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Olympia ist eine Erfolgsgeschichte, die sich auch im Sommer 2012 in London mit den 30. Spielen der Neuzeit fortsetzen wird. Seit 776 v. Chr. wurden in Olympia die Spiele abgehalten, bis sie 393 n. Chr. verboten wurden. Aber warum wurden sie verboten? Weshalb rief man sie nach 1500 Jahren wieder ins Leben, und warum sprechen wir von Spielen und nicht von Sport? Wolfgang Behringer eröffnet in seiner Kulturgeschichte neue Einblicke in die Geschichte des Sports. Er zeigt uns den jungen Kaiser Karl V. als begeisterten Tennisspieler, Heinrich VIII. von England als Sportfanatiker und den Begründer…mehr

Produktbeschreibung
Olympia ist eine Erfolgsgeschichte, die sich auch im Sommer 2012 in London mit den 30. Spielen der Neuzeit fortsetzen wird. Seit 776 v. Chr. wurden in Olympia die Spiele abgehalten, bis sie 393 n. Chr. verboten wurden. Aber warum wurden sie verboten? Weshalb rief man sie nach 1500 Jahren wieder ins Leben, und warum sprechen wir von Spielen und nicht von Sport? Wolfgang Behringer eröffnet in seiner Kulturgeschichte neue Einblicke in die Geschichte des Sports. Er zeigt uns den jungen Kaiser Karl V. als begeisterten Tennisspieler, Heinrich VIII. von England als Sportfanatiker und den Begründer der modernen Physik, Isaac Newton, als aktiven Boxer. Die Kultur der Renaissance brachte den Bau großer Sportanlagen, denn im Florenz der Medici zog der Calcio, der Fußball zigtausende Schaulustige an. In diesem Band wird auf unterhaltsame Weise und historisch fundiert diskutiert, was Sport überhaupt ist. Warum gehört Turmspringen dazu, Sackhüpfen aber nicht? Wie steht es mit Stierkämpfen oder Motorsport? Wie kam es zum Aufstieg des Fußballs, und wie beeinflusst der Sport die Politik? Dieses Buch wird Sportmuffeln - "no sports" - wie Sportfans gleichermaßen verblüffende Einsichten liefern und den menschlichen Bewegungsdrang in neuem Licht zeigen.
Autorenporträt
Wolfgang Behringer, geb. 1956, lehrt als o. Professor Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität des Saarlandes.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.09.2012

Die Macht, die einen wegreißen kann

Was nützt der Menschheit ein Sieg in Olympia? Der Historiker Wolfgang Behringer geht in seiner faszinierenden "Kulturgeschichte des Sports" dem kollektiven Bewegungsdrang nach.

Die Sieger sind es eben doch nicht, die Geschichte schreiben. Jedenfalls im Sport. Historisch gesehen, sind Sieger passiv: Sie werden besungen, häufiger aber werden sie verschwiegen, verleumdet und vergessen. Wir kennen die wenigsten von ihnen, und schon gar nicht kennen wir die Verlierer. Aber da sind wir schon beim ersten Missverständnis, von dem es im Sport und über den Sport so viele gibt. Nicht der Vergleich, das Gegeneinander allein prägt den Sport. Ebenso wichtig, vielleicht wichtiger ist das Miteinander - zu allen Zeiten.

Weil die historische Anerkennung des Sports und derjenigen, die ihn treiben, so frappierend gering ausfällt im Vergleich zu dem hohen gesellschaftlichen Rang der Körperkultur, hat sich Wolfgang Behringer der Sache angenommen. Der Historiker, der an der Universität des Saarlands vor allem zur Frühen Neuzeit forscht und lehrt, hat eine Kulturgeschichte vorgelegt, die er entschieden eine des Sports nennt. Sie dürfte die erste ihrer Art in deutscher Sprache sein. Behringer provoziert die Frage, ob etwas existieren kann, bevor es benannt ist. Konnte es Sport geben, bevor der Begriff, angeblich etwa Mitte des achtzehnten Jahrhunderts, aus dem lateinischen "deportare" abgeleitet war?

Buchstäblich bedeutet es: sich wegtragen lassen. Jeder, der ein nur ein klein wenig vom Sport versteht, weiß, mit welch elementarer Macht der Sport einen wegreißen kann. Behringer widerspricht der These, dass es allein Kult- und Kampfspiele gegeben habe, bevor der moderne Sport erfunden wurde. Schon am Hof von Heinrich VIII. gab es das Hofamt des "Keeper of the Tennis Plays", bei Gelegenheit ergänzt um den "Master of Merry Disports".

Doch muss man sich Platon und Isaac Newton als Kampfsportler vorstellen, weil der eine rang und der andere boxte? Ist Kaiser Karl V. vor allem Sportfreund, weil er leidenschaftlich Tennis spielte? Mao Tse-tung war selbstverständlich nicht in erster Linie Schwimmer, obwohl er demonstrativ schwamm. Doch ob joggende und Basketball spielende Präsidenten von Amerika oder mittelalterliche Potentaten beim Ritterturnier: stets geht es darum, Kraft und Leistungsfähigkeit zu beweisen.

Die Diskrepanz zwischen der bedeutenden Rolle des Sports in der Menschheitsgeschichte und seiner mangelnden Anerkennung in der Geschichtsschreibung - "Griechenland hat viele Übel, am schlimmsten aber ist das Volk der Athleten", schrieb Euripides vor 2500 Jahren - sucht Behringer zu überbrücken. Im sporthistorischen Mehrkampf schlägt er dafür große Bögen. An den äußersten Enden mag er dabei durchaus auf schwankendem Grund stehen. Darf man das Ringen im Gilgamesch-Epos als Sport avant la lettre verstehen, die Kämpfe und Läufe der alten Ägypter, das Fußballspiel der Chinesen in der Periode der Streitenden Reiche? Wenn man daran zweifelt, muss man auch fragen, ob überhaupt die Olympischen Spiele der Antike Sport waren.

Stimmen die Details bei den Irrungen und Wirrungen des Sports des zwanzigsten Jahrhunderts? Behringers Buch ist wegen mancher Fehler bereits wütend angegriffen worden. Und selbst die zusammengerechneten Medaillenspiegel aller Spiele der Neuzeit - seit London ohnehin überholt - ermüden mehr, als sie erhellen. Das Schwimmen übrigens, sieht man von dem Hinweis auf Mao und der Erwähnung von Mark Spitz und Michael Phelps als multiple Medaillengewinner ab, findet in diesem Buch, vielleicht weil es eine eigene Kulturgeschichte verdiente, praktisch nicht statt.

Der Autor ist da zu Hause, wo er mit Freude und ohne großes Aufhebens widerlegen kann, was falsch überliefert ist vom Sport, was ins kollektive Bewusstsein eingegangen, oft auch: eingepflanzt worden ist. Das "No sports" des Fechters, Polospielers und Golfers Winston Churchill erledigt Behringer lapidar in wenigen Zeilen der Einleitung. Für das legendäre "mens sana in corpore sano" nimmt er sich nicht einmal eine seiner fast fünfhundert Seiten Platz. Er entlarvt das angebliche Diktum von Juvenal, dass in einem gesunden Körper unbedingt auch ein gesunder Geist herrsche, als blanken Spott.

Gegen Götterverehrung und Athleten wandte sich der römische Dichter mit den Worten: "Aber damit du was hast, worum du betest, weshalb du vor dem Schreine die Kutteln und göttlichen Weißwürste opferst, sollst um gesunden Geist in gesundem Körper du beten." Daraus eine Staatsdoktrin abzuleiten, die letztlich mit ihrer Umkehrung - dass nämlich in einem kranken oder behinderten Körper kein gesunder Geist leben könne - Eugenik und als Euthanasie verbrämten Mord begründete, ist eine bittere Ironie der Geschichte.

Aus der Vorstellung, dass zur umfassenden Ausbildung der Jugend in Griechenland auch der körperliche Aspekt gehört, dass Bewegung und Sport die Geistesbildung nicht allein flankierten, sondern auch forcierten, erwuchs zur Zeit der Reformation die humanistische Bildungsreform. Sie brachte Athletik und Turnen in die Lateinschulen und prägte die neue Bildungseinrichtung des Gymnasiums. Wer das Wort in der angelsächsischen Welt zur Beschreibung seiner Schulzeit benutzt, dürfte Erstaunen auslösen: Dort heißt es Sporthalle. Behringer macht darauf aufmerksam, dass Wettkämpfe und Wettrennen nicht zufällig so heißen. Selbstverständlich wurde um hohe Einsätze gekämpft und gerannt. Die Sportfeindlichkeit der Kirche ist Geschichte, ihr Bemühen, Sport mit Tugendhaftigkeit in eins zu setzen, wirkt bis heute nach.

Die unterschiedlichsten Gesellschaften kannten körperliche Vergleiche: die ihrer Kampfhähne, Kampfhunde, Kampfstiere bis zu denen ihrer Lakaien und ihrer selbst. Doch nicht allein der Kampf um den Sieg und gegen die Niederlage macht den Sport im Lauf der Welt aus. Leistungssport ist nur eine Facette. Freude an Bewegung und das Erlebnis der Gemeinschaft sind mindestens ebenso starker Antrieb. Puritaner ließen Anfang des siebzehnten Jahrhunderts das königliche "Book of Sports" vom Henker verbrennen, weil es sportliche Vergnügungen am Sonntag erlaubte: Jagd, Tanz und Ballspiel, welche die Menschen hinrissen.

Dennoch sind bis heute die Spuren des Sports in den Grundrissen der Städte Europas abzulesen. Nach den Spiel- und Turnierwiesen des Mittelalters entstanden vom sechzehnten Jahrhundert an innerhalb der Stadtmauern Schützenplätze und Ballspielhäuser, Tennisplätze, Reitanlagen sowie Plätze für ein Spiel, bei dem ein Ball mit einem Holzhammer getrieben wurde, italienisch "palla di maglio", Hammerball. Palmaille oder Pall Mall heißen von Paris über Hamburg bis London diese längst überbauten, immer noch präsenten Anlagen. In Wien residiert der Bundespräsident am Ballhausplatz 1 und erinnert damit an das Jeu de Paume, das Handflächenspiel, aus welchem Tennis entstand. Der Sport schuf von Plebs bis Adel eine Begeisterung, die in Wettkämpfen, riesigen Zuschauermengen und einer Professionalisierung von Athleten, Trainern und Veranstaltern ihren Ausdruck fand.

Das ist das Faszinierende dieses Buches und das erlaubt dem Autor die Subsumierung als Sport: Man kennt sie und man erkennt sie, diese Leidenschaft. Und man erwartet nicht wirklich eine Antwort auf die defätistische Frage des römischen Kulturkritikers Vitruv: "Was nützt der Menschheit ein Sieg in Olympia?" Seit zweitausend Jahren ist sie unbeantwortet geblieben und wird dies wohl auf absehbare Zeit auch bleiben - ohne Schaden.

MICHAEL REINSCH

Wolfgang Behringer: "Kulturgeschichte des Sports". Vom antiken Olympia bis ins 21. Jahrhundert. C.H. Beck Verlag, München 2012. 494 S., geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht um den Nutzen des Sports geht es in diesem Buch, wie Michael Reinsch feststellt. Was sollte dieser auch sein? Dass der Historiker Wolfgang Behringer hier die erste Kulturgeschichte des Sports in deutscher Sprache vorlegt, scheint dem Rezensenten hingegen bemerkenswert. Auch wenn der Autor mitunter übertreibt, wie Reinsch findet. Newton als Kampfsportler, Karl V. ein Sportsfreund? Da trägt Behringer den Begriff dann doch ein bisschen weit hinein in die Geschichtsschreibung, findet Reinsch. An anderer Stelle nennt er es Sport avant la lettre, etwa im Gilgamesch, wo zwar gerungen werde, wie der Rezensent zu bedenken gibt, doch schon sportlich? Allerdings erkennt Reinsch dank Behringer auch das Verbindende dieses Treibens: die Leidenschaft.

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