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New York, am Anfang des neuen Jahrtausends. Einer jungen Frau stehen die Türen zu einer Welt aus Glanz und Glitter offen. Sie ist groß, schlank und ausgesprochen hübsch. Gerade hat sie an einer Elite-Universität ihren Abschluss gemacht und arbeitet nun in einer angesagten Kunstgalerie. Sie wohnt im teuersten Viertel der Stadt, was sie sich leisten kann, weil sie vor Jahren schon ein kleines Vermögen geerbt hat. Es könnte also nicht besser laufen in ihrem Leben ... In Wirklichkeit jedoch wünscht sie sich nichts sehnlicher, als ihrer Welt den Rücken zu kehren. Von einer dubiosen Psychiaterin…mehr

Produktbeschreibung
New York, am Anfang des neuen Jahrtausends. Einer jungen Frau stehen die Türen zu einer Welt aus Glanz und Glitter offen. Sie ist groß, schlank und ausgesprochen hübsch. Gerade hat sie an einer Elite-Universität ihren Abschluss gemacht und arbeitet nun in einer angesagten Kunstgalerie. Sie wohnt im teuersten Viertel der Stadt, was sie sich leisten kann, weil sie vor Jahren schon ein kleines Vermögen geerbt hat. Es könnte also nicht besser laufen in ihrem Leben ... In Wirklichkeit jedoch wünscht sie sich nichts sehnlicher, als ihrer Welt den Rücken zu kehren. Von einer dubiosen Psychiaterin lässt sie sich ein ganzes Arsenal an Beruhigungsmitteln, Antidepressiva und Schlaftabletten verschreiben. Mithilfe der Medikamente will sie "Winterschlaf halten". Aber dann merkt sie in einem ihrer wenigen wachen Momente, dass sie im Schlaf ein eigenes Leben führt. Sie findet Kreditkartenabrechnungen, die auf Shoppingtouren und Friseurbesuche hindeuten. Und scheinbar chattet sie regelmäßig mit wildfremden Männern in merkwürdigen Internetforen. Erinnern kann sie sich daran aber nicht ...
Mit bissiger Ironie erzählt Ottessa Moshfegh von einer Frau, die verzweifelt versucht, ihrer aufgeputschten Scheinwelt zu entkommen. Der neue Roman von einer der wichtigsten neuen Stimmen der amerikanischen Literatur.
Autorenporträt
Ottessa Moshfegh wurde in Boston geboren und ist kroatisch-persischer Abstammung. Sie steht auf der Granta-Liste der zwanzig besten jungen Autoren aus den USA. Für ihre Novelle »McGlue« erhielt sie den Believer Book Award sowie den Fence Modern Prize. Ihr Roman »Eileen« stand auf der Shortlist des Man Booker Prize und wurde mit dem PEN/Hemingway Award ausgezeichnet. Ottessa Moshfegh lebt in der Nähe von Los Angeles.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.12.2018

Aus der Traum

Rückzug auf zwei Quadratmeter: Ottessa Moshfegh erzählt in ihrem Roman "Mein Jahr der Ruhe und Entspannung" von einer jungen Frau, die sich eine ungewöhnliche Auszeit nimmt.

Die Vorstellung, die dieser Roman formuliert, ist verführerisch: ein Jahr lang nur schlafen; nichts tun, außer in Morpheus' Armen zu schlummern, sich aller Aktivitäten und Zuschreibungen zu entziehen, und zu hoffen, dass im Zustand des Unwachen die Albträume ausbleiben. So in etwa sieht der kühne Plan der namenlosen Protagonistin im neuen Roman von Ottessa Moshfegh aus. Zwar scheint deren sechsundzwanzigjährige New Yorker Heldin auf den ersten Blick alles zu haben, was gesellschaftlich begehrenswert erscheint, eine schicke Wohnung an der Upper East Side, einen Job in einer Chelsea-Galerie, zudem ist sie vermögend und attraktiv, groß, blond, die Welt steht ihr offen. Und doch will sie dieser nun entsagen. Denn auch ein solch scheinbar glamouröses Leben ist, wie bald zu erfahren ist, von dunklen Flecken verschattet.

Ihren Dornröschenschlaf plant die junge Frau akribisch, besorgt sich haufenweise Pharmazeutika, um Körper und Geist stumm zu stellen, und spannt zudem einen geschäftstüchtigen Künstlerfreund ein, der sie für ihr "Jahr der Ruhe und Entspannung" mit dem Notwendigsten, vor allem mit Nahrung, aber auch Labello und Hautcreme für die kurzen Wachphasen versorgt. Als Gegengeschäft darf er sie fotografieren, während sie schläft.

Die 1981 in Boston geborene Schriftstellerin Ottessa Moshfegh, die einer iranisch-kroatischen Musikerfamilie entstammt, wird seit ihren Kurzgeschichten sowie den beiden Romanen "McGlue" (2014) und "Eileen" (2015) als starke Stimme der jungen amerikanischen Literatur gefeiert. Erzählte Moshfegh in ihrem sprachmächtigen Debüt von einem alkoholabhängigen Seemann und seinem Selbstekel angesichts einer grausamen Tat, die er womöglich begangen hat, handelt "Eileen" von einer Frau, die zusehends psychopathische Züge annimmt. Auch Moshfeghs jüngste Heldin lädt nicht zur identifikatorischen Lektüre ein. Ihre müde Erzählerin ist vielmehr eine weibliche Dekadenzfigur, eine, die sich ihren Ennui leisten kann. Das hat seinen Reiz, birgt aber erzählerisch auch Schwächen.

Denn so intrikat die Romanidee ist, so schwierig ist es, auf einer Strecke von mehr als dreihundert Seiten einer Existenz im Ruhemodus literarisch habhaft zu werden. Weshalb die Autorin sich allerlei Seitenstränge und Spiegelfiguren hinzuerfinden muss, um überhaupt zu einer Geschichte zu kommen. Da gibt es die eine, wohl beste Freundin der Erzählerin namens Reva, die sich all das wünscht, was der anderen nichts bedeutet. ",Wenigstens strenge ich mich an und versuche mich zu ändern, um das zu erreichen, was ich will', sagt sie. ,Und was willst du vom Leben, außer schlafen?'"

Gerade in dieser Anstrengung aber wirkt die glücklose Reva, die nicht nur von ihrer verheirateten Affäre Ken sitzengelassen wurde, sondern auch ihre kranke Mutter pflegt, fast schon lächerlich neben der coolen, auch in ihrem Leid souveränen Erzählerin. Die hat Witz und Schärfe und Intellekt, sie ist eine Ego-Maschine, die nur um sich selbst kreist, während Reva auf sie beim Reden wie das Auf und Ab eines so vertraut wie vorhersehbar erscheinenden Film-Soundtracks wirkt, den sie schon hundertmal gehört hat. Tatsächlich ist die Erzählerin, die in ihrer Unfähigkeit, sich auf Menschen einzulassen, in ihrem Ekel und ihrer Langeweile nicht nur anderen, sondern sich selbst gegenüber destruktiv. Der Roman ist dabei nicht etwa in Moll geschrieben, sondern als grotesk-bittere Komödie angelegt. Für die Komik sorgen Buffo-Figuren wie beispielsweise Dr. Tuttle, eine ziemlich durchgeknallte New Yorker Psychiaterin, die von der Erzählerin im Telefonbuch gefunden wird und die nichts mehr fürchtet als die Präsenz von Mikrowellengeräten. Ihrer neuen Patientin verschreibt sie, ohne mit der Wimper zu zucken, ganze Batterien an Schlaftabletten und Beruhigungsmitteln: Von Lithium über Haldol bis zu Alacetan, Maxiphen, Placidyl und Chloraldurat gibt es für ihre somnambule Kundin mit der Schwäche für Whoopi Goldberg nichts, was ihr für ihr Selbstexperiment vorenthalten würde.

Stand anfangs nur die vage Idee im Raum, sich schlafend vor dem negativen Ansturm der Gedanken zu schützen, wird der Plan der jungen Frau immer realer. Denn die Traumata, die kurz unter der Oberfläche lauern und jederzeit aufpoppen können, entzünden sich an Verlusten, die sie nie überwunden hat: Die Eltern der Erzählerin sind früh verstorben, der Vater an Krebs, die Mutter durch Selbstmord, und auch ihr Freund erweist sich als ein zynischer Banker, der sich stets nur für die vorzeigbare Uptown-Beauté interessiert hat, nicht aber für deren Abgründe.

Der Roman ist einerseits als Kritik an der schillernden Scheinwelt zu lesen, auch am sorglosen Umgang der Amerikaner mit Psychopharmaka. Zudem steuert die Handlung auf einen Schlüsselmoment der New Yorker Stadtgeschichte von welthistorischer Bedeutung zu - den Angriff auf das World Trade Center am 11. September 2001. Und dass die Erzählerin zuvor in ihren Wachmomenten zu ahnen beginnt, dass sie als Schlafende ein Doppelleben führt und seltsame Dinge tut, gehört zu den reizvollen Momenten. Am Ende aber bleiben die Figuren hinter ihren Möglichkeiten zurück. Über ihre stereotype Zeichnung wachsen sie nicht hinaus, weil sie vor allem Positionen markieren. Das ist schade, da die Idee, eine schlafende Heldin literarisch lebendig werden zu lassen, bestechend ist.

SANDRA KEGEL

Ottessa Moshfegh: "Mein Jahr der Ruhe und Entspannung".

Aus dem Amerikanischen von Anke Caroline Burger. Verlagsbuchhandlung Liebeskind, München 2018. 320 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2018

Unter Nullen
Ottessa Moshfegh seziert
die amerikanische Oberflächenkultur
der Jahrtausendwende
Die Ich-Erzählerin in Ottessa Moshfeghs neuem Roman „Mein Jahr der Ruhe und Entspannung“ hat keinen Namen, sieht dafür aber toll aus: Sie ist „groß und dünn und blond und hübsch und jung“. Trotzdem gibt es auf der Welt lediglich zwei Dinge, die in dieser New Yorker Mittzwanzigerin so etwas von Freude auslösen: Filme mit Whoopie Goldberg und Beruhigungstabletten. Goldberg ist für die Ich-Erzählerin der Inbegriff der Subversion: „Egal, wo sie auftauchte: Augenblicklich verwandelte sich alles um sie herum in eine Parodie, eine absurde Komödie, wirkte unbeholfen und lächerlich. Das tat so gut.“ Doch Moshfeghs Figur reicht es nicht, wenn Bedeutung unterlaufen wird, sie sehnt sich nach der absoluten Bedeutungslosigkeit. Und deshalb braucht sie ihre Tabletten, sie braucht Ambien, Rozerem und Trazodon, Valium, Silencior und Luminal. Sie braucht sie, um Winterschlaf zu halten, ein Jahr lang.
Die Protagoinstin ist eine typische Moshfegh-Figur. Die Schriftstellerin, die 1981 in Boston geboren wurde, hat die Novelle „McGlue“, den Roman „Eileen“ und die Kurzgeschichtensammlung „Homesick for Another World“ veröffentlicht und wird von der Kritik als eine der wichtigsten neuen Stimmen der US-amerikanischen Literatur gefeiert. Ein Grund dafür ist die Selbstsicherheit, mit der sie – inhaltlich wie formal – ihre Eigenständigkeit behauptet. Alle Moshfegh-Figuren zeichnen sich aus durch eine fundamentale Entfremdung von der Welt, in der sie leben. Der Moshfegh-Ton ist stets genau beobachtend, distanziert und nicht selten zynisch.
Warum aber sehnt sich die Ich-Erzählerin aus „Mein Jahr der Ruhe und Entspannung“ so sehr danach, ins süße Nichts des Schlafs abzutauchen? Man kann ihr Winterschlaf-Projekt rein biografisch deuten, als eine Art der Trauerarbeit oder Einsamkeits-Bekämpfung. Schließlich ist sie Vollwaise, die steinreichen, aber gefühlskalten Eltern sind in ihrem ersten College-Jahr gestorben. Die einzigen Menschen in ihrem Leben sind Reva, eine Studienfreundin, von der sie angehimmelt wird, die sie selbst aber verachtet, und ihr Ex-Freund Trevor, von dem sie nicht loskommt, obwohl er sie wie Dreck behandelt.
Auch ihr Job bringt keine Erfüllung. Sie arbeitet in einer Galerie, deren pseudo-provokativen Werke ihr zuwider sind (Xi Ping, der Starkünstler des Hauses, begeistert die Kritik durch „Spritzgemälde à la Jackson Pollock, hergestellt mit seinem eigenen Ejakulat“) und von der sie bald gefeuert wird. Man kann die Sehnsucht der Ich-Erzählerin nach einigen Monaten Schlaf allerdings auch als Rückzug aus einer Welt verstehen, deren Selbstsucht und Oberflächlichkeit sie anwidert.
Moshfegh siedelt die Handlung in den anderthalb Jahren vor dem 11. September 2001 an, in einer New Yorker Glitzerblase, in der jeder nur damit beschäftigt ist, die Fassade des eigenen Ichs aufzupolieren. In gewisser Weise erscheint der Roman wie eine Umkehrung der aufgekratzten Sex-and-the-City-Welt, der Serie, die Reva, die naive Freundin der Ich-Erzählerin, so ehrfürchtig verschlingt. Die hört nicht auf, über Revas obsessiven Schönheitswahn, ihre Essstörungen und Selbsthilfebücher zu spotten. Sie selbst hat all diese Probleme nicht, sie ist makellos, ohne etwas dafür zu tun. Andererseits steht ihr ihre Schönheit im Weg, wenn es darum geht, als vollwertige Person wahrgenommen zu werden. Während ihres Kunstgeschichtsstudiums, zwingt eine Professorin sie im Seminar „Feministische Theorie und künstlerische Praxis“, sich vor dem Kurs auf die Zehenspitzen zu stellen, „wie Barbie, und die anderen mussten es als Performance analysieren“. Statt an diesem Leben teilzunehmen, bleibt sie lieber im vollgesabberten Schlafanzug auf ihrem Sofa liegen.
Der Logik der Selbstoptimierung entkommt sie trotzdem nicht, von ihrem Winterschlaf verspricht sich die Protagonistin eine Rundumerneuerung: „Wenn ich so weitermachte, dachte ich, würde ich völlig verschwinden und in neuer Form wiederauftauchen. Das war meine Hoffnung.“ Nach einigen Komplikationen findet sie schließlich tatsächlich einen Weg, beinahe durchgehend abzutauchen. Als Hüter ihres Schlafs engagiert sie Xi Ping, den Künstler, der dafür sie im weggetretenen Zustand als Modell benutzen darf. Und siehe da, am Ende des Jahres findet tatsächlich eine Art Wiedergeburt statt.
Die Versuchsanordnung von „Mein Jahr der Ruhe und Entspannung“ könnte leicht ins Plakative abrutschen. Dafür aber versteht Moshfegh ihr Handwerk zu gut. Ihre Figuren sind all ihrem charakterlichen Elend zum Trotz immer noch wahnsinnig komisch, Dr. Tuttle zum Beispiel, die esoterische Psychoanalytikerin, die der Protagonistin direkt in der ersten Sitzung genau den irren Mix aus harten Beruhigungsmitteln verschreibt, auf den sie es abgesehen hat. Moshfeghs Sprache wechselt souverän zwischen kalter, analytischer Präzision und feiner Melancholie. Mal beobachtet ihre Ich-Erzählerin die Spermaklümpchen in den künstlichen Wimpern einer Pornodarstellerin, mal erinnert sie sich an die bleichen Beine ihrer verstorbenen Mutter, die „aufblitzten wie der weiße Bauch eines Kois in der Sonne“. Ab und zu beschleicht einen gar der Gedanke, Moshfegh beherrsche ihr Handwerk vielleicht sogar etwas zu gut. Ihre Pointen sind so glasklar formuliert und sie haut sie so lässig raus, als hätte sie noch Hunderte davon (was sie, wie sich herausstellt, ja auch hat).
„Mein Jahr der Ruhe und Entspannung“ wirkt mitunter so, als würde jemand eine schwierige Bachsonate wie eine Fingerübung spielen. Dieser irritierende Perfektionseffekt hat durchaus eine Funktion. Man könnte sagen, dass Ottessa Moshfegh hier stilistisch genau den Eindruck hervorruft, den die Ich-Erzählerin bei ihrer Umwelt provoziert. „Deine Schönheit ist im Grunde dein größter Schwachpunkt“, sagt ihr gehässiger Ex-Freund Trevor einmal zu ihr, „An dir ist zu viel Oberfläche. Man kommt kaum an das, was hinter deinem Aussehen steckt“.
LUISE CHECCIN
Das Buch liest sich
so unangestrengt und virtuos,
als würde jemand
eine schwierige Bachsonate
als Fingerübung spielen
Ottessa Moshfegh:
Mein Jahr der Ruhe und Entspannung. Roman. Aus dem Englischen von Anke Caroline Burger. Liebeskind Verlag, München 2018.
320 Seiten, 22 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur FAS-Rezension

Rezensent Florentin Schumacher findet Ottessa Moshfegh schlicht genial. Sätze wie Brenneisen, zwischendrin mal nervende Überidentifikation mit der somnambulen extra runtergekühlten Heldin, aber vor allem Dialoge und Beschimpfungen vor New Yorker Kulturschickeria-Kulisse, die Schumacher nicht mehr vergisst. Für Schumacher besser als jeder Weltschmerz a la Easton Ellis, zumal für ihn immer spürbar ist, dass die Autorin genau weiß, worüber sie schreibt: missbrauchte Frauen, die zu missbrauchen wissen.

© Perlentaucher Medien GmbH