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Frank Böckelmanns Aufsehen erregende Studie über die gegenseitige Wahrnehmung und Fremdheit von Gelben", "Schwarzen" und "Weißen" ist 1998 in Hans Magnus Enzensbergers Die Andere Bibliothek erschienen, war lange Zeit vergriffen und liegt nun in einer erweiterten Neuausgabe - mit Stellungnahme des Autors zur gegenwärtigen Lage - endlich wieder vor. An Aktualität und Überzeugungskraft hat sie nichts eingebüßt - im Gegenteil. Schon vor zwei Jahrzehnten war die öffentliche Belehrung, wie man mit Fremden korrekt umzugehen habe, von einem entlarvenden Widerspruch geprägt: Mit der Parole "gegen…mehr

Produktbeschreibung
Frank Böckelmanns Aufsehen erregende Studie über die gegenseitige Wahrnehmung und Fremdheit von Gelben", "Schwarzen" und "Weißen" ist 1998 in Hans Magnus Enzensbergers Die Andere Bibliothek erschienen, war lange Zeit vergriffen und liegt nun in einer erweiterten Neuausgabe - mit Stellungnahme des Autors zur gegenwärtigen Lage - endlich wieder vor. An Aktualität und Überzeugungskraft hat sie nichts eingebüßt - im Gegenteil. Schon vor zwei Jahrzehnten war die öffentliche Belehrung, wie man mit Fremden korrekt umzugehen habe, von einem entlarvenden Widerspruch geprägt: Mit der Parole "gegen Ausgrenzung" wurden wir dazu ermahnt, Fremdheit zu ertragen und sie zu beseitigen: einzusehen, daß die Fremden gar nicht fremd sind. Heute ist aus der Hemmung, den Menschen ins Gesicht zu sehen und für den Anblick Worte zu finden, eine regelrechte Wahrnehmungsblockade geworden, der allgegenwärtige Rassismus-Verdacht. Aber Gesichtsform und Hautfarbe, Gangart und Gestik, Blickverhalten und Mienenspiel gehören zum kulturellen Erbe der Kontinente. Sie sind nicht belanglos, weil die genetischen Unterschiede gering sind. Wenn heute unablässig gefordert wird, "das Fremde" zu tolerieren, wenn Transparente vor öffentlichen Gebäuden zur Weltoffenheit auffordern und die Mannschaftskapitäne in den Stadien die "Respekt"-Litanei vortragen, tritt das Ziel solcher Humanitätsbeschwörung zutage: die Beseitigung der Andersheit, vorab der eigenen. Doch dieser Versuch - auch diese Erkenntnis vermittelt Böckelmanns Buch - ist zum Scheitern verurteilt. Die zunehmende Unfähigkeit zur Befremdung geht einher mit einer Zunahme sprachloser Fremdheitserfahrungen. Hinter der eingeübten Aufgeschlossenheit beginnt das Wirkliche, das Unvergleichliche, heillos anstößig zu werden. Böckelmann zeigt die Europäer bzw. die Weißen als die Fremden der Anderen, als ihrerseits rätselhafte und undurchdringliche Wesen. Fremdheit - Abstoßung und Faszination - erweist sich nicht als Folge bedauerlicher Vorurteile, sondern als Ausdruck einer jeweils einzigartigen Begegnungsgeschichte. Dieses Buch ist keine Sammlung von Schuldzuweisungen, sondern ein Lob der Fremdheit.
Autorenporträt
Frank Böckelmann wurde 1941 in Dresden geboren, wo er inzwischen wieder lebt. Er studierte Philosophie und Kommunikationswissenschaft in München und beteiligte sich dort an der Subversiven Aktion mit Dieter Kunzelmann, Rudi Dutschke und Bernd Rabehl. Anfang der siebziger Jahre kappte er seine Beziehungen zu linken Gruppierungen. Nach der Promotion war Böckelmann dreißig Jahre lang für öffentliche Auftraggeber in der freien Medienforschung tätig. Er ist Herausgeber der Werkreihe von Tumult und der Vierteljahreszeitschrift gleichen Namens. Für das vorliegende Buch erhielt Böckelmann 1999 den Sonderpreis "Das politische Buch" der Friedrich-Ebert-Stiftung. Seine jüngsten Buchveröffentlichungen heißen Die Welt als Ort - Erkundungen im entgrenzten Dasein (2007), Risiko, also bin ich - Von Lust und Last des selbstbestimmten Lebens (2011), Jargon der Weltoffenheit - Was sind unsere Werte noch wert? (2014) und, zusammen mit Dietrich Leube, Entkommen oder Not macht erfinderisch - Auswege in Wort und Bild (2017).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.03.2019

Die Schrecken der Fremdheit und des Unverstandenseins
Frank Böckelmann sortiert Menschen nach Farben

Dieses Buch, um das Wichtigste gleich am Anfang auszusprechen, ist sehr lehrreich, oft amüsant und insgesamt äußerst lesenswert: einerseits, obwohl Frank Böckelmann es geschrieben hat. Und andererseits: gerade deshalb.

Denn dieser Frank Böckelmann, der in seiner Jugend ein Parteigänger von Dieter Kunzelmann und Rudi Dutschke war, später, als Kommunikationswissenschaftler, die Machtverhältnisse und die Mechanismen der öffentlichen Diskurse aus Perspektiven betrachtete, mit denen keiner gerechnet hatte; der, quasi nebenbei, sehr schöne cinephile Texte über das amerikanische Kino schrieb und heute "Tumult" herausgibt, die "Zeitschrift für Konsensstörung" - dieser Frank Böckelmann ist womöglich, leicht zugespitzt formuliert, der Mann, für den so viele den Verleger Götz Kubitschek halten: ein Autor, der Begriffe wie "Austausch", "Umerziehung" und immer wieder "das Eigene" ohne große Skrupel beim Nennwert nimmt und anscheinend auch schon bei Pegida mitspaziert ist; der also nicht beleidigt sein wird, wenn man ihn einen Rechten nennt. Und zugleich ist er ein Intellektueller, ein Schriftsteller, der sich von den eigenen Gedanken gelegentlich überraschen lässt; der einen sicheren Stil und ein Gespür für den Eigensinn der Sprache hat; und der eine Erkenntnis nicht schon deshalb unterdrückt, weil sie im Widerspruch zu den eigenen Glaubenssätzen steht.

Das Buch, das "Die Gelben, die Schwarzen, die Weißen" heißt, womit sein Gegenstand schon ganz richtig beschrieben ist, ist vor zwanzig Jahren schon einmal erschienen, in Enzensbergers Anderer Bibliothek. Damals wurde Böckelmann für diesen Text mit einem Preis der Friedrich-Ebert-Stiftung geehrt, bekam wohlwollende Besprechungen in der "tageszeitung" und in dieser Zeitung. Und im "Spiegel" erschien eine Rezension, die das ziemlich dicke Buch vor allem dazu benutzte, es allen Kündern der Völkerfreundschaft und "politisch korrekten Ausländerfreunden" auf den Kopf (oder zumindest auf das gute Gewissen) zu hauen.

Wenn das Buch jetzt, mit einem neuen Vorwort, in jenem Manuscriptum-Verlag erscheint, wo, nur zum Beispiel, auch der vulgäre Schwachsinn von Akif Pirinçci verlegt wird; wenn diese Neuerscheinung (das Buch ist im Oktober herausgekommen) bislang nur von der verlässlich ressentimentgetriebenen Website "Die Achse des Guten" überhaupt zur Kenntnis genommen wird: Dann scheint das die Hypothese jener Rechten zu bestätigen, die von sich behaupten, dass sie gar nicht nach rechts gewandert seien; vielmehr tendiere der angeblich so linksliberale Mainstream immer stärker dazu, die Augen zu schließen und sich die Ohren zuzuhalten, überall dort jedenfalls, wo es um die Konflikte, Verwerfungen, Missverständnisse und Fremdheitserfahrungen gehe, welche die Folgen von Migration und Globalisierung seien.

Dass es nicht ganz so einfach ist, lehrt die Lektüre schon nach wenigen Seiten. Es sei "ein Lob der Fremdheit", schreibt Böckelmann immer wieder; um wessen Fremdheit wem gegenüber es geht, sagt ja der Titel - und damit der Leser diese Fremdheit mit der nötigen Anschaulichkeit und Drastik erfahre, konzentriert sich der Autor nicht so sehr darauf, uns das ohnehin als fremd Bekannte besonders befremdlich zu beschreiben; das tut er schon auch. Viel wichtiger ist es ihm aber, die Fremden, die wir selber sind, in der Wahrnehmung der sogenannten Anderen besonders anschaulich zu machen.

Wobei das "Wir" schon die ersten Probleme aufwirft: Wer ist damit gemeint? Sind es die Deutschen, die Westler, die Weißen? Mal so, mal so, antwortet das Buch, das wesentlich schärfer definiert, wer die Anderen sind: die Gelben und die Schwarzen, wie Böckelmann sie nennt, die Asiaten und die Afrikaner also. Und das sichtbare Merkmal, wenn nicht sogar die Ursache dieser profunden und letztlich unüberwindbaren Fremdheit seien die Farben der Haut und die entsprechenden Gesichts- und Körperformen. Im Frühjahr 1945, so erzählt Böckelmann ganz am Anfang, damit der maximale Fremdheitsschock den Leser gleich mal aus seiner Versöhnlichkeit herausreiße, im Frühjahr 1945 klopfte es an der Tür eines Bauernhauses in Bayern, ein Mädchen öffnete, draußen stand ein GI, und der unerwartete, unvorbereitete, ja unfassbare Anblick dieses schwarzen Mannes war ein solcher Schrecken für das Mädchen, dass es davon zuckerkrank wurde, woran es schließlich starb.

Was eine solche Szene bedeuten kann, wird einem spätestens in dem Moment bewusst, da man sich erinnert an jenen Nachmittag im Münchner Mai vor mehr als hundert Jahren, an den Moment an der Trambahnhaltestelle, in dem der Schriftsteller Gustav Aschenbach sich vom Anblick eines fremden, wilden, kriegerischen Mannes in eine solche Unruhe treiben ließ, dass er, vom Reisefieber ergriffen, nach Venedig fuhr, wo er an der Liebe und der Cholera erkrankte. Und schließlich starb. Es ist ein literarisches Motiv, dessen Wirkung umso stärker ist, je weniger es beweisen muss. Das ist bei Thomas Mann so. Und bei Böckelmann eben auch.

Weit weniger literarisch ist die Fremdheitsmessmethode, die Böckelmann in München anwandte, wo er dort lebende Japaner, Chinesen und Westafrikaner anschrieb, um ein Treffen bat und dann, wie er schreibt, stundenlang kurze Fragen stellte und sich die Antworten in aller Ausführlichkeit anhörte. Der erste Befund dieser Befragungen ist eindeutig und bei allen mehr oder weniger gleich: Auch wer Jahrzehnte in Deutschland gelebt und gearbeitet hat, womöglich sogar mit einem oder einer Deutschen zusammenlebt in einer Liebesbeziehung, wird das Gefühl einer grundsätzlichen Fremdheit nicht los, bleibt geistig und emotional dem Herkunftsland verbunden. Und hat wenig Lust und Ambition, ein Gesinnungs- oder Überzeugungsdeutscher zu werden.

Der zweite Befund fällt unterschiedlich aus: Die Asiaten staunen über die Sturheit, die Hartnäckigkeit, die unhöfliche Direktheit, ja insgesamt über den mangelnden Feinsinn und die Trampeligkeit der Deutschen. Den Afrikanern fällt eher auf, dass Leute, denen es so gut geht, vielleicht ein bisschen froher, lustiger, zuversichtlicher und viel weniger ernst sein könnten.

Naturgemäß beschreibt Böckelmann hier nicht einfach die Affekte, die Momentangefühle beim ersten oder zweiten Anblick; er weist darauf hin, dass die Menschen ganze Zentnerlasten von Geschichte, Konvention und Tradition im Gepäck haben, wenn sie nach Europa kommen. Und dass all das die Wahrnehmung bestimmt.

Aber das Ergebnis ist erstaunlicherweise nicht nur sehr verständlich für jeden Deutschen, der sich schon mal im Spiegel betrachtet hat. Es deckt sich geradezu mit der deutschen Selbstwahrnehmung. Das japanische Unbehagen ähnelt dem Unbehagen der Deutschen mit sich selbst, die afrikanische Frage, warum die Laune so mittelmäßig sei, entspricht der deutschen Forderung an die Deutschen, gefälligst lässiger zu werden. Wenn wir uns aber mit Asiaten und Afrikanern über die schwierige Frage, wie wir so sind und woran es uns fehlt, einigermaßen verständigen können, ist die Fremdheit womöglich nicht so absolut, wie Böckelmann das glauben will.

Am interessantesten und amüsantesten, am neuesten (für Laien jedenfalls) und am fremdesten sind jene Kapitel, in denen Böckelmann gewaltige Mengen von historischen und literarischen Quellen durcharbeitet. Und versucht, auf dieser Basis die Geschichte der Begegnungen, Beschreibungen und Deutungen zu schreiben: von den ersten portugiesischen Segelschiffen, nur zum Beispiel, die am japanischen Horizont erschienen, bis zu dem Moment, da Technik und Globalisierung - scheinbar, wie Böckelmann meint - die ungeheuren Distanzen und Differenzen zum Verschwinden bringen. Dass da jemand vor Schrecken tot umgefallen sei, wird nicht berichtet; aber eine Herausforderung, ja ein unlösbares Rätsel müssen die weißen Leute schon gewesen sein. Denn einerseits waren sie nicht nur größer als die Asiaten; sie wurden von denen, wegen ihrer plastischeren Gesichtszüge und größeren Augen, auch als schön empfunden. Andererseits waren die Weißen, die Männer jedenfalls, auch am Körper behaart, was man in Asien nicht nur als barbarisch, sondern geradezu als unmenschlich empfand; womöglich waren diese Wesen ja Halbaffen oder Teufel; besser, man hielt sie sich vom Leib.

Es sind diese Kapitel, in denen der Autor ganz bei sich ist (und weit weg von seinem ideologischen Programm); es sind Passagen, die nicht ganz Essayismus, nicht ganz Ethnographie und auch nicht ganz Literatur sind, und die doch von allem etwas haben: Postmodern hätte man das damals, als das Buch zum ersten Mal erschien, noch genannt - zumal ja die Wertschätzung des Missverstandenen, die Anerkennung des Unverständlichen, die offen gelassene Frage, ob es hier um Wissenschaft oder um Dichtung gehe, zumal das alles ja Strategien aus jener Zeit sind, da das Wörtchen "postmodern" noch ein Versprechen war.

Nur allzu große Beweiskraft im Sinne Böckelmanns haben all diese Kapitel nicht: Was einerseits daran liegt, dass er weniger von historischen Bedingungen und lieber von anthropologischen Konstanten sprechen will: Zu dem Zeitpunkt, da sich Asiaten aber fragten, ob in jedem Weißen ein Teufel stecke, verbrannte man in Mitteleuropa auch Hexen auf dem Scheiterhaufen, weil sie angeblich Unzucht mit dem Satan getrieben hatten. Wer wollte leugnen, dass wir dazugelernt haben? Und wer wollte das den Asiaten aber absprechen?

Den schönsten Widerspruch stellt Böckelmann aber selber her: Es ist ja er, der weiße Mann, der die Geschichte des Nichtverstehens, der Fremdheit, der komplett rätselhaften Zuschreibungen erzählt; er hat das Unverständliche anscheinend gut genug verstanden, um es beschreiben zu können: Es gibt also auch für uns, seine Leser, die Hoffnung auf Verständigung.

Ach, am Schluss möchte man Böckelmanns Geschichten nur noch retten vor den Schlüssen, die er daraus zieht. Wenn er, als ob das so ein mächtiger Gegner wäre, die Fremdheit und die Unverstandenheit lobt und verteidigen will gegen jene Leute, die ihre Indifferenz und Ignoranz für Weltoffenheit und Toleranz halten; gegen jene, die Gleichheit postulieren, ohne die Differenzen auch nur zu ahnen; gegen die Betulichkeit, die Diskriminierung schon da wittert, wo Unterschiede nur wahrgenommen und benannt werden.

Es ist aber eher eine Projektion der Rechten (und vielleicht die Praxis sehr bornierter Linksliberaler), im Multikulturalismus nur das zu sehen: "Mehr Sprachen, Märchen und Emotionen. Mehr Frisuren und Kochrezepte. Buntere Musik und Mode", wie Böckelmann schreibt.

Genau das Gegenteil war ja eigentlich die Zumutung des Multikulturalismus: Die Erkenntnis, dass das Alle-Menschen-werden-Brüder-Pathos, der ästhetisch-moralische Universalismus, das humanistische Projekt der Weißen (und speziell der Deutschen) nicht nur eine idealistische, sondern auch eine paternalistische und kolonialistische Seite hat. Dass man also jenen Leuten, die nicht mit der Bibel, Shakespeare und Beethoven aufgewachsen sind, erst einmal zuhören sollte, gerade dann, wenn man nur die Hälfte versteht. Dass man den Mozart der Afrikaner nur finden wird, wenn man bereit ist, einer Musik zu lauschen, für die man keine Kriterien hat.

Und dass man zugleich die unveräußerlichen Menschenrechte nicht zur Folklore des Westens machen sollte - weil der Mensch, der sogenannte Gelbe oder Schwarze, nicht einen Grundkurs in europäischer Geistes- und Politikgeschichte braucht, um das Recht auf Leben, auf Freiheit, auf körperliche Unversehrtheit zu schätzen und für sich in Anspruch zu nehmen. Man sollte, als westlicher Mensch, eher der Dissidentin Liu Xia glauben als dem Präsidenten Xi Jinping.

Das ganze Buch läuft auf die Frage nach den Vereinigten Staaten hinaus, nach jener Nation also, die, wenn Böckelmanns Annahmen stimmten, gar nicht funktionieren könnte, nicht im 21. Jahrhundert jedenfalls, da die Weißen dort ihre Mehrheit verlieren. Damals, in den späten Neunzigern, als Böckelmann das Buch schrieb, gab es ja tatsächlich schwere Unruhen in den Schwarzenvierteln der großen Städte. Und so sagt dieser Text voraus, dass das ganze Land zerbrechen und zerfallen werde, in schwarze und Latino-Territorien und die letzten Refugien der Weißen.

Heute wissen wir, dass Amerika eine Menge von Problemen hat; aber sicher nicht das, dass es entlang ethnischer Grenzen zerbrechen könnte.

Es ist ein Trost und ein weiteres Dementi zu diesem Buch, dessen Wert ja gerade darin besteht: dass man ihm nicht zustimmen muss, um sich davon inspirieren zu lassen. Als Buch eines Cinephilen, als Geschichte der Blicke und der Projektionen ist es, immer wieder, ein Vergnügen.

CLAUDIUS SEIDL.

Frank Böckelmann: "Die Gelben, die Schwarzen, die Weißen". Edition Sonderwege, 618 Seiten, 34,80 Euro

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Perlentaucher-Notiz zur FAS-Rezension

Claudius Seidl hat keine Berührungsängste vor diesem Buch des einstigen Protagonisten der antiautoritären Fraktion im SDS und heutigen Tumult-Herausgebers Frank Böckelmann, den man laut Kritiker mit Fug und Recht einen "Neuen Rechten" nennen könne. Im Gegenteil: Das Buch, erstmals 1998 erschienen, von taz bis FAZ einst wohlwollend besprochen und mit dem Preis der Friedrich-Ebert-Stiftung ausgezeichnet, liegt nun in erweiterter Auflage vor, wird vom Autor als "Lob der Fremdheit" und vom Kritiker als so "lehrreiches" wie herausforderndes "Vergnügen" gepriesen - wobei er leider nicht sagt,  wie genau die Aktualisierung aussieht. Böckelmann erzählt ihm hier, wie er einst mit Japanern, Chinesen und Westafrikanern über Heimat und ihr Bild von den Deutschen sprach oder wie er unzählige historische und literarische Quellen durchforstete, um von den Herausforderungen transnationaler Begegnungen und der "Anerkennung des Unverständlichen" zu berichten. Dass Böckelmann mehr auf "anthropologische Konstanten" denn auf Beweise setzt, geht für Seidl in Ordnung: Man muss dem Autor nicht beipflichten, um sich von seinen Reflexionen anregen zu lassen, meint er.

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