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Das Geschäft mit geraubten Kulturgütern boomt. Im Schatten der politischen Erschütterungen im Nahen Osten und in Nordafrika kommt es zu beispiellosen Plünderungen antiker Stätten. Gleichzeitig werden Kunstgegenstände als Geldanlage international immer gefragter. Auch Terrorgruppen wie der IS finanzieren sich wohl durch geraubte Kulturgüter. Weltweit wird - so vermuten es Strafverfolger - nur mit Drogen und Waffen mehr illegales Geld gemacht. Günther Wessel hat sich in diesen "diskreten Markt" hineinbegeben.

Produktbeschreibung
Das Geschäft mit geraubten Kulturgütern boomt. Im Schatten der politischen Erschütterungen im Nahen Osten und in Nordafrika kommt es zu beispiellosen Plünderungen antiker Stätten. Gleichzeitig werden Kunstgegenstände als Geldanlage international immer gefragter. Auch Terrorgruppen wie der IS finanzieren sich wohl durch geraubte Kulturgüter. Weltweit wird - so vermuten es Strafverfolger - nur mit Drogen und Waffen mehr illegales Geld gemacht. Günther Wessel hat sich in diesen "diskreten Markt" hineinbegeben.
Autorenporträt
Wessel, Günther
Jahrgang 1959, Studium der Germanistik und Philosophie; seit mehr als 20 Jahren freier Journalist und Lektor; Verfasser zahlreicher Reiseführer und Biografien sowie Hörfunkfeatures für alle großen deutschen Rundfunkanstalten; von 1998 bis 2001 Journalist in Washington DC, von 2002 bis 2007 in Brüssel, seit September 2007 in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.10.2015

Schmutzige Geschäfte
Der illegale Handel mit Kulturgütern

Vor gut einem Jahr war zu lesen, dass sich die islamische Terrormiliz IS in Syrien einträglich mit dem Handel illegal ausgegrabener archäologischer Funde finanziere. Innerhalb weniger Wochen habe sie damit 36 Millionen Dollar verdient. Auch anderswo im Nahen Osten werden im Schatten politischer Krisen antike Stätten geplündert. Das Geschäft mit Rollsiegeln, Keilschrifttafeln, Statuen und Mosaiken zweifelhafter Herkunft boomt. Der Journalist Günther Wessel hat sich diesen dunklen Markt vorgenommen. Sein Buch entstand aus Recherchen in Deutschland, der Schweiz, Italien, Ägypten und den Vereinigten Staaten. Es berichtet spannend und pointiert, wenn auch stellenweise redundant über Akteure, Netzwerke und Praktiken im illegalen Kulturgüterhandel. Zu Wort kommen Museumsleute, Wissenschaftler und Politiker, Händler, Sammler und Strafverfolger. Markus Hilgert, Direktor des Vorderasiatischen Museums in Berlin, steuerte ein Vorwort bei, die Archäologin Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts, eine Schlussbemerkung.

Unisono wird der wachsende globale Handel mit illegalen Kulturgütern beklagt. Der unselige Kommerz gilt inzwischen als eine der umsatzstärksten Erwerbsquellen organisierter Kriminalität direkt hinter dem Drogen- und Waffenschmuggel. Sylvelie Karfeld vom Bundeskriminalamt schätzt die Jahresumsätze mit illegalen Antiken auf 6 bis 8 Milliarden Dollar.

Das große Geld mit illegal Ausgegrabenem verdienten die Leute am Ende der Handelskette in Europa, Amerika und Asien, heißt es. Das Geschäft verbinde die Spitzen der Gesellschaft mit der Unterwelt: "Die einen wollen Geld gewinnbringend investieren oder ein einzigartiges Prestigeobjekt fürs Wohnzimmer kaufen. Die anderen organisieren auf professionelle Weise den Nachschub aus den Krisengebieten der Welt." In Ägypten, Syrien, Afghanistan oder dem Irak würden heute Fundstätten so brutal geplündert wie nie zuvor. Zwar dürfe niemand Antiken aus diesen Ländern ausführen. Doch Schmuggler und Hehler brächten das Raubgut über ungesicherte Grenzen ins Ausland und dann mit normalen Transporten nach Europa oder den Vereinigten Staaten. Dort verkauften angesehene Auktionshäuser, Galerien oder Internethändler die Ware an ein internationales Publikum weiter.

Raubgrabungen und Plünderungen gibt es alters her. Vor allem die Europäer nahmen während der Kolonialzeit in großem Umfang antike Objekte in die eigenen Länder mit. Selbst Deutschland wird seit eh und je von Hobbyarchäologen durchwühlt. "Entlang des Limes sieht es aus wie ein Schweizer Käse", konstatiert Michael Müller-Karpe, Archäologe am Mainzer Römisch-Germanischen Zentralmuseum. Ihn macht wütend, dass Raubgräber auf Fundstellen durch ihre Willkür so viel zerstören. Denn seine Zunft sucht heute kaum mehr nach monetär bezifferbaren Schätzen, sondern will aus Einzelheiten historische Lebenskontexte rekonstruieren.

Käufer und Sammler sind dagegen an Grabungsfunden als wertbeständiger Anlage interessiert. "Der Markt der Antiken ist ein gegen Spekulationen resistenter", weiß der Kölner Antiken-Händler Gordian Weber. Extreme Preissprünge kämen nicht vor. Und nicht nur das: "Antiken eignen sich hervorragend zum Geldwaschen", so Kriminalhauptkommissarin Sylvelie Karfeld. Nützlich ist auch die Diskretion der Branche: Nach wie vor scheint der Handel mit Objekten aus Raubgrabungen nicht zuletzt in Deutschland ohne Risiko und strafrechtliche Folgen möglich, auch wenn der Verkauf von kürzlich ausgeführtem syrischem und irakischem Kulturgut längst in der Europäischen Union verboten ist. Wessel spricht von einem "grauen Markt" als Waschanlage: "Legale Händler und Handlungen ermöglichen den An- und Verkauf von illegal erworbenen Artefakten in einer Art, die allgemein als Wäsche bezeichnet wird." Die großen Auktionshäuser würden jedes Jahr dabei erwischt, dass sie gestohlene Güter feilböten. "Alles, was Geld bringt, wird gemacht", resümiert der Basler Archäologe Christoph Leon. Deutschland spielt offenbar eine besonders unrühmliche Rolle: "Im Ausland wird Deutschland als Drehscheibe des illegalen Antiken-Handels angesehen", sagt Fless.

Der Hinweis "Privatsammlung" und eine Datierung knapp vor dem Beginn deutscher Antiken-Import-Verbote vor 30 Jahren legalisieren mit schön konstruierter Provenienz im Auktionsgeschehen dubiose Stücke. Auch die Ausleihe in eine Ausstellung nobilitiert. Bei Versteigerungen mit öffentlich bestellten, vereidigten Auktionatoren gilt grundsätzlich das Prinzip gutgläubigen Erwerbs. Im Falle von Antiken sollte man sich trotzdem Gedanken machen, sagt Wessel: "Denn es gibt nicht so viele in alten Sammlungen, wie auf dem Markt sind. Je höher der Preis, desto gründlicher sollte die Recherche sein." Illegaler Handel mit Kulturgütern mutet allerdings fast wie ein Kavaliersdelikt an im Vergleich zu den aktuellen Zerstörungsorgien an Tempeln und Grabtürmen in Palmyra. Der IS gehe sehr rational vor, sagt der Bostoner Archäologe Michael Danti: "Er zerstört Dinge, die nicht leicht zu vermarkten sind, und verkauft das, was gut transportierbar ist." Wenigstens beim schmutzigen Geschäft mit der Antike gäbe es nach Meinung Wessels eine Chance, der schleichenden Zerstörung Einhalt zu gebieten - durch verschärfte Gesetze, aber auch durch ökonomische Abstinenz der Sammler.

Wessel prangert an, dass bislang der illegale Umschlag von antiken Kunstschätzen in Deutschland besonders gut floriert, weil die Branche strengeren gesetzlichen Schutz zu verhindern gewusst habe: "Händler verschleiern Herkunft und Provenienzen, genießen Rechtslücken und die Ohnmacht der Behörden." Doch ohne Kaufinteresse gäbe es keine Raubgrabungen und Plünderungen archäologischer Stätten. Erst das Verlangen der Sammler nach neuen Stücken lasse den Markt funktionieren. "Bei Gütern, die man nicht unbedingt braucht, kann man sich weigern, diese zu kaufen. Archäologische Funde gehören dazu." Wessels Buch endet mit der unmissverständlichen Aufforderung: "Kaufen Sie das Zeug nicht!"

ULLA FÖLSING

Günther Wessel: Das schmutzige Geschäft mit der Antike. Ch. Links Verlag, Berlin 2015, 184 Seiten, 18 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Günther Wessel beschreibt in "Das schmutzige Geschäft mit der Antike" den Handel mit geschmuggelten Kulturgütern, berichtet Rezensentin Elisabeth von Thadden. Es ist ein Geschäft, in dem es um horrende Summen geht, das Menschenleben kostet und systematisch Vergangenheit vernichtet, erfährt die Rezensentin. Auch dass Deutschland eine Drehscheibe für den illegalen Handel ist. Nach diesem Buch kann jedoch niemand mehr Unwissenheit vorschützen, hofft von Thadden.

© Perlentaucher Medien GmbH
Der Stoff ist spannend wie ein Krimi, den Wessel mit skurrilen Szenen zwischendurch ins Heitere zu ziehen versteht. Michaela Schießl, Der Spiegel Günther Wessel zeichnet im Gespräch mit Anwälten, Kriminalisten und Archäologen nach, was das Versäumnis der deutschen Gesetzgeber konkret bedeutet. [...] Er hat Erschütterndes herausgefunden: Gerade Deutschland, das international gern als Hüter des kulturellen Erbes auftritt, erleichtert dem illegalen Handel mit Kulturgütern das Geschäft. Boris Pofalla, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Wessel taucht tief in das Geflecht zwischen Kunstsammlern, Museen, Kunsthändlern, Archäologen und Raubgräbern ein. Nikolaus Bernau, Berliner Zeitung Wer den Niedergang des Journalismus in Deutschland beklagt, sollte sich den Namen Günther Wessel merken. Mit seinem neuesten Buch "Das schmutzige Geschäft mit der Antike" verkörpert er geradezu mustergültig das, was Journalismus zu leisten vermag, wenn man ihn ernst- und gewissenhaft, ja leidenschaftlich betreibt: er kann aufklären, warnen, Zusammenhänge und Strategien, gesellschaftliche und (in diesem Fall) kulturpolitische Mißstände aufzeigen, er kann (und das wünschen wir dem Buch) eine breite Leserschaft erreichen, indem er klar gegliedert in der Struktur, nachvollziehbar in der Darstellung, vor allem aber immer transparent in Bezug auf die Quellen und die Meinungsbildung des Autors einen Sachverhalt ausbreitet - und zwar vorbehaltlos und differenziert. Christian Welzbacher, KunstbuchAnzeiger Der Autor räumt in seinem fundiert recherchierten Bericht gründlich mit der Meinung auf, der Handel mit illegalen Ausgrabungen sei ein Kavaliersdelikt. In Gesprächen mit kompetenten Interviewpartnern, der Auswertung von Fachpublikationen und Artikeln und Besuchen an Ausgrabungsstätten zeichnet er ein ebenso spannendes wie verstörendes Bild der Usancen und ihrer Akteure auf dem grauen und schwarzen Markt antiker Artefakte nach. In diesem Aktionsfeld geht es um Gier, Wissenschaft und falsch verstandene historische Bedeutung. Christian Herchenröder, Handelsblatt Schnallen Sie sich an! G. Wessel nimmt sie mit auf einen wahren Parforceritt! Die Reise führt quer durch die Szene des illegalen Handels mit Kulturgütern, die vielfach undurchsichtig und chimärenhaft, aber auf jeden Fall atemberaubend ist. (...) Eine kompakte, aber zugleich detaillierte und differenzierte Darstellung aller Protagonistengruppen, ihrer Motive und der Mechanismen innerhalb der Szene. Mit einem unkomplizierten Schreibstil und einer treffenden Darstellung gelingt es Wessel, den Leser auch bei der Erläuterung schwieriger Inhalte bei der Stange zu halten. Jutta Zerres, Archäologische Informationen Wer bislang glaubte, der illegale Handel mit antiken Kulturgütern sei eher eine Randnotiz in der Kriminalstatistik, den belehrt die spannende Lektüre von Wessels Buch schnell eines besseren. Alexander Weinlein, Das Parlament Ein erschütterndes, ein umfassend informiertes Buch über die Vernichtung von Vergangenheit durch illegale Privatisierung. Elisabeth von Thadden, Die ZEIT Das Buch entstand aus Recherchen in Deutschland, der Schweiz, Italien, Ägypten und den Vereinigten Staaten. Es berichtet spannend und pointiert, wenn auch stellenweise redundant über Akteure, Netzwerke und Praktiken im illegalen Kulturgüterhandel. Ulla Fölsing, F.A.Z.…mehr