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Um über die Runden zu kommen, übt der SchauspielerGregor Schamoni diverse Nebentätigkeiten aus: Sprecherziehung, Schauspielunterricht, Begleitdienste und persönliche Beratung. Eines Tages meldet sich Iphigenie de la Tour bei ihm, Professorin der Anthropologie. Sie lädt ihn zunächst zu einem Vorstellungsgespräch ein - und dann zum Essen. Sie überschüttet ihn mit Aufmerk samkeiten.Sie überrollt ihn mit ihrer hochherrschaftlichen Exzentrik. Und schon bald nimmt sie in seinem Leben überhand, mit einer unabweisbaren, übermächtigen Ausdauer und Wucht, die für ihn immer existenzbedrohender wird, bis…mehr

Produktbeschreibung
Um über die Runden zu kommen, übt der SchauspielerGregor Schamoni diverse Nebentätigkeiten aus: Sprecherziehung, Schauspielunterricht, Begleitdienste und persönliche Beratung. Eines Tages meldet sich Iphigenie de la Tour bei ihm, Professorin der Anthropologie. Sie lädt ihn zunächst zu einem Vorstellungsgespräch ein - und dann zum Essen. Sie überschüttet ihn mit Aufmerk samkeiten.Sie überrollt ihn mit ihrer hochherrschaftlichen Exzentrik. Und schon bald nimmt sie in seinem Leben überhand, mit einer unabweisbaren, übermächtigen Ausdauer und Wucht, die für ihn immer existenzbedrohender wird, bis er jede Kontrolle über sein Leben verliert."Nur wenige dürfen sich glücklich schätzen, von denWorten geliebt zu werden. Joachim Zelter gehört zu ihnen."Stuttgarter Zeitung
Autorenporträt
Joachim Zelter, 1962 in Freiburg im Breisgau geboren, studierte und lehrte englische Literatur in Tübingen und Yale. Sein literarisches Werk wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Thaddäus-Troll-Preis, dem Jahresstipendium des Landes Baden-Württemberg, dem Gisela-Scherer-Stipendium der Stadt Hausach im Schwarzwald. 2010 war er mit seinem Roman "Der Ministerpräsident" für den Deutschen Buchpreis nominiert. Seine Romane wurden mehrfach ins Französische, Italienische und Türkische übersetzt. Seit 2000 erschienen Joachim Zelters Bücher bei Klöpfer & Meyer. Zuletzt 2012, mit großem Erfolg "Untertan", 2013 und 2015 dann die beiden Novellen "Einen Blick werfen" und "Wiedersehen", 2016 sein auf vielfachen Wunsch wiederaufgelegter Kultroman "Briefe aus Amerika". 2018 kam sein vielbeachteter Roman "Im Feld" heraus, eine gesellschaftspolitische Parabel von eminenter Wucht und Tragweite, für die er 2019 mit dem Preis der "LiteraTour Nord" ausgezeichnet wurde. www.joachim-zelter.de
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Alexander Kosenina applaudiert Joachim Zelter für seine gelungene Professorinnen- und Universitätsparodie. Wie der Autor eine emeritierte, aber nimmerleise Anthropologin vor Bodenseekulisse in Szene setzt, ihr einen Stichwortgeber an die Seite stellt und nebenbei sogar einen "raffinierten" Kommentar zur Geschlechterdebatte einstreut, indem er Madame und ihren Begleiter die Rollen tauschen lässt, findet Kosenina großartig. Erinnert in seiner "abgründigen" Komik an Thomas Bernhard, ist im übrigen in der deutschen Gegenwartsliteratur aber nahezu unvergleichlich, meint er.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.08.2020

Wer führt hier Regie?
Joachim Zelters Roman "Imperia"

Salonlesungen, Sprechunterricht, persönliche Beratung und Begleitung. So oder so ähnlich bietet ein mittelmäßiger Schauspieler mit bedenklich überzogenem Konto seine Nebendienste in einem Konstanzer Lokalblättchen an. Wer sich meldet, ist Frau Professor Iphigenie Auguste de la Tour, Emerita der Anthropologie. Wie er sie beim ersten Rendezvous erkenne, fragt kleinlaut der schmächtige Akteur, worauf sie entwaffnend entgegnet, jeder erkenne sie. Diese Frau ist eben eine Erscheinung, raumgreifend in jeder Hinsicht. Haare voluminös wie ein geblähtes Segel, fingerdick Make-up und Lidschatten im Gesicht, das Dekolleté mit Ketten und die Finger mit Ringen überladen. Ihr Porsche Cabrio stellt sie bei Bedarf auf Verkehrsinseln oder Zebrastreifen ab, lästige Fußgänger weghupend, was suchen die auch auf ihrem Parkplatz? Und zum Herauswinken ruft sie gern mal einen Kranfahrer aus seiner Kanzel herunter. Ihre bevormundende Lieblingsformel lautet: "Wussten Sie das? Das sollten Sie aber."

Gemessen an Dynamik, Rasanz und Witz gibt es in der deutschen Gegenwartsliteratur kaum Vergleichbares. Wer sich der abgründigen Komik eines Thomas Bernhard nicht entziehen kann, dürfte sich auch an diesem Text erfreuen. Im Vordergrund steht die Universitätsparodie. Die Professorin, direkte Nachfahrin des barocken Hofmalers Georges de la Tour, beansprucht auch nach der Emeritierung größten Einfluss. Sie war eine Kapazität. Noch immer bekommt sie ständig Anrufe zu Berufungen, Intrigen, Grabenkämpfen, die sie am Telefon allesamt knapp und resolut abfertigt: "Das geht so nicht." "Was sagt der Rektor?" "Ist er noch bei Trost?" "Dann schreiben wir eben neu aus." Zwischendurch ordnet sie ihren Nachlass für die Ewigkeit, darunter Briefe von Ernst Bloch, Willy Brandt oder Martin Heidegger.

Genau mit diesem Ton engagiert Frau de la Tour auch den Schauspieler Gregor Schamoni - als Sekretär, Zuschauer, Unterhalter, ständigen Dinnerbegleiter, abwechselnd im Badischen Hof, Inselhotel oder Konzil. Dort müssen dann die Ober Jonathan, Edgar oder Kasimir nach ihren Anweisungen Beistelltische rücken, Sonnenschirme richten, auf Gregor - den Richard-Darsteller und Rilke-Rezitator - anstoßen. Iphigenie benimmt sich, "als wäre sie die eigentliche Schauspielerin", nicht aber er, der Akteur. Das wäre angesichts der dicken Geldumschläge noch zu verkraften, doch bald überlagert noch ein zweiter Rollentausch die Professorensatire. Denn Iphigenie will mehr. Sie übernimmt den Part eines zudringlichen Mannes, der kein Nein duldet.

Durch diese Perspektivverkehrung ist ein raffinierter literarischer Kommentar zur Geschlechterdebatte entstanden. Iphigenie befindet sich in einem "Gregor-Schamoni-Wahn". Sie textet unaufhörlich. Sie verlangt uneingeschränkte Aufmerksamkeit, hört selbst aber nie zu. "Sie und ich. Ich und sie." Die hilflose Ausrede des bedrängten Komödianten, er habe eine Freundin, erstickt sie im Keim. Warum auch nicht? Alles andere wäre doch unnatürlich und bedenklich. Sie schickt ihm ihre Hilfskraft Pia. Die soll die gesammelten SMS-Botschaften als Briefwechsel edieren. Verfügbar in allen Konstanzer Buchhandlungen, zweibändig, mit Nachwort von Martin Walser. Pia soll Gregor auch sonst mit allem verwöhnen.

Blickt man auf den Titel und die Umschlagillustration, offenbart sich schlagartig der großartige Einfall dieses Buches: Imperia ist eine tonnenschwere Betonstatue an der Hafeneinfahrt von Konstanz, eine vollbusige Kurtisane, auf deren erhobenen Handinnenflächen ein Königlein und Päpstlein als Vertreter weltlicher und geistlicher Macht hocken. Frau Professora hat ganz ähnlich Pia und Gregor in der Hand. Als jener eine Gastspielreise nach Rom, Istanbul und Kairo vorschützt und einen Kollegen bezahlt, um Iphigenie mit knappen Handynachrichten hinzuhalten, verschafft er sich wenigstens für ein paar Tage Abstand.

Ein zweites Mal lässt sich die Spielleiterin nicht täuschen. Nachdem Gregor sich ein Bein gebrochen hat, leitet sie den Rettungseinsatz und stellt die gesamte Uniklinik auf den Kopf. Erste Sanitäterin, Oberärztin, Krankenschwester. Große Operette. "Losfahren! Blaulicht! Ob das nicht schneller gehe! Augenblicklich. Auf der Stelle. Aber fix." Nervenzusammenbruch des Schauspielers. Licht aus. Ende. Applaus.

ALEXANDER KOSENINA

Joachim Zelter: "Imperia". Roman.

Klöpfer, Narr Verlag, Tübingen 2020. 176 S., geb., 22,- [Euro]..

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