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Täter, Opfer und die schweigende Mehrheit Wenn Menschen in Gruppen agieren, Zeit verbringen, miteinander tun müssen, entstehen schnell soziale Schichtungen: Da gibt es etwa jene, die den Ton angeben und die Richtung weisen. Oder jene, die im Schatten solcher an Aufmerksamkeit gewinnen können. Es gibt die lauten Polterer und die stillen Strategen. Es gibt die schweigenden Beobachter oder auch jene, die sich aus allem raushalten. Und es gibt die Fußabstreifer, die Zielscheiben - an denen abgearbeitet wird, woran es an anderen Stellen mangelt. Genau diese Gruppierungen lassen sich auch in der…mehr

Produktbeschreibung
Täter, Opfer und die schweigende Mehrheit Wenn Menschen in Gruppen agieren, Zeit verbringen, miteinander tun müssen, entstehen schnell soziale Schichtungen: Da gibt es etwa jene, die den Ton angeben und die Richtung weisen. Oder jene, die im Schatten solcher an Aufmerksamkeit gewinnen können. Es gibt die lauten Polterer und die stillen Strategen. Es gibt die schweigenden Beobachter oder auch jene, die sich aus allem raushalten. Und es gibt die Fußabstreifer, die Zielscheiben - an denen abgearbeitet wird, woran es an anderen Stellen mangelt. Genau diese Gruppierungen lassen sich auch in der Klassengemeinschaft einer Privatschule finden - Abbild der Gesellschaft im Kleinen, sozusagen. Hier sind es "die schrecklichen Vier": großteils Kinder reicher Eltern, gewohnt, die Zügel in der Hand zu halten, "oben" zu sein, die dafür nötige Gefühlskälte an den Tag zu legen. Und sie haben ein klares Opfer: Nils. Und da gibt es auch noch Sara, die dazwischen steht, sich selbst retten will und daher schweigt, als sie eigentlich reden sollte. Wer trägt welche Verantwortung? Wo hört Selbstschutz auf, wo fängt Zivilcourage an? Es sind die großen gesellschaftlichen Fragen, die komplexen Probleme des sozialen Miteinanders, die Gabi Kreslehner in ihrem neuen Jugendroman literarisch gekonnt abhandelt. Dabei unterbricht sie den Erzählfluss immer wieder durch Verhöre der Polizeipsychologen, gibt damit eine Vorahnung, worauf die Handlung letztlich hinausläuft, aber auch sensible Einblicke in die seelische Verfasstheit und die Beweggründe der Jugendlichen. Zeigt dabei, wie schwierig manchmal Mut sein kann, wie tief Worte schmerzen können und was letztlich stets die treibende Kraft hinter allem ist: die Sehnsucht nach Liebe, Anerkennung und Respekt. Man konnte nicht davonlaufen. Vor fast nichts ...Tipps:gesellschaftliche Systeme und Prozessedie Kraft und Macht von WörternAuszeichnungen:Im Sep. 21 wurde dem Titel das Buchsiegel KIMI für "Vielfalt in Kinder- und Jugendbüchern" verliehen
Autorenporträt
GABI KRESLEHNER, geb. 1965, Autorin, Lehrerin, Theaterpädagogin. Schreibt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. Ihr Jugendroman ¿Charlottes Traum¿ wurde unter dem Titel ¿Beautiful Girl¿ (2015) verfilmt. Beim Tyrolia-Verlag ist von ihr bereits der Jugendroman ¿PaulaPaulTom ans Meer¿ (2016) sowie das Bilderbuch ¿Duhuu? Hast du mich lieb?¿ (2017; Illustration: Verena Ballhaus) erschienen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.05.2020

Nils wohnt überall
Gabi Kreslehner erzählt von Mobbing als Strukturfrage

Womöglich gibt es eine gar nicht so kleine Zahl von Kindern und Jugendlichen, die Corona bislang ziemlich gut fanden. Weil endlich, endlich mal Ruhe war. Bald werden die selbsternannten Klassenhelden es wieder schaffen, ihre Mitläufer bei Laune zu halten und ihren Opfern aufzulauern. Für Kinder und Jugendliche, die Opfer der körperlichen und seelischen Gewalt von Gleichaltrigen in der Schule werden, könnten die harten Wochen der Corona-Isolation regelrecht eine Verschnaufpause gewesen sein.

Für Nils, die geradezu unfreiwillige Hauptfigur in Gabi Kreslehners Jugendroman "Nils geht", kommt keine hilfreiche Seuche um die Ecke. Er geht jeden Tag durch die Hölle, die ihm von den "fürchterlichen Vier" bereitet wird. Von Jo und Fadi, Rasmus und Mila. Wobei sehr schnell deutlich wird, dass diese vier keine Chance hätten - wäre da nicht die große Menge der schweigenden anderen. Es ist sogar eine dieser Unauffälligen, die mal vorsichtig helfen, mal vorsichtig mitmobben, meist aber zusehen, der Kreslehner das erste Wort gibt. Sarah, die Nils schon lange kennt, gibt stockend zu Protokoll, was vorgefallen ist - und wie es dazu kam.

Die Leser erleben das Ende eines schrecklichen Schuljahrs: Voll von Demütigungen eines einzelnen Jungen, der ohne Grund zum Feind erklärt wird. Nils, kleiner und zarter als die anderen Jungs, Kind einer alleinerziehenden Mutter und neu in der Klasse, ist zu allem Übel auch noch ein Genie in allen Schulfächern. Und, wie die Klassenschönste Mila irgendwann feststellt, auch noch ein wirklich netter, empathischer Mensch. Erst als sie das tut, nimmt die Katastrophe vollends ihren Lauf.

Mobbing ist meist das erste Thema, das Erwachsenen einfällt, wenn ein sozialpädagogisches Projekt, am besten in Verbindung mit Theater oder Kunst, an Schulen angeboten werden soll. Von Mobbing handeln unzählige Schullektüren. Als wirke Literatur- oder Theaterkonsum direkt auf weit verbreitete Probleme, so wie Hustensaft oder Blasenpflaster. Wenn auch Kreslehners Roman demnächst als Schullektüre eingesetzt wird, könnten manche Schüler ins Grübeln kommen. Ob nicht der eine oder andere Täter zu Hause, bei den Eltern, Opfer sein könnte. Und ob nicht der ein oder andere Erwachsene seinen Job verfehlt hat: als Elternteil, Lehrer oder Schulrektor.

Denn einerseits ist die Handlung sehr schlicht. Nils ist das Opfer einer starken Clique, die den schweigenden Rest der Klasse hinter sich bringt. Anderseits versucht der Roman in Sprache und Struktur die Beweggründe der Figuren so anzureißen, dass sie ein Weiterspinnen im Kopf ermöglichen. Kreslehner verwebt Protokolle aus der direkten Befragung der jungen Täter und Zuschauer mit erzählenden Passagen aus einer allwissenden Perspektive. Das geht oft von banalen Klischees aus, die regelrecht zum Fürchten sind. Leider sind sie dann doch näher an der Realität, als man selbst gerne wahrhätte.

Kreslehner, Lehrerin, Theaterpädagogin und Autorin in Oberösterreich, ruht sich nicht darauf aus, so zu tun, als sei es unerklärlich, warum einer Opfer und eine bestimmte Gruppe Täter wird. Sie versucht nachzuzeichnen, was die einzelnen Gruppenmitglieder bewegt. Das gelingt überraschend unterschiedlich, als ob ihr die selbsterfundenen Charaktere bisweilen zu unsympathisch für eine differenziertere Darstellung wären. Ihre eigene Berufsgruppe kommt dabei nicht gerade gut weg. Kreslehner beschreibt den Mathelehrer, der über Jugend sinniert und dabei Mädchen auf den Po starrt, sie erzählt vom Direktor des privaten Gymnasiums, der sich zu darwinistischen Thesen aufschwingt, um einen hochbegabten Schüler ohne gesellschaftliche Verbindungen dem Mob preiszugeben, während er die Kinder bekannter Geschäftsleute, mögen sie auch noch so aggressiv und dumm sein, an der Schule halten will.

Das Ende dieser Geschichte sieht nur auf den ersten Blick positiv aus. Kluge, empathische Leser werden bohrende Fragen mitnehmen.

EVA-MARIA MAGEL.

Gabi Kreslehner: "Nils geht". Roman.

Tyrolia Verlag, Innsbruck 2020. 144 S., geb., 16,95 [Euro]. Ab 13 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Fritz Göttler scheint angetan von Gabi Kreslehners Geschichte über Ausgrenzung, Verdrängung und Trotz in einer österreichischen Gemeinde. Wie der Außenseiter Nils sich gegen Mobbing in der Klasse wehrt und wie er schließlich kapitulieren muss, erzählt ihm die Autorin mit Sinn für soziale Unterschiede, nuancenreich und bisweilen "gespenstisch", da es zur Eskalation kommt und zur Befragung der Zeugen, zu Widerständen unter den Beteiligten und zum Verschweigen des Geschehens.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.07.2020

Mila
tänzelt
Mobbing in der Klasse,
ein Junge verschwindet
Nirgends dabei sein dürfen, immer abseits bleiben müssen ... Das Schicksal des Außenseiters, des Nerds, des Freaks, des Verstoßenen. Das Schicksal von Nils. „Ein kleiner Wicht, der sich nicht anpassen konnte. Doofes Gesicht. Irre Bewegungen. Und dabei weiß der alles.“ Sagt Sara, die nicht wirklich etwas hat gegen Nils, in einer Befragung nach Nils’ Verschwinden. Nils, wie Nils Holgersson, der tapfere Winzling, der ebenfalls vom Hof seiner Eltern verschwand, in der berühmten Geschichte von Selma Lagerlöf. In der Klasse nennen sie ihn boshafterweise nur Detlef.
Eine Mobbing-Geschichte, kühl und unsentimental erzählt. Nils findet sich ab mit seinem Schicksal, auch als das ‚schreckliche Quartett‘ in seiner Klasse ihn gemein ausgrenzt und ihn benutzt, um die ganze Klasse zu dominieren, zu Mitläufern zu machen. Die fürchterlichen Vier, Jo und Rasmus, Fadi – der das Verstoßensein aus eigener Erfahrung kennt, er kommt aus Tunesien, wird meistens als „Terrorist“ verhöhnt, darf aber hier als „Quotenaraber“ im Quartett fungieren – und Mila.
Dann aber kommt die Chance für Nils. Er soll Mila Nachhilfe geben in Mathematik, sie besteht die Prüfung, es gibt eine unerwartete Annäherung zwischen den beiden, Öffnung und Intimität – Mila, die tänzelt, ein „Elfending“. Eine Ahnung von Magie, Nils beginnt zu hoffen. „Ich weiß nicht“, kommentiert Sara das in der Befragung, „woran es lag, dass er die Übersicht verlor. Dass er nicht wusste, wann es genug war. Dass er immer mehr wollte. Mehr von Mila. Mehr von allem.“
Nils überschreitet Grenzen, verlässt den ihm zugewiesenen Raum. Jo wird eifersüchtig. Die Mobbing-Konstellation entwickelt sich aus einem sozialen Gefälle, Gabi Kreslehner zeichnet es mit signifikanten Nuancen, in der österreichischen Kleinstadt, in der Klasse, im schrecklichen Quartett. Es läuft auf eine Generalabrechnung hinaus, Nils wird fertiggemacht, von der ganzen Klasse, physisch und psychisch. Und Rasmus filmt das gemeine Geschehen, und stellt es ins Netz, „Nils’ Weinen, den Schmerz und die Angst. Es war wie ein Sterben, ohne Tod zwar, aber wie ein Sterben, ohne Gnade, ohne Sinn.“
Auf einmal ist der Sommer gespenstisch geworden. Die Weggucker unter den Schülern versuchen, ihr Verhalten runterzuspielen, eine Mutprobe, da muss jeder durch, die Schule wiegelt feige ab. Mila „zuckt weg“, als wäre sie „reif für die Klapsmühle“ Rasmus vermisst sein Messer, mit dem er gern prahlte, in Nils’ Händen taucht es plötzlich wieder auf, er attackiert Jo ...
Durch das Buch zieht sich eine Befragung, zwei sollen erzählen, wie es dazu gekommen ist, Sara Auster und Johannes (Jo) Bellmann. Sein Vater ist der Boss eines großen Konzerns der Stadt, Sara ist die Jugendfreundin von Nils. Es gibt Widerstände bei den Befragten, Schweigen, Verdrängung, Trotz. Ich bin das Opfer, jammert Jo, nicht der Täter. Nils ist verschwunden, auf der Flucht, vor sich selbst. Draußen leben, als Outsider, die Liebe unerfüllt: „Er schaute auf die Linie ihrer Beine und dachte, dass er selten etwas so Schönes gesehen hatte und dass ihm das aber nichts, rein gar nichts nützen würde. Wie im Museum war das, nur schauen, nichts berühren, schon gar nichts bekommen, noch weniger besitzen.“
FRITZ GÖTTLER
Gabi Kreslehner: Nils geht. Tyrolia Verlag, Innsbruck, Wien 2020. 139 Seiten, 16,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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"Ein wichtiger, ein notwendiger Roman!" Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur "Ein Buch für den Kanon der Schullektüre" Christine Paxman, Eselsohr "Das Buch bewegt." Inke Hummel, Bindungs(t)räume-Blog "Eines der besten Bücher zum Thema Mobbing seit langem - mitreißend erzählt, beklemmend, aufwühlend." Forum Lesen, Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband "In einer lebendigen Sprache schildert Kreslehner wunderbar, in welchen Gefühlswelten die verschiedenen Protagonisten gefangen sind und welche Vorstellungen und Wünsche zum entsprechenden Verhalten der einzelnen Personen geführt haben." jugendbuch-couch.de "Das Buch klärt schlüssig auf und vermeidet es klug, die Schuld nur bei einem zu suchen." Tanja Kasischke, Badische Neueste Nachrichten "Die eindrückliche Geschichte über Gewalt, Mobbing und Zivilcourage erzählt die Autorin mit einfachen Sätzen, aber dennoch in starken Bildern." ekz.Bibliotheksservice "Ein wichtiges Thema, feinfühlig geschrieben, spannend erzählt und trotz allem mit einem ermutigenden Ende, dass nichts so schnell verloren ist und fast alles gut werden kann." Oberösterreichische Nachrichten "Man kann sich die Geschichte mit den exemplarischen Charakteren gut auf der Bühne vorstellen und als Diskussionsbasis in einer Klasse." NZZ am Sonntag "Spannend, mitreißend, berührend: Gabi Kreslehner ist Großes gelungen." Brigitte Wallinger, wallinger.at "Ein ebenso spannend wie beklemmend zu lesendes Buch." Buch&Maus