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Ein rauschendes Fest im Hollywood der vierziger Jahre: Inmitten von Glanz und Glamour bestätigt sich Stephen Monks Verdacht, dass seine Frau Jane ihn betrügt - er erwischt sie in flagranti. Kurzerhand verlässt er Jane und sein altes Leben und zieht zu seiner Tante nach Pennsylvania. Hier auf dem Land kommt er zur Ruhe und kann seinen Gedanken nachhängen, vor allem an seine Ehe mit Elizabeth, seiner großen Liebe. Zusammen reisten sie quer durch die Welt, bis Elizabeth unerwartet starb. Stephen fasst den Plan, ihre Briefe als ihr Vermächtnis herauszugeben. Doch die Briefe enthüllen unliebsame…mehr

Produktbeschreibung
Ein rauschendes Fest im Hollywood der vierziger Jahre: Inmitten von Glanz und Glamour bestätigt sich Stephen Monks Verdacht, dass seine Frau Jane ihn betrügt - er erwischt sie in flagranti. Kurzerhand verlässt er Jane und sein altes Leben und zieht zu seiner Tante nach Pennsylvania. Hier auf dem Land kommt er zur Ruhe und kann seinen Gedanken nachhängen, vor allem an seine Ehe mit Elizabeth, seiner großen Liebe. Zusammen reisten sie quer durch die Welt, bis Elizabeth unerwartet starb. Stephen fasst den Plan, ihre Briefe als ihr Vermächtnis herauszugeben. Doch die Briefe enthüllen unliebsame Wahrheiten über ihre Beziehung und über ihn selbst, den Getriebenen. Erstmals liegt Christopher Isherwoods Werk von 1954, das auch heute noch durch sein offenes Bekenntnis zur Homo- und Bisexualität viel Beachtung findet, in deutscher Übersetzung vor: ein eleganter, schillernder Roman über den Einzelnen in einer Welt mit sich wandelndem Wertekompass, über Schein und Sein, Rausch und Lust, Liebe und Freiheit und nebenbei ein atmosphärisches Panorama Europas und der USA von den Wilden Zwanzigern bis zum Zweiten Weltkrieg.
Autorenporträt
Christopher Isherwood wurde 1904 in der Grafschaft Cheshire als Sohn eines englischen Offiziers geboren. Nach erfolglosen Studien der Geschichte und der Medizin in Cambridge und London ging er 1929 nach Berlin. Von 1942 bis zu seinem Tod im Jahr 1986 lebte er im kalifornischen Santa Monica. Mit Werken wie Leb wohl, Berlin, A Single Man, Mr Norris steigt um und Praterveilchen zählt Christopher Isherwood zu den berühmtesten Schriftstellern seiner Generation.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.09.2019

Hoher Camp,
niederer Camp
Christopher Isherwoods Roman „Die Welt am Abend“
gibt es endlich auch auf Deutsch
VON JAN KEDVES
Würde man dem Autor selbst Glauben schenken, hätte dieses Buch gar nicht übersetzt werden müssen. Christopher Isherwood nannte „Die Welt am Abend“, 1954 im Original als „The World in the Evening“ erschienen, „meinen schlechtesten Roman“ – so steht es in seinem letzten großen Lebensrückblick, der spirituellen Autobiografie „My Guru And His Disciple“, erschienen 1980, sechs Jahre vor Isherwoods Tod. Aber, nun ja, kann nicht ein „schlechter“ Isherwood-Roman immer noch viel unterhaltsamer, gewitzter und lebensschlauer sein als vergleichbare Bücher? Sicher kann er das – wie die Erstübersetzung ins Deutsche von Hans-Christian Oeser zeigt.
Da ist Stephen, ein „großer, blonder, ziemlich junger, ziemlich alter Mann mit einem mäßig gut aussehenden, ängstlichen Gesicht“. Stephen ist in England geboren, aber eigentlich Amerikaner, er ist offen für Homoerotik, aber eigentlich heterosexuell, er lebt in Hollywood, findet das Getue dort aber eigentlich lästig. Er ist 32 und „zufällig stinkreich“ (Familienerbe, danke). Seine verstorbene erste Ehefrau, die berühmte Schriftstellerin Elizabeth Rydal fand ihn „melodramatisch“.
Melodramatisch verhält sich Stephen denn auch gleich zu Beginn, im April 1941, als er seine zweite Frau, die im Gegensatz zu Elizabeth aufgedrehte und hedonistische Jane, auf einer Party in flagranti mit einem anderen erwischt. Stephen schmollt und heult wie ein eifersüchtiger Teenager und zieht überstürzt aus der gemeinsamen Villa aus. Zuflucht findet er an der Ostküste bei einer alten Freundin der Familie, Sarah. Die ist Quäkerin und hat, weil in Europa gerade die Nazis wüten, eine junge deutsche Geflüchtete aufgenommen: Gerda. Deren Mann war im Widerstand, ob er noch lebt, ist unklar. Stephen und Gerda verstehen sich gut, aber nicht so gut, wie man jetzt denken könnte.
Als Stephen Gerda erzählt, dass der erfolgreichste Roman seiner toten Frau Elizabeth „Die Welt am Abend“ heißt, staunt die: „Das war auch der Name einer kommunistischen Zeitung in Berlin. Bevor Hitler an die Macht kam“, sagt Gerda. Die Zeitung gab es tatsächlich, die Welt am Abend war gerade von der Gestapo verboten worden, als Christopher Isherwood Berlin im Mai 1933 wieder verließ. Thomas Mann, Lion Feuchtwanger, Kurt Tucholsky, Erich Mühsam hatten für das Blatt geschrieben. Isherwood hatte zwischen 1929 und 1933 in Berlin Zuflucht vor der englischen Prüderie und dem Klassensystem gesucht, sich mit Schöneberger Puppenjungen – der damalige Begriff für Stricher – vergnügt und Material für seine „Berlin Stories“ gesammelt, zu denen der Bestseller „Goodbye to Berlin“ von 1939 gehört. Er wurde zur Grundlage des „Cabaret“-Musicals und hat in der englischsprachigen Welt das Bild von der spätweimarischen Hauptstadt so geprägt wie F. Scott Fitzgeralds „The Great Gatsby“ jenes der Roaring Twenties in den USA.
In der Hauptfigur Stephen steckt so gesehen, ähnlich wie in den Ich-Erzählern der Berlin-Geschichten, sehr viel Isherwood. Zum Beispiel beschreibt Stephen in einer stolz-derben Junggesellen-Erinnerung Berlin als Stadt, die „für einen entlaufenen Puritaner ein passenderer Zufluchtsort war als Paris, weil sie das Laster anerkannte und mit humorloser preußischer Gründlichkeit in all seinen Formen kultivierte“. Wir sind hier schon mittendrin im Mittelteil des Romans, dessen Handlung nicht so interessant ist, weil Stephen eigentlich nur im Bett liegt. Er ist im Trancezustand seiner Post-Trennungs-Depression vor einen Lkw gelaufen und nun voll eingegipst. Zu Literatur wird das, weil Stephen im Krankenbett sein Leben Revue passieren lässt. Er liest sehr viel und führt ausgiebige Gespräche mit Besuchern. Im Grunde ist der Roman hier nur eine lose Folge von Vignetten, die aber, jede für sich, mehr Wahrheit über die Menschen, das Schreiben, Sex, Beziehungen und das Sterben enthalten als so manches Gesamtwerk.
Zum Beispiel geht es um die Panik des Schriftstellers davor, zu früh mit anderen über einen in Arbeit befindlichen Roman zu sprechen und das Buch so, bevor es überhaupt auf dem Papier steht, schon aus sich „herauszureden“: „Irgendwo, tief im Inneren, gibt es die Knospe des Interesses selbst. Wenn man die abpflückt und anderen Leuten zeigt, wird sie sich nie entfalten. Sie stirbt, und man hat keine Lust weiterzumachen“, heißt es in einem Brief Elizabeths, den Stephen nun liest – was sollte der Witwer einer berühmten Schriftstellerin im Krankenbett denn anderes machen als die Korrespondenz seiner Frau edieren und als Buch herausgeben?
Auch wird Stephen im Bett klar, dass alle wichtigen Beziehungen in seinem Leben eigentlich Dreiecksbeziehungen waren, und sind. In seinen Ehen gab es immer noch etwas Drittes – ein Manuskript, eine gemeinsame Liebe fürs Reisen, eine gar nicht mal heimliche Schwärmerei für einen anderen oder eine andere. Auch die Beziehung zu Sarah und Gerda ist im Grunde so eine Ménage-à-trois. Kann das überhaupt sein, dass zwei Menschen nur für einander gemacht sind, für immer? Hier lässt sich wieder viel Autobiografisches herauslesen. Isherwood war in den sieben langen Jahren, die er für „Die Welt am Abend“ brauchte, auf der Suche nach einem für ihn passenden Verhältnis zwischen Promiskuität und der Sehnsucht nach einer stabilen Beziehung. Er nannte diese Jahre seine lost years, wandte sich vedantischer Philosophie zu, wodurch sich wohl auch der meditative Grundton des Mittelteils erklärt. Eine hübsche Anekdote besagt, dass Isherwood damals seinem Guru, dem Ramakrishna-Mönch Swami Prabhavananda, offenbarte, dass er homosexuell sei, und dieser antwortete, dass jede Form der Beziehung, ob hetero, schwul oder bisexuell, „eine Form von Bindung darstellt, die letztlich überwunden werden muss“. Vulgo: Alle Formen der Liebe sind gleich, aber lieben heißt eben vor allem: loslassen.
Wem das nun zu esoterisch ist, der wird sich vielleicht daran erfreuen, dass „Die Welt am Abend“ in einer anderen Vignette eine der ersten Erörterungen des Begriffs „Camp“ enthält. Susan Sontag gilt als diejenige, die in ihrem Essay „Notes on Camp“ 1964 die Theorie zu dieser angeblich speziell schwulen Sensibilität und Umdeutungsgabe entwickelte. Camp wertet Tiffany-Kitsch zu Kunst auf und zelebriert die Überkandideltheit des „Schwanensee“ – so das Klischee. 1964, also zehn Jahre nach Isherwood, schrieb Sontag mit dem Stolz der Entdeckerin. Camp habe es bislang kaum ins Gedruckte geschafft, so Sontag in ihrem Essay, „mit Ausnahme einer faulen Zwei-Seiten-Skizze in Christopher Isherwoods Roman ‚Die Welt am Abend‘“.
Entschuldigung, Susan Sontag, aber faul ist bei Isherwood gar nichts. Die zweiseitige „Skizze“ gehört zum lustigsten, was man lesen kann. Der bettlägerige Stephen beginnt da nämlich mit seinem Arzt, dem schwulen Charles, zu fachsimpeln: Ist Camp ein effeminierter kleiner Junge „mit wasserstoffblondem Haar, Florentinerhut und Federboa, der vorgibt, Marlene Dietrich zu sein?“ Irgendwie schon, aber eigentlich, so erklärt dann Charles, sei das low camp, also niederer Camp. Demgegenüber stehe high camp, der hohe Camp. Ihm liege „immer ein gewisser Ernst zugrunde“: „Bei einer Sache, die man nicht ernst nimmt, kann man nicht camp sein. Man macht sich nicht lustig über sie; man macht etwas Lustiges aus ihr.“
Beide Männer sind sich einig darüber, dass es den Quäkern definitiv an Humor und Eleganz fehle, deswegen würde denen ein bisschen „Quäker-camp“ guttun, jemand müsse das dringend mal erfinden. (Isherwood verarbeitet hier sicher die Monate, die er während des Zweiten Weltkriegs an der Ostküste in Pennsylvania verbrachte, um mit einer Quäker-Organisation deutschsprachigen Kriegsflüchtlingen zu helfen.) Danach gehen Patient und Arzt noch eine Namensliste durch: „Was ist mit Mozart?“ – „Mozart ist eindeutig camp. Beethoven dagegen nicht.“ Flaubert und Rembrandt? Auch nicht. „Aber El Greco?“ – „Zweifellos.“ – „Und Dostojewski?“ – „Natürlich! Er ist sogar der Begründer der gesamten Schule des modernen Psycho-Camp, wie sie später von Freud entwickelt wurde. Plötzlich hatte Charles einen regelrechten Lachkrampf.“ Der Leser vielleicht auch.
Christopher Isherwood: Die Welt am Abend. Roman. Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2019. 384 Seiten, 24 Euro.
Im ausgedehnten Mittelteil
des Romans liegt
der Erzähler im Bett und liest
Lieben heißt Loslassen: Christopher Isherwood (links) und W. H. Auden am Bahnhof Victoria Station.
Foto: Getty Images 
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»Endlich auch auf Deutsch.« Jan Kedves Süddeutsche Zeitung, 25.09.2019