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In der Antike galt nicht nur das sinnlich Wahrnehmbare als schön - es wurde sogar die Auffassung vertreten, daß man erst durch intensive Denktätigkeit - also nach Überwindung dessen, was gemeinhin für schön gehalten werde - zum eigentlichen "Meer des Schönen" vorstoße. Zu den wichtigen Vertretern des Diskurses über die Schönheit, ihr Wesen und die Möglichkeit, es zu erkennen, gehörten so bedeutende Philosophen wie Platon, Aristoteles und Plotin, deren Positionen bis in die Moderne hineinwirken. So greift Stefan Büttner in seinem Buch über die Prinzipien des Schönen eine überzeitlich aktuelle Frage auf und weist interessante Wege, sie zu beantworten. …mehr

Produktbeschreibung
In der Antike galt nicht nur das sinnlich Wahrnehmbare als schön - es wurde sogar die Auffassung vertreten, daß man erst durch intensive Denktätigkeit - also nach Überwindung dessen, was gemeinhin für schön gehalten werde - zum eigentlichen "Meer des Schönen" vorstoße. Zu den wichtigen Vertretern des Diskurses über die Schönheit, ihr Wesen und die Möglichkeit, es zu erkennen, gehörten so bedeutende Philosophen wie Platon, Aristoteles und Plotin, deren Positionen bis in die Moderne hineinwirken. So greift Stefan Büttner in seinem Buch über die Prinzipien des Schönen eine überzeitlich aktuelle Frage auf und weist interessante Wege, sie zu beantworten.
Autorenporträt
Stefan Büttner lehrt als Akademischer Rat Klassische Philologie am Fachbereich Literaturwissenschaft der Universität Konstanz.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.06.2006

Alle sollen Schönheit lernen
Schwieriges einfach erklärt: Stefan Büttner über antike Ästhetik
Bei allem Respekt vor den Meisterwerken der antiken Kunst und Literatur: Die ästhetischen Theorien, die mit ihnen überliefert sind, scheinen überholt. Oder wer würde allen Ernstes behaupten wollen, Kunst sei Nachahmung von Wirklichkeit? Gehört doch zum Grundbestand unserer Auffassungen, dass dieses Verhältnis fiktional ist: Kunst und Literatur können Realität nie abbilden oder nachahmen, und wenn sie das vermeinen, kann es sich nur um ein theoretisch noch unaufgeklärtes Stadium handeln. In der Tat ist eine eigentümliche Disproportionalität zu beobachten: Während heute niemand mehr Homer und Milton oder Sophokles und Heiner Müller wertend vergleichen wollte, ist für den Bereich der Theorie der Glaube an einen Fortschritt - wie etwa die Emanzipation von einem endlich abgeworfenen Nachahmungspostulat - nach wie vor weit verbreitet.
Indes wird an die Antike dabei etwas herangetragen, was ihren eigenen Fragestellungen gar nicht entspricht. Hier kommt ein bekanntes Muster zur Wirkung: Vorgängerpositionen werden, um sich dagegen abzusetzen oder weil sich die Problemhorizonte verändert haben, bis zur Unkenntlichkeit transformiert. An dieser Stelle setzt das gehaltvolle Bändchen Stefan Büttners an, das um der Vergleichbarkeit willen den seit den Aufklärern und Hegel eingebürgerten Begriff „Ästhetik” als Titel gewählt hat: Es verfolgt das Programm, die antike Theorie des wahrnehmbaren Schönen - Literatur, Kunst, Musik - von ihren eigenen Voraussetzungen und Bezugssystemen in Ethik, Psychologie und Erkenntnistheorie her zu erklären.
Es entsteht dabei ein Bild von der antiken Literatur- und Kunsttheorie, das weit über den Standard bisheriger Einführungen hinausführt. Innovativ ist es nicht zuletzt in seiner umfassenden Auffassung des Gegenstandes, die sich nicht nur auf Platon und Aristoteles beschränkt, sondern ebenso die hellenistischen Philosophenschulen mit ihren wirkungsreichen Positionen einbezieht wie die rhetorisch-stilkritische Literatur der römischen Kaiserzeit - und sogar „ästhetische Grundbegriffe Vitruvs” bietet. Das Abschlusskapitel ist Plotin gewidmet, dem mit der Ausdifferenzierung von sinnlicher Schönheit bis hin zum „Ersten Schönen” eine zentrale Stellung in der Geschichte der Ästhetik zukommt.
Die unendliche Debatte
Das Buch, das komplexe Sachverhalte in einfachen Worten erklärt, dabei die Darstellung auch mit mancherlei Künstleranekdoten auflockert, füllt eine Lücke. Denn selbst neuere Literatur- und Kunsttheorien kommen kaum je ohne das Autoritätszitat der Antike aus. Die Konzepte der griechisch-römischen Antike sind in ihren zentralen Kategorien bis heute ein Bezugspunkt geblieben. Insbesondere die aristotelische „Poetik”, aus deren Umdeutungen in der Renaissance sich ein neuer Literaturbegriff herausbildet, hat eine Schlüsselstellung in der Geschichte der Ästhetik inne. Daher ist es erhellend, wenn gezeigt wird, dass für Aristoteles „Natur” keineswegs mit „empirischer Wirklichkeit” gleichzusetzen ist und somit jene Probleme gar nicht existieren, die dann auftreten, wenn man für die Künste gleichzeitig fordert, dass sie „Nachahmung von Wirklichkeit” seien und sich als Fiktion zur Wirklichkeit in Differenz verhielten - eine seit dem 16. Jahrhundert unendlich geführte Debatte.
Das Buch bietet mancherlei historische Klarstellungen. Büttner widerlegt beispielsweise das Klischee vom Kunstfeind Platon: Der Widerspruch, dass Platon einmal für und einmal gegen die Kunst sei, erweist sich als hausgemacht, wenn man die Grundlegung der Ästhetik in der platonischen Psychologie berücksichtigt. Zu unterstreichen ist auch der Hinweis auf die Nahbeziehung der platonischen mimesis-Auffassung zum Begriff des Bildes, interessant für die gegenwärtige Visualitätsdebatte.
Die Antike hatte keine Bedenken, bei der Rezeption von Literatur und Kunst von einem identifikatorischen Sich-Hineinversetzen und Miterleben auszugehen, wie etwa die aristotelische Tragödientheorie zeigt, deren grundlegender Unterschied zur idealistischen Tragikkonstruktion bei Büttner fasslich herausgearbeitet wird. Man erfährt ferner vom pädagogischen Zweck der Kunst: Jeder junge Mensch solle ein Instrument und Zeichnen lernen, damit er Schönes von Nicht-Schönem zu unterscheiden wisse; maßgeblich sei nicht der praktische Nutzen, sondern die Schärfung des Sinns für die Schönheit - das erscheint fast als aktualisierender Seitenhieb.
Das Buch kommt aber sonst ganz ohne vordergründige Aktualisierungen aus. Die Aktualität ist vielmehr von grundlegenderer Art: Zum einen stellt es antike Ästhetik in umfassender Weise in historische Theoriekontexte, woraus sich manche schwer verständlich erscheinenden Züge erklären. Zugleich aber wird auch deutlich, dass gewohnte Bestimmungen von Literatur und Kunst - etwa Fiktionalität oder die Annahme eines „kritischen” oder sonstwie „differenten” Verhältnisses zu „Wirklichkeit” - keineswegs alternativlos sind und daher ihrerseits historisch bedingte Zuschreibungen, die wir im Augenblick vielleicht wieder zu verlassen beginnen. Mit Nachdruck zu empfehlen!
GREGOR VOGT-SPIRA
STEFAN BÜTTNER: Antike Ästhetik. Eine Einführung in die Prinzipien des Schönen. Verlag C. H. Beck, München 2006. 211 Seiten, 12,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Dass sich über antike Ästhetik noch so viel lernen ließe, hätte Gregor Vogt-Spira gar nicht für möglich gehalten. Stefan Büttners Arbeit überrascht den Rezensenten gleich in mehrfacher Weise: Durch die Kontextualisierung von antiker Literatur, Kunst und Musik in ihren eigenen Bedingungen und durch die Weite ihres Blicks (über Platon und Aristoteles hinaus). Wie einfach und locker es dem Autor gelingt, gefestigte Überzeugungen aufzubrechen und zu widerlegen, kann Vogt-Spira nur bewundern, zumal dabei für aktuelle Debatten relevante Ergebnisse herauskommen, wie er feststellt. Dass solche Aktualisierungen nicht vordergründig bleiben, sondern durch die historische Dimension und die Vielseitigkeit der Studie grundlegende Bedeutung erhalten, lässt den Rezensenten das Buch schließlich "mit Nachdruck" empfehlen.

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