Snapshots Blog - von Sascha Josuweit

Ein Hacktivist steigt aus

Von Sascha Josuweit
12.05.2014. Aleatorisch Bildmaterial, Netznews und Gossip verarbeitend erkundet unser Autor die Möglichkeiten eines Parallelfeuilletons
Eines Morgens im November schob jemand einen Zettel unter Ramis Wohnungstür in Hama. Es war eine Einladung von der Syrian Electronic Army …
Abb.: Flucht vor dem syrischen Falken (maskiert)

Eines Morgens im November schob jemand einen Zettel unter Ramis Wohnungstür in Hama. Rami öffnete, aber da war niemand. Der Zettel war eine Einladung von der Syrian Electronic Army, einem losen Verband von Hackern, der, wie man sich erzählte, im Dienst des Regimes in Damaskus stand. Als Hinweis auf den Absender war der Falke der Quraisch, das Wappentier Syriens, auf das Papier gedruckt. Er hatte gewusst, dass es so kommen würde. Und er wusste, was er zu tun hatte. Er packte seine Sachen und schaffte es irgendwie über die syrisch-türkische Grenze nach Kilis. Bis man ihn ausfindig machte, hatte Rami unerkannt in Hama gelebt. Die Leute glaubten, er arbeite in dem Lebensmittelladen seines Onkel Nowir. In Wirklichkeit arbeitete er an der Entwicklung einer App, die es ermöglichen sollte, Scud Raketen zu erfassen und ihren ungefähren Einschlag zu berechnen. Diese App konnte Leben retten. Die von Zivilisten, aber auch die von Oppositionellen. Für die syrische Armee zu arbeiten, kam für Rami nicht infrage, elektronisch oder nicht. Die App gibt es tatsächlich. Nicht Rami, ein anderer hat sie programmiert.