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Marius Brandt versucht im Musikbetrieb Fuß zu fassen, doch kein Intendant eines Opernhauses zeigt Interesse an seinen neotonalen Werken, die der Gattung neue gesellschaftliche Relevanz verleihen sollen. Zunehmend frustriert, von Mordphantasien geplagt, gerät Brandt an jahrhundertealte, verschlüsselte Musikaufzeichnungen, die er nach und nach enträtselt. Teile davon baut er in eine Auftragskomposition ein, die er »Alles ist gut« nennt. Bei der Uraufführung kommt es zu rätselhaften Schwächeanfällen im Publikum. Einer der Zuhörer stirbt sogar. Er bleibt nicht der einzige Tote. Doch niemand kommt…mehr

Produktbeschreibung
Marius Brandt versucht im Musikbetrieb Fuß zu fassen, doch kein Intendant eines Opernhauses zeigt Interesse an seinen neotonalen Werken, die der Gattung neue gesellschaftliche Relevanz verleihen sollen. Zunehmend frustriert, von Mordphantasien geplagt, gerät Brandt an jahrhundertealte, verschlüsselte Musikaufzeichnungen, die er nach und nach enträtselt. Teile davon baut er in eine Auftragskomposition ein, die er »Alles ist gut« nennt. Bei der Uraufführung kommt es zu rätselhaften Schwächeanfällen im Publikum. Einer der Zuhörer stirbt sogar. Er bleibt nicht der einzige Tote. Doch niemand kommt auf den Gedanken, Brandts Musik könnte dafür verantwortlich sein. Der Komponist selbst begreift zwar, dass etwas Absonderliches in seine Welt gefunden hat, das er für seine Zwecke nutzen möchte, die Konsequenzen aber überblickt er nicht. Er wird zum Spielball dubioser Figuren, deren Absichten im Dunkel liegen. Mit »Alles ist gut« spinnt Helmut Krausser ein Grundmotiv seines Erfolgsromans»Melodien« weiter - zu einem ebenso faszinierenden wie überraschenden Ende.
Autorenporträt
Helmut Krausser, geboren 1964 in Esslingen, schreibt Romane, Erzählungen, Lyrik, Tagebücher, Hörspiele, Theaterstücke, Drehbücher und komponiert Musik. Von ihm erschienen u.a. 'Fette Welt' (1992), 'Melodien oder Nachträge zum quecksilbernen Zeitalter' (1993), 'Thanatos' (1996), 'Der große Bagarozy' (1997), 'UC (Ultrachronos' (2003), 'Eros' (2006), 'Die kleinen Gärten des Maestro Puccini' (2008), 'Einsamkeit und Sex und Mitleid' (2009), 'Die letzten schönen Tage' (2011), 'Nicht ganz schlechte Menschen' (2012), 'Gebrauchsanweisung für den FC Bayern München' (2015), 'Alles ist gut' (2015), 'Geschehnisse während der Weltmeisterschaft' (2018) und zuletzt der Lyrikband 'Glutnester' (2021) sowie die Romane 'Trennungen. Verbrennungen' (2019), 'Für die Ewigkeit. Die Flucht von Cis und Jorge Jega' (2020) und 'Wann das mit Jeanne begann' (2022). Mehrere seiner Bücher wurden verfilmt und seine Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Er lebt in Berlin.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Natürlich ist gar nichts gut in diesem Roman, in dem Menschen sterben, weil sie Musik gehört haben, und in dem ein melancholischer Komponist mit zweifelhaften Mitteln an seiner Unsterblichkeit arbeitet. Helmut Krausser, der vor über 20 Jahren mit seinem historischen Monumentalroman "Melodien" den Versuch unternahm, der Magie der Musik auf die Schliche zu kommen, kann von diesem Thema nicht lassen. "Alles ist gut" ist eine Art spätes Sequel zu "Melodien" und fügt dem mittelalterlichen bzw. Renaissance-Setting eine neuzeitliche Episode hinzu. Der mäßig erfolgreiche Komponist Marius Brandt kommt durch Zufall in den Besitz einiger alter Notenblätter, auf denen nichtssagende Melodien stehen. Mithilfe einer ausgeklügelten Formel erkennt Brandt, dass die Noten in Wahrheit ein Code sind und andere, weitaus mächtigere Melodien bergen, von denen gleich die erste ihn physisch so angreift, dass seine Freundin beinahe den Notarzt ruft. In diese Rahmenhandlung eingehängt sind zahlreiche Nebenschauplätze in Gegenwart und Vergangenheit, mit denen der Weg der Melodien durch die Jahrhunderte nachgezeichnet wird. Das ist oft radikal selbstbezüglich, meist vergnüglich, natürlich sehr intelligent gemacht und, wie oft bei Krausser, in so mancher Hinsicht offensiv unfertig.

© BÜCHERmagazin, Katharina Granzin (kgr)

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Ulrich Baron lässt sich gern belehren, was das Verhältnis von Autor und Erzähler betrifft. Von einem wie Helmut Krausser jedenfalls, der Baron mit diesem Roman wieder ganz von vorn fragen lässt: Ist es Kunst oder echt? Dass Krausser als Autor im Text vorkommt, ist dabei nur eines von vielen Schmankerln, die Baron genießen darf. Polemische Maximen zum Kulturbetrieb, Satirisches zur musikalischen Avantgarde und allerhand Überraschungen hält der "Musikerroman" laut Rezensent bereit. Für Baron ein grandioser Zerrspiegel der Kunst, karnevalesk, mitreißend, anmaßend, selbstironisch und traditionsfest.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.03.2016

Dämonen der Avantgarde
Helmut Kraussers Musik-Roman „Alles ist gut“
Der Titel dieses Romans – und nicht nur der – ist irreführend. Kaum hat die Stadt Bottrop hier ein altehrwürdiges Opernhaus zugeschrieben bekommen, da brennt es schon wieder ab. Kurz zuvor ist dort die eine „Fidelio“-Inszenierung auf so kakofone und obszöne Weise entgleist, dass man es für den jüngsten Geniestreich musikalischen Regietheaters gehalten hatte. Kann man das gut heißen? Eben nicht. Es scheint sich um eine Art Rachefantasie eines missachteten Künstlers zu handeln, die von einem übereifrigen Dämonenpärchen realisiert worden ist: „1. Betrieb durcheinanderwirbeln. 2. Intendanten erschrecken. 3. Dramaturgen in Ruhe lassen (auf alle Fälle)“, hatte deren Auftrag gelautet. Dass sie übers Ziel hinausgeschossen sind, muss man Dämonen nachsehen; zumal in einem Roman, dessen Held bisweilen so betrunken ist, dass er Brueghel und Bosch nicht unterscheiden kann.
  Trotz dieses Hinweises auf die Meister der Höllenmalerei und auch mancherlei literarischer Anspielungen handelt es sich bei Helmut Kraussers „Alles ist gut“ zunächst einmal um einen Musikerroman. Was bleibt einem Tonsetzer unserer Tage schon anderes übrig, als zu trinken, wenn sich kein Intendant für seine neotonalen Werke interessiert? Kraussers Held Marius Brandt hat es nicht geschafft, sich gegen die „erzreaktionäre Avantgarde von vor fünfzig Jahren“ durchzusetzen. „In Deutschland pfeift man auf das Publikum. In Deutschland herrscht noch immer die erzreaktionäre Avantgarde von vor fünfzig Jahren“, lautet eine der kernig-polemischen Maximen des Romans. Wer es mit zwanzig nichts in „Stipendienkarussell“ geschafft habe, schaffe es mit fünfunddreißig noch viel weniger.
  „Alles ist gut“ ist eine wunderbare Satire auf den fortwährenden Selbstbetrug öffentlicher Kulturförderung, die bevorzugt das alimentiert, was sie für avantgardistisch hält. Dieser der französischen Militärsprache entlehnte Begriff aber setzt voraus, dass der Vorhut bald auch das Gros der Streitmacht, also der Mainstream folgt. Tut er das nicht, so entpuppt sich die vermeintliche Avantgarde als Häuflein Verirrter, das nur dank staatlicher Subventionen überlebt. Kraussers Polemik richtet sich gegen Künstler, Kritiker und Juroren, „die tonale Musik als Hochverrat an Adorno“ begreifen: „Für diese Menschen existiert keine Krise der Oper, sie wurschteln einfach weiter, als gäbe es kein Morgen, in dem immer neue Generationen eines möglichen Publikums wegbrechen.“
  Statt da einfach mitzuwurschteln fallen dem Helden durch Verwicklungen, die weit in die Geschichte und in Kraussers Monumentalroman „Melodien“ zurückreichen, ein paar kryptische Notenblätter in die Hände. Was er daraus macht, beschert nicht nur Marius Brandt Herzrasen, sondern auch dem Konzertpublikum, und das zieht fatale Wirkungen nach sich. Dabei hat die Polizei Brandt inzwischen ohnehin im Visier, weil der Dramaturg Bornstedter, der seit Jahren ein Opernprojekt Brandts auf seinem Schreibtisch hat vergammeln lassen, gewaltsam zu Tode gebracht worden ist: „Man hat ihm dem Brustkorb eingedrückt“, sagt ein schlechtrasierter Kommissar zu Brandt, und weil zu diesem Zeitpunkt weder die beiden noch die Leser etwas von den Dämonen und der erdrückenden Leibesfülle des einen erfahren haben, wirkt dieser Tod ziemlich mysteriös.
  Überhaupt muss man hier stets auf Überraschungen gefasst sein – als Leser wie als Protagonist. Da pflückt Kraussers Held sich den Titel einer Komposition aus der Hölderlin-Gesamtausgabe und hat damit auch den Romantitel gefunden. Auf den Satz „Alles ist gut“ aber wird er später auch beim Lesen seines Lieblings Dostojewski stoßen. Naturgemäß in den „Dämonen“, und so kommentiert er: „wenn das kein Wink von oben war, gibt es keine.“
  Wo aber ist in einem Roman oben? Trotz dämonischen Beistands kollidiert Brandt auf dem Weg dorthin mit einem Schwarzgewandeten, den er zunächst für den Leibwächter und dann für den Sekretär eines Mäzens hält, der aber behauptet, Helmut Krausser, der wahre Schöpfer der ganzen Geschichte samt Melodien, zu sein.
  Tatsächlich wird der Name Helmut Kraussers als Autor dieses Romans genannt, doch scharfsichtige Beobachter werden hier Unstimmigkeiten entdecken. Der Roman-Krausser ist ein „sehr korpulenter Mann“ von hemmungsloser Arroganz, während man Helmut Krausser doch als ranken Romancier von veilchenhafter Dezenz kennt. Handelt es sich hier also um dreisten Betrug, Hochstapelei, derben Scherz, Satire, gar Kunst? Um etwas von allem: „Alles ist gut“ ist ein grandioser literarischer Zerrspiegel, der das Groteske, Karnevelaske, Dämonische, Geniale, Mitreißende und Anmaßende von Kunst und Kunstbetrieb reflektiert.
  Souverän spielt Helmut Krausser mit der Tradition, souverän selbstironisch auch mit seinem eigenen Werk. Wer meint, zum Verhältnis von Autor und Erzähler sei schon alles gesagt, wird hier eines besseren belehrt. Und wer im Musikbetrieb eine oder mehrere jener drei abendfüllenden, doch noch uninszenierten Opern, auf die Helmut Krausser im Nachsatz mit gewohnter Bescheidenheit hinweist, auf dem Schreibtisch liegen hat, sollte diesen „Wink von oben“ nicht ausschlagen.
ULRICH BARON
Helmut Krausser: Alles ist gut. Roman. Berlin Verlag, Berlin 2015. 240 S., 20 Euro. E-Book 15,99 Euro.
Selbstironisch spielt hier der
Autor mit seinem eigenen Werk
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»'Alles ist gut' ist ein grandioser literarischer Zerrspiegel, der das Groteske, Karnevelaske, Dämonische, Geniale, Mitreißende und Anmaßende von Kunst und Kunstbetrieb reflektiert. Souverän spielt Helmut Krausser mit der Tradition, souverän selbstironisch auch mit seinem eigenen Werk. Wer meint, zum Verhältnis von Autor und Erzähler sei schon alles gesagt, wird hier eines besseren belehrt.« Ulrich Baron Süddeutsche Zeitung 20160303