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Tiefsinnig, rabenschwarz und voller lakonisch-heiterer Zwischentöne, so lesen sich die neuen Dialektgedichte von Christine Nöstlinger. Sie erzählen von Sorgen und Hoffnungen, von Bösartigkeiten und von dem Umgang mit dem Alter. Die arbeitsscheue "Jasmin vun da Vira-Schdiagn" liegt ihrem Mann auf der Tasche, der "Westbaunhof-Rudl" schaut sich jeden Tag die kleinen und großen Dramen des Lebens am Bahnsteig an, der stille Meia entfaltet nur vor seinem Goldfisch seine geheimen Gewaltfantasien - soll man deswegen die Polizei rufen? Die Lyrik aus dem Nachlass von Christine Nöstlinger schaut…mehr

Produktbeschreibung
Tiefsinnig, rabenschwarz und voller lakonisch-heiterer Zwischentöne, so lesen sich die neuen Dialektgedichte von Christine Nöstlinger. Sie erzählen von Sorgen und Hoffnungen, von Bösartigkeiten und von dem Umgang mit dem Alter. Die arbeitsscheue "Jasmin vun da Vira-Schdiagn" liegt ihrem Mann auf der Tasche, der "Westbaunhof-Rudl" schaut sich jeden Tag die kleinen und großen Dramen des Lebens am Bahnsteig an, der stille Meia entfaltet nur vor seinem Goldfisch seine geheimen Gewaltfantasien - soll man deswegen die Polizei rufen? Die Lyrik aus dem Nachlass von Christine Nöstlinger schaut nuanciert vor allem dorthin, wo der Rand der Gesellschaft ist. Ein Muss für alle Freunde der Wiener Dialektdichtung und Nöstlinger-Fans.
Autorenporträt
Christine Nöstlinger, 13. Oktober 1936 - 28. Juni 2018. Lebte als freie Schriftstellerin in Wien. Ihr Werk wurde international vielfach ausgezeichnet, Sie war die erste Trägerin des Astrid-Lindgren-Preises (2003) und erhielt den Andersen Award sowie u.a. den Ehrenpreis CORINE für ihr Lebenswerk (2011), das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (2011), den Bruno-Kreisky-Preis für ihr publizistisches Gesamtwerk (2012), Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen den Lebenswerk-Preis (2016). Zuletzt erschienen: "Glück ist was für Augenblicke. Erinnerungen" (2013).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.05.2019

Oama Bua!
Ohne sie fühlt sich alles entseelt an: Gut, dass jetzt noch ein posthumer Band mit Mundart-Gedichten von Christine Nöstlinger
erscheint. Darin taucht ein alter Bekannter auf. Aber, oh Gott, was ist aus ihm geworden? Von Clemens J. Setz
Selbst in jener finsteren Epoche zwischen meinem zehnten und meinem sechzehnten Lebensjahr, in der ich nicht ein einziges Buch las, las ich Christine Nöstlinger – und zwar in der Erinnerung. Das war mir leicht möglich, denn als Kind hatte ich ihre Bücher gründlich absorbiert. So fühlte es sich für mich entschiedenen Lesegegner im Nachhinein an. Ihre Bücher musste man ja nicht lesen – denn Lesen hasste ich, es verursachte mir Juckreiz, Seelenunruhe und Beinzappeligkeit. Aber Bücher von der Nöstlinger musste man einfach nur aufschlagen und dann ging alles von allein. So bildeten sie ein stilles, sicheres Fundament, von dessen Existenz ich später, als weitgehend sprachentwöhnter und mönchisch weltferner Teenager, in bestimmten Momenten zehren konnte. Dass ich sogar seit der Kindheit einige ihrer Verse auswendig konnte, noch dazu im Dialekt, wurde mir erst viel später klar. Denn diese Verse wirkten überhaupt nicht wie Lyrik, aus deren abschreckenden Zeilen man bei Schularbeiten das Versmaß herauszuklopfen hatte, ja sie wirkten nicht einmal wie Songlyrics, sie waren einfach Monologe von Stimmen, die mir familiär und nachbarlich vertraut vorkamen.
Unlängst war ich nach Amerika eingeladen. Das ist ein sehr eigentümliches Land. Doch immerhin durfte ich dort vor ein paar versammelten amerikanischen Germanisten in einem Uniseminar einige mir am Herzen liegende Texte der österreichischen Literatur aufsagen und hinterher kommentieren. Ich wählte also Mayröcker, Herbeck, Edmund Mach – und am Ende mein Lieblingsgedicht, aus dem Band „iba de gaunz oamen leit“ von Christine Nöstlinger. Es heißt „wos i ma winsch“ und handelt von einem Jungen namens Bua. So wird er immer gerufen. Und wie die meisten von uns wünscht er sich, jemand anders zu sein. Schließlich haben es alle auf Erden besser als er. Selbst die Tiere der Familie, die Katze, der Hund und, ganz besonders, der Goldfisch. Ja, der Goldfisch der Familie Meier möchte er sein:
Daun grinsad i
mid mein Fischmeu ausse aufd Meia
do meine Fischaugn schauadn
draurig auf den Meia,
der wos vun de Meia da klanste is,
und i dengad ma:
Oama Bua!
Wie herrlich war das, dieses Gedicht aufzusagen, so fern von zu Hause, als Botschafter einer unserer verständigsten und klügsten Dichterinnen. Nach ihrem Tod fühlte sich alles ein wenig entseelter an. Natürlich kehrt diese große Seele für die Dauer der Lektüre ihres nun posthum erschienenen Gedichtbands „ned dasi ned gean do warat“ wieder zurück, aber leider ist dieser Band schmerzlich kurz, wie soll man das aushalten, nur rund 50 Seiten Gedichte. Aber gut, vielleicht war nicht mehr da.
Es ist der alte Ton der drei „oamen“-Gedichtzyklen (kinda, fraun, mauna) und in dem ist man als Leser schnell zu Hause:
Bei uns im Bau
und nemau
Tia aun Tia
lem Leid wie mia
Auf jeder Seite werden Rätsel gelöst. Zum Beispiel erfahren wir, was es mit den vielen Kindertoden in den Wiener Bezirken auf sich hat. Überall fallen Kinder aus den Fenstern. Natürlich ist das nur folgerichtig. Denn was ersparen sie sich damit? Alles, das heißt „sibzg grodngrausliche Joa“, und unter anderem:
des Unglik
mid da hasn Liebe auf easchdn Blik,
und aum End
foasd mit woglade Gnia und zidrige Hend
den Roladoa spazian.
Kein Wunder, dass sie sich alle frühzeitig verabschieden. Ich nickte sehr viel, als ich dieses Buch durchblätterte. Und dann, an einer Stelle, blieb mir das Herz stehen: „Da Meia is echa so a Schdüla.“ Auf der zum Gedicht gehörenden Illustration sieht man einen älteren Mann, der, sich die Stirn haltend, vor einem riesigen Goldfischglas hockt. Oh Gott. Da war er wieder. Es gibt ihn noch immer. Den Meiabuam. Nun ist der allerdings älter geworden, erwachsen, er hat in der Welt gelebt. Und es haben sich in ihm Meinungen herangebildet. Er hat immer noch einen Goldfisch. Auf diesen spricht er, wie die allerorts lauschenden Nachbarn zu berichten wissen, stundenlang ein:
Und hoid eam launge Redn
ibad Besn und ibad Bledn
und wosa denen dedad
wauna d Mochd dazua hedad.
Daschiasn, dastechn, dawiagn,
do kaunst de Ganslhaud griagn.
Kein Wunder, dass sein Goldfisch inzwischen fast groß wie ein Wels ist. Denn dieser Goldfisch ernährt sich, so zumindest deute ich mir das Bild, seit Jahrzehnten ausschließlich von den geäußerten Ansichten des Meiabuam. Bald wird er größer sein als das Haus.
Ich kann nicht behaupten, dass ich schon immer gefühlt hätte, dass genau das im kleinen Meia aus „wos i ma winsch“ geschlummert hat, die entschlussfeste Gewaltbereitschaft eines Mannes, der schon immer, sozusagen schon vom Anbeginn aller Zeiten, für seine eigenen Ansprüche zu wenig Macht besaß. Man kennt ihn. Gelegentlich wird in Zeitungen dazu aufgefordert, doch auf seine Ängste einzugehen. In der Zwischenzeit schöpft man, da einem sonst nicht viel übrig bleibt, in Bezug auf ihn Verdacht.
Owa nur wegn an Vadochd
hod d Polizei no nia wos gmocht.
De greifd easchd ei, waun wos basiad.
Ka Aunung, wos uns vum Meia no bliad.
Ja, der Meia, der Gefangene seines ungeheuren Goldfisches. Wie er nun wieder gedeiht in unserem Land. Er ist unser Nachbar, unser Partner, unser Kanzler. Er schaut uns bisweilen auch aus dem Spiegel entgegen. Ein zu allem Fähiger, ein Entschlossener, ein Mann der generalisierten Rachepläne und der panischen Reflexe. Er allein ist, um mit Bertolt Brecht zu sprechen, unsere Zukunft – und die sieht so aus.
Christine Nöstlinger: ned dasi ned gean do warat. Gedichte. Residenz Verlag, Salzburg 2019. 77 Seiten, 18 Euro.
Von dem Schriftsteller Clemens J. Setz aus Graz erschien zuletzt der Erzählungsband „Vom Trost runder Dinge“ (Suhrkamp Verlag).
Wie die meisten von uns
wünscht er sich,
jemand anders zu sein
Einen Mann als Gefangenen eines ungeheuren Goldfischs gibt es in den Gedichten der österreichischen Schriftstellerin Christine Nöstlinger,
die vergangenen Sommer starb.
Foto: Unsplash / dpa / Georg Hochmuth
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2019

Die Liebe als Unglück auf den ersten Blick

Herzlose Menschen gibt es genug: Ein Jahr nach dem Tod der großen Kinderbuchautorin sind nun Christine Nöstlingers letzte Gedichte erschienen.

Maunxmoi wauni traurig bin, / basiads ma, dasi loch. / Und maunxmoi hobi Hamwe / und was goa ned wonoch. / Maunxmoi wauni lustig bin, / basiads ma, dasi wan. / Und maunxmoi wülimi hamdran / owa Grund dafia hobi kan." Dass dieses Bekenntnis bipolarer Gefühlsregungen und grundlosen Überdrusses aus Wien stammt, ist leicht zu erraten. Aber würde man es Christine Nöstlinger zuschreiben?

Ein Jahr nach dem Tod der Kinderbuchgigantin sind nun 22 ihrer letzten Gedichte erschienen, traurige, lustige, sarkastische und bitterböse, fast durchwegs gereimte Dialektstücke, die zum Großteil auch für Nichtwiener verständlich sind, sofern sie zum Hilfsmittel der Rezitation greifen. Die eine oder andere Vokabel jedoch werden sie im besten Fall erraten müssen, das Reflexivverb "si hamdran" ("heimdrehen") zum Beispiel, ein Wort, das in etwa "sich umbringen" bedeutet und zum Wiener Basiswortschatz gehört. So deutet Nöstlingers lyrisches Alter Ego die Ursache für die zahlreichen Fensterstürze von Kindern mit beklemmender Logik: "de Gschroppn woin si afoch hamdran", sich "sibzg grodngrausliche Joa" ersparen, Schulstress, Schläge und Arbeitslosigkeit, "des Unglik / mid da hasn Liebe aufn easchdn Blik, / und aum End / foasd mid woglade Gnia und zidrige Hend / den Roladoa spazian. / Da vatschüsd si do jeda Gschrob mid Hian / bevua eam s Lem / de bahoate Härtn kaun gem."

Die beinharte Härte des Lebens umkreist die Autorin in Vignetten devianter Lebensführung, in mimikrybegabten Rollengedichten, in wortkargen Ausweisen des mit Alter und Krankheit hadernden poetischen Subjekts. Im Vergleich zu Nöstlingers erstem Lyrikband "Iba de gaunz oaman Kinda" (1974) fehlt so etwas wie ein roter Faden, und mitunter setzt die Autorin eher den Pracker ein als das Florett, doch auch hier gelingen ihr unheimliche Einblicke in das proletarische und kleinstbürgerliche Gemeindebau-Milieu ihrer Heimatstadt, Unterschichtslyrik ohne verbrämende Sprachregelung, ohne poetisierenden Zuckerguss, mit subtil eindringlichen Zeichnungen von Nöstlingers Tochter Barbara Waldschütz.

Damals, vor 45 Jahren, stieß das lyrische Debút auf heftigen Gegenwind und wurde dennoch oder gerade deshalb zum Bestseller. Nicht der Dialekt an sich empörte die Leser, sondern dessen ungewohnte lautgetreue Transkription, mit der Nöstlinger an H. C. Artmanns "med ana schwozzn dintn" (1958) anknüpfte. Vor allem aber befremdete ihr ebenfalls artmannesker, subversiv entlarvender Einsatz des Dialekts, ihre Weigerung, das sprichwörtlich goldene Wienerherz weiterhin in "gemütvolle" Verse umzuschmelzen. Es verstörte die Mundart als Medium der Darstellung von sprachlicher und handfester Brutalität, von seelischer Grausamkeit und materieller Not, Schattenseiten, die nicht mehr, wie seinerzeit in Josef Weinhebers Sammlung "Wien wörtlich" (1935), durch die Gnade eines Dauerrausches und den Trost eines trotz Melancholie ewig heiteren Wienertums aufgehoben werden.

Nöstlingers leidenschaftliche Rückbesinnung auf das Wienerisch ihrer Kindheit war sozialkritisch gemeint, als Engagement für die Zukurzgekommenen, sie war aber auch eine verspätete Rebellion gegen den schulischen Zwang zum "Schönsprechen" und ein Aufbegehren gegen die Rolle der Kinderbuchautorin, gegen die eingeforderte Vorbildwirkung in puncto "gutes Deutsch". Nöstlinger veröffentlichte noch zwei weitere Bände ("Iba de gaunz oaman Fraun" sowie "Iba de gaunz oaman Mauna") und schrieb über dreißig Jahre, bis kurz vor ihrem Tod, keine Mundartgedichte mehr.

In "Ned, dasi ned gean do warat" hat der Dialekt als Material wiederum eine doppelte Funktion: die der Dokumentation und die der Gestaltung. Er dokumentiert den - mittlerweile durch die nivellierende Macht des Internets im Schwinden begriffenen - Jargon der Underdogs, und er gestaltet eine literarische Form, die sich in der Musikalität der Mündlichkeit, in der Lakonik, im Witz genauso wie in der traurigen Pointe von jedem politischen und pädagogischen Anspruch emanzipiert. Mehr denn je wird das Beharren auf der eigenen Sprache zu einer Behauptung von Heimat, die gegen die landläufig exklusive Auffassung gerichtet ist. Deren Konjunktur und der Rechtsruck in Österreich und dem Rest der Welt spiegeln sich in der Figur des "Meia", eines ganz Stillen, der als Schläfer einer allgemeinen Volkserhebung seine Hetzreden "ibad Besn und ibad Bledn" und wie mit ihnen zu verfahren sei allein an seinen Goldfisch richtet: "Daschiasn, dastechn, dawiagn, / do kaunst de Ganslhaud griagn. / Und des san no de hoamlosan Sochn."

Die Autorin lässt ihr lyrisches Wir aber auch über manifeste Gewalt räsonieren, über die Ökonomie einer Eifersuchtstat, die den arbeitsscheuen Mörder dazu bewegt, die Geliebte zu töten und nicht den Rivalen: "Waun si tot is, griagds a ka aundara Mau / und Hokn is mid an anzign Bauchstich dau." Und vom Fredl, der mit drei Frauen verlobt ist und mit vier anderen etwas hat und das gewiss nur mit Hilfe von Viagra bewältigt, heißt es: "I man, dea wü beim Didschgaln krepian! / (. . .) So gsegn, schbüd da Fredl jede Nochd im Bett / mid ana vun seine sim Weiba russisches Rulett!"

Die Begriffsklärung von "Didschgaln" kann man getrost der Phantasie des Lesers anheimstellen, anderes ist schwieriger. "A-em-es" für "Arbeitsmarktservice", auf gut Deutsch: Arbeitsamt, ist für Nichtösterreicher hieroglyphisch, "fodschalschbün" ein auch der gebürtigen Wienerin unbekannter Zeitvertreib. Wienerisch für Fortgeschrittene ist auch gefragt, wenn der "Westbaunhof-Rudl" als ein Schmarotzer fremden Lebens beobachtet, wie sich die Leute in die Haare geraten "oda a Bsuf a Biruetn drad / oda de He an Giftla einad". Dass der "Bsuf" der Säufer ist, die "He" die Polizei, der "Giftla" ein Süchtiger und "einahn" (einnähen) verhaften heißt, würden manche wohl gern in einem Glossar finden, das es bedauerlicherweise nicht gibt.

Platz dafür wäre genug gewesen, hat man doch den Eindruck, dass der Verlag dem schmalen Band gleich ein Vorwort und ein Nachwort beigegeben hat, um ihn etwas aufzufetten. Im Vorwort resümiert Michael Köhlmeier sein magisches Nöstlinger-Leseerlebnis: "Mich kannte Christine Nöstlinger - obwohl sie mich nicht kannte." Im Nachwort steuert der Kabarettist und Schauspieler Gerald Votava Charakteristisches und Persönliches bei, zum Beispiel, dass die Dichterin Leonard Cohen genial fand.

Als wienerische Variante eines Cohen-Songs ließe sich manches Gedicht lesen. Alle aber befolgen H. C. Artmanns Forderung: "reis s ausse dei heazz dei bluadex (. . .) / und sog: / es woa nix! (. . .) / daun eascht schreib dei gedicht / und ned eea! / nua ka schmoez ned how e xogt! / nua ka schmoez". Christine Nöstlingers lyrische Antwort führt weg vom Sentiment, hin zur wahren Empfindung: "Sie hod mas Heaz ausse grissn / und aufd Mistgstettn gschmissn. / Duat pumpads jezn allanich weida / vielleichd warats gscheida / i schmeiss mi dazua. / Heazlose Leid gibds e scho gnua."

DANIELA STRIGL

Christine Nöstlinger: "Ned, dasi ned gean do warat". Gedichte. Illustriert von Barbara Waldschütz. Residenz Verlag, Salzburg und Wien 2019. 77 S., geb., 19,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dass dem Band mit Dialekt-Gedichten von Christine Nöstlinger ein Glossar fehlt, findet Rezensentin Daniela Strigl, selbst Österreicherin, höchst bedauerlich. Wie krass wienerisch, wie bitterböse und sarkastisch sich die Kinderbuchautorin vor 45 Jahren einen Reim machte auf das Kleinbürgertum, scheint Strigl allerdings äußerst lesenswert. Im Notfall hilft nur raten, meint sie, etwa, was "si heimdran" bedeutet ("heimdrehen", also "sich umbringen"). Was die Härte des Lebens bedeutet, das Alter, die Krankheit, materielle Not und handfeste Brutalität, fasst die Autorin mit sozialkritischer Absicht, erklärt Strigl. Der Dialekt hat hier dokumentarische wie gestalterische Funktion, weiß die Rezensentin, der bei dieser beinharten "Unterschichtslyrik" das Herz aufgeht.

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