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Was passiert, wenn die digitale Welt über den Tod triumphiert?
Als Richard Forthrast, genannt Dodge, überraschend früh verstirbt, erfüllen seine Angehörigen seinen letzten Willen: Er hatte verfügt, dass sein Gehirn konserviert werden soll, bis die Technologie es eines Tages ermöglicht, die Daten seines Bewusstseins zu erfassen und hochzuladen. Viele Jahre später gelingt es dank eines komplexen Verfahrens tatsächlich, Dodge digitales Leben einzuhauchen. Er hat den Tod überwunden und erschafft nun eine neue Welt, die »Bitworld«, die bevölkert ist von digitalen Seelen wie seiner eigenen. Doch…mehr

Produktbeschreibung
Was passiert, wenn die digitale Welt über den Tod triumphiert?

Als Richard Forthrast, genannt Dodge, überraschend früh verstirbt, erfüllen seine Angehörigen seinen letzten Willen: Er hatte verfügt, dass sein Gehirn konserviert werden soll, bis die Technologie es eines Tages ermöglicht, die Daten seines Bewusstseins zu erfassen und hochzuladen. Viele Jahre später gelingt es dank eines komplexen Verfahrens tatsächlich, Dodge digitales Leben einzuhauchen. Er hat den Tod überwunden und erschafft nun eine neue Welt, die »Bitworld«, die bevölkert ist von digitalen Seelen wie seiner eigenen. Doch das schöne neue Jenseits ist nicht das erträumte Paradies - und schon bald entflammt dort ein erbitterter Kampf ...
Autorenporträt
Neal Stephenson gilt als eines der größten Genies der amerikanischen Gegenwartsliteratur. »Cryptonomicon«, seine Barock-Trilogie sowie »Anathem«, »Error«, »Amalthea« und das mit Nicole Galland verfasste Werk »Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O.« sind ebenso wie sein letzter Roman »Corvus« internationale Bestseller. Er lebt in Seattle, Washington.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Dietmar Dath hält für klug und politisch, was Neal Stephenson in seinem Werk anstellt. Stephensons neuer Wurf auf Deutsch führt den Rezensenten ins digitale Netz, wo es allerhand Lügen aufzudecken gilt. Die zentrale Figur im Text muss Dath uns erklären. Es handelt sich um ein "Konnektom" eines Menschen, also die Menge aller "Verbindungen von Knotenpunkten eines Nervensystems" bzw. deren Verzeichnis. Wie dieses Konnektom im Netz sein Dasein verteidigt, beschreibt der Autor laut Dath in einem gekonnten Mix aus Recherchiertem und Ausgedachtem. Die Moral von der Geschicht' gefällt Dath. Sie zielt auf die "Unfertigkeit" unseres Seins.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.10.2021

Seelen suchen sich Sinne

Neal Stephenson entdeckt im Roman "Corvus" mehr Wirklichkeit in digitalen Netzen, als man dort bislang vermutet hat.

Von Dietmar Dath

Das wahrscheinlich Beste, was Neal Stephenson, Vater vieler Schwarten, je veröffentlicht hat, ist die mit vierzig Seiten recht schmale Erzählung "Atmosphaera Incognita" (2014). An deren Ende weitet sich der Blick, um den "unentdeckten Teil der oberen Erdatmosphäre" zu erfassen, "von Gewitterwolkenballungen vor dem Blick der Erdlinge verborgen", "eine elektrisierte Küste zwischen uns und der kosmischen Tiefsee".

Hier lässt Stephenson sich endlich in die Karten blicken, nachdem er aus deren Bildvorrat so viele Welten gebaut hat, die zeitlich "nach" unserer wirklichen gefunden werden wollen ("The Diamond Age", 1995, "Seveneves", 2015) oder in einer geheimen Vergangenheit (wie im "Barockzyklus", 2003/04), aber auch in paralleler Historiographie ("Anathem", 2008): Es geht ihm, enthüllt die Atmosphärenvision, in Wahrheit gar nicht darum, der Erfahrungswirklichkeit eine ausgedachte zweite Realität aufzupfropfen, sondern darum, eine tiefere freizulegen, die im Vorhandenen gleichsam eingefaltet ist und aus ihr herausgehoben werden kann, damit sie uns heimleuchtet.

Das neueste auf Deutsch erschienene Werk des Verfassers dieser Parabel heißt "Corvus"; benannt ist damit eine Schlüsselfigur dieses Romans, die aber nicht unbedingt die Hauptfigur (der "Protagonist") genannt werden kann. Letztere findet sich vielmehr im Originaltitel angesprochen, im dritten Wort: "Fall; or Dodge in Hell". "Dodge", also "Ausweichen", ist der Spitzname des Milliardärs Richard Forthrast, den Stephensons Publikum schon aus "Reamde" (2011, deutsch "Error", 2012) kennt, während "Corvus" ein Spieler-Alias seines Freundes Corvallis Kawasaki ist, der in "Corvus" einen riesigen Betrug aus Netzlügen aufdröselt, was zum Mitvollzug einlädt und kein schlechter Zugang zum Buch sein dürfte, weshalb der deutsche Titel sich daran hält statt an den, nun ja, Helden, wie man das bei Büchern tut, die eher überwältigen oder mitreißen wollen, statt erarbeitet werden.

Ganz genau genommen ist die Gestalt im Mittelpunkt des Textes auch nicht Richard "Dodge" Forthrast, sondern vielmehr sein Konnektom. Diesen Begriff aus der Neuroforschung versteht man am besten, wenn man ihn in Analogie zum "Genom" liest. Beide Wörter sind zweideutig: Unter "Genom" versteht man einerseits die komplette Erbinformation eines Lebewesens, andererseits aber auch den (meist vom Computer erstellten) Katalog dieser Information. Das "Konnektom" (nach dem Lateinischen "connectere", also "verbinden") wiederum ist einerseits die Gesamtheit aller Verbindungen von Knotenpunkten eines Nervensystems einschließlich derjenigen, welche die höheren Hirnfunktionen tragen ("bewusstes Denken"), andererseits aber auch ihr digitales Verzeichnis. Was im Konnektom passiert, verändert sich buchstäblich blitzschnell (es geht ja um Elektrochemie) und muss also, um es wirklich aufzuzeichnen, eher gefilmt als fotografiert werden. Manche meinen, so ein Film sei, wenn ein Rechner aus ihm dann weitere Ereignisse extrapoliert, so etwas wie eine von der Maschine eingefangene Seele, andere bezweifeln das, weil eine Simulation nicht dasselbe sei wie das Simulierte (eine glitschige Unterscheidung: Wenn ich in einen Taschenrechner "2+" eingebe und es kommt "4" raus, hat der Apparat das dann "wirklich" gerechnet oder die Rechnung "nur simuliert", und worin bestünde gegebenenfalls der Unterschied?).

Stephensons Milliardär Dodge also lässt sein Konnektom digitalisieren; nach mancherlei Wechselfällen "draußen" erwacht es im Netz und richtet sich dort seine "Bitworld" ein, um die es bald kämpfen muss. Fiktives in Recherchiertes einbetten kann Stephenson immer noch wie wenige andere, aber interessanter ist auch hier, wie bei "Atmosphaera Incognita", was er aus dem Wechselspiel der Fiktion mit den Wirklichkeitsdaten herausholt: ein Bekenntnis zur Unfertigkeit von Menschen- und Weltbeziehungen überhaupt, die sich ihre Sinne und ihren Sinn suchen müssen - sehr klug, sehr wahr und überaus politisch.

Neal Stephenson: "Corvus". Roman.

Aus dem Englischen von Juliane Gräbener-Müller. Goldmann Verlag, München 2021. 1152 S., geb., 30,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Neal Stephensons bisher spektakulärstes Buch« Kurier über "Corvus"