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Spätestens durch ihre Berichterstattung vom Prozess gegen Adolf Eichmann und ihr Buch »Eichmann in Jerusalem« wurde sie weltbekannt. Doch schon die junge Hannah Arendt war in ihrem politischen Denken und Handeln eine herausragende Persönlichkeit. Ihre Beiträge für den »Aufbau«, die in New York publizierte Zeitung des »German Jewish Club« für deutsche Emigranten, zeigen sie als wache Zeitzeugin und als engagierte Vertreterin des jüdischen Freiheitskampfes. Dieser Band versammelt ihre wichtigsten Artikel und ist somit gleichsam ein eindrückliches Zeitzeugnis und ein Dokument couragierten Denkens…mehr

Produktbeschreibung
Spätestens durch ihre Berichterstattung vom Prozess gegen Adolf Eichmann und ihr Buch »Eichmann in Jerusalem« wurde sie weltbekannt. Doch schon die junge Hannah Arendt war in ihrem politischen Denken und Handeln eine herausragende Persönlichkeit. Ihre Beiträge für den »Aufbau«, die in New York publizierte Zeitung des »German Jewish Club« für deutsche Emigranten, zeigen sie als wache Zeitzeugin und als engagierte Vertreterin des jüdischen Freiheitskampfes. Dieser Band versammelt ihre wichtigsten Artikel und ist somit gleichsam ein eindrückliches Zeitzeugnis und ein Dokument couragierten Denkens und Schreibens. Die Herausgeberin Marie Luise Knott hat die Texte ausführlich kommentiert und deren Bedeutung in ihrem Nachwort gewürdigt.
Autorenporträt
Hannah Arendt, am 14. Oktober 1906 im heutigen Hannover geboren und am 4. Dezember 1975 in New York gestorben, studierte unter anderem Philosophie bei Martin Heidegger und Karl Jaspers, bei dem sie 1928 promovierte. 1933 emigrierte Arendt nach Paris, 1941 nach New York. Von 1946 bis 1948 arbeitete sie als Lektorin, danach als freie Autorin. Sie war Gastprofessorin in Princeton und Professorin an der University of Chicago. Ab 1967 lehrte sie an der New School for Social Research in New York.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2000

Der Friede ist nicht leichter
Hannah Arendt als Kolumnistin des „Aufbau”, 1941 bis 1945
Kurt Blumenfeld, der Präsident der Zionistischen Vereinigung für Deutschland, hat mit einem Vortrag 1926 in Heidelberg die zwanzigjährige Studentin Hannah Arendt aus ihrem metaphysischen Schlummer geweckt. Vom „Liebesbegriff bei Augustinus”, ihrem Dissertationsthema, führte kein Weg zur Judenfrage – nun aber mutierte ein individueller Leitspruch der Mutter zur politischen Maxime: „Man darf sich nicht ducken! Man muss sich wehren!” Die Parole war unvereinbar mit allen Formen der Assimilation, deren Prototyp – den Parvenü – Hannah Arendt in ihrer Biografie der Rahel Varnhagen beschrieben hat. Wie angesichts der Forderung des Widerstands dem erfolgreich Angepassten das Lachen, so sollte seiner Gegenfigur, dem Paria, das Weinen vergehen: Die Rolle des Opfers, das vor seinen Verfolgern flieht und bei philanthropischen Wohltätern (auch den jüdischen Plutokraten) Schutz sucht, war für die zur Politik erwachte Schülerin von Heidegger, Jaspers und Bultmann nicht weniger verächtlich als das die jüdische Herkunft verleugnende Streben nach Emanzipation.
In der Judenverfolgung des Dritten Reichs sah Hannah Arendt die fatale Konsequenz dieser beiden falschen Verhaltensweisen: das Scheitern der Assimilation ebenso wie den Bankrott einer Märtyrer-Mentalität, die mit dem Glauben an die eigene Auserwähltheit Hand in Hand ging. So verfocht sie in einem für den Aufbau, die in New York erscheinende deutsch-jüdische Exilzeitung, 1943 verfassten Artikel die These, „dass alle wirklich wichtigen Probleme unserer Zeit, die auf so furchtbar blutige Weise ausgetragen werden, nicht modern, sondern alt sind. Je blutiger aber an uns sich die Sünden der Väter rächen, desto ungeduldiger und intoleranter werden wir werden gegen diejenigen, welche nicht davon ablassen können, sie immer aufs Neue wieder zu begehen. ”
Der Band versammelt alle Texte, die Hannah Arendt zwischen 1941 und 1945 für den Aufbau in deutscher Sprache schrieb, Kommentare zum Zeitgeschehen „in dieser zerstörtesten aller Welten”. Leidenschaft und Verstandesschärfe machen in den tagespolitischen Äußerungen, auch den Leser von heute noch mitreißend, gemeinsame Sache. Das Engagement und die Beredsamkeit der Kolumnistin konzentrierten sich auf zwei Themen: die Notwendigkeit einer jüdischen Armee und die Lösung der Palästinafrage. Im Juli 1942 bezeichnet Hannah Arendt die eigene Armee als „die wichtigste und bis zu ihrem Zustandekommen einzige Aufgabe jüdischer Politik”. Nur wenn das jüdische Volk als ganzes die Kriegserklärung der Nazis annimmt und, statt unter fremder Flagge, mit der Waffe in der Hand gegen Hitler kämpft, ergreift es die Chance, endlich frei zu werden und zu seiner Identität zu finden.
Als die Sache der Armee Ende 1942 aus von Hannah Arendt verachteten „realpolitischen” Erwägungen von der Tagesordnung der offiziellen jüdischen Politik verschwand, brach sie ihre Mitarbeit im Aufbau zunächst ab. Erst nach dem bewaffneten Aufstand der Juden im Warschauer Ghetto sah sie wieder eine Möglichkeit, den Doppelkampf gegen Sklavenhalter und Sklavenmentalität aufzunehmen. Der Verlauf der Schlacht erschien ihr in allen Stadien als zündendes Gegenmodell zu den das Überleben um jeden Preis suchenden Ausweichmanövern und zur dumpfen Schicksalsergebenheit, wenn alle Versuche sich zu arrangieren vereitelt und die letzten Fluchtwege abgeschnitten waren.
Mit Hannah Arendts verzweifeltem Kampf um die politische Selbstständigkeit des jüdischen Volkes hängt ihre Einstellung zur Palästinafrage aufs engste zusammen. „Es wäre töricht zu glauben, dass der Friede für uns leichter sein wird als der Krieg, in dem wir bis zum Ende als Alliierte nicht als eine der verbündeten Nationen anerkannt worden sind. ” Der Friede musste die Entscheidung bringen, ob der vor Hitler herrschende Status quo – erweitert um ein vom Wohlwollen von Protektionsmächten abhängiges und von den Juden Amerikas ausgehaltenes Palästina – wieder hergestellt oder ob ein wirklicher Neuanfang gelingen würde: die Weichenstellung zur gleichberechtigten Existenz des jüdischen Volkes neben den anderen Nationen. Die Voraussetzung dafür war die föderative Neuordnung Europas nach dem Muster der Vereinigten Staaten. Arendts Vorschlägen zur jüdisch-arabischen Verständigung liegt dasselbe föderative Konzept zu Grunde. Dabei wendet sie sich vehement gegen den „Palästinozentrismus” der Zionisten; wie allen Menschen darf auch den Juden das Recht der Bewegungsfreiheit nicht vorenthalten werden.
Hannah Arendt wollte „Politik mit von der Philosophie ungetrübten Augen” sehen. In der Tat sind ihre Diagnosen, Prognosen und Forderungen sehr konkret auf die gegebene Situation bezogen. Dennoch gewinnen sie ihre Tiefenschärfe auf dem Grund einer politischen Theorie von großer Tragweite. Deren Kernsatz besagt, dass für den Menschen die Fähigkeit zu handeln wesentlich ist. Ohne sie würde er zum Treibgut des aus der Vergangenheit in die Zukunft sich ergießenden Stroms der Geschichte verkommen. Aber er kann diesen Prozess durch den Entschluss zur Vita activa jederzeit unterbrechen und ihm eine neue Richtung geben. Deswegen liegt gerade in der geschichtlichen Katastrophe eine Chance zum Neubeginn – eine Chance, die größer ist als die Katastrophe. „Wenn jüdische Politik erst in diesem Geiste gemacht wird, dann wird es nicht nur eine Lust sein zu leben, sondern auch eine Freude, als Jude das Licht der Welt zu erblicken. ”
ALBERT VON SCHIRNDING
HANNAH ARENDT: Vor Antisemitismus ist man nur noch auf dem Monde sicher. Beiträge für die deutsch-jüdische Emigrantenzeitung „Aufbau” 1941–45. Hrsg. Marie Luise Knott. Piper Verlag, München 2000. 245 S. , 39,80 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Politik wollte sie, die jüdische Philosophin Hannah Arendt, mit "von der Philosophie ungetrübten Augen" sehen. Und tatsächlich sind ihre tagespolitischen Analysen und Prognosen, die sie zwischen 1941 und 1945 in der New Yorker Wochenzeitung "Aufbau" schrieb und die nun erstmals vollständig veröffentlicht vorliegen, so Rezensent Albert von Schirnding, sehr konkret auf die damalige Situation bezogen. In der Judenverfolgung des Dritten Reichs, so schreibt er, sah Arendt die fatale Konsequenz der beiden "falschen (jüdischen) Verhaltensweisen" der Vergangenheit: der Hoffnungen der Assimilation einerseits und dem Glauben an eine jüdische Auserwähltheit andererseits. Arendt habe in dieser Zeit im wesentlichen zwei Fragen verfolgt, referiert Schirnding: zum einen führte sie einen "verzweifelten Kampf um die politische Selbständigkeit des jüdischen Volkes", deren erster Schritt ihrer Meinung nach im Aufbau einer jüdischen Armee gegen Hitler bestand. Zum anderen und eng damit verbunden wendete sie sich gegen den "Palästinozentrismus" der Zionisten und verfolgte ein föderatives Konzept für die Zukunft Palästinas nach dem Modell der Vereinigten Staaten. In den tagespolitischen Äußerungen Hannah Arendts machten, so Schirnding, Leidenschaft und Verstandesschärfe gemeinsame Sache. Erstaunlich nur, dass Schirnding die Arbeit der Herausgeberin völlig unerwähnt lässt, obwohl er sich von Vorwort und Nachwort durchaus inspirieren ließ.

© Perlentaucher Medien GmbH
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