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Berlin, Spätsommer 1935. In der Familie Rath geht jeder seiner Wege. Pflegesohn Fritz marschiert mit der HJ zum Nürnberger Reichsparteitag, Charly schlägt sich als Anwaltsgehilfin und Privatdetektivin durch, während sich Gereon Rath, mittlerweile zum Oberkommissar befördert, mit den Todesfällen befassen muss, die sonst niemand haben will. Ein tödlicher Verkehrsunfall weckt seinen Jagdinstinkt, obwohl seine Vorgesetzten ihm den Fall entziehen und ihn in eine andere Abteilung versetzen.
Es geht um Hermann Göring, der erpresst werden soll, um geheime Akten, Morphium und schmutzige Politik. Und
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Produktbeschreibung
Berlin, Spätsommer 1935. In der Familie Rath geht jeder seiner Wege. Pflegesohn Fritz marschiert mit der HJ zum Nürnberger Reichsparteitag, Charly schlägt sich als Anwaltsgehilfin und Privatdetektivin durch, während sich Gereon Rath, mittlerweile zum Oberkommissar befördert, mit den Todesfällen befassen muss, die sonst niemand haben will. Ein tödlicher Verkehrsunfall weckt seinen Jagdinstinkt, obwohl seine Vorgesetzten ihm den Fall entziehen und ihn in eine andere Abteilung versetzen.

Es geht um Hermann Göring, der erpresst werden soll, um geheime Akten, Morphium und schmutzige Politik. Und um Charlys Lebenstrauma, den Tod ihres Vaters. Und um den Mann, mit dem Rath nie wieder etwas zu tun haben wollte: den Unterweltkönig Johann Marlow.
Autorenporträt
Kutscher, VolkerVolker Kutscher, geboren 1962, arbeitete nach dem Studium der Germanistik, Philosophie und Geschichte zunächst als Tageszeitungsredakteur und Drehbuchautor, bevor er seinen ersten Kriminalroman schrieb. Heute lebt er als freier Autor in Köln. Mit dem Roman »Der nasse Fisch« (2007), dem Auftakt seiner Krimiserie um Kommissar Gereon Rath im Berlin der Dreißigerjahre, gelang ihm auf Anhieb ein Bestseller, dem bisher sieben weitere folgten. Die Reihe ist die Vorlage für die internationale Fernsehproduktion »Babylon Berlin«, deren erste zwei Staffeln 2017 auf Sky und 2018 in der ARD zu sehen waren, die dritte Staffel folgte im November 2020 in der ARD. OLYMPIA, der achte Band der Reihe, verkaufte sich bisher weit über 150.000-mal. Mit der von Kat Menschik illustrierten Erzählung "Moabit" gelang ihm im Oktober 2017 ein weiterer Bestseller, der im November 2021 die illustrierte Erzählung "Mitte" folgte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.10.2018

Nazis zücken Ernte 23
Volker Kutschers siebter Roman um den Berliner Oberkommissar Rath
Ziemlich viel unangenehme Leute, das, möchte man in bestem „amerikanischen“ Krimiübersetzerdeutsch fast sagen. Dieser Großgangster Johann Marlow etwa, der 1935 zum SS-Gruppenführer ehrenhalber ernannt wird und in solcher Camouflage seine sinistren Geschäfte auch unter und mit den braunen Machthabern betreibt, ohne einer der ihren zu sein. Oder der elegante Frauentäuscher Gerhard Brunner und SD–Geheimdienstler, dem es gleich zu Beginn bei einem seltsamen Unfall mit einer „Kraftdroschke“ (wir sind in Berlin!) das Genick bricht. Dann die immer hübschen Blondinen und Brünetten, die zackig den rechten Arm zum „Deutschen Gruß“ hochreißen. Sogar Göring tritt auf, hochrot das Gesicht, glänzend von Alkohol und Morphin. Wie gesagt, unangenehme Gesellschaft, das.
Mittendrin Oberkommissar Rath, seine Frau Charly, sein einstiger Vorgesetzter und jetziger Privatdetektiv Böhm, der einem alten mysteriösen Fall nachhängt, der unversehens wichtig wird durch den Taxiunfall, den Rath zu bearbeiten hat. Dazu kommt der berühmte Kriminaldirektor Ernst Gennat, Buddha genannt, und andere Kriminalkollegen als notwendige Chargen. Und natürlich spielt Berlin, schnoddrig, ruppig, elend in Kreuzberg und Wedding, bürgerlich in Charlottenburg, wimmelig am Alexanderplatz, die Hauptpartie.
Geraucht wird unentwegt, Nazis zücken Ernte 23, Rath greift bei jeder Gelegenheit zur Overstolz, seine Frau bevorzugt „aus gutem Grund ist Juno rund“, und auch die Marke Eckstein vergisst Volker Kutscher nicht im siebten Roman um seinen Oberkommissar Gereon Rath. Übrigens wurden alle diese einst von verschiedenen Herstellern vertriebenen Marken im Jahre 1935, in dem die Handlung spielt, von Reemtsma fusioniert.
Kutscher gelingt es ganz gut, Zeit- und Ortskolorit so zu beschreiben, dass nicht nur reine Kulissenmalerei dabei herauskommt. Dennoch wirkt manche Detail- und Dialektversessenheit mehr deutsch-gründlich, als dass sie Stimmung und Atmosphäre zusätzlich verdichten könnte. Auch ist Kutscher fast allen seinen Hauptpersonen so nah, dass sie kaum richtig greifbare Gestalt annehmen können. Doch den Fall des selbstmörderischen Unfalls, den der Taxifahrer Otto Lehmann verursacht, entwickelt Kutscher zu einem relativ spannenden Geflecht: Göring soll erpresst werden, Morphium ist im Spiel, Nazigrößen und ihre jeweiligen Unterabteilungen misstrauen sich gegenseitig und scheuen nicht vor kriminellen Machenschaften zurück. Böhm und seine Mitarbeiterin Charly helfen Emigranten, während Rath glaubt, er könne als braver Kriminaler, der seine Fälle ermittelt und löst, nicht von der immer offener verbrecherischen Nazipolitik kontaminiert werden. Ein Irrtum.
Parallel erzählt Kutscher „eine andere Geschichte“, zwischen 1918 und 1926 angesiedelt, nämlich die vom Unterweltkönig Marlow und wie er dazu wurde. Da entwickelt sich einer nicht zum simplen Bösewicht, sondern es entsteht schon ein infernalischer Charakter größeren Stils aus der Konfrontation mit einem rassistischen Vater in der kaiserlichen Kolonie Tsingtau, aus der bitteren Liebesgeschichte mit einer Chinesin und ihrem Sohn. Der wird später seine rechte Hand.
Dieser Liang Kuen-Yao, der so gerne heiraten möchte, wobei ihm Charly helfen soll, ist mit seinen undurchdringlich schwarzen Augen wie mit seiner Präsenz die anrührendste, auch geheimnisvollste Gestalt im ganzen Karussell. Er ist plötzlich da und genauso plötzlich verschwunden. Kutscher vermag es, diesen gleichwohl auch zu Mordtaten fähigen Mann nicht als nur irgendwie exotischen Typen darzustellen, sondern widmet sich ihm mit Behutsamkeit und Empathie.
Wie die Nazis ihn befremdet bis verächtlich ansehen, wie er böse Blicke auf sich zieht im vom Rassistengift durchseuchten Deutschland. Das kann man jederzeit auch heute erleben, wo beispielsweise Musiker aus Asien noch immer gern als mechanisch und seelenlos gering geschätzt werden. So schimmert bei aller lokalkoloristischen Berlinfülle und Geschichtsträchtigkeit überraschend deutlich auch die Gegenwart durch. Das ist wahrlich nichts Schlechtes in einem Roman, der nicht nur die Krimigenreregeln erfüllen will.
HARALD EGGEBRECHT
Parallel zur Haupthandlung
erzählt Kutscher die Geschichte
vom Unterweltkönig Marlow
Volker Kutscher: Marlow. Der siebte Rath-Roman. Piper Verlag, München 2018. 528 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.02.2019

Gereon Raths siebter Fall
Volker Kutscher liest im Frankfurter Literaturhaus

Bisher ist nur der erste Fall von Gereon Rath zur Fernsehserie umgearbeitet worden, dabei ist Volker Kutscher, auf dessen Roman "Der Nasse Fisch" die Produktion "Babylon Berlin" unter Federführung vom Tom Tykwer basiert, mit seinem Kriminalprosaprojekt längst in der Zeit des Nationalsozialismus angekommen. Im ausverkaufen Frankfurter Literaturhaus gab der Autor mit dem leichten rheinischen Tonfall und der unter Schriftstellern nicht allzu weit verbreiteten Fähigkeit, über das eigene Werk humorvoll und eloquent zu plaudern, Einblicke in das jüngst erschienene Buch "Marlow". Es ist das siebte aus der Reihe mit dem aus Köln stammenden, in Berlin arbeitenden Ermittler und der mittlerweile mit ihm verheirateten früheren Polizei-Mitarbeiterin und jetzigen Anwaltsgehilfin Charlotte Ritter.

Krimispezialistin Antje Deistler, die das Literaturbüro Ruhr leitet und unter anderem als Kritikerin tätig ist, unterhielt sich mit Kutscher, der dazwischen einige sehr kurze Auszüge aus dem neuen Werk las. Er rede lieber, ließ er das Publikum anfangs wissen, und so kam es, dass auf ziemlich amüsante und recht kurzweilige Weise vieles angesprochen wurde, Biographisches, Historisches, allgemein Literaturbetriebliches, der große Erfolg und die Vielzahl der multimedialen Adaptionen des Stoffes. Was den jüngsten Roman angeht, blieb, wie sich das von selbst versteht, das meiste im Dunkeln, schließlich soll bei einer solchen Veranstaltung ja nicht allzu viel verraten werden. Denn in einem Krimi geht es nun einmal vorrangig um den Plot. Und damit der ungestört durch Vorwissen durch des Lesers Kopf rasen kann, ging es auch darum, größere Spoiler zu vermeiden. Ein paar kleinere gab es schon. Aber die machten vor allem neugierig auf den Roman, dessen Titel der Name des Hauptbösewichts ist.

Anders als in "Babylon Berlin" heißt er bei Kutscher Marlow, wie eine Ortschaft in Mecklenburg-Vorpommern und nicht ohne Grund mit Anspielung auf Raymond Chandlers Privatdetektiv Philip Marlowe. Herausgearbeitet wurde an diesem Abend etwa Kutschers Charakterisierung seiner Figuren als ambivalente Personen. Die Unterweltgröße ist nicht nur schlecht. Sie hat auch sympathische Seiten. Während Rath, inzwischen Oberkommissar, gelegentlich zu unorthodoxen Methoden neigt, die ihn in einem eher schlechten Licht zeigen. An seiner Hauptfigur störe ihn vor allem der mangelnde Hang zur Rechtsstaatlichkeit, sagte der Autor. Und auch dies erfuhren die Zuhörer: Anderthalb Jahre hatte Kutscher seinerzeit nach einem Verlag gesucht und lauter Absagen bekommen. Vielleicht, mutmaßen Kutscher und Deistler, habe es daran gelegen, dass er von vorneherein beabsichtigte, zehn Romane zu schreiben. Mit jeweils abgeschlossenen Fällen zwar, aber mit Personen, die sich weiterentwickeln. Und einer Geschichte, die über das Jahr 1933 hinausreicht.

Nun also ist nicht mehr die Weimarer Republik Schauplatz der Erzählung, sondern das "Dritte Reich". Und Raths siebter Fall hat mit den höchsten Kreisen des Staates zu tun. In dem die Nazis gegeneinander kämpften, wie der Autor ausführte: Sie stritten permanent über Zuständigkeiten und Kompetenzen. Er habe versucht, sich in seine Protagonisten hineinzuversetzen, die ja noch nichts von der Zukunft geahnt hätten, sagte der Schriftsteller. Man wisse nie, wie man sich selbst in ihrer Situation verhalten hätte.

So las er eine Szene, in der sich Rath, der sonst die Grußformen im "neuen Deutschland" mit einer gewissen Schlampigkeit nutzt, in Nürnberg von der Masse mitreißen lässt, als der "Führer" im offenen Mercedes durch die jubelnde Menge fährt. Auch Rath streckt den rechten Arm zum Hitlergruß aus und schreit "Heil". Immerhin hasst er sich anschließend dafür. Dabei hatte er vorher noch gedacht: "Das hier war schlimmer als der Rosenmontagszug, und es gab nicht mal Musik." Bis ins Jahr 1938 möchte Kutscher seine Saga fortschreiben. Dem Jahr, in dem jedem klar werden musste, was die Machthaber tatsächlich vorhatten.

MICHAEL HIERHOLZER

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»Die TV-Serie 'Babylon Berlin' mag gutes Fernsehen sein. Volker Kutschers Romane aber sind großes Kino.« taz 20181108