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Seit der erste Band des neapolitanischen Romanzyklus, »Meine geniale Freundin«, 2016 in Deutschland erschien, sind über eine Million Bände verkauft worden. Ein Ende des 'Ferrante-Fiebers' ist nicht abzusehen. Nicola Bardola schildert die Entstehung der Tetralogie und ihre Entwicklung zum Weltbestseller. Ausgehend von den frühen Werken der Autorin verfolgt er Themen und Motive, die sich durch das Gesamtwerk ziehen, und interpretiert zentrale Momente. Vor allem Elena Ferrantes erster Roman von 1992, »Lästige Liebe«, erweist sich dabei als Schlüssel für das Verständnis aller weiteren Werke. Man…mehr

Produktbeschreibung
Seit der erste Band des neapolitanischen Romanzyklus, »Meine geniale Freundin«, 2016 in Deutschland erschien, sind über eine Million Bände verkauft worden. Ein Ende des 'Ferrante-Fiebers' ist nicht abzusehen. Nicola Bardola schildert die Entstehung der Tetralogie und ihre Entwicklung zum Weltbestseller. Ausgehend von den frühen Werken der Autorin verfolgt er Themen und Motive, die sich durch das Gesamtwerk ziehen, und interpretiert zentrale Momente. Vor allem Elena Ferrantes erster Roman von 1992, »Lästige Liebe«, erweist sich dabei als Schlüssel für das Verständnis aller weiteren Werke. Man muss ihr Pseudonym gar nicht lüften: Paradoxerweise hat Elena Ferrante in Büchern und Artikeln mehr über sich selbst preisgegeben als die meisten anderen Schriftsteller der Gegenwart. Vor allem in »Frantumaglia - Mein geschriebenes Leben« gab sie Auskunft über ihr Leben und Schreiben und ihren schriftstellerischen Werdegang. Bardola schenkt diesem 2003 erschienenen, 2007 und 2016 erweiterten Buch große Aufmerksamkeit, ebenso ihren seit Frühjahr 2018 im Guardian erscheinenden wöchentlichen Kolumnen, die viel beitragen zu einem klaren Bild der bekanntesten Unbekannten der Weltliteratur. Nicht zuletzt berichtet Bardola von seinen Besuchen der Originalschauplätze in Neapel - das Buch enthält eine Reihe von Fotos dazu - und von seinen Begegnungen mit Personen, die dem Phänomen Ferrante nahe stehen. Und es ist gut möglich, dass er mit der genialen Autorin schon zu Abend gegessen hat ...
Autorenporträt
Bardola, NicolaNicola Bardola, geb. 1959, wuchs zweisprachig in Zürich auf, studierte Germanistik, italienische Literatur und Philosophie; er veröffentlichte mehrere Biographien und Romane. Mit den Romanen Elena Ferrantes hat er sich von Anfang an beschäftigt und ist heute der wohl beste Kenner ihres Gesamtwerks.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.07.2019

„Ich bin Elena Ferrante“
Wer steckt wirklich hinter diesem Pseudonym? An Nicola Bardolas Buch
„Meine geniale Autorin“ zeigt sich, warum die Frage lässlich ist
VON JANNE KNÖDLER
Elena Ferrante hat einen Pakt mit ihren Lesern geschlossen: Ihr Werk steht allen zur Verfügung, ihre Identität nicht. Millionen Leser haben diesen Pakt akzeptiert, einige Journalisten nicht. Sie machten sich auf die Suche nach der Person hinter dem Pseudonym. Dass die selbst ernannten Detektive nicht ganz unrecht haben, meint Nicola Bardola, ein Schweizer Literaturkritiker und Journalist, der sich seit Jahren mit ihrem Werk beschäftigt. Zu einem Pakt gehörten zwei, so sein Argument, Ferrante aber habe ihre Anonymität ohne Zustimmung der Gegenseite beschlossen. Bardola akzeptiert den Pakt also nicht so ganz. Sein neues Buch „Elena Ferrante – meine geniale Autorin“ ist deshalb nicht nur eine detaillierte Analyse ihrer Schriften, sondern auch eine Detektivgeschichte.
Man solle sie nur anhand ihres Werkes analysieren, schrieb Ferrante einmal, und damit beginnt Bardola. Er liest sie, und er liest sie intensiv, beginnend mit dem Debütroman „Lästige Liebe“ (im Original „L’amore molesto“, 1992). Von da arbeitet er sich durch zwei weitere Romane, ein Kinderbuch und natürlich die neapolitanische Tetralogie, diese vermeintliche Frauenliteratur, die während des langen und heißen „Ferrante Fevers“ Mitte der 2010er-Jahre die Imagination der ganzen Welt gefesselt hat.
Bardola fasst Handlungen zusammen, erläutert einzelne Szenen, arbeitet textübergreifend und deckt wiederkehrende Motive und Themen auf. Tausende Seiten, in denen es um komplizierte Mutter-Tochter-Beziehungen geht, um Frauenfreundschaften und um die Angst, verlassen zu werden, arbeitet Bardola durch. Sein Ziel: auf Elena Ferrantes Essenz zu kommen. Und dann ihre Biografie zu schreiben.
Es hilft ihm, dass Ferrante nicht nur viel, sondern auch viel über sich selbst geschrieben hat. 2003 veröffentlichte sie die erste Ausgabe von „Frantumaglia“, einen Band mit Briefen, Aufsätzen und Interviews, der seitdem zweimal erweitert wurde und im Frühjahr auch auf Deutsch erschienen ist (Aus dem Italienischen von Julika Brandestini und Petra Kaiser. Suhrkamp Verlag, Berlin. 499 Seiten, 24 Euro). „Frantumaglia“ ist ein Werkstattbericht, der eine Tür zu Ferrantes Denk- und Arbeitsprozessen öffnet. Ein Fest also für einen Biografen, der sonst nicht viel in der Hand hat. Und so studiert Bardola jede Zeile, fasst zusammen, stellt Verbindungen her.
Der Versuch, eine Autorin durch ihre fiktiven Geschichten zu fassen zu bekommen, muss mit Projektionen arbeiten. Auch wenn Bardola (dessen Mutter ebenfalls Elena hieß) in seinem Buch anderen mangelndes literarisches Verständnis vorwirft, scheint er selbst die Vorstellung, eine Autorin stecke in ihren Texten, allzu wörtlich zu nehmen. Er vergleicht die Biografien von Protagonistinnen in Ferrantes Werken mit denen der wahrscheinlichsten Anwärterinnen auf die Identität der „echten“ Elena Ferrante. Im Kapitel über Ferrantes Debütroman schreibt er beispielsweise, dass eine Figur in der Nähe der kleinen Ortschaft Minturno ertrunken sei. „Das liegt rund fünfzig Kilometer nördlich von Neapel, unweit von Itri, wo Fabrizia Ramondino seit dem Erdbeben in Neapel 1980 lebte, und unweit auch vom Strand bei Gaeta, wo Fabrizia Ramondino im Juni 2008 starb.“ Die italienische Schriftstellerin Ramondino galt bis zu ihrem Tod als eine der wahrscheinlichsten Urheberinnen von Ferrantes Werken.
Bardola ist Literaturkritiker, und so kann man davon ausgehen, dass er dem biografischen Fehlschluss nicht einfach aufsitzt. Trotzdem gipfelt seine Analyse in einem Kapitel, das er „Selbstportrait“ nennt. „Ich bin Elena Ferrante“ heißt es, und ist eine in Ich-Form geschriebene Biografie „mit dichterischen Freiheiten“. Aus ihren Briefen und Essays und aus Informationen ihrer Verleger setzt Bardola dann Sätze zusammen wie „Im Frühling 1995 war ich eine schöne Frau, noch keine fünfzig, großgewachsen, brünett und mit ausdrucksstarken Augen“ oder „inzwischen fühle ich mich einigermaßen wohl in meiner Haut“.
Dass Bardola hier die persönliche Geschichte einer anderen Person vermutlich gegen deren Willen in Ich-Form erzählt, ist im besten Falle eine Spielerei, etwas Anmaßendes hat es sicher. Eine Biografie ist immer das Werk des Biografen, der interpretiert, einordnet, sich einbringt. Aber hier sind die Umstände besonders: Es geht um eine Urheberin, die ihre „Elena Ferrante“ nicht als Person begreift, sondern nur als Name, der aus dreizehn Buchstaben besteht. Sie verbindet Autorinnenschaft nicht mit einer einzelnen Protagonistin des Literaturbetriebs, sondern sieht ihr Werk als „Produkt einer kollektiven Imagination“, wie sie es in einem Interview mit der Paris Review schrieb.
Warum also will Bardola verfestigen, was nicht verfestigt werden möchte, was vielleicht ungefestigt interessanter ist? Fast ist es, als fühle er sich durch Ferrantes Zurückgezogenheit besonders herausgefordert, als sei „Meine geniale Autorin“ der Versuch zu beweisen, dass ihre Widersprüchlichkeit auflösbar, ihre Unschärfe zu glätten ist.
Auch von Claudio Gattis investigativer Recherche distanziert Bardola sich nicht vollends. Der italienische Wirtschaftsjournalist war 2016 der Spur des Geldes gefolgt und hatte die Übersetzerin Anita Raja als Autorin hinter dem Namen Ferrante enttarnt. Seine Rechtfertigung für das Eindringen in ihre Privatsphäre: Sie habe in Interviews Unwahrheiten gesagt. Durch ihre Unehrlichkeit habe sie ihr Recht auf Anonymität verwirkt.
Bardola gibt sich ähnlich unbeeindruckt von Ferrantes Äußerungen, in denen sie Wahrheit und Ehrlichkeit in der Literatur immer auch als Spiel und Interpretation bezeichnet, ihre Selbstzeugnisse als Fiktion und Fiktion als die einzige Möglichkeit, die Wahrheit zu sagen. „Ein rhetorischer Salto“, schreibt Bardola. Und fügt prompt seine eigene Version der Lösung des Rätsels hinzu. Nach einem von Freunden organisierten Abendessen, bei dem er die Schriftstellerin Marcella Marmo kennenlernt, eine dritte Ferrante-Anwärterin, ist er sich sicher: „Marcella Marmo (ist) von Anfang an Elena Ferrante. Anita Raja ist ihre Lektorin; möglicherweise bekommt Raja eine Agentenprovision; eventuell besitzt sie auch eine Funktion als Strohfrau.“
In einem nach Erscheinen des Buchs auf der Website des Reclam-Verlags veröffentlichten Zusatzkapitel über „Autoren und ihre Pseudonyme“ festigt Bardola seine These unter anderem, indem er Gattis Version widerlegt. „Eine ernsthafte Analyse der Aussagen Claudio Gattis“, schreibt er, „fand in jener damals emotional aufgeladenen Situation nicht statt.“ Diese eingehende Analyse macht sich Bardola nun zur Aufgabe. Und entfernt sich dabei, weil er so mit Zeitungsartikeln und Radiogesprächen, Tweets und Verlagswebseiten beschäftigt ist, immer weiter vom eigentlichen Thema seines Texts, von Elena Ferrante und ihrem Werk.
Im Nachwort beschreibt Bardola eine Szene, in der er seiner Tochter seine Theorie über die Identität der Autorin unterbreitet. Sie sitzen gemeinsam im Caffè Gambrinus, einem der Originalschauplätze, die Bardola während seiner Recherchen besucht, und löffeln ein Eis. „Du spinnst“, entgegnet seine Tochter. Als er weiterspricht, merkt er, dass sie ihm nicht mehr zuhört. Bardola kommt so ganz am Ende ein Gedanke, der dem ganzen Buch eine andere Perspektive hätte geben können: Ferrantes Werk, dessen erzählerische Stärke darin besteht, sich so echt, so unmittelbar anzufühlen, braucht keine identifizierbare Autorin, um eine intime Beziehung mit den Lesern aufzubauen. Es ist eine Einladung, Fragen der Autorinnenschaft, Kontinuität von Werken und Erzähltraditionen zu diskutieren.
Die an Obsession grenzende Beharrlichkeit, mit der manche versuchen, die Identität der Autorin zu enthüllen, leistet dazu keinen Beitrag. Für manche scheint die Suche nach Elena Ferrante ein persönliches Vorhaben zu sein. Für die anderen ist sie unbedeutend.
Ein Kapitel ist eine in Ich-Form
geschriebene Biografie
„mit dichterischen Freiheiten“
„Demnach ist Marcella Marmo
von Anfang an Elena Ferrante.
Anita Raja ist ihre Lektorin“
Nicola Bardola:
Elena Ferrante – meine geniale Autorin.
Reclam Verlag,
Ditzingen 2019.
311 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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»Nicola Bardola kommt dem 'Phantom Ferrante' so nahe wie bisher niemand.« BuchMarkt, März 2019 »Sehr lesenswert« SRF Literaturclub, April 2019 »Ein wunderbares Porträt einer Frau und Autorin [...] Hintergründe und Wissen, die selbst eingefleischten Kennern des Werks unbekannt sein dürften« Buchkultur, 02/2019 »Ein Muss für alle Fans der Autorin und ihrer Romane um zwei Freundinnen in Italien.« Lingener Tagespost, 09.04.2019 »Mit jeder Information, die Bardola uns an die Hand gibt, steigt die Spannung in diesem Identitäts-Krimi. Ein beachtliches und sehr vergnüglich zu lesendes Buch!« NDR, 25.06.2019 »Bardolas neues Buch ist deshalb nicht nur eine detaillierte Analyse ihrer Schriften, sondern auch eine Detektivgeschichte.« Süddeutsche Zeitung, 04.07.2019 »Wie ein wahrer Detektiv hat sich Nicola Bardola auf die Suche nach den Wurzeln Elena Ferrantes gemacht. Um in ihre Realität ganz einzutauchen, hat er auch die Schauplätze ihrer Romane besucht.« RSI - Radiotelevisione svizzera, 08.08.2019 »Sehr informatives, sehr lesenswertes Buch« Bayern 2, 04.11.2019