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Asymmetrische Kriege bilden die größte sicherheitspolitische Herausforderung unserer Zeit. Doch was ist ein asymmetrischer Krieg und wodurch unterscheidet er sich von konventionellen Staatenkriegen? Wie kann er geführt, wie verhindert werden? Felix Wassermann sichtet die jüngere politikwissenschaftliche Asymmetrie-Diskussion und bringt Klarheit in die unübersichtliche Sicherheitslage nach dem Ende des Kalten Krieges. Unter ideengeschichtlichem Rückgriff auf Metaphern und Theorien der Asymmetrie rekonstruiert der Autor den Asymmetrie-Diskurs vom Scheitern der USA im Vietnamkrieg über die…mehr

Produktbeschreibung
Asymmetrische Kriege bilden die größte sicherheitspolitische Herausforderung unserer Zeit. Doch was ist ein asymmetrischer Krieg und wodurch unterscheidet er sich von konventionellen Staatenkriegen? Wie kann er geführt, wie verhindert werden? Felix Wassermann sichtet die jüngere politikwissenschaftliche Asymmetrie-Diskussion und bringt Klarheit in die unübersichtliche Sicherheitslage nach dem Ende des Kalten Krieges. Unter ideengeschichtlichem Rückgriff auf Metaphern und Theorien der Asymmetrie rekonstruiert der Autor den Asymmetrie-Diskurs vom Scheitern der USA im Vietnamkrieg über die Terroranschläge vom 11. September 2001 bis zu den globalen, transnationalen Risiken des 21. Jahrhunderts.
Autorenporträt
Felix Wassermann, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Theorie der Politik des Instituts für Sozialwissenschaften der HU Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.09.2015

Kenne deine Schwächen, und stelle den Gegner an den Pranger

So kämpft man heute: Der Politikwissenschaftler Felix Wassermann beschreibt Strategien aktueller und künftiger Methoden, Krieg zu führen.

Krieg ist lange Zeit als Auseinandersetzung zwischen zwei ungefähr ebenbürtigen Gegnern gedacht und vielfach auch geführt worden. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist indes das Phänomen des asymmetrischen Krieges prominent geworden, das eine praktisch-sicherheitspolitische ebenso wie theoretische Herausforderung darstellt. In solchen Kriegen stehen sich zwei deutlich ungleiche Gegner gegenüber, ein David einem Goliath: etwa das kleine Nordvietnam der Weltmacht der Vereinigten Staaten, oder auch eine nicht- oder bestenfalls parastaatliche Organisation wie Al Qaida oder IS einer Koalition großer Staaten.

Gleichwohl hat der "David" Chancen, den Krieg zu gewinnen, indem er eine Strategie wählt, die seine Schwäche auf dem regulären Kampffeld ausgleicht. Dies geschieht etwa dadurch, dass er mit irregulären Guerrillatruppen kämpft, die in der Zivilbevölkerung untertauchen können; dass er kleine, unerwartete Schläge oder Anschläge mit großer Hebelwirkung ausführt; dass er generell beweglicher, angepasster und überraschungsreicher agiert und dadurch den hochgerüsteten "Goliath" leerlaufen oder in Legitimations- und Durchhalteprobleme sich verstricken lässt. Auf diese Weise kann mit einer Art Jiu-Jitsu-Taktik ein augenscheinlich überlegener Gegner besiegt werden.

Der Politikwissenschaftler Felix Wassermann gibt einen kundigen Einblick in den Diskurs des asymmetrischen Krieges. Er stellt diese Kriegsform nach der Erosion des Westfälischen Staatensystems dar und verfolgt das Motiv durch das Denken zahlreicher Kriegstheoretiker wie Kriegspraktiker. Zu den einschlägigen Praktikern gehört Mao Tse-tung, der den Guerrillakrieg als Erfolgsrezept empfiehlt, aber auch jüngere Strategen aus amerikanischen "think tanks", die über die Abwehr von asymmetrisch geführten Angriffen nachdenken, sowie chinesische Strategen, die in asymmetrischer Kriegführung eine Chance für aufholende Länder gegenüber etablierten Weltmächten sehen. Zu den Theoretikern gehören in Deutschland insbesondere Herfried Münkler und Christopher Daase, die den Trend zur Asymmetrisierung von Kriegen kriegsgeschichtlich verorten und seine gesellschaftlichen und technologischen Voraussetzungen analysieren.

Wassermann arbeitet insbesondere drei Dimensionen von Asymmetrie heraus. Erstens die Asymmetrie der Kraft: Wer hat mehr Menschen, Waffen, Ressourcen? Zweitens die Asymmetrie der Organisationsform: Sind die Kriegsparteien Staaten oder nichtstaatliche Akteure? Drittens die Asymmetrie der Strategie: Wird mit regulären oder irregulären Mitteln gekämpft? Diskutiert werden auch Einwände gegen das Asymmetriekonzept, etwa Zweifel an der Neuheit des Phänomens - asymmetrische Kriege seien über längere historische Zeiträume die Regel und keine Neuerscheinung jüngeren Datums -, sowie Zweifel an der Neuheit und Originalität des Denkkonzepts, denn dieses komme schon bei alten Recken der Kriegstheorie wie Clausewitz und Sun Tsu vor.

Man kann das Buch als informierte Einführung in die Problematik asymmetrischer Kriege lesen. Der Anspruch des Autors ist aber noch ein anderer: Er will das Konzept auch theoretisch weiterentwickeln und gibt dem Leser dabei interessante Anregungen, aber auch einiges zum Knobeln mit. Theoretischer Kern ist eine Unterscheidung von acht Dimensionen von Asymmetrie, wofür die beiden "klassischen" Dimensionen Kraft und Organisationsform um sechs weitere ergänzt werden: Umgang mit Raum und Zeit, Entschlossenheit, Verwundbarkeit, Legitimität, Selbstbindung. Anders gesagt, wird die Dimension Strategie in diese sechs detaillierteren Dimensionen aufgefächert. In Wassermanns Metaphorik ergeben sich daraus acht "Hügel" im Gelände des asymmetrischen Krieges, auf denen die Kriegsparteien sich möglichst weit oben, also möglichst günstig zu positionieren versuchen.

Für den interessierten Leser seien drei Warnhinweise - in abnehmender Harmlosigkeit - angebracht. Zunächst: Man lese über den exzessiven Metapherngebrauch hinweg, speziell die Überbeanspruchung des Begriffs Dschungel: der asymmetrische Krieg sei ein "Dschungel", dessen "Dickicht" gelichtet wird, dessen "Gelände" in "Expeditionen" erkundet wird und dessen Analytiker an "Dschungelfieber" leiden. Man lasse sich weiter nicht ablenken durch ein gewisses Überangebot an Klassifizierungen. Der Gegenstand wird je nach Bedarf in mal drei, mal acht, mal zehn und dann wieder drei analytische Dimensionen zergliedert, deren Verhältnis zueinander und auch deren logische Binnenordnung man besser nicht allzu genau unter die Lupe nimmt. Schließlich und entscheidend: Man sei gewarnt, dass der Begriff Asymmetrie bei der Vermehrung von Dimensionen unter der Hand eine Bedeutungsverschiebung erleidet. Üblicherweise bezeichnet er ein konstitutiv ungleiches Kräfteverhältnis zwischen zwei Gegnern, das auf den ersten Blick erkennbar ist und auch nicht von Situation zu Situation wechselt. Der eine ist eben David und der andere Goliath. Bei Wassermann bezeichnet er aber häufig auch das Streben nach Vorteilen im Krieg - das Ausspielen eigener Stärken und Ausnutzen gegnerischer Schwächen in einer der genannten Dimensionen, etwa durch Verringerung der eigenen Verwundbarkeit oder Unterminierung der Legitimität des Gegners in den Augen der Weltöffentlichkeit.

Diese Art von Asymmetrie oder Asymmetrisierung wird dann aber natürlich von beiden Seiten betrieben und lässt keine einfache Zuordnung zu der strukturellen David/Goliath-Asymmetrie mehr erkennen. Sie ist keine Konstante, sondern eine situative Variable. Es kann je nach Dimension mal David und mal Goliath oben liegen, und aus der guten Positionierung in einer Dimension folgt nicht automatisch die gute Positionierung auch in anderen. Wenn das aber so ist - was heißt dann noch "Asymmetrie"? Und würde es dann nicht genügen, einfach von Erfolgsdimensionen oder strategischen Erfolgsvariablen zu sprechen? Der theoretische Gewinn davon, beides - die strategische und die strukturelle Größe - mit dem Asymmetriebegriff zu belegen ist das, was zu diskutieren wäre.

BARBARA KUCHLER

Felix Wassermann:

"Asymmetrische Kriege". Eine politiktheoretische Untersuchung zur Kriegführung im 21. Jahrhundert.

Campus Verlag, Frankfurt am Main 2015. 350 S., br., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht restlos überzeugt ist Barbara Kuchler von Felix Wassermanns Auslassungen über asymmetrische Kriege. Die Bielefelder Soziologin veröffentlichte 2013 selbst eine "Gesellschaftstheorie gewaltsamer Konflikte" und nimmt sich nun das Buch des Politikwissenschaftlers Wassermann vor. Der Autor beschäftige sich darin mit Auseinandersetzungen deutlich ungleicher Gegner, erklärt Kuchler - nach dem Prinzip David gegen Goliath. Die Kritikerin lobt den "kundigen Einblick" und vollzieht die Unterteilung Wassermanns nach, derzufolge es in Kriegen drei Dimensionen von Asymmetrie gebe: jene der Kraft, der Organisationsform und der Strategie. Allerdings gibt Kuchler dem Leser dann noch drei "Warnhinweise" an die Hand, wie sie die von ihr ausgemachten Schwächen nennt. Zunächst sei da der übertriebene Gebrauch von Metaphern, desweiteren ein "Überangebot an Klassifizierungen" und schließlich kritisiert die Rezensentin, dass sich die Bedeutung des Begriffs "Asymmetrie" im Laufe des Buches wandle und dadurch zugleich verwässert werde.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Die Analyse [...] ist durchgehend ebenso originell wie aktuell gehalten. Sie will einer gewissen Systematisierung im Diskurs dienlich sein, was gelingt.« Martin Schwarz, Portal für Politikwissenschaft, 10.11.2016»Sehr empfehlenswerte theoretische Abhandlung.« A. Manutscharjan, Zeitschrift für Innere Führung, 15.01.2016"Die Außen-, Sicherheits- und Weltordnungspolitik und die gesamtgesellschaftliche Sicherheitsdiskussion [dürften] gut beraten sein, auf Wassermanns klugen Rat zu hören." Thomas Speckmann, Der Tagesspiegel, 23.09.2015»Felix Wassermann gibt einen kundigen Einblick in den Diskurs des asymmetrischen Krieges.« Barbara Kuchler, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.09.2015»Eine Studie, die die umlaufenden Theorien mit begrifflicher Klarheit und auf originelle Weise systematisiert.« Gero von Randow, DIE ZEIT, 13.08.2015