert betreibt Ursachenforschung (hier - 29 Minuten). Oliver Janz beschäftigt sich in "Der Erste Weltkrieg als Weltkrieg" mit der historischen globalen Perspektive auf die Ereignisse der Jahre 1914 bis 1918 (hier - 28 Minuten). Robert Gerwarth befasst sich mit den Folgen des Ersten Weltkriegs auf den Verlauf des 20. Jahrhunderts (hier - 29 Minuten).
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Für Sinn und Verstand

Höchst aktuell liest sich Pádraig Murphys gelehrter, aber gut zu lesender Hintergrundartikel in der Dublin Review of Books zur Geschichte des russischen Expansionsstrebens, des Panslawismus und des Eurasismus, als dessen heutigen Ideologen er Alexander Geljewitsch Dugin benennt, der schon bei mancher Reise im Tross Putins mitreiste. "Dugin ist ein Anhänger Sir Halford Mackinders (1861-1947), also jenes Geopolitikers, der den Begriff des 'Heartlands' oder der 'Welt-Insel' einführte, worunter er die eurasische Landmasse verstand: 'Wer über die Welt-Insel herrscht, herrscht über die Welt.' Er kontrastierte diesen Begriff mit dem 'Seeland', also mit jenen geopolitischen Sektoren, die von Seemächten wie Großbritannien und später den USA beherrscht wurden. Dugin sieht Russland als Beherrscher des 'Herzlandes' und benutzt diesen Begriff fortwährend. Er greift dabei stets auf die Slawophilen zurück, die seiner Ansicht nach stets einen Begriff des 'Herzlandes' hatten, anders als die Westler." Das Dumme ist dabei, so Murphy, dass das "Herzland" weit größer ist als das heutige Russland.

In Amerika ist erstmals wieder der Heroinkonsum deutlich gestiegen, berichtet David Amsden im Rolling Stone. Und nicht nur in New York oder anderen großen Städten, sondern auch in so dünn besiedelten und relativ wohlhabenden Staaten wie Vermont. Hier werden jede Woche für zwei Millionen Dollar Opiate verkauft, bei 626.000 Einwohnern. Inzwischen kennt fast jeder jemanden, der an der Nadel hängt. Einer der Gründe, so Amsden in seiner Reportage, ist die bis vor kurzem noch fast unkontrollierte Verschreibung von Schmerzmitteln. So geriet auch die junge Eve, die Probleme hatte mit Eltern und Lehrern, an die Nadel: "Ihr Großvater war gerade an einem Hirntumor gestorben, er hinterließ einen Medizinschrank voll mit dem starken Opiat OxyContin, eine Substanz, die nach Eves Verständnis von den Ärzten verschrieben wurde, 'um den Schmerz zu vertreiben'. Sie schluckte eine Pille. Die Sensation, die sie fühlte, war verführerischer als alles, was sie jemals gefühlt hatte. Zu Hause, dachte sie. Das ist zu Hause. 'Ich konnte mit mir allein sein', sagte sie, 'ohne auszuflippen.'" Einige Zeit später lernte sie einen Jungen kennen, der Heroin spritzte. "Junkies, dachte sie, sind Leute die an Orten leben wie der Bronx oder Baltimore, nicht mitten in Vermont. Aber bald kannte sie mehr Leute, die spritzten und Eves Schock verwandelte sich in Neugier. Die ätzende Reputation des Heroins schrumpfte durch die Tatsache, dass jeder es mit einer Droge verglich, die sie schon ausprobiert hatte: 'Es ist wie Oxys', hörte sie immer wieder, 'nur billiger.'"