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Delphine Horvilleur beleuchtet in ihrem Essay den Zusammenhang von Antisemitismus, Faschismus und Misogynie und stellt sich der Frage einer jüdischen Identitätspolitik - auch außerhalb Israels.
Wo liegen die Ursprünge antisemitischen Denkens? Was heißt es, jüdisch zu sein, ohne den definierenden Blick des Antisemiten? Und wie hängen Antisemitismus und Frauenfeindlichkeit zusammen? Delphine Horvilleur ist eine von drei Rabbinerinnen Frankreichs und eine der einflussreichsten Stimmen des liberalen Judentums in Europa. In ihrem Essay beleuchtet sie die fatalen Parallelen von Antisemitismus,…mehr

Produktbeschreibung
Delphine Horvilleur beleuchtet in ihrem Essay den Zusammenhang von Antisemitismus, Faschismus und Misogynie und stellt sich der Frage einer jüdischen Identitätspolitik - auch außerhalb Israels.

Wo liegen die Ursprünge antisemitischen Denkens? Was heißt es, jüdisch zu sein, ohne den definierenden Blick des Antisemiten? Und wie hängen Antisemitismus und Frauenfeindlichkeit zusammen? Delphine Horvilleur ist eine von drei Rabbinerinnen Frankreichs und eine der einflussreichsten Stimmen des liberalen Judentums in Europa. In ihrem Essay beleuchtet sie die fatalen Parallelen von Antisemitismus, Faschismus und Misogynie. Dabei spannt sie den Bogen von religiösen Texten bis hin zur politischen Gegenwart. Ihr Buch eröffnet uns eine neue Perspektive auf eine alte Frage, die sich in unserer Gegenwart erneut mit großer Dringlichkeit stellt.
Autorenporträt
Delphine Horvilleur, geboren 1974 in Nancy, ist Rabbinerin, dreifache Mutter und die Leitfigur der Liberalen Jüdischen Bewegung Frankreichs (MJLF). Sie ist Herausgeberin der Zeitschrift Tenou`a - Atelier de pensée(s) juive(s) und Autorin mehrerer Bücher zum Thema Weiblichkeit und Judentum. Zuletzt erschien von ihr überlegungen zur Frage des Antisemitismus (2020).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.03.2020

Antisemitismus?
Eine Rabbinerin gibt Antworten

In Frankreich ist die Rabbinerin Delphine Horvilleur ein Star. Und das hat vor allem damit zu tun, dass sie in ihren buchlangen Essays und der von ihr mitverantworteten Zeitschrift "Tenou'a" ("Bewegung") einen klugen Eigensinn pflegt. Sie ist in dem, was sie sagt und schreibt, etwas, nach dem hierzulande zunehmend verzweifelt gefahndet wird: Sie ist nämlich liberal. Wenn sie etwa mit dem Ideenhistoriker Rachid Benzine über islamisches und jüdisches Denken diskutiert, Kindern und Erwachsenen die Welt erklärt und über die Rolle der Frau im Judentum nachdenkt, dann mischen sich Interesse und Verantwortung für das Gegenüber auf durchaus provokante Art. Horvilleur, die man noch vor knapp zehn Jahren als "Calamity Jane in der Synagoge" verspottete, gewann nach den Morden in einem Pariser jüdischen Supermarkt 2015 als eine der Ersten die Sprache wieder. Sie setzte und setzt dabei vor allem auf intellektuelle Zumutungen, ohne die es keine produktiven Auseinandersetzungen geben kann.

Nun ist ihr erstes Buch auf Deutsch erschienen: Die "Überlegungen zum Antisemitismus" haben es sogleich auf den Spitzenplatz einer Sachbuch-Bestenliste gebracht, und überall werden sie mit guten Gründen gelobt. Es scheint das Buch der Stunde zu sein, und tatsächlich ist es das. Doch warum man die "Überlegungen zur Frage des Antisemitismus" unbedingt lesen sollte, das erschließt sich erst auf den zweiten Blick. Zunächst einmal wirkt Horvilleurs Essay ein wenig exotisch: Der uralte und zugleich sich stets erneuernde Antisemitismus wird mit einer Bibel- und Talmudexegese konfrontiert. Stimmt die These von der Gleichursprünglichkeit von Judentum und Antisemitismus, dann muss man zu den Quellen zurückgehen, die diesen Moment zu erklären versuchen, so Horvilleur.

Die diskutierten Geschichten führen die verschiedenen Obsessionen von Antisemiten deutlich ans Licht: Sie wollen die unbedingte Einfachheit des Freund-Feind-Schemas, pochen auf die Universalität ihrer Ideologie, sehen sich in einem ständigen Abwehrkampf gegen eine übergroße, unsichtbare Kraft und haben vor allem das Bedürfnis, die Welt davon erlösen zu müssen. Dass sie damit trotz aller Anstrengungen scheitern werden, ist für Horvilleur keine Frage: Das Buch ist Holocaust-Überlebenden gewidmet.

Antisemiten, folgt man Horvilleur, leiden nicht zuletzt an der Ausgrenzung durch die Juden. Ein Thema, das in den rabbinischen Schriften intensiv diskutiert wurde und dabei auch vor dem eigenen Volk nicht haltmachte. Im Gegenteil: Unklare Genealogien, widersprüchliche Charakterisierungen und Fehlschreibungen fordern Klärung. Doch keine Klärung ohne neue Fragen. Der Antisemitismus hingegen will die Welt stillstellen, eine Homogenität erzeugen, die alle einschließt. Hiergegen steht der jüdische Eigensinn. Die kleine Schrift bietet folglich im ersten Teil nicht nur eine Typologie des Antisemitismus, sie liefert auch eine allererste Einführung ins jüdische Denken.

Der zweite Teil legt dann die Methode offen, die die Rabbinerin zuvor nutzte. Es ist vor allem Jacques Derridas Zweifel, dass das Wissen über sich selbst als Jude ausreichen kann, um einen festen Grund zu erreichen. Der gleich zu Beginn zitierte Satz Derridas, "Jude wäre ein anderer Name für die Unmöglichkeit, ein Selbst zu sein", wird mit dem Antisemitismus der Gegenwart konfrontiert. Horvilleur beobachtet den Eifer und die Wucht, mit der alles, was außerhalb der Konformitätsvorstellungen der Antisemiten liegt, vernichtet werden muss. Und sie analysiert eingehend, dass dieser Vernichtungswille das Weibliche einschließt. Häufig stellen sich Antisemiten Juden als - natürlich - schwache Frauen vor.

Horvilleurs "Überlegungen über den Antisemitismus" münden letztlich in eine politische Philosophie, in eine radikale Dekonstruktion des Judentums. Genau deshalb muss man den Essay zweimal lesen, um die unaufgelösten Hinweise einordnen zu können. Das klingt anstrengend, aber ohne Zumutung keine Einsicht. Hier ganz aus der Position der Stärke gedacht. Liberaler geht es nicht.

THOMAS MEYER.

Delphine Horvilleur: "Überlegungen zur Frage des Antisemitismus". Aus dem Französischen von Nicola Denis, Hanser Berlin Verlag, 141 Seiten, 18 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Rezensentin Annabelle Hirsch hat sich in Paris mit der Rabbinerin Delphine Horvilleur getroffen und mit ihr über deren neuesten Essay gesprochen. Hier sucht die Autorin Hirsch zufolge nach den Gründen für den Antisemitismus und geht dabei fast psychoanalytisch vor: Horvilleur analysiert auf ihre "kluge, fast weise" Art die rabbinischen Schriften und fragt sich, ob der Hass auf die Juden "wie verdorbenes Erbgut" weitergetragen wird, erklärt die beeindruckte Kritikerin. In jedem Fall facht die Resilienz, die die Juden an den Tag legen, ihn weiter an, hat die Rezensentin gelernt. Nach der Lektüre weiß sie: Der Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Zwischen Tanach und Psychoanalyse analysiert Horvilleur äußerst klug den Antisemitismus und lässt Identitätsfetischisten recht dämlich aussehen." Tania Martini, Die Tageszeitung, 5.12.2020

"Es scheint das Buch der Stunde zu sein, und tatsächlich ist es das." Thomas Meyer, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 08.03.2020

"Delphine Horvilleur ist eine einzigartige Stimme im Konzert der Meinungen. Man sollte ihr auch hierzulande zuhören." Claudia Kuhland, ttt - titel thesen temperamente, ARD, 08.03.2020

"Ein weitsichtiges Buch." Jury Sachbuch-Bestenliste ZEIT, ZDF und DLF Kultur, 27.02.2020

"Delphine Horvilleur ist mit diesem ebenso klar wie leicht geschriebenen Essay ein starker Einspruch gegen die verzerrenden Diskurse unserer Zeit gelungen." Hannah Bethke, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.03.2020

"Das Phänomen Antisemitismus untersucht die 45-Jährige anhand von Bibelstellen und Talmud-Texten und liefert dabei erhellende Einblicke in exegetische Diskussionen der rabbinischen Tradition. Solche Betrachtungen alter religiöser Schriften bergen erstaunlicherweise großen Erkenntnisgewinn für die Gegenwart. Zugänglich geschrieben, lässt der Essay zudem auch diejenigen Leser nicht auf halber Strecke zurück, die sich bisher mit Antisemitismus und Judentum nicht tiefergehend aus einandergesetzt haben." Lea de Gregorio, ZEIT, 27.02.2020

"Horvilleurs elegant und ironisch geschriebener Essay liefert viel Stoff zum Nachdenken." NZZ am Sonntag, Martina Läubli, 22.02.2020

"Horvilleur formuliert präzise, argumentiert klar und lässt [...] die Schönheit der rabbinischen Texte leuchten. Besonders erhellend dabei ist, wie sie die Motive des Antisemitismus von Anbeginn durch die Zeitläufte verfolgt. Die 'Überlegungen' der Rabbinerin sind freilich nicht abgeschlossen, sondern verstehen sich auch als Diskussionsgrundlage. Im Doppelsinn daher ein ungewöhnlich wichtiges Buch." Michael Schleicher, Münchner Merkur, 7.5.2020

"Die Lektüre [dieses Essays] ist unbedingt zu empfehlen. Nicht zuletzt, weil er die Juden nicht als Opfer, sondern als souveräne Akteure mit reicher Geistesgeschichte zeigt." Andrea Heinz, Der Standard, 5.5.2020

"Im Kern von Delphine Horvilleurs Essays steht die Gemeinsamkeit von Frauenhass und Judenhass. Die Autorin geht weit in die Geschichte der Juden zurück, um aufzuzeigen, dass schon der hochgerüstete Militärstaat der Römer die Juden als 'weibisch' verfolgte: weil sie keine Soldaten, sondern Gelehrte waren und beschnitten. Es geht um Kastrationsängste und 'verunsicherte Männlichkeit', beim Antisemitismus wie beim Sexismus." Ute Cohen, EMMA, 30.4.2020

"Ihre 'Überlegungen zur Frage des Antisemitismus' [...] suchen in fast psychoanalytischer Manier nach dem Ursprung des antisemitischen Hasses. [...] Die Fragen, die sie in ihren klugen, man will fast sagen, weisen Essays stellt, sind Fragen von heute." Annabelle Hirsch, taz, 22.02.2020

"Zweifellos hat Delphine Horvilleur ein erhellendes Buch geschrieben, denn sie stellt scheinbare Gewissheiten über 'die Juden' in Frage. Vor allem aber ist dieses Buch aufrüttelnd: Unmissverständlich wird klar, dass der Antisemitismus in letzter Konsequenz eine Bedrohung jeder auf freien und autonomen Subjekten beruhenden Gesellschaft darstellt." Clemens Klünemann, SWR2, 19.02.2020

"Die einfache, aber nie einfältige Argumentation profitiert von der Diskussionsfreude der Gelehrten und der Anmut der Quellen, die die Autorin immer wieder in raffinierte Arrangements bringt, die von Nicola Denis geschmeidig übersetzt wurden. [...] Delphine Horvilleurs bescheiden betitelte Überlegungen bieten eine beeindruckende Analyse des Judenhasses, darüber hinaus das imponierende Manifest eines europäischen liberalen Judentums und nicht zuletzt eine faszinierende Einladung zur Entdeckung der geistigen Schönheit der rabbinischen Literatur." Tilman Salomon, Jüdische Allgemeine, 12.03.2020

"Wie frei von Vernunft die vielen Facetten des Antisemitismus sind, dem kommt die Autorin mit ihrer 'Antisemitologie', wie sie ihr analytisches Verfahren nennt, auf die Spur...Der Essay bietet dem geneigten Leser nicht nur eine Typologie des Antisemitismus, er liefert gleichzeitig eine Ersteinführung in jüdisches Denken." Oliver Stümann, Neue Westfälische, 02.09.2020
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