Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 24,00 €
  • Broschiertes Buch

Energie kann weder erzeugt werden, noch kann sie verschwinden. Sie ist von Anfang an da seit dem Urknall; und seit Einstein wissen wir: auch in Form von Masse. Wir nutzen sie in Gestalt verschiedener materieller Träger (wie Erdöl, Kohle oder Uran), die wir tatsächlich auch verbrauchen. Dennoch gibt es eigentlich keinen "Energieverbrauch". Seit der Studie des Club of Rome 1972 mit dem Titel "Die Grenzen des Wachstums" ist unser Umgang mit materiellen Ressourcen und damit "Energiesparen " ein zentrales Thema. Und wenn eine Tageszeitung titelt: "Hohe Energiepreise gefährden Europas Wohlstand",…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Energie kann weder erzeugt werden, noch kann sie verschwinden. Sie ist von Anfang an da seit dem Urknall; und seit Einstein wissen wir: auch in Form von Masse. Wir nutzen sie in Gestalt verschiedener materieller Träger (wie Erdöl, Kohle oder Uran), die wir tatsächlich auch verbrauchen. Dennoch gibt es eigentlich keinen "Energieverbrauch".
Seit der Studie des Club of Rome 1972 mit dem Titel "Die Grenzen des Wachstums" ist unser Umgang mit materiellen Ressourcen und damit "Energiesparen " ein zentrales Thema. Und wenn eine Tageszeitung titelt: "Hohe Energiepreise gefährden Europas Wohlstand", wird schnell klar, welchen gesellschaftlichen Sprengsatz dieses Thema enthält.
Johannes Schmidl analysiert den Energie-Diskurs, der von zwei entgegengesetzten Befürchtungen dominiert wird, die uns zu ungeheuren Anstrengungen treiben: Einerseits könnte Energie unerschwinglich werden und einzelne Energieträger wie Öl könnten sich überhaupt erschöpfen die Menschheit wäre dann nicht mehr in der Lage, ihre elementaren materiellen Bedürfnisse zu erfüllen. Andererseits könnte unser Übermaß an Energieverbrauch und die damit zusammenhängenden Emissionen dazu führen, dass wir unsere Lebensgrundlagen nachhaltig beschädigen, allem voran das irdische Klima. Diese doppelte Herausforderung ist ein wahres Di-Lemma ("zweigliedrige Annahme "): Je intensiver wir uns mit einer Seite des Problems befassen, desto weiter scheinen wir uns von einer Lösung der anderen zu entfernen. Wir fürchten uns vor dem Zu-viel und dem Zu-wenig gleichzeitig.
Die zumindest 500-jährige europäische Tradition des utopischen Denkens beginnend bei Thomas Morus namensgebender Utopia (1516) und Francis Bacons Nova Atlantis (1624) hat von Anfang an versucht, Knappheit in verschiedensten Formen zu bewältigen. Obwohl es unseren Energiebegriff erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts gibt, lösen einige dieser alten utopischen Vorschläge auf geradezu verblüffende Weise aktuell brennende Energieprobleme. Sie pendeln dabei zwischen zwei gegensätzlichen Konzepten: zwischen erzwungener Maßhaltung und dem Geschenk des Überflusses. Aber da Ersteres ohne Überwachung und Reglementierung von oben und Zweiteres ohne Belastung von Natur und Umwelt kaum zu haben ist, wohnt den Utopien immer schon eine dystopische, zerstörerische Seite inne. Energie und Utopie von Johannes Schmidl stellt den vom Menschen erhobenen materiellen Ansprüchen an das globale System und den daraus resultierenden Bedrohungen die unbescheidensten, radikalsten und weitreichendsten Entwürfe für Alternativen und Bewältigungsstrategien gegenüber, die sich Menschen als Utopien ausgedacht haben. Wenn historische Utopien einige der dringendsten Energieprobleme, mit denen wir uns herumschlagen, zumindest im Gedankenexperiment nachhaltig lösen, so bleibt uns dennoch am Ende eine Frage nicht erspart nämlich: Wollen wir überhaupt eine Lösung?
Autorenporträt
Johannes Schmidl, geboren 1963 in Lienz/Osttirol, aufgewachsen im Oberkärntner Mölltal. Studium in Graz (Physik, Philosophie) und Wien (Technischer Umweltschutz). Seit zumindest 20 Jahren mit verschiedenen Aspekten des Themas 'Energie' befasst, wissenschaftlich, beratend, lobbyierend, u. a. von 1993 bis 1995 (mit Unterbrechungen) für die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit in Nepal, 2001 in Tibet (für Eco-Himal Italia). Ö1 Essaypreis 2000. Buchpublikation: Die Kalte Fusion (Roman, 2009). Lebt mit seiner Familie in Wien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.09.2014

Floh gegen Kichererbse
Johannes Schmidl turnt zwischen Energie und Utopie

Robert Musil bezeichnet die Fähigkeit, "das, was ist, nicht wichtiger zu nehmen als das, was nicht ist", als "Möglichkeitssinn". Die dadurch aufgerufene "große utopische Tradition des abendländischen Denkens" möchte der österreichische Physiker, Philosoph, Umweltschützer und Entwicklungshelfer Johannes Schmidl "mit der brennend aktuellen Energiefrage" konfrontieren.

Schmidls Buch gliedert sich in vier Kapitel, die jeweils die Geschichte des Utopie- und des Energiebegriffs, die historischen Allianzen zwischen beiden - am Beispiel von Utopien des "Maßhaltens" und des "Überflusses", von wohlfahrtspolitischen Glücksversprechen und ökologischen Dystopien - und schließlich den Zusammenhang von utopischem und energiepolitischem Denken im Zeitalter der "Nachhaltigkeit" behandeln sollen. Der formalen Gliederung entspricht aber keine inhaltliche. Vielmehr wirkt der Band, als hätte der Autor von Beginn an jede Hoffnung auf Materialbeherrschung aufgegeben und sein Vertrauen allein in die freie Assoziation gesetzt.

Das Ergebnis liest sich wie ein Reader's Digest für friedenspolitische Klimaschützer. Nach einleitenden Worten zu Platon (sein "Idealstaat" bietet "Chancengleichheit für alle Einwohner") wird das Mittelalter zusammengefasst, in dem die "christliche Welterzählung" zum "dominierenden Unterbau der abendländischen Weltvorstellung" wurde. Gestreift werden Thomas Morus (er gab den "Startschuss für den neuzeitlichen utopischen Diskurs"), Francis Bacon (seine "Wirkung auf die folgenden Jahrhunderte" kann "gar nicht überschätzt werden") und Tommaso Campanella ("stark von chiliastischen christlichen Erlösungsmotiven geprägt"). Dann geht es von der Aufklärung ("rational und ohne Jenseits") über die Industrielle Revolution ("veränderte die Welt dramatisch") stracks in die Gegenwart, die auf zwei unterschiedliche Weisen ("Wir leben in Utopia" und "Utopia ist gescheitert") gedeutet werden kann: "Für beide Thesen gibt es überzeugende Belege."

Da hat der Leser allerdings erst fünfzig Seiten hinter sich. Um zu erfahren, dass die "weitwirkendste Energierevolution" der Weltgeschichte von Blaualgen angezettelt wurde; um darüber belehrt zu werden, dass es "Leitplankeninstrumente" gibt, mit denen "der Anreizrahmen umgepolt" werden kann; dass neben der sexuellen eine "ökologische Sublimation" existiert; dass schließlich "die biologischen Teile des Menschen" irgendwann "generell überflüssig" werden könnten - dafür muss der Leser sich durch die Hälfte des Buches kämpfen.

Wem dann noch gelingt, das Buch zu Ende zu lesen, der wird mit einem umweltpsychologischen Modell für Verhaltensänderung in fünf Stufen ("Wissen", "Sollen", "Wollen", "Können", "Müssen") sowie einer Liste der "Größenordnungen von Energieflüssen und -lagern" belohnt, die es erlaubt, das Energiequantum eines großen Hühnereis, eines Flohsprungs, eines karibischen Hurrikans, einer Kichererbse und der Hiroshima-Bombe miteinander zu vergleichen.

Rein nach der Energiebilanz rangiert Schmidls Buch wohl fast auf dem Niveau von "Der Mann ohne Eigenschaften". Trotzdem fühlt sich, wer es durchhat, völlig ausgebrannt.

MAGNUS KLAUE

Johannes Schmidl:

"Energie und Utopie".

Sonderzahl Verlag,

Wien 2014. 400 S.,

br., 25,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Magnus Klaue fühlt sich völlig ausgebrannt nach der Lektüre von Johannes Schmidls Versuch, utopisches Denken und Energiefrage zusammenzubringen. Laut Rezensent liegt das an Schmidls Unfähigkeit, sich bei aller formalen Strenge auch inhaltlich zu beschränken. So muss sich Klaue vom Philosophen, Physiker und Umweltaktivisten Schmidl quasi simultan anhören, wie sich der Utopiebegriff und der Energiebegriff gewandelt, was Platon, Thomas Morus und Francis Bacon damit zu schaffen haben (oder nicht) und ob wir aktuell in einer Utopie leben. Nachdem Klaue sich durch all das hindurchgewühlt hat, wird er vom Autor mit einem umweltpsychologischen Modell für Verhaltensänderung in fünf Stufen belohnt. Ob Klaue das zu schätzen weiß, bleibt zu bezweifeln.

© Perlentaucher Medien GmbH