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Wider die Arroganz der Amtskirche
Als Papst Franziskus im Frühjahr 2016 ankündigte, eine Kommission zu berufen, die die Rolle von Diakoninnen in der Kirchengeschichte untersuchen solle und prüfen solle, ob es dieses Amt heute wieder geben könne, war das Medienecho sehr groß!
Christiane Florin erzählt in ihrem neuen Buch, was Frauen in der Kirche erleben, wenn sie Fragen stellen oder gar Forderungen. Sie deckt auf, was all das vermeintlich rein Innerkirchliche mit einer weltweiten antifeministischen Entwicklung zu tun hat. Denn diejenigen Kleriker und Nicht-Kleriker, die sich so…mehr

Produktbeschreibung
Wider die Arroganz der Amtskirche

Als Papst Franziskus im Frühjahr 2016 ankündigte, eine Kommission zu berufen, die die Rolle von Diakoninnen in der Kirchengeschichte untersuchen solle und prüfen solle, ob es dieses Amt heute wieder geben könne, war das Medienecho sehr groß!

Christiane Florin erzählt in ihrem neuen Buch, was Frauen in der Kirche erleben, wenn sie Fragen stellen oder gar Forderungen. Sie deckt auf, was all das vermeintlich rein Innerkirchliche mit einer weltweiten antifeministischen Entwicklung zu tun hat. Denn diejenigen Kleriker und Nicht-Kleriker, die sich so unangepasst wähnen, weil sie bei gleicher Qualifikation Männer bevorzugen, sind global gesehen ziemlich konforme Gestalten. Dieses Buch ist weder ein theologisches noch ein kirchenhistorisches Fachbuch. Es ist eine Streitschrift und ein Streifzug.
Autorenporträt
Christiane Florin, geboren 1968 ist deutsche Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Sie war von 1993 bis 1996 für die Pressestelle der Vertretung der Europäischen Kommission tätig. Von 1996 an arbeitete sie für die christlich ausgerichtete Wochenzeitung Rheinischer Merkur. Von 2007 bis 2010 leitete sie das Feuilleton des Rheinischen Merkur. Von Dezember 2010 bis 2015 war sie Redaktionsleiterin der Beilage »Christ und Welt« in Teilen der Wochenzeitung »Die Zeit«. Seit Januar 2016 war sie Redakteurin beim Deutschlandfunk für den Bereich »Religion und Gesellschaft« und wechselte im November 2023 in die DLF-Kulturredaktion. Darüber hinaus ist sie als freie Autorin und Bloggerin tätig. Sie verfasste mehrere Bücher und Beiträge, die u.a. bei Rowohlt (»Warum unsere Studenten so angepasst sind«) und beim Herder-Verlag (mit Eberhard Schockenhoff »Gewissen. Eine Gebrauchsanweisung«). Sie war zuletzt wiederholt Gast zu kirchlichen und christlich-religiösen Themen u.a. beim Presseclub des WDR. Ihre Kommentare bei Christ & Welt wurden 2014 durch die Fachzeitschrift Medium Magazin gewürdigt. 2023 erhielt Christiane Florin den Walter-Dirks-Preis, der sie für ihre Hintergrundrecherchen im Missbrauchsskandal der Kirchen auszeichnete.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.12.2017

Frauen an die Macht

Wer weiß, ob und wann sich ein Papst dazu aufschwingt, weibliche Priester zu weihen? Christiane Florin plädiert deswegen jetzt für einen "Weiberaufstand".

Ist die Kirche frauenfeindlich?" scheint Christiane Florin so tautologisch gefragt zu sein wie "Ist der Papst katholisch?". Dass es keine Päpstin geben kann, findet sie so offensichtlich ungerecht, dass sie sich die fehlende Aufregung darüber nur noch aus dem Bedeutungsverlust des katholischen Glaubens erklären kann. Früher, bevor der Gläubigenmangel den Priestermangel überholte, war das anders. Aber die alten Kämpferinnen sind müde geworden. Mit einem schlanken Paperback will Florin den Streit nun neu anzetteln. "2000 Jahre Patriarchatspraxis" werde sie nicht kippen können, aber eines Tages werde sich "die Frauenfrage" auch "für Saudi-Arabien stellen, und eben auch für den Vatikan".

Ihr beherztes, teils biographisches Buch in betont saloppem Ton trägt zur alten Diskussion keine neuen Argumente bei. Florins Zorn über Paternalismus und die Diagnosen klerikaler Überheblichkeit, die sich theologisch als Dienst ausgeben, sind dabei mitreißender als ihre Überzeugung, dass die einzige Antwort auf die "Frauenfrage" der Zugang zur Chefetage sei. Sie selbst habe kein Exklusionstrauma zu bieten, nur Nadelstiche seien ihr immer mehr aufgefallen. Zwanzig Jahre lang setzte sich die promovierte Politologin einer Karriere in den kirchlich subventionierten Printmedien aus, bis sie 2015 zum Deutschlandfunk wechselte.

Als Deutschland Papst wurde, konnte Florin sich nicht mitfreuen. Dass im Durcheinander unkontrollierbarer Ratzinger-Rezeption das mediale Unisono der "links-lauen JugendarbeiterInnen der 80er Jahre" kurzzeitig unterging, war ihr nicht geheuer. Selbst auf die Zölibatsverdrossenheit schien kein Verlass mehr. Doch mit Papst Franziskus kehrte für Florin die Hoffnung zurück: Endlich ein Papst dessen Frauenbild über die "katholische Provinzialität" hinausreiche.

Auf die Frage nach Führungspositionen für Frauen im Vatikan gab der Papst zwar zu bedenken, dass viele der Priester bereits unter der Fuchtel ihrer Haushälterin stünden, doch Florin sieht es ihm nach, denn wenigstens seien Frauen für ihn nicht "per se andersartig". Die "karnickelkritischen Sätze" des Pontifex sind ihr Indikation, dass Frauen jetzt auch "andere Interessen als die Brutpflege" haben dürfen. Nur eines enttäuscht sie tief: das von Franziskus bisher klar ausgesprochene Nein zur Frauenweihe.

Für Florin bedeutet ungleiche Weihepraxis Diskriminierung. Die lehramtliche Darstellung geht hingegen von einer durch Jesus instituierten Tradition aus, die somit nicht sinnlos oder ungerecht sein kann. Der Einwand, dass die Auswahl männlicher Jünger gesellschaftlich konditioniert war, kontrastiert mit Instanzen, die einen Jesus zeigen, der sich im Umgang mit Frauen über gesellschaftliche Regeln hinwegsetzt. Die frühe Kirche kannte auch Priesterinnen aus anderen Religionen, passte sich aber nicht an. Für Florin bleibt von all dem nur das Ärgernis, dass hier "immer schon" als guter Grund vorgetragen werde, Frauen nicht ernst zu nehmen.

Eine spezifisch katholische Theologie des Priestertums zieht Florin dabei nicht in Betracht, was ihr theologische Finessen erspart. Dafür trägt sie das Argument vor, Jesus habe auch keine Männer "geweiht" - ein Ausläufer der These, dass Jesus überhaupt keine Priester wollte. Ob eine Veränderung der kirchlichen Praxis eine neue Perspektive auf Frauen eröffne oder nur ein anderes Priesterbild schaffe, fragte sich in der anglikanischen Debatte bereits C. S. Lewis. Die Moderatorin Katrin Bauernfeind, die Florin als Beobachterin zu Rate zieht, geht es anscheinend ähnlich: Auf sie wirke die Situation in der evangelischen Kirche so, "als würde man beim Stierkampf jetzt auch Kühe zulassen".

Dass sich Kirchen, die Florins Idealvorstellungen verwirklichen, um einiges rasanter leeren als die katholische, ist ihr bewusst. Den argumentativen Stieß dreht sie deshalb um - um Mehrwert könne es nicht gehen. Traditionsverbundene Katholiken werden bei Florin schnell zum "rechten Rand", was eine Assoziation mit politischen Gesinnungen evoziert, die sich aus religionssoziologischen Datenerhebungen nicht belegen lässt. Florin verpasst hier keine Chance nachzulegen. "Überfremdungsangst" vor Frauen gebe es "nicht nur im erzkonservativen Randgebiet". Von "Typen" und "Milieu" ist die Rede bis hin zum realen Interview mit einem Seminaristen, das Florin fiktiv über Jahre hinweg weiterführt umso die vorhersehbaren Meinungen dieses Typus durchzuexerzieren.

Auch in der Kirchengeschichte diagnostiziert Florin ausnahmslos systemische Frauenfeindlichkeit. Zum Nachweis repetiert sie aus einem Fundus von Passagen, der seit den sechziger Jahren in der einschlägigen Literatur weitergereicht wird. Am meisten zu schaffen macht ihr Thomas von Aquin, der die "Unverschämtheit" hatte, "ernsthaft" über die "blamable" Theorie des Aristoteles nachzudenken, Frauen seien "missratene Männer". Aber weder Thomas noch anderen zitierten Theologen gehe es darum, die kirchliche Weihepraxis durch Argumente aufrechtzuerhalten. Was Florin als schwache Begründungen einstuft, sind Überlegungen, die versuchen die Bedeutung einer etablierte Praxis zu verstehen, die bereits als sinnstiftend und nicht mehr hinterfragbar gilt.

Ähnlich windschief zu Florins Argumentationslinie verhält sich "Ordinatio Sacerdotalis", das päpstliche Schreiben, in dem Johannes Paul II. erklärte, dass es sich bei der Priesterweihe um das durch Christus seinen Aposteln übertragene Amt handle, das von Anfang an in der Kirche Männern vorbehalten wurde. Die Kirche habe nicht die Vollmacht, anders vorzugehen. Florin sieht hier einen Papst der sich für "befugt" hält, ein "Machtwort" zu sprechen. Der Papst formulierte das allerdings als Ohnmacht. Die Macht eines Papstes endete für ihn dort, wo das Vorbild Christi, die Praxis der Apostel und die der Kirche ein einheitliches Bild ergeben.

Chesterton sprach von der Tradition als "Demokratie der Toten". Weil sich päpstliche "Unfehlbarkeit" auf das Papstamt und nicht auf die Privatperson bezieht, hindert sie den regierenden Papst daran, sich über die Stimmenmehrheit seiner Vorgänger hinwegzusetzen. Dennoch sieht Florin die "große Änderung" unter Franziskus darin, "dass ein Papst sich endlich von den Allmachtsfantasien seiner Vorgänger verabschiedet". Nach der "Entsorgung" querdenkender Mitarbeiter betraue er nun Kirchenmänner seines Vertrauens damit, "das gelebte Leben als Offenbarungsquelle heranzuziehen".

Den durch die Kardinäle Schönborn und Kasper gemanagten Übergang von der Offenbarungs- zur Naturreligion hat Florin hier vielleicht etwas zu früh deklariert, aber wenn sie recht hat, wäre sicher auch im Blick auf die Priesterweihe eine Neubestimmung der Verhältnisse zwischen Offenbarung und Lehramt denkbar. Sollte ein Papst dabei zum Religionsgründer avancieren, stünde das der Sache des Weiberaufstands sicher nicht im Weg.

RAPHAELA SCHMID

Christiane Florin:

"Der Weiberaufstand". Warum Frauen in der katholischen Kirche

mehr Macht brauchen.

Kösel Verlag, München 2017. 176 S., br., 17,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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