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"Die Schlampen" spielt in der Welt der Dating-Plattformen. Zentrale Figur ist ein Escort namens Brad. Die Geschichte entwickelt sich auf einer Website, auf der Escorts von ihren Kunden bewertet werden können. Erzählt wird nur durch die Postings, E-Mails und Gespräche derjenigen, die hier Beiträge schreiben. Rasch wird klar, dass sich deren Behauptungen widersprechen, Meinungen prallen aufeinander, und bald weiß man in dem Wust aus Lügen und Halbwahrheiten nicht mehr, ob sich auch eine Wahrheit darunter befindet und welcher Stimme man trauen kann. Im Laufe des Meinungskrieges mischen sich unter…mehr

Produktbeschreibung
"Die Schlampen" spielt in der Welt der Dating-Plattformen. Zentrale Figur ist ein Escort namens Brad. Die Geschichte entwickelt sich auf einer Website, auf der Escorts von ihren Kunden bewertet werden können. Erzählt wird nur durch die Postings, E-Mails und Gespräche derjenigen, die hier Beiträge schreiben. Rasch wird klar, dass sich deren Behauptungen widersprechen, Meinungen prallen aufeinander, und bald weiß man in dem Wust aus Lügen und Halbwahrheiten nicht mehr, ob sich auch eine Wahrheit darunter befindet und welcher Stimme man trauen kann. Im Laufe des Meinungskrieges mischen sich unter diversen Profilnamen auch Beitragschreiber in die Diskussion ein, die den Thread dazu nutzen, um wüsteste sexuelle Fantasien zu spinnen. Diese Fantasien steigern sich bis zur Behauptung der Existenz eines Snuff-Videos, an dem die beiden Hauptprotagonisten teilgenommen haben sollen: Aus einem anfänglich komischen Schlagabtausch zwischen enttäuschten und zufriedenen Freiern wird ein kaltes, brutales Spiel mit Gefühlen und Leben. Coopers "Die Schlampen" ist ein faszinierend böses Gedankenspiel um Fantasien und Identitäten, Wahrheit und Lüge, um Abhängigkeiten und extreme Formen von Liebe und Sexualität. Das Buch ist auf dieselbe Weise von einem Wahrheitsbegriff besessen wie Griechische Tragödien oder Romantische Poesie, evoziert aber auch Gedankenspiele eines Jorge Luis Borges oder John Barth zu diesem Thema. Was ist Wahrheit? Was Fiktion?
Autorenporträt
Dennis Cooper ist Autor von elf Romanen sowie zahlreichen Lyrikbänden und Sachbüchern. Seine Bücher wurden in 19 Sprachen übersetzt. "Die Schlampen" (The Sluts, 2005) gewann den Prix Sade und den Lambda Literary Award für den besten Roman des Jahres. Seine jüngsten Bücher sind The Marbled Swarm (2012) und zwei einzigartige, international gefeierte Arbeiten, die zur Gänze aus animierten GIFs bestehen: Zac¿s Haunted House (2015) und Zac¿s Freight Elevator (2016). Dennis Cooper lebt in Paris und Los Angeles. dennis-cooper.net denniscooperblog.com kiddiepunk.com Bei Luftschacht erschienen: Die Schlampen (Roman, 2020) Mein loser Faden (Roman, 2018) God Jr. (Roman, 2017)
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Tobias Döring lässt sich von der "Poesiealbum"-Aufmachung dieses Romans nicht täuschen. Im Gegenteil, lieber spricht der Kritiker eine "Triggerwarnung", aber leider auch eine Lektürewarnung aus. Denn wenn ihm der kalifornische Autor Dennis Cooper hier anhand von Internet-Rezensionen eines schwulen Escort-Boys  von SM-Sex, Pädophilen, Drogenexzessen, Extremfolter, Snuff-Videos, "Spermaströmen" und "kannibalischen Erregungen" erzählt, geht's zwar vermeintlich hoch her. Aber der Roman, gehalten in Form von Posts, Chats oder E-Mails - und damit an den klassischen Briefroman anknüpfend, ist irgendwie auch ziemlich "ermüdend", klagt Döring. Zwar können die vielen Perspektiven und sich widersprechenden Geschichten über den mysteriösen Escort als "Parabel" über die "Konstruktion von Wirklichkeit" gelesen werden, räumt der Kritiker ein. Aber die Lust, all den Wendungen zu folgen, verliert er dennoch.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.04.2022

Schön nur von außen
Dennis Coopers Roman "Die Schlampen"

Kartonierter Bucheinband in sattem Violett, Buchschnitt wie Titelschriftzüge in glänzendem Metallicrosa, Papier cremefarben und weich, Schrifttype sattschwarz, Coverbild mit muskulösem Männerakt in Rückansicht: Man darf die wunderschöne Aufmachung und haptische Geschmeidigkeit dieses Romans ausdrücklich als Kontrast zum Inhalt würdigen. Der nämlich spielt ganz im virtuellen Raum, vorrangig im Chatroom einer Datingplattform für schwulen SM-Sex, und setzt so ziemlich alles daran, das schmeichelnd Schöne, ja Poesiealbumhafte, wie es das Äußere des Buches evoziert, nachhaltig zu zerstören.

Deshalb sind Triggerwarnungen angebracht. "The Sluts" von Dennis Cooper, erschienen im Original schon 2004 und jetzt (nach einem Vorgänger- und einem Folgeroman) in Raimund Vargas deutscher Fassung herausgekommen, rekombiniert die gängigen Versatzstücke aus dem umfangreichen OEuvre dieses kalifornischen Autors und Aktivisten, Jahrgang 1953. Man muss auf einiges gefasst sein: einen begehrenswerten blonden Knaben mit Knackarsch, Gewalt- und Mordgelüste einer sadistischen Fangemeinde aus älteren Pädophilen, Drogenexzesse, Extremfolter, Snuff-Videos, zerstückelt kursierende Körperteile nebst Spermaströmen, Blut und kannibalischen Erregungen. Serviert wird diese Kost, wie bei Cooper üblich, mit metafiktionaler Sättigungsbeilage. Bekömmlicher wird sie dadurch nicht.

Worum es geht, ist schnell erzählt. Auf einer kalifornischen Website für schwule Eskorten häufen sich im Sommer 2001 die Rezensionen über einen Jungen namens Brad. Dabei widersprechen sich nicht nur die Erfahrungsberichte über sein Auftreten und Sexverhalten, sondern auch die Angaben über äußere Merkmale wie Körperbau, Alter, Schwanzlänge und Augenfarbe. Schon mit der dritten oder vierten Bewertung stellt sich daher immer dringender die Frage, ob alle diese Posts derselben Person gelten und ob es einen solchen "Brad" außerhalb des Virtuellen überhaupt je gab und gibt. Da eskalieren bald die Phantasien und lassen sich von den Erlebnisprotokollen nicht mehr trennen. Immer wüster, widersprüchlicher und widerwärtiger werden die Behauptungen, wonach Brad verlangt habe und was ihm alles zugefügt worden sei, bis hin zur Tötungsfolter. Tatsächlich scheint es einen Todesfall im Milieu zu geben. Doch was davon Tatsachenbericht sein mag, was PR, Fake oder bloße Erregungslust, bleibt offen.

Denn dargeboten wird das Ganze ohne jegliche vermittelnde Instanz. Alles, was wir lesen, sind die Threads diverser Posts, Chats, Forumsbeiträge oder E-Mails. Darin versehen sich die Beiträger nicht nur mit selbstgewählten und womöglich wechselnden Identitäten, sondern erfinden mutmaßlich stets eigene Versionen der Geschichte in der Hoffnung, dass diese sich durch möglichst starke Resonanz bewahrheite. Daran kann auch der anfangs auftretende Webmaster nichts ändern. Seine Interventionen oder Drohungen, den Thread zu beenden, zu löschen, bleiben nur eine Stimme unter vielen, die sich fortwährend wechselseitig attackieren und infrage stellen.

Wer mag, kann das als epistemische Parabel lesen, um über die Konstruktion von Wirklichkeit aus widerstreitenden Fiktionen nachzudenken. Wie im guten alten Briefroman des achtzehnten Jahrhunderts - der sich in seinen stärksten Ausprägungen wie Richardsons "Clarissa" oder Laclos' "Liaisons Dangereuses" auch vorrangig um Sex und Gewalt drehte - geht bei Cooper die gesamte Handlung in der Multiperspektivik eines Erzählens auf, dessen Figurenbezug und damit Wahrheitsanspruch ständig wechselt. Anders aber als bei Meistern dieses Genres, denen man bei ihrem Spiel bis zur letzten Seite - und "Clarissa" umfasst 1500 Seiten! - mit angehaltenem Atem folgt, ermüdet man bei Cooper schnell. Auf jeder zweiten Seite präsentiert er eine neue Wendung, auf jeder vierten eine Rückwendung, dazwischen folgt auf jeder dritten die Bestreitung der vorausgehenden Postings sowie die Beteuerung, dass von nun an Klarheit herrschen solle, nur um ein paar Seiten später durch die nächste Wendung alles wieder grundsätzlich in Zweifel zu ziehen.

So mögen Hardcore-Liebhaber auf ihre Kosten kommen. Alle anderen halten sich lieber an die schöne Aufmachung. TOBIAS DÖRING

Dennis Cooper: "Die Schlampen". Roman.

Aus dem amerikanischen

Englisch von Raimund Varga. Luftschacht Verlag, Wien 2021. 252 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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