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Etwas Schlimmes ist geschehen ...
Eine Feier in der Nacht auf den 1. Mai, ein Toter und vier junge Menschen, für die nichts mehr so ist, wie es vorher war. Aus einer wahren Hintergrundgeschichte entwickelt Thomas Lang einen hellsichtigen Gesellschaftsroman über Ziellosigkeit und Verantwortung, Schuld und Sühne.
»Statt auf Grusel zu schielen, entfacht Freinacht mit feinsinniger Erkundungslust einen tragischen Taumel zwischen Freiheit und freiem Fall. Im Sturz seiner Figuren blickt uns die Gesellschaft selbst aus der Untiefe entgegen. Ein bewegendes Buch über den schmalen Grat unserer
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Produktbeschreibung
Etwas Schlimmes ist geschehen ...

Eine Feier in der Nacht auf den 1. Mai, ein Toter und vier junge Menschen, für die nichts mehr so ist, wie es vorher war. Aus einer wahren Hintergrundgeschichte entwickelt Thomas Lang einen hellsichtigen Gesellschaftsroman über Ziellosigkeit und Verantwortung, Schuld und Sühne.

»Statt auf Grusel zu schielen, entfacht Freinacht mit feinsinniger Erkundungslust einen tragischen Taumel zwischen Freiheit und freiem Fall. Im Sturz seiner Figuren blickt uns die Gesellschaft selbst aus der Untiefe entgegen. Ein bewegendes Buch über den schmalen Grat unserer Conditio Humana.« Fridolin Schley

»Freinacht singt keine sympathy for the devil, sondern bezeugt das tiefe Verständnis des Autors von Möglichkeiten, Lebenswegen, Katastrophen, Wandlungen. Nichts in diesem Buch ist abwegig.« Heike Geißler

Autorenporträt
Lang, ThomasThomas Lang, geboren 1967 in Nümbrecht (NRW), lebt in München. 2002 erschien der Roman Than, ausgezeichnet mit dem Bayerischen Staatsförderungspreis und dem Marburger Literaturpreis. 2005 erhielt Lang den Ingeborg-Bachmann-Preis für einen Auszug aus dem Roman Am Seil, der außerdem für den Preis der Leipziger Buchmesse 2006 nominiert wurde. Als Stipendiat hielt er sich unter anderem in Kanada, Italien (Casa Baldi), den USA (Villa Aurora) und der Schweiz auf. Neben dem fiktionalen Schreiben arbeitet Lang als freier Journalist, verfasst Essays und lehrt kreatives Schreiben. Zuletzt erschien sein Künstlerroman Immer nach Hause über den jungen Hermann Hesse (2016). Und im Sommer 2019 erscheint sein neuer Roman Freinacht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.10.2019

Weil es nichts zu erklären gibt
Jugendgewalt: In Thomas Langs Roman "Freinacht" brechen alle Dämme.

An Romanen, die vom Aufwachsen in der Provinz erzählen, herrscht wahrlich kein Mangel. Sei es, dass in sentimentaler oder humorvoller Weise nicht nur die Tücken der Adoleszenz erinnert werden, sondern ein Stück bundesrepublikanischer Alltagskulturgeschichte geschrieben wird, sei es, dass das Ressentiment beschrieben wird, das oftmals in Gegenden, in denen Menschen sich als abgehängt empfinden, in die Gedankenwelt einsickert und wie ein zäher Leim auch an jenen hängt, die diese Provinz verlassen. Auch Thomas Lang erzählt in "Freinacht" über Jugendliche aus einer gesichtslosen Kleinstadt, schert aber aus den bekannten Mustern aus. Für Nostalgie ist der zeitliche Abstand zu gering - der Roman beruht auf einem wahren Fall aus dem Jahr 2006. Und Ambition zu gesellschaftspolitischer Symptomatisierung hegt Lang kaum.

Elle heißt die Protagonistin von "Freinacht", eigentlich Ellen. In finanziell angespannter Lage lebt sie allein mit ihrer Mutter, die hektisch darum bemüht ist, einen Mann an Land zu ziehen, ein Unternehmen, das regelmäßige Enttäuschungen nach sich zieht. Ihre Tochter hat sie dabei naturgemäß weniger im Blick. Der Vater, der mittlerweile eine neue Familie gegründet hat, zeichnet sich derweil durch sporadisch von hohlen Versprechungen unterbrochene Abwesenheit aus. Wirkliche Verwahrlosung mag anders aussehen, Geborgenheit allerdings ebenso. In der Schule steht es ähnlich: Mobbing mag härter sein, die Ablehnung der aufgehübschten Mädchen aus wohlhabenderen Elternhäusern schlägt Elle dennoch entgegen. Mit welcher Willenskraft sie dies zu ignorieren versucht, berührt schmerzlich.

An Elles sechzehntem Geburtstag werden die Verletzungen und kleinen Demütigungen kulminieren und zu einem fatalen Gewaltausbruch führen. Oder aber, auch so könnte man Langs Roman lesen, hängt das eine womöglich gar nicht mit dem anderen zusammen?

Außer ihrem besten und einzigen Freund und zwei Zweckbekanntschaften - einer davon ein latent aggressiver Junge, der Elle stets ein wenig unangenehm ist - erscheint niemand zu ihrer lang herbeigesehnten Party, die sie heimlich auf einem stillgelegten Bahngelände feiern will. Perfiderweise hat eine Mitschülerin eine Parallelparty organisiert und ihr sämtliche Gäste ausgespannt - falls sie denn überhaupt gekommen wären. Nicht nur ist es unwirtlich dort draußen, wenngleich es sich um die Nacht zum ersten Mai handelt, das Betreten des Geländes ist auch illegal. Irgendwann, der Alkoholpegel ist beträchtlich, entdeckt einer der Jungen eine Leiche in Dickicht: Vor Monaten hat ein arbeitsloser, depressiver Mann hier Selbstmord begangen, er hat sich in die Kälte gelegt und ist nicht mehr aufgestanden.

Zunächst möchte man noch denken, die Jugendlichen wollten nur den Schreck über die Begegnung mit einem Toten überspielen, indem sie sich möglichst ungebührlich verhalten, aber die Brutalität, mit der sie den Toten schänden, gerät vollends außer Kontrolle. Jeder schlägt zu, auch Elle. Aus Frust? Ist das, was auf dem stillgelegten Bahngelände geschieht, ein tragischer Zufall, ein Alkohol und Gruppendynamik geschuldeter Akt, in den - und das ist das Erschreckende - womöglich jeder hineingeraten könnte, wenn er oder sie für einen Moment nicht aufpasst?

Thomas Lang gibt darauf keine Antwort, beschreibt stattdessen eindringlich, wie Elle von der Schuld gepeinigt wird, bis sie sich schließlich einem Lehrer offenbart; wie sie in der Kleinstadt, obgleich ihr Name in der Öffentlichkeit nicht genannt wird, stigmatisiert ist; wie sie von ihren gleichaltrigen Mittätern attackiert wird, als nach ihrem Geständnis ein Gerichtsverfahren in Gang kommt.

Gerade das Ausbleiben von letzten Erklärungen ebenso wie von moralischen Schlüssen verleiht diesem sprachlich leider wenig aufregenden Roman seine Stärke. Er hinterlässt ein diffuses Unbehagen, ein literarisches Glanzlicht stellt er gewiss nicht dar. Bemerkenswert an "Freinacht" ist aber der Entstehungskontext, auf den Lang in der Nachbemerkung und Danksagung verweist und dem womöglich die Erzählweise des Romans in Rechnung zu stellen ist. Lang hat den Roman zunächst als digitales Projekt angelegt und im Zuge dessen im Austausch mit Usern und Userinnen, offenbar vor allem Schülern und Schülerinnen, an Dramaturgie und Figuren gearbeitet.

Online sind nur noch Rudimente dieses Unternehmens, so dass sich nicht sagen lässt, wie viel von dem gemeinschaftlichen Prozess schlussendlich in den Roman eingeflossen ist. Dennoch bleibt "Freinacht" ein mehr als sympathisches Beispiel dafür, wie Literatur jenseits des ja ohnehin allenfalls mythischen Elfenbeinturms gelingen kann.

WIEBKE POROMBKA

Thomas Lang: "Freinacht". Roman.

Berlin Verlag, Berlin 2019. 336 S., geb., 22,- [Euro].

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"ungemein spannend und eindringlich" Oliver Pfohlmann WDR 3 20191114