Marktplatzangebote
10 Angebote ab € 7,90 €
  • Gebundenes Buch

Der Astronom Johannes Kepler, dem diese konkurrenzlos aktuelle Biographie ein umfassendes Porträt widmet, zählt zu den Begründern der modernen Naturwissenschaft. Er entdeckte die Gesetze der Planetenbewegung und trieb die Erforschung des Universums voran. Sein Lebensweg entfaltet sich vor dem historischen Panorama einer Wendezeit, die der Dreißigjährige Krieg bis in die Grundfesten erschütterte. Tycho Brahe, Rudolf II., Wallenstein und Galilei waren Keplers Zeitgenossen. Der Mutter drohte der Scheiterhaufen wegen Hexerei. In Briefen gewährt Kepler berührende Einblicke in sein Innerstes. Der…mehr

Produktbeschreibung
Der Astronom Johannes Kepler, dem diese konkurrenzlos aktuelle Biographie ein umfassendes Porträt widmet, zählt zu den Begründern der modernen Naturwissenschaft. Er entdeckte die Gesetze der Planetenbewegung und trieb die Erforschung des Universums voran. Sein Lebensweg entfaltet sich vor dem historischen Panorama einer Wendezeit, die der Dreißigjährige Krieg bis in die Grundfesten erschütterte. Tycho Brahe, Rudolf II., Wallenstein und Galilei waren Keplers Zeitgenossen. Der Mutter drohte der Scheiterhaufen wegen Hexerei. In Briefen gewährt Kepler berührende Einblicke in sein Innerstes. Der Rückgriff auf bisher kaum bekannte Dokumente garantiert die Lebendigkeit der Darstellung, die sich stets auf neuestem Wissensstand bewegt. Die Errungenschaften Keplers, der auch als Naturphilosoph, Mathematiker und Theologe wirkte, werden allgemein verständlich in das Lebensbild verwoben.
Autorenporträt
Thomas Posch ist Forscher, Sachbuchautor und Schriftsteller. Er promovierte in den Fächern Philosophie (2002) und Astronomie (2005), habilitiert seit 2011 und ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universitätssternwarte Wien. Er ist Verfasser von über 100 Publikationen in Fachzeitschriften zu astronomischen, mineralogischen, wissenschaftshistorischen und philosophischen Themen. Außerdem ist er seit 2014 Vorsitzender des Arbeitskreises Astronomiegeschichte in der Astronomischen Gesellschaft.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.06.2017

Das Ende der Kreise

Der Weltharmonie auf der Spur: Thomas Posch legt eine Biographie Johannes Keplers vor und würdigt die ökumenische Gesinnung des Astronomen.

Am 10. Juli 1600 verfinstert sich der Mittagshimmel über Graz. Der Mond schiebt sich vor die Sonnenscheibe. Um das Himmelsschauspiel zu verfolgen, hat sich Johannes Kepler mit einem selbst gefertigten Projektionsapparat zum städtischen Marktplatz begeben. "Während ich . . . auf die Errichtung eines Gestells unter freiem Himmel bedacht war, hat ein anderer die Gelegenheit wahrgenommen, um eine andere Finsternis zu erforschen. Er hat zwar nicht bei der Sonne, aber in meinem Geldbeutel ein Schwinden verursacht, indem er mir 30 Gulden weggenommen hat. Wahrlich eine teure Finsternis!"

Bis heute steht der Name Kepler für jene Naturgesetze, denen Planeten und andere Himmelskörper folgen. Wie humorvoll der bedeutendste deutsche Naturforscher seiner Epoche bei aller mathematischen Strenge war, erfährt man beim Lesen der Kepler-Biografie von Thomas Posch. Manch einer wird sich bei der darin geschilderten Szene an den Philosophen Thales erinnert fühlen, der beim Beobachten der Sterne in den Brunnen fällt und von den Thrakerinnen darüber verlacht wird. Und so wie Platon der Thales-Geschichte eine Wendung gibt, erlebt man es auch bei der Lektüre dieses Buches: Wenn es um wesentliche Fragen geht, machen sich nicht die Naturphilosophen lächerlich, sondern die Spötter.

Posch stellt uns Kepler als einen Forscher vor, dessen Neugier auch in schwierigen Lebenssituationen nicht erlischt. Nachdem er seine Stelle als Lehrer an der Evangelischen Stiftsschule bereits verloren hat, verweist man den Achtundzwanzigjährigen im Sommer 1600 des Landes. Wie alle Protestanten müssen er, seine Frau und seine Stieftochter die katholische Steiermark verlassen. Dennoch erzählt Kepler in dem eingangs zitierten Brief, den er wenige Tage vor der Verbannung schreibt, zunächst nicht von Verhören, persönlichen Bedrohungen oder Bücherverbrennungen, sondern von der Beobachtung der Sonnenfinsternis, den Erkenntnissen, die er dabei gewonnen, und - mit der ihm eigenen Selbstironie - dem Geld, das er verloren hat: etwa zwei Monatsgehälter.

Thomas Posch, selbst Astronom und Mitarbeiter der Universitätssternwarte Wien, weiß Keplers Himmelsbeobachtungen bestens einzuordnen. Während er ihn auf seinem Lebensweg begleitet, lässt er zugleich die lange und verschlungene Geschichte der kopernikanischen Wende hervortreten, die mit ihrem Namenspatron, dem Domherrn in Frauenburg, beginnt und mit Newton endet. Welche entscheidenden Beiträge Kepler zu der neuen Weltsicht geleistet hat, legt Posch in seinem gründlich recherchierten Buch dar.

Kepler, im schwäbischen Weil der Stadt geboren, will eigentlich Theologe werden. Doch ein permanentes "Ich weiß nicht" treibt ihn von einer Frage zur nächsten. Mal studiert er den Aufbau von Schneekristallen, dann deckt er die Ursachen seiner eigenen Kurzsichtigkeit auf. Auf der Suche nach einer Ordnung hinter den Dingen und nach dem göttlichen Schöpfungsplan schenkt er insbesondere jenen Phänomenen Beachtung, die sich scheinbar in keine Ordnung fügen.

Zum Beispiel im Oktober 1604, als ein bis dahin unbekanntes Himmelslicht im Sternbild Schlangenträger aufscheint. Kepler beschreibt es als "köstlichen Diamant von vielen eckhen". Von Tag zu Tag wird der Stern heller und heller, ehe er nach und nach verblasst. Bis zum 5. Oktober 1605 behält Kepler ihn im Auge. "Gerad ein jahr nach seiner entzündung hab ich ine das letzte mahl, wiewol kummerlich gesehen." Er sei erloschen wie eine Flamme, als wäre ihm der Brennstoff ausgegangen.

Kepler, inzwischen Hofmathematiker in Prag, hat über ein Jahr hinweg eifrig Beobachtungsberichte aus allen Gegenden Europas gesammelt. Da die Fixsternsphäre als unveränderlich gilt, verorten viele zeitgenössische Astronomen die ungewöhnliche Leuchterscheinung in Mond- oder Sonnennähe. Er selbst dagegen kommt zu dem Schluss, dass es sich bei der "Stella nova" um eine neu entstandene Zusammenballung von Himmelsmaterie handeln müsse. Wenn heutige Astronomen von einer "Supernova" sprechen, können sie Kepler dankbar sein für eine sorgfältige Beschreibung. Denn seit 1604, seit mehr als vierhundert Jahren, ist in unserer Milchstraße keine einzige solche Sternexplosion mehr gesichtet worden.

In Prag steht Kepler als Forscher zunächst im Hintergrund. Die Nummer eins am Hof Kaiser Rudolfs II. ist der dänische Astronom Tycho Brahe, der den Himmel über vier Jahrzehnte hinweg mit Quadranten, Sextanten und anderen Präzisionsinstrumenten vermessen hat und in Prag eine neue Sternwarte gründen soll. Doch es kommt anders: Brahe stirbt überraschend, Kepler tritt sein reiches astronomisches Erbe an.

Eingehend beschreibt Posch die fruchtbaren Forscherjahre des Hofmathematikers in Prag, bis die Residenzstadt im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs zum Kriegsschauplatz wird. Kepler muss 1612 auch diesen Ort verlassen, verliert Frau und Sohn und nimmt nicht weniger als elf Anläufe, um eine neue Gattin zu finden, was ihm selbst viel Kummer bereitet und den Frauengemächern ziemlich viel Gesprächsstoff bringt. Wieder Gelächter über die vermeintliche Einfalt des Gelehrten. Doch als dieser in den Wochen vor der glücklichen Hochzeit die politische Bühne betritt, stellt er einmal mehr seine Weitsicht unter Beweis.

Der neue Kaiser Matthias hat ihn im Dezember 1612 beauftragt, alle anderen Geschäfte ruhen zu lassen und vor dem Reichstag in Regensburg zu erscheinen. Dort soll die für den Handel bedeutende Kalenderfrage erörtert werden. Seit Julius Cäsar lebte man in Europa mit einem fragwürdigen Kalender, ehe sich die katholische Kirche unter Papst Gregor XIII. im Jahr 1582 für eine Kalenderreform entschied. Die protestantischen Länder weigern sich allerdings, diese zu übernehmen.

Kepler erkennt nicht nur die Vorzüge des neuen Kalenders, sondern ist auch sonst der Ansicht, dass viele Protestanten mit ihren antikatholischen Polemiken zu weit gehen. Der stets um Ausglich bemühte Naturphilosoph plädiert in Regensburg für einen einheitlichen Kalender, kann sich mit seiner Argumentation aber nicht durchsetzen und gerät zwischen alle Fronten. So werden in Deutschland bis zum 1. März 1700 zwei Kalender nebeneinander bestehen, wird man beim Übertritt von einem Fürstentum ins nächste zehn Tage verlieren.

Posch würdigt Keplers ökumenische Gesinnung, die sich, ungeachtet seines Bekenntnisses zur Reformation, durch sein ganzes Leben zieht. Der Autor hebt auch seine Standhaftigkeit während des langwierigen Hexenprozesses gegen seine Mutter hervor, dessen Ende Katharina Kepler nur um wenige Monate überlebt. Überzeugend ist seine Biografie vor allem da, wo es um die wissenschaftlichen Leistungen Keplers geht. Das Lebensbild bleibt blass.

Weder leuchtet Posch die inneren Auseinandersetzungen und Selbstzweifel aus, die Keplers Leben von Kindheit an begleiten, noch erschließt er anhand der Quellen das Geheimnisvolle und Widersprüchliche des Gelehrten, das vor allem in seinen zahlreichen Konflikten mit Kommilitonen zum Ausdruck kommt, in den wiederholten Kontroversen mit dem Astronomen Brahe oder mit Kaiser Rudolf II., der seinen Hofmathematiker als Astrologen konsultiert. An der Geschichte der neuzeitlichen Wissenschaft interessierte Leser kommen in diesem Buch zweifellos auf ihre Kosten. Eine umfassende Biografie des schillernden Gelehrten, die ihn in Beziehung zu seinen Mitmenschen und zu den bewegenden Kräften seiner Zeit setzt, bleibt ein Desiderat.

THOMAS DE PADOVA

Thomas Posch: "Johannes Kepler". Die Entdeckung der Weltharmonie.

Konrad Theiss Verlag, Darmstadt 2017.

264 S., geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr
»Bilderbuchbeispiel einer gelungenen Biografie!« Buchkultur »Alles fundiert [...] zusammengefasst, klar formuliert auch für den Laien. Und mit Gegenwartsbezug...« Südwest Presse online »...das Buch, das auch durch eine gepflegte Sprache besticht, mit Freude und Gewinn gelesen. In Anbetracht einer weiteren, erst im vergangenen November erschienenen Kepler-Biografie, die einen Umfang von mehr als 1200 Seiten hat, beweist uns Thomas Posch, dass man auch etwa mit einem Fünftel dieses Umfangs dem Leben des großen Forschers gerecht werden kann.« Sterne und Weltraum