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Jüdische Geschichte in Bayern wird in diesem Werk erstmals in ihren vielfältigen Facetten thematisiert. Auf den ersten Blick erscheint diese Geschichte eingespannt zwischen zwei Ereignissen der Verfolgung: dem Pogrom von 1096 im Zusammenhang mit dem 1. Kreuzzug und der Shoa in der Zeit des NS-Terrors - zwischen denen sie in einem Wechsel von Ansiedlung und Ausweisung, von Duldung und Dämonisierung pendelte. Dabei durchliefen die Gemeinden zunächst über Jahrhunderte in den Regionen Frankens, Schwabens und Altbayerns sehr unterschiedliche Wege, ehe sie mit dem Übergang zum modernen Bayern am…mehr

Produktbeschreibung
Jüdische Geschichte in Bayern wird in diesem Werk erstmals in ihren vielfältigen Facetten thematisiert. Auf den ersten Blick erscheint diese Geschichte eingespannt zwischen zwei Ereignissen der Verfolgung: dem Pogrom von 1096 im Zusammenhang mit dem 1. Kreuzzug und der Shoa in der Zeit des NS-Terrors - zwischen denen sie in einem Wechsel von Ansiedlung und Ausweisung, von Duldung und Dämonisierung pendelte. Dabei durchliefen die Gemeinden zunächst über Jahrhunderte in den Regionen Frankens, Schwabens und Altbayerns sehr unterschiedliche Wege, ehe sie mit dem Übergang zum modernen Bayern am Beginn des 19. Jahrhunderts eine gemeinsame Entwicklung erlebten. Doch nicht nur Verfolgung, Rechtlosigkeit und Diskriminierung prägten jüdisches Leben, sondern auch wirtschaftliche Kooperation, gesellschaftliche Begegnung und geistige Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt.
Autorenporträt
Rolf Kießling, Universität Augsburg.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.11.2019

Der Alltag und die Katastrophen
Lebendig erzählt vom Mittelalter über die Frühe Neuzeit bis in die Moderne:
Rolf Kießlings „Jüdische Geschichte in Bayern“ ist ein großer Wurf. Von Etienne François
Seit der Gründung der „Annales“ durch Marc Bloch und Lucien Febvre vor fast einem Jahrhundert bedeutet für die meisten Historiker die „histoire totale“ ein Ideal. Dieses Ideal zu erreichen ist allerdings alles andere als selbstverständlich. Denn eine Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung, welche die Vergangenheit in all ihren Dimensionen untersucht und dabei den drei grundlegenden Herausforderungen einer „histoire totale“ gerecht wird, der Historisierung, also der genauen Rücksicht auf die jeweilige Zeit, der Kontextualisierung, also der präzisen Analyse der Rahmenbedingungen, und schließlich der Rücksicht auf die Komplexität der Realität, ist ziemlich selten. Die „Jüdische Geschichte in Bayern“ von Rolf Kießling stellt eine solche Ausnahme dar.
Das sieht man zuerst daran, dass sie tatsächlich die jüdische Geschichte in Bayern von ihren Anfängen – also de facto ab dem Ende des 11. Jahrhundert – bis hin zur heutigen Zeit darstellt und in ihrer Binnengliederung den drei großen Epochen dieser Geschichte (dem Mittelalter, der Frühen Neuzeit und der Zeit vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis heute) ähnliche Umfänge einräumt. Schon darin zeigt sich das Grundanliegen des Buches. Es handelt sich hier um eine offene jüdische Geschichte, die davon ausgeht, dass die Schoah, auch wenn sie „das Judentum und seine Kultur (in Bayern) ausgelöscht hat“, dennoch nicht den Schlüssel für die jüdische Geschichte in Bayern darstellt, und dass diese Geschichte seitdem einen neuen Beginn kennt. In den 1950er-Jahren zählten die jüdischen Gemeinden in Bayern weniger als 3 000 Mitglieder, heute sind es wieder etwas mehr als 18 000 Mitglieder.
Ebenso bedeutsam ist dann die räumliche Ausdehnung der in diesem Buch dargestellten Geschichte. Es geht hier in der Tat nicht um eine „bayerisch-jüdische Geschichte“, sondern um eine Geschichte der Juden, die sich seit dem Mittelalter in den Herrschaften und Regionen, Städten und Dörfern niedergelassen haben und sich auf dem heutigen Territorium des dank Napoleon im Jahre 1806 gewaltig vergrößerten Staates Bayern befinden.
Diese Präzisierung ist umso wichtiger, als seit der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts im Herzogtum und dann im Kurfürstentum Bayern keine Juden mehr leben durften – mit Ausnahme der wenigen Hofjuden in München und einiger Niederlassungen in der Oberpfalz. Während um 1800 im Kurfürstentum Bayern maximal tausend Juden geduldet waren, zählte man 1822 bei der ersten zuverlässigen Volkszählung 53 402 Juden im Königreich Bayern, was deutlich macht, dass sich in der langen Dauer die Jüdische Geschichte in Bayern hauptsächlich in Franken und Schwaben abgespielt hat.
Rolf Kießling ist ein außergewöhnlich erfahrener und belesener Historiker. Seit mehr als zwanzig Jahren erforscht er die jüdische Geschichte in Bayern, die Liste der von ihm benutzen Quellen und Schriften zählt mehr als fünfzig Seiten. Gleichwohl weiß er, dass es unmöglich ist, die absolute und „totale“ Wahrheit über diese Vergangenheit zu sagen. Er hat sich die größte Mühe gegeben, die jüdische Geschichte „wie (sie) eigentlich gewesen“ zu rekonstruieren, zugleich aber ist ihm klar, das er von den Quellen und Forschungen, die er ausgewertet hat, wie auch von den Fragestellungen und Methoden, die er angewendet hat, abhängig ist, und dass die Ergebnisse seiner Geschichte deswegen relativ bleiben.
Darüber hinaus hat er eine Geschichte geschrieben, die so gerecht als möglich ist, mithin eine Geschichte, die sich zum Ziel setzt, was Marc Bloch lange schon empfohlen hatte: die Vergangenheit besser zu verstehen und zu erklären, anstatt sie normativ zu beurteilen bzw. zu verurteilen. Deswegen untersucht Kießling als Spezialist der Regionalgeschichte die Konkretheit der jüdischen Niederlassungen wie auch die Rahmenbedingungen ihres alltäglichen Lebens mit einer besonderen Gründlichkeit. Daher die vielen Karten und Tabellen des Buchs (es sind insgesamt 26), daher auch die Differenzierung zwischen den städtischen und den ländlichen Gemeinden (etwa im Kapitel 19 über „Stadtjuden“ und „Dorfjuden“ im 18. Jahrhundert), daher schließlich die minutiöse Analyse „von unten“ der Lebensformen in den jüdischen Gemeinden vom Mittelalter bis heute.
Sie reicht von ihrer Demografie über ihre wirtschaftliche Tätigkeit und soziale Struktur (etwa im Kapitel über die Hofjuden, die Landjuden und die Betteljuden, die Teilhabe an der Wirtschaft und die Differenzierung der jüdischen Gesellschaft im 18. Jahrhundert) bis hin zur ihrer Kultur und Religiosität (etwa im besonders interessanten Kapitel über das Spannungsfeld von volkstümlicher Orthodoxie und „Haskala“, jüdischer Aufklärung im 18. Jahrhundert).
Der Geschichte der Juden in Bayern hat es nicht an Pogromen und Verfolgungen gefehlt, zuerst im Mittelalter mit den Pogromen der Kreuzzüge im 11. Jahrhundert gegen die Juden von Regensburg und Würzburg, dann mit den Pestpogromen von 1348 bis 1350 und schließlich mit den Ausweisungen des 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts. Ihnen folgte nach einer relativ friedlichen Frühen Neuzeit ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der neue Antisemitismus im Kaiserreich und vor allem die Ausgrenzung und Verfolgung der Juden im NS-System.
Über weite Strecken ist allerdings die Geschichte der Juden in Bayern überwiegend friedlich und oft auch kreativ und erfolgreich verlaufen. Zunächst „innerjüdisch“, unter anderem durch die Verbindungen zwischen den süddeutschen jüdischen Gemeinden untereinander wie auch durch ihre Vernetzung mit anderen Gemeinden im ganzen Reich, in Böhmen, Polen, Italien und bis hin nach Jerusalem.
Darüber hinaus hingen die Lebensfähigkeit und die Lebendigkeit dieser Gemeinden bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts in entscheidende Weise von der Ausübung des „Judenschutzes“ ab, den die verschiedenen Herrschaftsträger vom Kaiser über geistliche und weltliche Territorialherren bis zu den Reichsrittern ihnen verliehen hatten. Eine Schlüsselrolle spielte in diesem Zusammenhang der alltägliche Umgang der jeweiligen jüdischen Gemeinschaften mit ihren Schutzherren, mit den ihnen gewährten Privilegien, wie auch mit den christlichen Gemeinden, in derer Mitte sie lebten. Der jüdische Alltag in Süddeutschland war immer auch ein Alltag des Zusammenlebens zwischen Juden und Christen. Ebenso wichtig war schließlich die wechselseitige und sich im Laufe der Zeit immer wieder wandelnde wechselseitige Wahrnehmung von Juden und Christen, also die subjektive und emotionale Dimension der Geschichte der Juden in Bayern.
Lebendig, klar und konkret geschrieben, durch viele Abbildungen ergänzt, erschließt Kießlings „Jüdische Geschichte in Bayern“ nicht nur eine kaum bekannte Dimension der Vergangenheit. Sie ist zudem dazu geeignet, ein breites Publikum für ihren Gegenstand zu interessieren. Durch seine Lebendigkeit und Konkretheit, seine Vielseitigkeit und Menschlichkeit hat mich dieses Buch an das schönste jüdische Museum erinnert, das ich kenne, an das „POLIN“, das Museum der Geschichte der polnischen Juden in Warschau. Ich wünsche ihm ein breites Echo, nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland und im Ausland, und würde den Verantwortlichen des Jüdischen Museums in Berlin nachdrücklich empfehlen, sich bei der Neugestaltung seiner Dauerausstellung auf dieses vorbildliche Buch zu beziehen.
Rolf Kießling: Jüdische Geschichte in Bayern. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. De Gruyter Verlag, Berlin und Boston 2019. 662 Seiten, 79,95 Euro.
Etienne François ist emeritierter Professor für Geschichte an der Universität Paris-I und an der Freien Universität Berlin.
An Pogromen und Verfolgungen
hat es nicht gefehlt – aber auch
nicht an friedlichen Phasen
Eine Schlüsselrolle spielte der
„Judenschutz“ der Herrscher vom
Kaiser bis zu den Reichsrittern
Inmitten der Stadtlandschaft: Die 1874 errichtete Synagoge der Reformgemeinde in Nürnberg. Abgetragen wurde sie im August 1938.
Foto: Getty Images
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"Die Provinz trat als jüdische Landschaft in den Vordergrund. Juden lebten in Kleinstädten und Dörfern, in denen sich häufig Doppelgemeinden befanden, in denen neben jeder Kirche eine Synagoge stand, in denen »Juden aber eben auch zunehmende Integration in die kommunalen Strukturen« erfuhren. Detailliert beleuchtete Kießling für sein Publikum Momente jüdischer Geschichte in Bayern. Sein Buch wünscht man vor allem vielen Studierenden als Lesestoff."Katrin Diehl in: Jüdische Allgemeine (12.07.2019), https://www.juedische-allgemeine.de/unsere-woche/denkmal-fuer-die-landjuden/, Abruf: 16.07.2019

"Anfang Juli wurde sie in der Ludwig Maximilians-Universität (LMU) in München, auf Einladung von der Abteilung fur jüdische Geschichte und Kultur und dem Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde, vorgestellt."
Ellen Presser in: Jüdische Allgemeine 26 (27.06.2019), 15

"Lebendig, klar und konkret geschrieben, durch viele Abbildungen ergänzt, erschließt Kießlings 'Jüdische Geschichte in Bayern' nicht nur eine kaum bekannte Dimension der Vergangenheit. Sie ist zudem dazu geeignet, ein breites Publikum für ihren Gegenstand zu interessieren. Durch seine Lebendigkeit und Konkretheit, seine Vielseitigkeit und Menschlichkeit hat mich dieses Buch an das schönste jüdische Museum erinnert, das ich kenne, an das 'POLIN', das Museum der Geschichte der polnischen Juden in Warschau. Ich wünsche ihm ein breites Echo, nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland und im Ausland, und würde den Verantwortlichen des Jüdischen Museums in Berlin nachdrücklich empfehlen, sich bei der Neugestaltung seiner Dauerausstellung auf dieses vorbildliche Buch zu beziehen."
Etienne François in: Süddeutsche Zeitung, 5.11.2019, http://sz.de/1.46, Abruf: 16.4.2020

"Mit dieser Monographie liegt das Lebenswerk eines Landeshistorikers und Forschers
zur jüdischen Geschichte vor, das seinesgleichen sucht: Ein Jahrtausend jüdischer
Geschichte in den Blick zu nehmen, zwar anhand der Entwicklungen in Südostdeutschland,
aber doch immer bezogen auf die Gesamtgeschichte, ist eine Leistung,
die nur jemandem gelingen kann, der sich nach langjährigen Forschungen
einen gründlichen Wissensbestand erarbeiten konnte. Entstanden ist ein Werk, das
keineswegs nur kompilatorisch fremde Forschungen zusammenführt, sondern
auch eigenständige Forschungsarbeit und Erfahrungen aus einer langen Lehrtätigkeit
in sich vereinigt." J. Friedrich Battenberg in: Historische Zeitschrift, 311 (2020), 148-150

"So verwunderlich es ist, dass die Geschichte der Juden in Bayern bis heute nur bruchstückhaft erzählt wurde, so
verdienstvoll ist es, dass sich Rolf Kießling dieser Herkulesaufgabe nun gestellt und das Desiderat mit dem vorliegenden Band meisterhaft behoben hat. Dass der langjährige Ordinarius für Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte der Universität Augsburg ein profunder Kenner der Materie ist, atmet aus jeder der über 580 Seiten, denen noch einmal rund 60 Seiten wertvolle Quellen- und Literaturangaben beigefügt sind." Dr. Philipp W. Hildmann in: Politische Studien, 491 (2020) 65-67

"Dieser umfangreiche Band ist eine wichtige Neuerscheinung
für alle an der jüdischen Geschichte Interessierten. [...] Für Heimatforscher unverzichtbar
und allen Büchereien zur Einstellung zu empfehlen." Hans Niedermayer in: Bayern im Buch, 1/2020, 7

"Der Autor zieht mit aller Vorsicht vor defnitiven Aussagen eine erste Bilanz der bisherigen Forschung und arbeitet auf diese Weise vielfältige Entwicklungslinien heraus, zu denen u. a. die Bedeutung der Kehilla, die Stellung des Rabbiners und das Verhältnis von Stadt und Land zählen. (...) Rolf Kießling ist mit seinem letzten Buch ein Standardwerk gelungen, das in seiner umfassenden Anlage und thematischen Durchdringung Maßstäbe setzt und dem eine zahlreiche Leserschaft zu wünschen ist." Monika Müller in: Medaon 15 (2021), 28, http://www.medaon.de/pdf/medaon_28_mueller.pdf

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