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IN SCHÖNER AUSSTATTUNG - ENDLICH WIEDER LIEFERBAR
Schuberts Winterreise, vollendet in den letzten Monaten seines kurzen Lebens, ist eines der eindrucksvollsten und rätselhaftesten Meisterwerke der europäischen Kultur. Einst geschrieben für intime Gelegenheiten, füllt der Liederzyklus heute die größten Konzertsäle der Welt. Ian Bostridge, ein Interpret von Weltrang, erschließt in seinem faszinierenden Buch nicht nur Kontext und Wirkung der 24 Lieder. Es gelingt ihm auch, uns jene zeitlos magische Energie nahezubringen, die Schuberts Wanderer in einen Spiegel unserer eigenen Seele verwandelt. …mehr

Produktbeschreibung
IN SCHÖNER AUSSTATTUNG - ENDLICH WIEDER LIEFERBAR

Schuberts Winterreise, vollendet in den letzten Monaten seines kurzen Lebens, ist eines der eindrucksvollsten und rätselhaftesten Meisterwerke der europäischen Kultur. Einst geschrieben für intime Gelegenheiten, füllt der Liederzyklus heute die größten Konzertsäle der Welt. Ian Bostridge, ein Interpret von Weltrang, erschließt in seinem faszinierenden Buch nicht nur Kontext und Wirkung der 24 Lieder. Es gelingt ihm auch, uns jene zeitlos magische Energie nahezubringen, die Schuberts Wanderer in einen Spiegel unserer eigenen Seele verwandelt.
Autorenporträt
Ian Bostridge gehört zu den großen Liedsängern unserer Zeit. Er hat zahlreiche preisgekrönte Opern- und Liedaufnahmen eingespielt, darunter mehrfach auch die Winterreise, und gibt Liederabende in ganz Europa, den Vereinigten Staaten und Asien. Bostridge hat Geschichte an der Universität Oxford studiert, wo er auch als Professor für Musik lehrt. Er schreibt regelmäßig für The Times Literary Supplement und The Guardian.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.07.2016

Sonnenseiten
dieses
Lesesommers
Für alle, die noch nicht wissen, welches
Buch sie in den Urlaub mitnehmen sollen –
hier die Empfehlungen der SZ-Redaktion
für Strandtasche, Rucksack und Reisekoffer.
21 Antworten auf die Frage:
Was soll ich lesen?
Die Botschaft des
Wächters
Als junger Anwalt verteidigt er einen Schwarzen, der wegen Vergewaltigung angeklagt ist, und zieht damit Wut, Spott und Verachtung der ganzen Stadt auf sich. Nur seine Tochter „Scout“ bewundert ihn für seinen Mut. Doch als sie zwanzig Jahre später von New York in ihre Heimat nach Alabama zurückkehrt, entdeckt sie in ihrem Vater Atticus Finch plötzlich einen kleinkarierten, verbissenen Rassisten. Wer nach den tödlichen Schüssen von Falcon Heights, Baton Rouge und Dallas versucht, den Rassenhass in den Vereinigten Staaten aus der Geschichte des Landes heraus zu verstehen, liest unruhig und fasziniert „Gehe hin, stelle einen Wächter“. Das Buch, das fast fünfzig Jahre lang verschollen war und erst 2014 wiederentdeckt wurde, erzählt vom alltäglichen Rassismus in den Südstaaten der Fünfzigerjahre und knüpft an Harper Lees Welterfolg „Wer die Nachtigall stört“ von 1960 an, der lange für ihr einziges Werk gehalten wurde. Verstörend, witzig, ernst, kurzweilig – alles auf einmal ist dieser Roman. Wunderbar, dass das „Wächter“-Manuskript kurz vor Harper Lees Tod in diesem Frühjahr noch gefunden wurde.
 WOLFGANG KRACH
Vom Dandy zum
Kriegsgegner
Dieses Buch ist hundert Jahren alt und doch zum Fürchten aktuell. Es ist
leidenschaftlich, es ist humorvoll, es ist zum Verzweifeln; es ist menschlich. Der junge katalanische Journalist Agusti Calvet (1887 – 1964), er nennt sich Gaziel, reist im Auftrag seiner Zeitung in den Krieg, nach Griechenland und weiter nach Serbien; er reist durch das zerfallende Osteuropa. Er berichtet dabei genau von den Gespenstern, die heute wieder wach geworden sind. Sein Tagebuch erzählt vom Wahn, „die Erde als parzellierte Landkarte zu betrachten und in jedes Feld stolze oder einfach nur wohlklingende Namensschilder zu stecken“. Es berichtet von den Flüchtlingen auf der Balkanroute des Jahres 1915: „Nichts hat mich so erschüttert wie diese Scharen von Bauern, halbnackt, in Lumpen
gekleidet, die aus ihrer Heimat gejagt wurden wie menschlicher Abfall“.
Gaziel, der ein koketter Dandy war und auf dieser Reise ein klarsichtiger Kriegsgegner wurde, schildert eine Welt vor dem Untergang. Sein Buch „Nach Saloniki und Serbien“ ist nun erstmals auf Deutsch erschienen. Statt neuer Badelatschen kaufe man sich dieses Buch. HERIBERT PRANTL
Eisblumen
der Liebe
Im Sommer ein Buch über Franz Schuberts „Winterreise“ zu lesen, ist gar nicht abkühlend, denn in diesem Zyklus von 24 Liedern geht es schließlich um die Liebe eines Zurückgewiesenen. Er wandert fort, durch schneeknirschende Landschaften, schreit seine Gefühle hinaus und wispert sie in sich hinein. Selbst wer Wilhelm Müllers von Schubert vertonte Gedichte auswendig kann, wird sie ganz neu hören und sprechen, wenn er Ian Bostridges Buch gelesen hat. Bostridge ist Historiker, aber auch ein großer Liedsänger, weshalb er nicht nur Schuberts Welt und Zeit beleuchten und die Deutungslinien bis in die Gegenwart ziehen kann, er tänzelt auch zwischen Malerei, Literatur, Musik und den Naturwissenschaften so leichtfüßig hin und her, dass es eine Wonne ist. RENATE MEINHOF
Der Tod
steht ihr gut
Ein Buch über den Tod – nein, kein Krimi – als Sommerlektüre? Jawoll, geht. Denn mit Leichen kann man viel erleben. Und lernen kann man von ihnen noch mehr. Die Autorin dieser „Lektionen aus dem Krematorium“, Caitlin Doughty, ist erst 23 – jung, schön und gebildet. Dass sie zudem über warmherzigen Witz verfügt, kann man auch auf ihrem Youtube-Kanal sehen: „Ask A Mortician“ hatte in den USA schon Kultstatus, bevor sie ihre Erfahrungen als Einäscherungsgehilfin niederschrieb. Ihr Buch ist klug und unterhaltsam wie eine gute Tragikomödie. Keiner muss Angst haben, in diese Seiten des Lebens einzutauchen. 
SUSANNE HERMANSKI
Die große Stadt
als Schicksal
In einer Zeitung findet George Baldwin die Meldung, dass es am Bahnübergang Eleventh Avenue wieder einen Unfall gegeben habe, ein Milchkutscher wurde verletzt. Daraus ließe sich doch, denkt der junge Anwalt, dem es an Mandanten fehlt, „eine hübsche kleine Schadenersatzklage“ machen. Er findet die Familie des Kutschers McNiel, beginnt eine Affäre mit dessen Frau, erstreitet eine stolze Entschädigungssumme. Der Milchmann steigt auf, wird Gewerkschaftsführer, der Anwalt hat Erfolg und findet doch nirgends richtig Halt. Dies sind nur zwei von vielen Lebensläufen, die John Dos Passos in seinem New-York-Panorama erzählt und durcheinanderwirbelt. „Manhattan Transfer“ erschien 1925 und machte den Autor sofort berühmt. Die Fülle der Schauplätze, Charaktere, Perspektiven, die Technik der Montage, das Spiel mit Tonfällen, der Appell an den Voyeurismus des Lesers – alles dient der Schilderung der großen Stadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Sie ist das Schicksal und gleichgültig gegenüber den Schicksalen ihrer Bewohner. Dirk van Gunsteren hat „Manhattan Transfer“ neu übersetzt: eine Einladung, sich lustvoll zu verlieren, in der Stadt und im Roman. 
JENS BISKY
Die feinen
Unterschiede
Ein Vater stirbt. Ein Sohn macht sich auf die Suche. Was nach einem Roman- oder Filmanfang klingt, ist der autobiografische Kern eines unglaublich spannenden und bestürzend aktuellen soziopolitologischen Sachbuchs: Didier Eribon, kosmopolitischer, schwuler Pariser
Soziologe, hatte mit seiner homophoben Familie radikal gebrochen. Mit über fünfzig kehrt er erstmals in seine Heimatstadt Reims zurück, sucht, mit der Mutter das Fotoalbum durchgehend, nach Spuren seiner proletarischen Kindheit. Eine Studie über Herkunftsverleugnung, sexuelle und soziale Scham und die alles entscheidenden feinen Unterschiede in der französischen Elite. Ein autobiografischer Text, der sehr diskret und nie narzisstisch ist. Vor allem aber findet Eribon, als er sich in Reims umsieht, eine politisch verwüstete Landschaft vor: Die einfachen Arbeiter, die früher im Kollektiv links gewählt haben, sind nun, jeder für sich, zum Front National gewechselt. Aus „Notwehr“, wie
Eribon konstatiert: Die unteren Schichten versuchen so, ihre Lebensdemütigungen zu kompensieren. Beunruhigend und aufschlussreich in Zeiten von Brexit und Populismus. ALEX RÜHLE
Mit einem Fauchen
im Herzen
Elf Jahre nach ihrem Tod 2004 wurde sie – nein, nicht wiederentdeckt, dazu war sie zu unbekannt, sondern überhaupt erst entdeckt als die wohl beste amerikanische Erzählerin ihrer Generation. Eine Auswahl der rund achtzig Shortstorys, die Lucia Berlin geschrieben hat, erschien 2015 in den USA und wurde zum Bestseller. Antje Rávic Strubel hat den Band nun ins Deutsche übersetzt. Es sind harte, lakonische Geschichten aus den Eingeweiden Amerikas, literarische Polaroids von Frauen, die nah am Abgrund balancieren und sich umso fester ans Leben krallen: mit grimmigem Humor und „einem heftigen Fauchen im Herzen“. Große Absturz-
Literatur! CHRISTOPHER SCHMIDT
Kein Ende
ohne Anfang
Die Britin Jane Gardam ist fast 90 Jahre alt, sie hat bereits 25 Bücher geschrieben, doch rätselhafterweise erschien erst im vergangenen Jahr „Ein untadeliger Mann“ auf Deutsch. Es erzählt die Lebensgeschichte eines Anwalts, der London verlässt, um in Hongkong Karriere zu machen – von seiner Jugend, Karriere und Liebe. All das wird vom Ende her betrachtet, man lernt „Old Filth“ (F.i.l.t.h. für „Failed in London try Hongkong“) als alten, schrulligen, also sehr klassischen Briten kennen. Sein Leben ist fast vollendet, und Old Filth blickt zurück, während er sich die letzten Meter vorwärts bewegt. Seine Frau ist gestorben, wird aber in seinen Erinnerungen lebendig. Ihre gleichzeitige An- und Abwesenheit ist ein Hauptmotiv des Romans. Von den ersten Zeilen an schwingt Bedauern mit, das von Seite zu Seite mehr ans Herz geht
– und doch nie in den Kitsch rutscht. Aber die ganz große Erzählkunst entfaltet sich in der Verschränkung von gestern und heute, darin, wie Jane Gardam im perfekten Rhythmus die Handlungsebenen wechselt. Und so melancholisch das Buch beginnt, so tröstlich endet es, auch wenn alles auf das Unvermeidliche hinläuft.
 DAVID PFEIFER
Im Vorzimmer
der BRD
Irma Nelles lernte Rudolf Augstein im Jahr 1973 kennen, sie hatte gerade als Sekretärin im Bonner Büro des Spiegel angefangen. Nelles ist eine junge Frau, seit ein paar Jahren verheiratet, Mutter von zwei Kindern und reichlich gelangweilt von ihrem Lebensentwurf. Zwischen Augstein, dem Herausgeber des berühmten Hamburger Nachrichtenmagazins, und der Sekretärin Nelles entwickelt sich in den folgenden Jahren eine Freundschaft, die einem oft sehr wunderlich erscheint. Viele Jahre später wird sie seine Büroleiterin – und beschreibt in ihrem Buch auf wunderbar sensationslose Weise einen der mächtigsten deutschen Journalisten. KATHARINA RIEHL
Warum es besser ist,
ein Offizier zu sein
Krieg ist furchtbar, mörderisch, absurd. Krieg kann aber auch komisch sein,
zumindest in der Literatur. Evelyn Waugh, geboren 1903 in London, im Juni 1966, also vor fünfzig Jahren, gestorben, war ein garstiger englischer Oberklasse-Intellektueller mit der Gabe, alles zu verspotten, auch sich selbst. Der Diogenes-Verlag legt seine Bücher neu auf, darunter das bewundernswerte „Ohne Furcht und Tadel“, ein dicker, enorm lesenswerter, nachgerade kurzweiliger Wälzer aus drei Teilen (erstmals erschienen in den Jahren 1952, 1955 und 1961). Es ist der autobiografisch unterfütterte Roman über die Kriegsjahre des Guy Crouchback, der dem Empire zwischen 1940 und 1945 unter anderem auf Kreta, in Ägypten und in Jugoslawien dient. Das Empire wiederum tritt Crouchback in Form heldenhafter oder grotesker, feiger oder überbürokratisierter Kameraden entgegen, die ihm das Leben meistens schwerer machen als die Deutschen. Man lernt in dieser Trilogie unter anderem, wie man nicht lieben sollte, warum es besser ist, ein Offizier zu sein, und wie man den Krieg gewinnt, obwohl das
Leben entweder langweilig oder gefährlich ist. KURT KISTER
Kraft der
Knappheit
Ein 16-Jähriger, der sich auf den Weg macht, nur weg von der Brutalität des Vaters und den Schrecken der Schule.
Ein alter Mann, der nach dem Tod der Tochter sein bürgerliches Leben hinter sich gelassen hat und als Penner in einem Bahnwagen vegetiert. Ein Mädchen, das nachts bei McDonald’s putzt, um seinem reichen Elternhaus zu entkommen. Sie alle treffen sich in einem kleinen Kaff in Australien, und sie werden sich gemeinsam aus Einsamkeit, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit retten. Trotz des berührenden Happy Ends schließt die Knappheit der lyrischen Sprache Steven Herricks jede Sentimentalität aus.
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
Manneskraft aus
der Savanne
Ein halbes Jahr war der junge Biologe Léo Grasset 2013 in der Savanne, im Hwange-Nationalpark in Simbabwe; von den Erfahrungen und Erkenntnissen dort erzählt er in „Giraffentheater“. Es ist eine fröhliche, gleichwohl dreckige Wissenschaft, die gern von der unerwarteten Seite her ihren Anlauf nimmt. „Der Honigdachs ist bekannt dafür, dass er, wenn er große Tiere angreift, vor allem auf deren Hoden losgeht.“ Aber auch: „Es heißt, er könne die Bedürftigen heilen: Ein Blick auf einen Honigdachs genüge, um wieder zu Stärke und Manneskraft zu finden.“ „Dirty Biology“ heißt Grassets Blog im Internet, irgendwie dreckig, trickreich, fies. FRITZ GÖTTLER
Fallen für Ratten,
Wölfe, Träume
Es gibt jede Menge unvergessliche Gestalten, den anarchischen Mo zum Beispiel, der noch jedes Eiapopeia-Menschenrechtsmeeting unterwandert, stiehlt, lügt und mit schlechten Antikriegsbildern dealt. Oder den Fallensteller aus der Titelgeschichte, der Fallen für alles hat, für Ratten, für Wölfe, auch für Träume. Oder aber auch den Laien-Zauberer aus dem Sägewerk, der mit stiller Entschlossenheit vor einem gnadenlos abgelenkten Publikum sein Zauberdebüt gibt. Aber wer auch nur ein bisschen Sympathie für unsere Freunde aus dem Osten hat, der wird den Russen in sein Herz schließen, einen mäßig guten Billardspieler, die Zähne gebleicht, Lyrik auf den Lippen, ein Vieh, ein Zar, „der seine Schwächen nicht versteckt, wie miese Herrscher es tun.“ Der Russe gewinnt die Billardpartie, mit Glück, ist eben ein Spieler, wie alle Figuren in Saša Stanišićs Erzählungsband „Fallensteller“. Stanišić, der 1992 aus den Resten Jugoslawiens nach Deutschland kam, hat Geschichten mit doppeltem Boden geschrieben, glitzernd wie der Schnee in der Uckermark. Sein größter Trick aber ist: eine unbändige Lust auf diese sensationelle Nummernrevue, die Leben heißt.
 SONJA ZEKRI
Gestochen
scharfer Nebel
Ein Bettler spricht einen russischen
Exilanten in einem Pariser Park an,
irgendwann in den Zwanzigerjahren. Der Bettler bekommt zehn Francs, verneigt sich und geht davon, und dem Exilanten bleibt die Szene im Gedächtnis: „Die Aprilsonne neigte sich schon, und meine Phantasie – wie eine schlechte Uhr ging sie ein paar Minuten vor – ließ entlang des Gitters am Jardin du Luxembourg jenes Dämmerlicht aufkommen, das ein wenig später anbrechen sollte und zu der Zeit noch gar nicht angebrochen war.“ Mit großer Präzision wandelt in solchen Sätzen ein Erzähler zwischen dem, was ist, und dem, was sein könnte – aber nicht ist. Er ist ein Meister im Entwerfen von sprachlich genau erfassten, aber dann wie in Nebelgebilden verschwimmenden Beobachtungen, und so wie dieser Satz ist schließlich die ganze
Geschichte: Gaito Gasdanows erstmals 1947 publizierter Roman „Die Rückkehr des Buddha“ ist – wiederentdeckt wie das ganze Werk des russischen Exilautors, der mit „Das Phantom des Alexander Wolf“ (1948) berühmt wurde – eine Art Kriminalgeschichte, deren eigentliches Geheimnis in der Sprache verborgen ist. THOMAS STEINFELD
Mit Diana von
Oxford nach Athen
Irgendwer schlägt vor, einen Abstecher zum Balkan zu machen. Also brechen drei junge Engländer, die sich aus Oxford kennen, Anfang August 1925 zu einer Reise auf den Kontinent auf. Ihr Automobil nennen sie Diana. Die Route führt von Hamburg über Bayern, Österreich und Italien nach Athen. Den Reisebericht verfasst Robert Byron, der seinen Vorfahren, Lord Byron, nicht mag. Er gibt, mal klug, mal altklug plaudernd, Einblick in den lässigen Snobismus der Reisenden – und in ein Europa, das vom Weltkrieg gezeichnet ist. Am Ende entdeckt Byron etwas Unerwartetes: „das Bewusstsein, nicht nur Engländer zu sein, sondern auch Europäer“.
 LOTHAR MÜLLER
Ein falsches
Lächeln
Der Albtraum überfällt Frau, Mann und Kind: Die Zähne fallen aus – Grusel im Schlaf. Die aus Mexiko stammende Autorin Valeria Luiselli hat das Gegenmittel auf den Markt gebracht, ein valentineskes Buch mit dem Titel „Die Geschichte meiner Zähne“. Das Werk ist auch Lesern zu empfehlen, die nie Albträume haben: Gustavo Sánchez ist ein erfolgreicher Auktionator, braucht aber ein neues
Gebiss. Er versteigert seine alten Zähne (und zwar als die von Platon, Montaigne, Rousseau) und besorgt sich neue, angeblich die von Marilyn Monroe. Valeria Luiselli hat eine traumhaft verrückte, lustige Geschichte geschrieben. Wer sich in der Literatur auskennt, wird doppelten Spaß haben. FRANZISKA AUGSTEIN
Sound des
Lebens
Zu den schönsten Momenten des Urlaubs gehört die Frage: Mit welchem Buch fange ich an? „Auerhaus“ von Bov Bjerg macht es einem da leicht. Von der ersten Zeile an entsteht ein so eigener, wunderbarer Sound, dass man ihn kaum je vergessen wird. Sechs Freunde – Höppner, Frieder, Vera, Cäcilia, Harry und Pauline – alle im Abiturientenalter, wollen ihrem Elternhaus oder der „Klapse“ entkommen. Gemeinsam beziehen sie ein heruntergekommenes Haus in der schwäbischen Provinz und beginnen „ein richtiges Leben mit Aufstehen und Frühstückmachen, mit Essenbesorgen“ – und mit den drängenden Fragen, die auf Heranwachsende einstürzen. Sie lesen Comics, Philosophen, Psychologen und Suizidanleitungen. Es geht um Eifersucht, Liebe und Sex, um Klauen als Wissenschaft, um Drogen, vor allem aber um das wahre Leben, das auch ein jähes Ende finden kann. So wie der Autor Rolf Böttcher sich mit „Bov Bjerg“ ein Pseudonym zugelegt hat, das beste Rockmusik verheißt, so hat er mit diesem Roman eine große Komposition aus Wahrhaftigkeit, Melancholie und Lebenswitz erschaffen, die keinen Ton zu viel und keinen Gedanken zu wenig hat. HENDRIK MUNSBERG
Das Geheimnis
der Witwe
Kann es sein, dass eine Lüge zur Wahrheit wird, wenn man nur lange genug daran festhält? Die Lebenslüge als wahres Leben? Diese Frage steht im Zentrum des Thriller-Debüts „Die Witwe“ von Fiona Barton. Die Autorin hat jahrelang für die Daily Mail als Gerichtsreporterin gearbeitet, sie kennt sich – das merkt man dem Roman an – bestens mit jenen Gespinsten aus, die Tatverdächtige als Fakten ausgeben. Die will man jetzt unbedingt von eben jener „Witwe“ erfahren. Jean heißt sie, eine unscheinbare Frau, die durch ihren Mann Glen mit einem schlimmen Verbrechen in Verbindung gebracht ist: Mord an einem Kind. Jedenfalls verdächtigt die Polizei ihn dringend. Doch dann stirbt Glen. Sofort stürzt sich eine bellende Presse auf die Witwe, jetzt kann sie es ja sagen, ob ihr Mann der Mörder war. Was weiß sie? Doch Jean tischt die gewünschte Geschichte nicht auf, spricht nur einmal davon, dass mit dem Gattentod „der Blödsinn endlich ein Ende“ habe. Ist sie Komplizin? Dumm? Oder selber Opfer? Lügt sie raffiniert – oder macht sie sich etwas vor? „Die Witwe“ zieht reichlich Suspense aus diesen kunstvoll in der Schwebe gehaltenen Fragen. 
BERND GRAFF
Keiner tut gern tun,
was er tun darf
Bernd Cailloux erzählt in seinen Büchern von den sogenannten wilden Jahren. Wäre man selbst ein wildes Jahr, würde man sich allerdings über Cailloux ärgern, denn er nimmt dem Leser die Illusion, früher sei alles toller gewesen. Jetzt hat der gloriose Erzähler Cailloux ein kleines Buch mit Haschisch-Geschichten gemacht. Aber für die blanken Hedonisten ist das nichts: Es geht um die verstohlenen Momente der Jugend, um die Sorge, entdeckt zu werden, um die Lächerlichkeit sowieso. Am Schluss kriegen die Legalisierungs-Spießer zum Glück auch noch eine rein: Haschischrauchen ist Abenteuer, sagt Cailloux, und muss deshalb verboten bleiben.
 HILMAR KLUTE
Deutsch lernen
mit den Schlümpfen
Diese Geschichtensammlung hat alles, was ein Strandbuch braucht: Sie ist kurz, kurzweilig, hat einen sommerlichen Umschlag, und lustig ist sie auch. Was allein schon als Leistung der 1984 geborenen syrischen Autorin Rasha Abbas gelten kann. Schließlich schreibt sie in „Die Erfindung der deutschen Grammatik“ über ein Thema, bei dem man eher Schwermut erwartet. Die meist ins Surreale überzogenen Ich-Texte handeln vom Ankommen als Geflüchtete in Deutschland. Mit einer Mischung aus Renitenz und Erfindungsreichtum nähert sich die Heldin ihrer neuen Heimat. Um Deutsch zu lernen, schaut sie die Schlümpfe. Und Behördengänge meistert sie im Computerspiel-Modus. 
VERA SCHROEDER
Immer dem
Milky Way folgen
Zum Überleben braucht der Mensch vier Dinge: Wasser, Essen, Wetterschutz und Wärme. Mehr nicht. Bekommt er dann mal ein Milky Way zwischen die Zähne, kann das pures Glück bedeuten – „wildes körperliches Glück“, ausgelöst durch einen Schokoriegel. Auch die Wonne einer warmen Dusche nach wochenlangem Marsch durch die Mojave-Wüste oder das Sierra-Nevada-Hochgebirge gehört zu dieser Sorte Glückserfahrung, wie sie Christine Thürmer in „Laufen. Essen. Schlafen.“ beschreibt, ihrem sehr anschaulichen Erfahrungsbericht als Langstreckenwanderin auf den drei
großen amerikanischen Hiking-Trails zwischen Mexiko und Kanada. Einst eine knallharte Unternehmenssaniererin mit Sekretärin und Dienstwagen, brach die Geschäftsfrau 2004, nachdem ihr selber gekündigt worden war, zu ihrem ersten Trip auf – allein. Wie sich die Fränkin als „German Tourist“ einen Namen erwandert in der Szene der „Thru-Hiker“, wie sie insgesamt 12 700 Kilometer zu Fuß zurücklegt und dabei Wind und Wetter, Moskitos und Bären trotzt, ist ein Abenteuer, dem man gerne folgt – vor allem, wenn man sich dabei entspannt zurücklehnen kann. 
CHRISTINE DÖSSEL
Harper Lee:Gehe hin,
stelle einen Wächter.
Roman. Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann.
DVA Verlag, München 2015,
320 Seiten, 19,99 Euro.
    
    
      
            
  
  
  
Gaziel: Nach Saloniki
und Serbien. Eine Reise in den Ersten Weltkrieg. Berenberg Verlag,
Berlin 2016.
272 Seiten, 25 Euro.
Ian Bostridge:
Schuberts Winterreise. Lieder von Liebe und Schmerz. Aus dem
Englischen von Anabel Zettel. Verlag C.H. Beck, München 2015.
405 Seiten, 29,95 Euro. E-Book 24,99 Euro.      
   
        
Caitlin Doughty: Fragen Sie ihren Bestatter.
Lektionen aus dem
Krematorium. Aus dem Englischen von Sky
Nonhoff. Verlag C.H.
Beck, München 2016.
270 Seiten, 19,95 Euro. E-Book 15,99 Euro.
John Dos Passos:
Manhattan Transfer.
Roman. Aus dem
Englischen von Dirk
van Gunsteren. Rowohlt
Verlag, Reinbek 2016.
544 Seiten, 24,95 Euro. E-Book 21,99 Euro.     
  
        
              
    
  
  
Didier Eribon: Rückkehr nach Reims. Aus dem
Französischen von Tobias Haberkorn. Suhrkamp
Verlag, Berlin 2014.
240 Seiten, 18 Euro.
                  
       
Lucia Berlin: Was ich
sonst noch verpasst
habe. Stories. Aus dem
Englischen von Antje
Rávic Strubel.
Arche Literatur Verlag, Zürich 2016. 384 Seiten, 22,99 Euro.
              
    
Jane Gardam:
Ein untadeliger Mann. Roman. Aus dem
Englischen von Isabel Bogdan. Carl Hanser
Verlag, München 2015.
352 Seiten, 22,90 Euro. E-Book 16,99 Euro.
                
      
  
Irma Nelles:
Der Herausgeber.
Erinnerungen an Rudolf Augstein. Aufbau Verlag, Berlin 2016. 320 Seiten, 22,95 Euro
E-Book 16,99 Euro
Evelyn Waugh:
Ohne Furcht und Tadel.
Aus dem Englischen
von Werner Peterich.
Diogenes Verlag,
Zürich 2016.
992 Seiten, 29 Euro,
E-Book 25,99 Euro.
      
Steven Herrick: Wir
beide wussten, es war was
passiert. Aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn.
Thienemann-Esslinger Verlag, Stuttgart 2016.
208 Seiten, 14,99 Euro. E-Book 11,99 Euro.
Léo Grasset: Giraffentheater.
Anekdoten aus der Savanne. Aus dem Französischen
von Till Bardoux. Klaus
Wagenbach Verlag, Berlin 2016. 144 Seiten, 17 Euro.
          
      
      
  
    
Saša Stanišić: Fallensteller. Erzählungen. Luchterhand Literaturverlag, München 2016. 288 Seiten, 19,99 Euro. E-Book 15,99 Euro
Gaito Gasdanow:
Die Rückkehr des Buddha. Roman. Aus dem
Russischen von Rosemarie Tietze. Carl Hanser Verlag,
München 2016.
224 Seiten, 19,90 Euro. E-Book 15,99 Euro.
              
              
    
    
    
Robert Byron: Europa 1925. Aus dem Englischen von Peter Torberg. Die Andere Bibliothek, Berlin 2016.
360 Seiten, 42 Euro.
Valeria Luiselli: Die
Geschichte meiner Zähne. Aus dem Spanischen
von Dagmar Ploetz.
Verlag Antje Kunstmann, München 2016.
192 Seiten, 18,95 Euro. E-Book 16,99 Euro.
    
    
  
            
Bov Bjerg:Auerhaus. Roman. Blumenbar
im Aufbau Verlag,
Berlin 2015. 240 Seiten,
18 Euro. E-Book
13,99 Euro.
Fiona Barton: Die Witwe. Ein liebender Ehemann oder ein kaltblütiger
Mörder . . . Was weiß sie wirklich? Roman.
Wunderlich Verlag,
Reinbek 2016.
432 Seiten, 16,99 Euro. E-Book 14,99 Euro.
                
      
      
 
   
Bernd Cailloux:
Surabaya Gold – Haschischgeschichten. Suhrkamp Verlag, Berlin 2016. 139 Seiten, 10 Euro.
Rasha Abbas: Die Erfindung der deutschen Grammatik. Kurzgeschichten. Aus dem Arabischen von Sandra Hetzl. Orlanda Frauenverlag, Berlin 2016. 160 Seiten, 12,50 Euro. E-Book 3,99 Euro.
          
Illustration: Tina Berning
        
      
                  
Christine Thürmer: Laufen. Essen. Schlafen. Eine Frau, drei Trails und 12 700 Kilometer Wildnis. Malik Verlag, München 2016.
288 Seiten, 16,99 Euro. E-Book 12,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2015

Es führt ja jeder Weg zum Ziel

Ein Buch wie eine Wundertüte: Der Tenor Ian Bostridge deutet Schuberts Liederzyklus "Winterreise" wie noch keiner vor ihm.

Von Eleonore Büning

Der Winterreisende von Wilhelm Müller und Franz Schubert ist ein noch junger Mann. Sehr wahrscheinlich ist er auch, anders als Schubert es war, kerngesund. Es gibt jedenfalls keinen Hinweis auf Schwindsucht oder dergleichen, nicht einmal auf einen Schnupfen. Trotz seiner Jugend aber denkt der Winterreisende ständig ans Sterben, und es begegnen ihm auf seiner Wanderschaft allerlei Vorboten des Todes, schwarze Krähen, irre Hunde, Nebensonnen, Eiswüsten und schließlich, im allerletzten Lied, der Tod selbst.

Der ist allerdings auch politisch interpretierbar: als ein gesellschaftliches Aus. Denn der Geselle, dem der Lindenbaum mit seinen Blättern das Lied vom Tod zurauscht, den das Leben aus der Bahn warf und der jetzt im Begriff steht, den Anschluss an eine geordnete bürgerliche Existenz für immer zu verpassen, er wandert durch die erstarrende Landschaft der Restaurationszeit. Die Krähen könnten auch Spitzel der Metternichschen Geheimpolizei sein. Kälte und Eis sind seit je geläufige, zur Schubertzeit jedoch, von Heine bis Andersen, fast schon gemeinplätzig gewordene Metaphern für die politische Stagnation. Auch Franz Schubert selbst, der alles andere als ein kämpferischer Burschenschaftler war (so wie einige seiner Freunde, etwa der Dichter Johann Senn), geriet ja etliche Male in Konflikt mit der Zensur.

Solcherlei Erkenntnisse über den politischen Kontext der Schubert-Müllerschen Liebeskummerlyrik sind nicht neu. Die einschlägige Literatur dazu, entstanden vor allem als musikwissenschaftliches Echo der Achtundsechziger, taucht jetzt wieder auf in der langen, bunten Bücherliste im Anhang des Buchs, das der britische Tenor Ian Bostridge geschrieben hat. Darunter die schon lange vergriffene Studie "Schubert und das Wirtshaus" von Frieder Reininghaus, aus dem Jahr 1979. Bostridge nimmt direkt Bezug darauf in seiner Exegese der letzten Strophe des Liedes "Rast" aus dem ersten Teil der "Winterreise", in der er eine "neue, rebellische Wildheit" wittert, die "von der unterdrückten Tatkraft und der Qual jener zeugt, die nicht zu handeln wagten". Oder wenn ihn das Lied "Gefrorene Tränen" zu einem Exkurs über Napoleons Rückzug aus Moskau inspiriert: "Die Winterreise mag uns an vergangene Kriege erinnern", schreibt Bostridge, "aber auch an einen eingefrorenen Frieden." Von hier schweift er weiter zu Tolstois "Krieg und Frieden", dann zu Anton von Werners "Im Etappenquartier vor Paris, 24. Oktober 1870", ein Gemälde, das festhält, wie preußische Soldaten für die französischen Dienstmädchen am aufgeklappten Flügel ein Schubertlied singen. Und ergänzt wird das Panorama durch einige Zitate aus Slavoj Zizeks Essay "Lenin als Schubertianer".

Bostridge war in seinem ersten Leben, bevor er seiner Stimme vertrauen lernte und sich ganz auf die Sängerkarriere warf, als promovierter Historiker Dozent in Oxford. Er hat, um die "Winterreise" zu analysieren, außer den literarischen und musikwissenschaftlichen auch noch ganz andere Quellen angezapft, theologische, psychologische, philosophische, physikalisch-naturwissenschaftliche und kunsthistorische. Und er streut natürlich auch persönliche Sängeranekdoten in die Erzählung ein, wohl wissend, was er seinen Fans schuldig ist.

Im Ergebnis wirkt dieses Buch wie ein Labyrinth. Es führt von den Fragen, die sich einem klugen Sänger stellen, wenn er diesen "Zyklus schauerlicher Lieder" zum vielleicht hundertsten Mal öffentlich vorträgt, zu den Antworten, die er sich als Forscher und Historiker selbst geben kann. Bostridge mäandert von Lied zu Lied, von Bild zu Bild, von einem Erklärungsmodell zum nächsten. Er schlägt manchmal abenteuerliche Umwege ein, aber wer ihm dabei folgt, dem kann plötzlich ein Licht aufgehen. Zum Beispiel: Das bekannte Bild vom "Chasseur im Walde", 1814 gemalt von Caspar David Friedrich. Dass der französisches Soldat nie wieder lebend herausfinden wird aus diesem deutschen Wald, weiß natürlich außer Schubert auch die Krähe, die auf dem toten Baumstumpf im Vordergrund hockt. Oder: die "Sechs Kissenstudien" von Albrecht Dürer von 1493, die Bostridge kommentarlos seiner Analyse des Liedes "Im Dorfe" voranstellt. "Die Menschen schnarchen in ihren Betten", heißt es bei Wilhelm Müller, Schubert hat diesen Satz umgestellt und aus phonetischen Gründen ein Wort ausgewechselt: "Es schlafen die Menschen . . . eine Nuance. Quer dazu steht aber das Hund-Grollen im Bassregister des Klaviersatzes, Bosridge findet die Klarheit dieser musikalischen Albtraum-Malerei "fast disneyartig". So schnurren die Jahrhunderte zusammen unter dem Brennglas seiner Betrachtung.

Auf nur wenigen Seiten spinnt er den Faden von Thomas Mann zu Homer Simpson und von dort über Proust und Mahler zurück zum Lindenbaum. Dieser Schubertliederzyklus ist für Bostridge "wie eine Flaschenpost, die 1828 in die Fluten des kulturellen Ozeans geworfen wurde". Er entkorkt sie, entziffert sie, befragt sie: "Was hat sie mit unseren gegenwärtigen Anliegen zu tun? Wie tritt sie, wenn auch unerwartet, mit uns in Verbindung?"

Es gibt etliche Sängerbekenntnisbücher, auch Analytisches über Schuberts Liederzyklen verfasst von Musikern wie Gerald Moore oder Dietrich Fischer-Dieskau. Aber ein Wundertütenbuch wie dieses, das gab es bisher noch nicht. Ian Bostridge hat es sich selbst Ende letzten Jahres zum fünfzigsten Geburtstag geschenkt. Kaum zu glauben: ein halbes Jahrhundert! Dieser Sänger gehört ja zu denen, die exemplarisch ewige Jugend verkörpern. Sein märchenprinzenhaftes Auftreten, die stahlblauen Augen, der frische Schmelz seiner quellklaren Jünglingsstimme, dazu die feurigen Manierismen in seinen Interpretationen, all das schafft die Illusion, dass er, wie die Elben aus Bruchtal, das Altern nicht kennt.

Nicht mal neun Monate nach der Originalausgabe liegt das Buch jetzt in deutscher Übersetzung vor. Freilich, wenn ein Brite für britische Leser deutsche Lyrik analysiert, kann es bei der Rückübertragung seiner Argumente ins Deutsche leicht zu Umständlichkeiten kommen. Man sollte sich als Leser daran nicht stoßen. Dass man dabei auch umgangssprachlichen Formulierungsmoden begegnet, wäre "nicht wirklich" nötig gewesen. Schmerzlich vermisst wird ein Personen- und Sach-Register.

Ian Bostridge: "Schuberts Winterreise". Lieder von Liebe und Schmerz.

Aus dem Englischen von Annabel Zettel. Verlag C. H. Beck, München 2015. 405 S., Abb., geb., 29,95 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Hymnisch bespricht der Pianist Alfred Brendel in einem sehr lesenswerten Essay Ian Bostridges Buch über "Schuberts Winterreise". Als geradezu "erregendes Abenteuer" erscheint dem Kritiker die Lektüre dieses lehrreichen, lebendigen und schönen Buches, in dem der Tenor Ian Bostridge sein literarisches Talent glanzvoll unter Beweis stellt. Hingerissen liest Brendel wie der Autor in 24 Kapiteln die Lieder der Winterreise umkreist und dabei virtuose Assoziationen und herrliche Abschweifungen einbindet: Exkurse über Tränen liest der Kritiker ebenso gebannt wie Bostridges Assoziationen zu Thomas Manns "Zauberberg", Bob Dylans "jingle jangle" oder Heiratskontrakten der Metternich-Zeit. Dass Bostridge dabei auf musikalischen Fachjargon verzichtet, freut Brendel umso mehr. Auch mit der deutschen Übersetzung ist der Kritiker sehr zufrieden, dennoch empfiehlt er, das Buch im englischen Original zu lesen, um die atemberaubende Unmittelbarkeit von Bostridges Originalprosa zu erleben.

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"Ein großer Wurf und jedem Musikfreund zu empfehlen (...) spannend wie ein Krimi."
Franz Adam, Münchner Feuilleton, Dezember 2015

"Die Lektüre von Bostridges Buch wird den Leser hellhöriger und empfänglicher machen für Schuberts Meisterwerk."
Joachim Kronsbein, Literatur Spiegel, Dez 15/Jan 16

"Kenntnisreich, lebendig und im schönsten Sinne unterhaltend."
Alfred Brendel, Die Zeit, 26. November 2015

"Selten vereint ein Buch auf diesem Niveau historisches Wissen und musikalische, gut nachvollziehbare Analysen mit Einblicken in die Arbeit eines Ausnahmesängers."
Dagmar Penzlin, Deutschlandfunk, 6. Oktober 2015

"Schuberts 'Winterreise' hören und das Buch von dem englischen Sänger Ian Bostridge dazu lesen - etwas Schöneres kann man in diesem Herbst kaum tun."
Johan Schloemann, Süddeutsche Zeitung, 13. Oktober 2015

"Ein Wundertütenbuch wie dieses, das gab es bisher noch nicht."
Eleonore Büning, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. Oktober 2015

"Ein Glück für die interessierte Leserschaft (...) Ein Buch klar wie Quellwasser, mit eben jener Präzision und Liebe verfasst, von der auch die Interpretation des Sängers zeugen."
Corinne Holtz, Neue Züricher Zeitung, 27. September 2015

"Der Tenor Ian Bostridge hat eine Einführung in Schuberts 'Winterreise' geschrieben - und rührt darin an das Geheimnis von Kunst überhaupt. Über den Glücksfall eines Musikbuchs."
Lucas Wiegelmann, Welt am Sonntag, 6. September 2015

"Ein unfassbares Buch. Eine Wunderkammer."
lmar Krekeler, Literarische Welt, 5. September 2015
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