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Das große Buch des Friedens- und Nobelpreisträgers Amartya Sen
Im Jahr 2020 erhält er für sein Lebenswerk den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Bereits 1998 wurde er mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. "Ökonomie für den Menschen", erstmal im Jahr 2000 auf deutsch erschienen, ist das Hauptwerk Amartya Sens. Es zeigt: Ökonomische Vernunft, politischer Realismus und soziale Verantwortung müssen keine Widersprüche sein - denn nicht an unserem Wohlstand, sondern an unserer Freiheit zeigt sich wirklicher wirtschaftlicher Fortschritt.
"Die Armen und
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Produktbeschreibung
Das große Buch des Friedens- und Nobelpreisträgers Amartya Sen

Im Jahr 2020 erhält er für sein Lebenswerk den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Bereits 1998 wurde er mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. "Ökonomie für den Menschen", erstmal im Jahr 2000 auf deutsch erschienen, ist das Hauptwerk Amartya Sens. Es zeigt: Ökonomische Vernunft, politischer Realismus und soziale Verantwortung müssen keine Widersprüche sein - denn nicht an unserem Wohlstand, sondern an unserer Freiheit zeigt sich wirklicher wirtschaftlicher Fortschritt.

"Die Armen und Besitzlosen dieser Welt könnten unter den Ökonomen keinen klareren und kenntnisreicheren Fürsprecher haben als Amartya Sen." Kofi Annan
"Ein großer Intellektueller und engagierter Humanist, der sich nie gescheut hat, Mögliches zu wagen und seine Überlegungen einem Praxistest zu unterziehen." Alexandra Kemmerer, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Autorenporträt
Christiana Goldmann lebt und arbeitet in Berlin. Sie übersetzt aus dem Englischen, Französischen und Niederländischen, unter anderem Stanley Cavell, Michael Walzer und Honoré de Balzac.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.11.2020

Reale Akteure gegen ökonomische Modelle
Philosophisch gedacht und wirtschaftswissenschaftlich geerdet: Drei Neuerscheinungen des diesjährigen Friedenspreisträgers Amartya Sen

Der frisch gekürte Träger des diesjährigen Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, Amartya Sen, zählt zu den wenigen Denkern, die sowohl in den Wirtschaftswissenschaften als auch in der Philosophie Gehör finden. Wenn man manchen Kommentatoren glauben darf, ist seine Stellung in der Philosophie sogar als höher einzuschätzen als jene in den Wirtschaftswissenschaften. Sicher, Sen hat 1998 den Nobelpreis für seine Disziplin erhalten und wird gern als weltweit einflussreicher Ökonom gefeiert. Schaut man sich aber sein Werk genauer an, wird schnell deutlich, dass es von philosophischen Intuitionen getragen wird, die mit zentralen ökonomischen Thesen und Theorien brechen. Immer wieder, so könnte man etwas plakativ sagen, nutzt Sen sein philosophisches Werkzeug, um in den heiligen Hallen der Ökonomie die stützenden Wände mal mehr, mal weniger rabiat zu bearbeiten. Gerne, so darf man vermuten, würde er seiner Disziplin ein neues Fundament geben, so manche Wand darf, soll, ja muss fallen.

Ein Blick in drei deutsche Neuerscheinungen vermag zu erklären, warum diese kritische Sicht nicht jedem gefallen kann. "Ökonomie für den Menschen" geht aus Vorlesungen hervor, die Sen schon 1996 und 1997 vor der Weltbank gehalten hat. Gegenstand des Buches ist die Frage nach den besten Bedingungen für die Entwicklung von schwachen Volkswirtschaften. Die über Jahre gegebene Antwort der Weltbank auf diese Frage lautete: Austerität, Kürzungen im Sozialbereich, gebührenpflichtige Bildung und Gesundheitsvorsorge, Demokratisierung als Luxus, den sich ärmere Länder eigentlich nicht leisten können - im Zweifel erhalten auch Diktaturen Kredit. Sen nennt diesen Weg einmal den "nüchtern-harten" Weg und stellt ihm einen "freundlichen" Weg gegenüber: Entwicklung, so Sen, müsse als Erweiterung "realer Freiheiten" begriffen werden, weder das Bruttosozialprodukt noch die Höhe des durchschnittlichen Einkommens solle im Mittelpunkt stehen, wenn es darum geht, den Zustand einer Volkswirtschaft zu beurteilen.

Damit ist schon klar, dass Sen sich eines philosophischen Grundbegriffs bedient, um seine wirtschaftspolitischen Analysen neu zu justieren. Was ist reale Freiheit? Wir sind frei, wenn wir über die Fähigkeit verfügen, bestimmte wichtige Güter oder, wie Sen gelegentlich sagt, "Funktionsweisen" zu nutzen oder auch nicht zu nutzen. Im Lichte dieser Bestimmung sind wir etwa dann nicht frei, wenn wir zwar über ein hohes Einkommen verfügen, aber unsere politischen Ansichten nicht frei äußern können. Wir sind frei, wenn wir uns freiwillig entscheiden zu fasten, aber nicht, wenn wir keine Wahl haben und hungern müssen. Entscheidend ist also die Freiheit als Fähigkeit, Möglichkeiten zu nutzen oder nicht zu nutzen; entscheidend ist aber auch, dass es in diesem Sinne nicht nur eine generelle Freiheit gibt, sondern so viele Freiheiten, wie wir Möglichkeiten haben, wichtige Ziele zu verwirklichen.

Mit dieser Theorie der Freiheit als Fähigkeit hat Sen für philosophische Freiheitsmodelle wichtige Impulse geliefert. Die zentrale Pointe von "Ökonomie für den Menschen" ist aber letztlich keine philosophische; vielmehr versucht Sen zu zeigen, dass eine an der Wohlfahrt des Einzelnen orientierte Politik darauf hinarbeiten sollte, Strukturen und Bedingungen zu schaffen, die zur Entfaltung möglichst vieler Fähigkeiten beitragen, da nur eine solche Politik auch die im engeren Sinn ökonomischen Parameter verbessern wird. Das Recht auf demokratische Mitbestimmung etwa ist nicht ein Luxusbedürfnis, das zurückstehen sollte, wenn es darum geht, Hunger zu bekämpfen. Ganz im Gegenteil, politische Bürgerrechte können dazu beitragen, ökonomische Missstände rechtzeitig zu benennen, und erlauben es, eine "geeignete Sozialpolitik einzuklagen". In ähnlicher Weise lässt sich zeigen, dass die Kindersterblichkeit in Regionen sinkt, in denen Mütter und Frauen eine Schul- und Berufsausbildung erhalten. Bildung und Demokratie sind also aus ökonomischer Sicht mindestens so sinnvoll wie sie es an sich schon sind.

So kombiniert Sen in seinen Schriften auf einzigartige Weise philosophische Begrifflichkeit mit wirtschaftspolitischer Reflexion und plädiert lautstark für die Aufgabe manch orthodoxer Position. Er zweifelt etwa daran, das Realeinkommen, das die reale Kaufkraft eines Geldeinkommens indiziert, als Maßstab für Wohlergehen heranzuziehen. Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse, so dass der gleiche Geldbetrag für den einen ausreichend ist, für den anderen aber nicht. Diese Pluralität wird durch einen einheitlichen Index verzerrt. Natürlich ist die Höhe des Einkommens ein wichtiger Indikator für Wohlergehen, aber er darf nicht verabsolutiert werden und bedarf einer Ergänzung um weitere Faktoren. Wir können nicht wissen, so Sen, "wie entscheidend die Einkommensdifferenzen sind, ohne dass wir ausdrücklich ihre Folgen in dem Bereich betrachten, der letztlich zählt. Wenn die Schlacht verloren ist, weil es an einem Nagel fehlte (. . .), dann macht dieser Nagel einen riesigen Unterschied aus, gleichgültig, wie trivial er sich im Bereich des Einkommens oder der Ausgaben ausnimmt."

Philosophisch ist Sens Modell der Verwirklichungschancen gar nicht einmal leicht einzuordnen, weil er Elemente von Aristoteles ebenso übernimmt wie Elemente von Kant oder des Utilitarismus. Sein berühmter Aufsatz "Rationale Dummköpfe", der schon 1977 erschien und nun wie der Aufsatz "Elemente einer Theorie der Menschenrechte" erstmals (leider mitunter schlecht redigiert) auf Deutsch vorliegt, macht diesen theoretischen Synkretismus sehr deutlich.

Als Angriffspunkt dieses Texts dient das Modell des Menschen als homo oeconomicus, also als Wesen, das sein Handeln einzig an der Maximierung des eigenen Nutzens orientiert. Für Sen steht fest, dass dieses Modell schon allein deswegen falsch sein muss, weil wir oft genug Verpflichtungen übernehmen, an denen wir auch dann festhalten, wenn dies "ein geringeres Maß an persönlichem Wohl enthält als eine ebenfalls verfügbare Alternative." Wir sind, anders gesagt, durchaus bereit, unser persönliches Wohl oder unseren unmittelbaren Nutzen zu opfern, wenn uns etwa an der Aufrechterhaltung einer Beziehung oder an der moralisch orientierten Erfüllung eines Versprechens etwas liegt. Der Punkt mag banal scheinen, und die Modellbauer ökonomischer Rationalität lässt er in der Regel unbeeindruckt. Für Sen aber folgt aus den Modellannahmen, dass der ökonomische Mensch auch als Idealtyp dumm sein muss, weil er die Komplexität und Vielfalt seiner eigenen Interessen und Bedürfnisse systematisch ausblendet.

Genau um diese Komplexität einzufangen, nutzt Sen die Ressourcen der klassischen und modernen Moralphilosophie, die zwar auf ihre Art auch eher modellhaft entwickelt werden, aber ein größeres Gespür für die oft durchaus konflikthaften Motivschichten realer Akteure haben. Gleichzeitig schärft der ökonomische Blick die philosophische Perspektive und zieht sie gelegentlich auf die Erde. Manchmal hilft es einfach zu wissen, was sich ereignet hat, um besser einzuschätzen, was sich ereignen soll. Das zeigt sich etwa, wenn Sen in seiner Menschenrechtstheorie annimmt, dass zur Einschätzung der Freiheit eines Menschen seine "tatsächlichen Möglichkeiten" und nicht nur die Mittel, über die er verfügt, berücksichtigt werden müssen.

Was tatsächlich möglich ist, hängt an vielem: an sozialen Kontakten ebenso wie an umfassender Gesundheitsfürsorge, robuster Sicherheit oder echten, nicht monopolartig verzerrten Märkten. Nur eine Gesellschaft, die diese Vielfalt an stützenden Strukturen schätzt und fördert, verdient es, reich genannt zu werden. So kann es nicht überraschen, dass Sen wirtschaftliche und soziale Rechte in seinen Menschenrechtskatalog integriert. Für manche ist das unrealistisch, aber Sen antwortet als Philosoph: Nur weil einige Rechte aktuell nicht umsetzbar sind, folgt keineswegs, dass sie keine Rechte sind.

MARTIN HARTMANN

Amartya Sen: "Ökonomie für den Menschen". Wege zu Gerechtigkeit und Solidarität in der Marktwirtschaft.

Aus dem Englischen von Christiana Goldmann. Hanser Verlag, München 2020. 424 S., geb., 26,- [Euro].

Amartya Sen: "Elemente einer Theorie der Menschenrechte".

Aus dem Englischen von Ute Kruse-Ebeling. Reclam Verlag, Ditzingen 2020. 122 S., geb., 12,- [Euro].

Amartya Sen: "Rationale Dummköpfe". Eine Kritik der Verhaltensgrundlagen der Ökonomischen Theorie. Aus dem Englischen von Valerie Gföhler. Reclam Verlag, Ditzingen 2020. 72 S., br., 6,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Martin Hartmann liest Amartya Sens aus Weltbank-Vorträgen der Jahre 1996-1997 hervorgegangenes Buch mit Blick auf Sens Vorstellungen von den Bedingungen für das Fortkommen schwacher Volkswirtschaften. Wie der Autor hier seiner Idee der Ausweitung "realer Freiheiten" nachgeht, der Fähigkeit, Chancen zu nutzen oder nicht, scheint Hartmann weniger philosophisch als politisch relevant, weil es letztlich um die Veränderung von Strukturen geht. Die Verbindung von philosophischer Terminologie und "wirtschaftspolitischer Reflexion" in den Texten findet Hartmann einzigartig.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Es gibt wohl nur wenige Autoren, die aus einer ähnlichen umfassenden Perspektive eine Auseinandersetzung mit globaler Wirtschaftspolitik leisten könnten. Sen funktioniert wie ein gut abgestimmtes interdisziplinäres Forschungsinstitut, und "Ökonomie für die Menschen" ist ein Arbeitsergebnis, das viele wichtige Einsichten und Anregungen enthält. Thomas Bonschab, Frankfurter Rundschau, 08.01.01

"Amartya Sen hat eine Vielzahl von bemerkenswerten Beiträgen zu Zentralfragen der Ökonomie geliefert und für nachfolgende Generationen ganz neue Forschungsfelder eröffnet. Indem er Konzepte aus Ökonomie und Philosophie kombiniert hat, hat er der Diskussion über wirtschaftliche Lebensprobleme eine ethische Dimension zurückgegeben." Nobelpreiswürdigung

"Das froh machende Werk eines großen Meisters der Sozialwissenschaften. Er entwirft eine Theorie der globalen wirtschaftlichen Entwicklung - kraftvoll, großartig und einfach in der Darstellung." Boston Book Review

"Sens Optimismus und überaus vernünftige Vorschläge geben einem das Gefühl, daß es vielleicht doch eine Lösung gibt. Es ist eine erfrischende, nachdenkliche und menschliche sicht der Dinge. Dieses mit Ideen aufgeladene Werk wird mit Sicherheit eine neue Debatte entfachen." Business Week

"Unentbehrlich ... die Summe eines immer weiter fortschreitenden Werkes von einem der bedeutendsten Denker unserer Zeit." The Nation

"Zur Würdigung Sens mit dem Nobelpreis sagte die Schwedische Akademie der Wissenschaften, er habe der Diskussion über wirtschaftliche Lebensprobleme eine ethische Dimension zurückgegeben. Das ist wahr, ja er hat noch mehr getan. Sein Buch ist reich an Einsichten und moralischen Ideen." New York Times Book Review

"Sen gelangt auf höchst unaufgeregte und undogmatische Weise zu einer Synthese der Vernunft ... Seine maßvolle Integration des Gewissens in die Ökonomie ist der Ehre wert." (F.A.Z. zur Nobelpreisverleihung 1998)"Sen formuliert seine Thesen zur Enmtwicklungspolitik aus Sicht eines Sozialwissenschaftlers, schöpft aus den Wirtschaftswissenschaften genauso wie aus der Philosophie und der Politikwissenschaft. Wie seinem großen Vorbild Adam Smith geht es ihm darum, die Dynamik sozialer Interaktionen zu begreifen, damit sie zum Wohl von Menschen ausgenutzt werden können. (...) Es gibt wohl nur wenige Autoren, die aus einer ähnlich umfassenden Perspektive eine Auseinandersetzung mit globaler Wirtschaftpolitik leisten könnten. Sen funktioniert wie ein gut abgestimmtes interdisziplinäres Forsachungsinstitut, und 'Ökonomie für den Mensch' ist ein Arbeitsergebnis, das viele wichtige Einsichten und Anregungen enthält." Thomas Bonschab, Frankfurter Rundschau, 08.01.2000

"Dieses Buch gehört zu den wichtigsten, die seit langem über Wirtschaft und Gesellschaft, über Kapitalismus, Solidarität und Demokratie erschinen sind. (...) Amartya Sen hat ein konzeptionelles Buch vorgelegt, eine unverzichtbare Anregung für den aktuellen politischen Diskurs. Man möchte den Politikern raten, dieses Buch gründlich zu lesen und zu diskutieren." Warnfried Dettling, Die Tageszeitung, 17.04.01
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