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The complex challenge of political language in democracy centers on the way in which it is caught up between the individual interest in effectiveness, on the one hand, and ethical claims on the other. It is this nexus that makes political language counseling necessary. Political linguistics has so far regarded itself exclusively as a descriptive science. To enable it to square up to the task of counseling, the study proceeds on the basis of theoretical considerations and proposes a methodological symbiosis of linguistics and language criticism (rhetoric, etc.). It develops a corresponding…mehr

Produktbeschreibung
The complex challenge of political language in democracy centers on the way in which it is caught up between the individual interest in effectiveness, on the one hand, and ethical claims on the other. It is this nexus that makes political language counseling necessary. Political linguistics has so far regarded itself exclusively as a descriptive science. To enable it to square up to the task of counseling, the study proceeds on the basis of theoretical considerations and proposes a methodological symbiosis of linguistics and language criticism (rhetoric, etc.). It develops a corresponding model, which it then applies to concrete examples with a view to testing its validity.
Politik ist Kommunikation, in erster Linie sprachliche Kommunikation. Nicht erst unter den Bedingungen der modernen massenmedialen Vermittlung politischer Ziele, Anliegen und Inhalte stellt das politische Sprachhandeln damit eine Herausforderung dar, die von den Akteuren ein Höchstmaß an Professionalität verlangt. Gleichzeitig hat sich politische Sprache in einer Demokratie aber auch an hohen normativen Ansprüchen zu messen. Hieraus ergibt sich - so die Ausgangsthese der Arbeit - die Notwendigkeit politischer Sprachberatung. Die hierfür genuin zuständige Wissenschaft, die Politolinguistik, ist als Analyse- und Beschreibungsdisziplin seit langem hinreichend ausgestattet, diese Aufgabe zu erfüllen, es mangelt ihr jedoch an der methodischen Integration normativ-ethisch begründeter Sprachbetrachtungsweisen. Die Arbeit schlägt zur Behebung dieses strukturellen Defizits die systematische Einbeziehung geeigneter sprachkritischer Traditionen in die politolinguistische Sprachberatung vor und entwickelt aus der Diskussion wichtiger theoretischer Voraussetzungen ein Modell und ein Verfahren zur Symbiose von (deskriptiver) Linguistik und (normativer) Sprachkritik - unter anderem auch der klassischen Rhetorik - unter dem Dach einer kooperativ-kritischen Sprachwissenschaft. Die ausführliche exemplarische Durchführung des Verfahrens schließlich dient dazu, die Tauglichkeit des Modells unter Beweis zu stellen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.01.2005

Gute Vorsätze für Politiker
Kersten Sven Roth bringt den Parlamentariern das Reden bei

Die politische Sprachkritik, deren Spektrum vom "Wörterbuch des Unmenschen" bis zur Tugendsprache der "Political Correctness" reicht, hat immer wieder Kontroversen provoziert. Vor allem Linguisten haben auf die Verquickung von sprachlichen mit moralischen und politischen Argumenten ablehnend reagiert. Die wenigen Versuche, eine "sprachwissenschaftliche Sprachkritik" zu etablieren, blieben wirkungslos, weil sich ihre Vertreter auf die Analyse beschränkten und Werturteile scheuten. Kersten S. Roth unternimmt nun einen neuen Anlauf, um die feindlichen Schwestern zu einem produktiven Gespann zu vereinen.

Die Ziele seiner "politolinguistischen" Sprachkritik sind hoch gesteckt: Sie soll nicht nur die politische Kommunikation durch Beratung verbessern, sondern darüber hinaus die Linguistik aus ihrer "gesellschaftlichen Irrelevanz" befreien, womit ihre politische Abstinenz und mediale Absenz gemeint sind. Roth wurmt, daß Politiker sich von Journalisten und Moderatoren rhetorisch beraten lassen, ohne je auf die Idee zu kommen, einen Linguisten zu konsultieren. Und wenn es in Talkshows mal um die deutsche Sprache gehe, glänzten die Sprachgelehrten ebenfalls durch Abwesenheit.

Roth bekennt sich zu einer politischen Sprachkritik und -beratung, die ihr normatives Fundament nicht sprachwissenschaftlich, sondern nur politisch-moralisch begründen kann. Der Linguistik weist er demgegenüber eine Hilfsfunktion zu: Sie soll die empirischen Grundlagen für die Analyse kommunikativer Mängel und die Wahl der geeigneten sprachlichen Therapie liefern. Bedarf für Sprachempfehlungen sieht Roth vor allem bei Politikern aus der "zweiten oder dritten Reihe", die noch nicht wie die erste Garnitur über PR-Stäbe verfügen. Vom instrumentellen Berufsverständnis solcher professionellen Kommunikationsberater will man sich aber durch den ethischen Anspruch abgrenzen. Hilfe soll nur Politikern zuteil werden, die sich bereits von sich aus um "gemeinwohlorientiertes" und "verantwortliches sprachlich-kommunikatives Handeln" bemühen. Wie diese Klientel genauer zu identifizieren ist, bleibt allerdings offen, weil Roth die ethischen Grundlagen seiner Sprachkritik zwar mit Attributen wie "demokratisch" und "emanzipatorisch" wortreich umschreibt, sie aber nicht genauer spezifiziert.

Nur aus verstreuten Anmerkungen läßt sich schließen, daß er wohl eher an das rot-grüne Spektrum als an christdemokratische Anhänger der "Leitkultur" denkt. Es fragt sich allerdings, warum überhaupt ein demokratisch gesinnter Politiker, in dessen Selbstverständnis der eigene Aufstieg ja immer auch im Zeichen des Gemeinwohls steht, für seinen guten Zweck anstelle bewährter PR-Profis "Politolinguisten" engagieren sollte, deren praktische Kompetenzen unklar bleiben. Denn schließlich heißt, die Sprache analysieren zu können, noch lange nicht, sie auch zu meistern.

Verschleierung der Gehalte

Ein beispielhaftes Feld für sprachlichen Verbesserungsbedarf sieht Roth in den Fernseh-Auftritten von Politikern, in deren Reden, Diskussionsbeiträgen und Interviews die personalisierende Imagepflege so dominiere, daß sie gegenüber dem TV-Bürger den eigentlichen Gehalt politischer Positionen und die Mechanismen parlamentarischer Entscheidungsfindungen verschleiere. Auf der Suche nach sprachkritischen Normen, die der Erosion der politischen Urteilskraft trotzen und gleichwohl den Realitäten der Mediengesellschaft gerecht werden, ist Roth bei der klassischen Rhetorik fündig geworden: In deren Maximen sieht er, bedingt durch ihre Verwurzelung in der Gerichtsrede, Strukturbedingungen gespiegelt, die denen moderner Medienkommunikation ähneln und trotzdem demokratischen Maßstäben genügen.

Im Wechsel von Rede und Gegenrede, in dessen Verlauf die streitenden Parteien weniger einander als den Richter zu überzeugen suchen, entdeckt Roth eine Parallele zur medialen Kommunikation, bei der die Politiker zwar mit dem Moderator sprechen, aber in Wahrheit die Zuschauer meinen. Auch daß die Rhetorik die Forderung nach Klarheit und Informativität mit den Strategien publikumsgerechter Persuasion kombiniert, liefert in Roths Augen die geeignete Basis für eine demokratische Sprachkritik, die zugleich die legitimen Macht- und Selbstdarstellungsinteressen der Akteure respektiert. Der entscheidende Vorzug soll schließlich darin liegen, daß die Rhetorik ursprünglich nicht als bloße Technik, sondern als integraler Bestandteil gemeinwohlorientierten Handelns entworfen wurde. Zwar gesteht Roth zu, daß es sich hier um eine moralische Aufladung der Rhetorik handelt. Zugleich sieht er aber auch in ihren Maximen selbst eine politische Ethik verankert: Das dialogische Prinzip als Grundlage der Rhetorik bedinge Rationalität, Gewaltverzicht und gesellschaftliche Verantwortung.

Konsequenterweise gesteht Roth nationalsozialistischen Rednern wie Hitler oder Goebbels zwar sprachliches Talent, nicht aber rhetorische Qualitäten zu, weil ihre Kommunikation nicht dialogisch, sondern gewaltgestützt gewesen sei. Doch dieser Versuch, der Rhetorik eine eingebaute Mißbrauchssperre zuzuschreiben, überzeugt nicht. Bekanntlich begann Hitler seine Karriere als Redner lange vor der nationalsozialistischen Machtübernahme. Gerade in den ersten Jahren verdankte er seinen Erfolg im politischen Meinungskampf vor allem Leistungen, die man als genuin rhetorisch bezeichnen muß. Zudem übersieht Roth, daß der Dialog im Rahmen der Rhetorik nur ein die Rede strukturierendes Prinzip ist, von dem auch durchaus undemokratische Demagogen Gebrauch machen, um sich auf ein Gegenüber zu beziehen und Solidarisierungseffekte zu erzielen. Rhetorische Prinzipien als solche verbürgen weder Wahrheit noch den freien Diskurs.

Beforschte Glaubwürdigkeit

Dessenungeachtet zählt die Engführung der klassischen Rhetorik mit der modernen Medienkommunikation zu den ergiebigsten Abschnitten des Buches. Die daraus abgeleiteten Empfehlungen hingegen enttäuschen in ihrer Trivialität: Da wird Politikern geraten, ihre Argumente am Horizont des Publikums auszurichten, das Selbstdarstellungsbedürfnis zu zügeln, den sprachlichen Ausdruck dem Inhalt anzupassen und so fort. Der aufwendige theoretische Überbau bleibt weitgehend funktionslos. Ähnliches gilt für die wissenschaftliche Fundierung der Sprachempfehlungen, die ja einen wesentlichen Baustein dieser Sprachkritik bilden soll. Mit umständlicher Gelehrsamkeit wird belegt, was man auch vorher schon wußte. Oder braucht es psychologische Untersuchungen für die Bestätigung der "lerntheoretische(n) Annahme, daß eine Einstellungsänderung im Sinne langfristig wirksamer Persuasion nur mit solchen Mitteln möglich ist, die sich im kognitiven System des Rezipienten verankern lassen" - vulgo: die er verstehen und behalten kann? Und daß die sprachliche Bekundung von Emotionen mit einer angemessenen Mimik und Gestik einhergehen sollte, ahnte man auch ohne eine umfänglich referierte "Glaubwürdigkeitsforschung".

Der zweite Problembereich, dem sich Roth widmet, sind "unbeabsichtigte sprachliche Diskriminierungen" von Immigranten, wie sie in der "demokratischen Mitte" angeblich häufig geschehen. Die "empirischen" Forschungsergebnisse, die das beweisen sollen, sind aber keineswegs politisch so neutral wie behauptet. "Rassismus" und "Diskriminierung" werden vielmehr als ideologisch imprägnierte Begriffe verwendet, mit denen alle Äußerungen belegt werden, die Aspekte des Themas zur Sprache bringen, welche nicht ins politische Weltbild des Sprachkritikers passen. Schon der Begriff "Zuwanderung" zählt als Diskriminierung, weil er vom individuellen Schicksal des einzelnen Menschen abstrahiere.

Diese Art Kritik übersieht, daß sich gesellschaftliche Phänomene als solche ohne Abstraktionen weder kognitiv noch sprachlich überhaupt fassen lassen. Das gilt für "Zuwanderung" nicht weniger als für "Arbeitslosigkeit". Unter das sprachkritische Verdikt fallen auch Ausdrücke wie "millionenfach" oder "unkontrolliert". Nun gehören zu den unterschiedlichen Facetten der Immigration zweifellos auch quantitative Aspekte und Auswirkungen auf die eigene Gesellschaft. Die Thematisierung solcher Gesichtspunkte aus politischen Gründen abzulehnen, ist natürlich legitim. Bedenklich ist es aber, derartige Urteile als Diagnosen mit dem Nimbus der Wissenschaftlichkeit zu präsentieren, obwohl sie sich im Kern nicht von der politisch-moralischen Sprachkritik alter Schule unterscheiden. Die Political Correctness, die Roth wegen ihrer Fixierung auf isolierte Einzelwörter ablehnt, kehrt im Gewande "diskurslinguistischer" Insinuationen wieder zurück. Eine solche Symbiose sollte die Sprachwissenschaft meiden - auch wenn sie weiterhin auf einen Stuhl bei Sabine Christiansen verzichten muß.

WOLFGANG KRISCHKE

Kersten Sven Roth: "Politische Sprachberatung als Symbiose von Linguistik und Sprachkritik". Zu Theorie und Praxis einer kooperativ-kritischen Sprachwissenschaft. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2004. 307 S., br., 86,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Enttäuscht zeigt sich Rezensent Wolfgang Krischke von diesem Versuch einer "Symbiose von Linguistik und Sprachkritik", den der Linguist Kersten Sven Roth vorgelegt hat. Wie Krischke berichtet, bekenne sich Roth zu einer politischen Sprachkritik und -beratung, die ihr normatives Fundament nicht sprachwissenschaftlich, sondern nur politisch-moralisch begründe. Roths Kritik des politischen Sprechens im Fernsehen mittels der Maximen der klassischen Rhetorik, erscheint Krischke zwar interessant, er hält ihr aber entgegen, dass rhetorische Prinzipien als solche weder Wahrheit noch den freien Diskurs verbürgen. Zudem findet er Roths Empfehlungen an die Politiker gemessen am wissenschaftlichen Aufwand, den er treibt, reichlich trivial. "Der aufwendige theoretische Überbau", moniert Krischke, "bleibt weitgehend funktionslos." Wenig überzeugend findet er ferner den zweiten Problembereich, den der Autor behandelt, die "unbeabsichtigten sprachlichen Diskriminierungen" von Immigranten.

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