Spätaffäre

Schöpfungskraft wächst durch Beschränkung

Vorschläge zum Hören, Sehen, Lesen. Wochentags um 17 Uhr
14.03.2014. Matthew Barney berichtet im SZ Magazin von seiner Arbeit. Apichatpong Weerasethakul lädt auf Arte ins "Mekong Hotel". Dradio Kultur entwirrt das Dickicht der Interessenslagen um Russland und die Ukraine. John von Düffel redet über Wasser. Und Orson Welles über Gott und die Welt.

Für die Augen

Arte bringt Apichatpong Weerasethakuls Kurz-Spielfilm "Mekong Hotel", ein sanfter, nostalgischer Film: Der Regisseur "vermeidet jegliche Exotik-Klischees. Stattdessen nimmt er den Zuschauer mit auf eine gefühlsstarke und kontemplative Reise", schreibt der Programmtext. Einen Bonustrack zu Weerasethakuls "Uncle Boonmee" verspricht Maggie Lee in Variety (hier weitere Stimmen zum Film bei KeyframeDaily). Und hier der Film in voller Länge. (57 Min.)

Bei Youtube sind alle sechs Episoden von "Orson Welles' Sketch Book" zu sehen, einer TV-Serie aus dem Jahr 1955, in deren 15-minütigen Folgen der große Regisseur und Schauspieler amüsant und anekdotenreich von den Anfängen seiner Karriere und seiner Beziehung zu Kritikern erzählt, aber auch ernste Themen wie die Polizeigewalt gegen den farbigen Kriegsveteran Isaac Woodard anspricht:

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Für die Ohren

Eine Breitband-Sendung von Deutschlandradio Kultur beschäftigt sich mit "alten Konflikten und neuen Dystopien" - sprich: mit dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland, über den auf allen Kanälen rund um die Uhr berichtet wird. Es ist der Versuch, das "Dickicht der Interessenslagen ein wenig zu entwirren". Zu Wort kommt u. a. Gemma Pörzgen, Osteuropa-Journalistin und Reporter ohne Grenzen-Vorstandsmitglied. (55 Min.)

Dass John von Düffel gern schwimmt, ist seit seinem Romandebüt "Vom Wasser" kein Geheimnis mehr. Er schrieb weitere Romane, Essays und Theaterstücke. Ulrich Fischer unterhält sich auf NDR-Kultur mit von Düffel über seine "Wassererzählungen", über seine Stücke und Arbeit am Theater. (26 Min.)
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Für Sinn und Verstand

Am Sonntag eröffnet im Münchner Haus der Kunst eine große Ausstellung des amerikanischen Videokünstlers Matthew Barney, am Abend wird sein neuer Monumentalfilm "River of Fundament" (Laufzeit mit Pausen: sechs Stunden) in der Bayerischen Staatsoper uraufgeführt. Im SZ-Magazin gibt Barney Tobias Haberl eines seiner seltenen Interviews und gewährt Einblick in sein Arbeitsprozess: "Ein Muskel wächst durch Widerstand. Schöpfungskraft wächst durch Beschränkung. Ich bin in meiner Arbeit abhängig von Widerstand... Ich empfinde es als Befreiung und existenzielle Erfahrung, Kontrolle abzugeben, und zwar an das Werk, das ich selbst geschaffen habe. Man könnte sagen, ich arbeite an einem Organismus, der einer von mir festgelegten Logik folgt und sich ab einem gewissen Punkt selbstständig weiterentwickelt. Auf einmal richtet dieser Organismus Forderungen an mich, auf die ich reagieren muss, und zwar instinktiv. Dadurch entsteht ein Kampf, den ich auch verlieren kann, vielleicht sogar verlieren muss." (Links ein Filmstill aus "River of Fundament".)


Schriftstellern wird häufig vorgeworfen, sie lebten in intakten Scheinwelten und seien von den relevaten Geschnissen ihrer Zeit entrückt. Wie groß der Graben wirklich ist, zeigt sich immer dann, wenn ein Autor versucht, ihn zu überwinden. Zum Beispiel Lorrie Moore, die sich in ihren Kurzgeschichten lange Zeit erfolgreich auf die gebildete amerikanische Mittelschicht konzentrierte, bis sie begann, Themen wie Terrorismus und Krieg einfließen zu lassen - und ihnen damit jegliche Plausibilität und Glaubwürdigkeit nahm, wie Alex MacGillis in New Republic feststellt: "Meinetwegen können sich Schriftsteller gerne stärker auf die Welt einlassen. Aber wenn man nicht willens ist, einen minimalen Aufwand zu betreiben, um sich mit ihr auseinanderzusetzen, dann sollte man wohl besser dem Diktum aus 'Fawlty Towers' folgen: don't mention the war."