25,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Gebundenes Buch

1 Kundenbewertung

"Wie kann ein Dorf einfach verschwinden?" - mit archäologischer Präzision ergründet Filip Springer die Geheimnisse der ehemaligen Bergbau-Stadt Kupferberg in Niederschlesien.
1311 wird der Ort in Polen erstmals erwähnt. Heute existiert Kupferberg nicht mehr. Nur eine Flasche Bier und ein Porzellanverschluss sind übrig, als sich Filip Springer mit archäologischer Präzision daranmacht, die Geheimisse der verschwundenen Stadt zu ergründen. Der Bergbau lässt das Dorf in idyllischer Lage wachsen. Keiner der vielen Kriege bis zum Zweiten Weltkrieg kann ihm etwas anhaben. Danach wird aus…mehr

Produktbeschreibung
"Wie kann ein Dorf einfach verschwinden?" - mit archäologischer Präzision ergründet Filip Springer die Geheimnisse der ehemaligen Bergbau-Stadt Kupferberg in Niederschlesien.

1311 wird der Ort in Polen erstmals erwähnt. Heute existiert Kupferberg nicht mehr. Nur eine Flasche Bier und ein Porzellanverschluss sind übrig, als sich Filip Springer mit archäologischer Präzision daranmacht, die Geheimisse der verschwundenen Stadt zu ergründen. Der Bergbau lässt das Dorf in idyllischer Lage wachsen. Keiner der vielen Kriege bis zum Zweiten Weltkrieg kann ihm etwas anhaben. Danach wird aus Kupferberg Miedzianka, eine Stadt, die wiederaufgebaut und zu einem Zentrum des Abbaus von Uran wird. Bis der Untergrund durchlöchert ist und man dort nicht mehr leben kann ... Filip Springer zeichnet die Geschichte eines langsamen Untergangs nach. Eine Chronik spannend wie ein Roman.
Autorenporträt
 Filip Springer, geboren 1982, arbeitet seit 2006 als Journalist und Fotograf. Kupferberg war auf der Shortlist für den Ryszard-Kapuscinski-Preis für literarische Reportage 2011 und war 2012 auch für den Nike-Preis nominiert.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.11.2019

Geschichte eines
Verschwindens
Filip Springers Langzeitreportage
über eine Ortschaft in Polen
Nichts ist übrig von Kupferberg, außer einem Porzellanverschluss mit der Aufschrift: KUPFERBERGER BRAUEREI, G. FRANZKY und einer angeschlagenen Bierflasche. Es gibt ganz unterschiedliche Weisen, auf die Orte verschwinden können. Siedlungen verwandeln sich in Geisterstädte, wenn ein Boom zu Ende geht. Sie fallen dem Tagebau zum Opfer oder versinken in einem Stausee. Andere Orte sind verschwunden, weil die Bevölkerung, freiwillig oder unfreiwillig, abgewandert ist. In Kupferberg im Riesengebirge, das später Miedzianka hieß, ehe es ganz unterging, treffen manche der genannten Faktoren aufeinander. Es gab hier nicht nur einen Boom, sondern zwei (erst Kupfer, später Uran), die den Ort buchstäblich unterminierten und bei der Bevölkerung für schwere gesundheitliche Schäden sorgten.
Die eingesessene deutsche Bevölkerung war nach 1945 zur Abwanderung gezwungen und machte ihrerseits Vertriebenen Platz, Polen aus den von Stalin besetzten östlichen Gebieten. Kupferberg/Miedzianka war schon fast eine Geisterstadt, als die übrig gebliebenen Bewohner schließlich zur Umsiedlung in eine Plattenbausiedlung im nahe gelegenen Jelenia Góra (Hirschberg) gezwungen wurden. Was übrig war von Kupferberg, wurde von der Planierraupe eingeebnet.
Der Mann, der den Porzellanverschluss und die Flasche gefunden hat, ist Filip Springer, Reporter, Fotograf und studierter Archäologe. Springer, geboren 1982, steht in der fruchtbaren Tradition der polnischen Reportage, einer journalistisch-essayistischen Langform, die für Zeitungen heutzutage ein bisschen zu lang ist. Früher konnten Stars des Genres wie Hanna Krall oder Ryszard Kapuściński ihre langen Reportagen in Blättern wie Gazeta Wyborcza veröffentlichen. Doch waren ihre Texte, wie die Springers, dazu gedacht, auch in Buchform zu erscheinen; ihrer Form und ihrem Inhalt nach waren sie entschieden über den Tag hinaus geschrieben. Springers „Kupferberg“ führt einem wieder vor Augen, was die Reportage als Gattung vermag, verstanden nicht als pseudo-emotionales „Storytelling“, sondern als geduldige, informierte Langzeitbeobachtung.
Was also lässt sich über das untergegangene Kupferberg, gegründet 1311 und lange Zeit Preußens kleinste Stadt, in Erfahrung bringen? Für die Nachkriegsgeschichte, also für den Miedzianka-Teil, gibt es Zeugen, die Arbeiter im Uranbergbau mit ihren Angehörigen, die Zwangsumgesiedelten, die Lokalpolitiker. Überdies gibt es schriftliche Quellen und Darstellungen in polnischer und deutscher Sprache, die Springer in einer umfangreichen Literaturliste aufzählt. Darunter Sagen, Legenden, Märchen (wir sind im Einzugsbereich Rübezahls), aber auch ein unveröffentlichtes Manuskript des Mannes, dessen Namen auf dem Porzellanverschluss steht: Georg Franzkys „Erinnerungen an Kupferberg“.
Das alte Kupferberg hat niemanden mehr, der es zum Leben erwecken könnte, also muss Springer es aus den Quellen rekonstruieren. Kupferbergs Geschichte darf man wohl als wechselvoll bezeichnen, die Besitzer und Glücksritter kommen und gehen, das Kupfer, unter furchtbaren Bedingungen abgebaut, macht den Ort reich, während es ihn ruiniert, der Dreißigjährige und der Siebenjährige Krieg hinterlassen ihre Spuren, Touristen entdecken die reizvolle Gegend und so fort. „Das Leben in Kupferberg ist nicht leicht“, resümiert Springer die Stimmung, „doch die Einwohner haben gelernt, die täglichen Mühen durch kleine Vergnügungen wettzumachen“ – wobei auch das reichlich genossene Kupferberger Gold aus Franzkys Brauerei hilft. Das schlesische Kleinstadtidyll mit seinen Vereinen und Honoratioren kollabiert mit dem Zweiten Weltkrieg und der folgenden Vertreibung der Deutschen.
Was folgt, ist nun nicht mehr Kupferberg, sondern Miedzianka, mit seinem von der Sowjetunion aus organisierten Uranabbau, wie man ihn ähnlich in der DDR mit der Wismut AG erlebt hat. Aus Dokumenten und Gesprächen gewinnt Springer eine fesselnde Darstellung der politischen, menschlichen und ökologischen Umstände dieses zweiten Raubbaus. Nach wenigen Jahrzehnten, der Uranabbau ist bereits eingestellt, ist Miedzianka unbewohnbar geworden. Der Boden sackt immer häufiger ab, nicht zuletzt, weil er schon durch den Kupferabbau ausgehöhlt ist, Häuser und Fuhrwerke stürzen unversehens in die Tiefe. Ein paar Einheimische harren aus, wollen nicht wegziehen und werden schließlich dazu gezwungen.
An der Stelle, wo einmal Kupferberg und Miedzianka standen, wächst jetzt Gestrüpp, wie Springers Fotos zeigen. Neuerdings aber kommen wieder Leute an den verschwundenen Ort, nicht zuletzt angelockt von Springers Buch. Es gibt eine neue Ausstellung, eine historische Monografie und sogar ein Theaterstück über Miedzianka. Und noch wichtiger, das Bier ist zurückgekehrt. Eine kleine, private Brauerei pflegt an Ort und Stelle die regionale Brautradition. Verschwunden, wie es ist, kann Kupferberg/Miedzianka jetzt erst recht zum deutsch-polnischen Erinnerungsort werden.
CHRISTOPH BARTMANN
Filip Springer: Kupferberg. Der verschwundene Ort. Aus dem Polnischen von Lisa Palmes. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2019. 336 Seiten, 25 Euro.
An der Stelle, wo einmal
Kupferberg/Miedzianka stand,
wächst jetzt Gestrüpp
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr
"Filip Springer hat Kupferberg/Miedzianka mit den Mitteln der Reportage ausgegraben. Er lässt das im 13. Jahrhundert gegründete Städtchen in grosser Intensität wieder erstehen. Entstanden ist so die genaue, lakonische Geschichte eines Verschwindens." Cord Aschenbrenner, Neue Zürcher Zeitung, 06.02.20

"Filip Springer schildert das Leben in Kupferberg mit großer erzählerischer Präzision und einem feinen Gespür für Symbolik. Ohne Pathos gelingt es ihm, Heimat als einen universellen Wert darzustellen. Fesselnd wie in einem Roman." Moses Fendel, WDR3, 06.12.19

"Kupferberg führt einem wieder vor Augen, was die Reportage als Gattung vermag, verstanden nicht als pseudo-emotionales "Storytelling", sondern als geduldige, informierte Langzeitbeobachtung. (...) Aus Dokumenten und Gesprächen gewinnt Springer eine fesselnde Darstellung der politischen, menschlichen und ökologischen Umstände dieses zweiten Raubbaus." Christoph Bartmann, Süddeutsche Zeitung, 22.11.19

"Kunstvoll montiert Springer aus einer Anekdotenansammlung unterschiedliche Einblicke in das Seelenleben des Ortes. Damit wird sein Buch ganz beiläufig zu einem Brennglas, unter dem die massiven Umbrüche europäischer Geschichte deutlich zu Tage treten: wechselnde Besatzungen, Konfessionen, gerissene Lebenslinien." Patrick Wellinski, Deutschlandfunk, 24.09.19