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Über den sensationellen Fund zehn verschollener Lenbach-Portraits: eine Studie im Grenzbereich von Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft.Der junge Thomas Mann bewunderte bei seinem ersten Besuch im Palais seiner zukünftigen Schwiegereltern Alfred Pringsheim und dessen Frau Hedwig die Familienportraits des Künstlers Franz von Lenbach. Auf der Suche nach der »Lenbach-Schönheit«, einem Ölbildnis von Hedwig Pringsheim, ist Dirk Heißerer der Fund von mehr als zehn Lenbach-Porträts der Familie Pringsheim zwischen Wien, Paris und Köln gelungen. Die spannende Rekonstruktion in dieser Studie führt…mehr

Produktbeschreibung
Über den sensationellen Fund zehn verschollener Lenbach-Portraits: eine Studie im Grenzbereich von Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft.Der junge Thomas Mann bewunderte bei seinem ersten Besuch im Palais seiner zukünftigen Schwiegereltern Alfred Pringsheim und dessen Frau Hedwig die Familienportraits des Künstlers Franz von Lenbach. Auf der Suche nach der »Lenbach-Schönheit«, einem Ölbildnis von Hedwig Pringsheim, ist Dirk Heißerer der Fund von mehr als zehn Lenbach-Porträts der Familie Pringsheim zwischen Wien, Paris und Köln gelungen. Die spannende Rekonstruktion in dieser Studie führt von der Entstehung bis hin zum Verlust vieler dieser Bilder durch die Raubpolitik im »Dritten Reich«, der auch weitere Kunstwerke aus der berühmten Sammlung der Familie Pringsheim zum Opfer fielen. Ein weiteres Kapitel zur »Madonna im Schaufenster« über vielfache Lenbach-Spuren im Werk Thomas Manns führt zu überraschenden neuen Funden und Erkenntnissen.
Autorenporträt
Dirk Heißerer, geb. 1957, ist Literaturwissenschaftler in München. Von 1993 bis 2000 sowie 2006 war er Lehrbeauftragter an der Ludwig-Maximilians-Universität und an der Universität Leipzig zwischen 2007 und 2009. Seit 2003 ist er Herausgeber der »Thomas-Mann-Schriftenreihe« (TMSR). Im Jahr 2009 wurde er mit der Thomas-Mann-Medaille ausgezeichnet. Veröffentlichungen u. a.: »Hedwig Pringsheim: Mein Nachrichtendienst. Briefe an Katia Mann 1933-1941« (Hg., 2013); »Wo die Geister wandern. Literarische Spaziergänge durch Schwabing« (2008); »Im Zaubergarten. Thomas Mann in Bayern« (2005).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.10.2009

Als Hitler die Pringsheims sammelte

Von der Wand in den Mund: Dirk Heißerer geht in einer spannenden Detektivarbeit dem Schicksal der Kunstsammlung von Hedwig und Alfred Pringsheim nach und erforscht zugleich die Spuren dieser Gemälde im Werk von Thomas Mann.

Was denkt sich der Mann?", schimpfte Hedwig Pringsheim 1891 in ihrem Tagebuch, zugleich geschmeichelt und verwirrt vom nicht nachlassenden Eifer des großen Münchner Malers Franz von Lenbach, sich selbst mit immer neuen Aufträgen der Pringsheims zu versorgen. "Geben Sie, was Sie wollen", soll Lenbach bei anderer Gelegenheit großzügig zur Bezahlung der Bilder bemerkt haben, "für alles zusammen (mehrere Bilder) 6000 Mark" - etwa das Jahresgehalt des Professors für Mathematik, Alfred Pringsheim, der zu seinem Glück auf hohe weitere Einkünfte aus dem väterlichen Erbe zurückgreifen konnte. Kurz zuvor heißt es in Hedwig Pringsheims Tagebuch: "Langer Besuch von Lenbach, der mein Zimmer durchaus mit lauter Bildern von sich einrichten, alles andere herausschmeißen will, uns in tödlichste Verlegenheit bringend."

Schlechte Investitionen waren das keineswegs, auch wenn nicht alles, was Lenbach vorschlug, in Auftrag gegeben und damit bezahlt wurde. Die spätere Schwiegermutter von Thomas Mann, die er selbst einmal als "Lenbach-Schönheit" charakterisierte, und ihr Mann sollten später, als die Inflation in Deutschland wütete, "von der Wand in den Mund" leben, wie Alfred Pringsheim einmal witzig meinte - vom Verkauf von Bildern also.

Doch nicht die wirtschaftliche Lage der zwanziger Jahre sorgte für die bedeutendsten Lücken in der Kunstsammlung des Millionärspaares, sondern die Verfolgung und Unterdrückung, deren sich die Münchner Bürger jüdischer Herkunft seit 1933 ausgesetzt sahen. Vieles lässt sich heute kaum noch rekonstruieren - und so ist es verdienstvoll, dass sich Dirk Heißerer, Thomas-Mann-Forscher und einer der kundigsten Experten zum Thema Thomas Mann und München, auf die Spurensuche nach den Gemälden der Pringsheims gemacht hat, von denen viele Mitglieder der berühmten Familie zeigen. Eine Spurensuche, die gelegentlich zur Detektivgeschichte wird, etwa im Fall des oben abgebildeten Doppelporträts von Hedwig und Alfred Pringsheim.

Dieses Lenbach-Bild, das sich nicht im Familienbesitz der Pringsheims befand, wurde im "Dritten Reich" seiner jüdischen Eigentümerin geraubt und war dann für Hitlers geplantes Kunstmuseum in Linz vorgesehen (ohne dass man wusste, wen Lenbach darauf gezeichnet hatte, noch gar, dass es sich um Juden handelte). Nach einer Tournee durch Europa kam das Bild nach 1945 zu den rechtmäßigen Erben der ursprünglichen Eigentümerin und befindet sich heute noch im Besitz dieser Familie, die Heißerer in Paris finden und dazu überreden konnte, ihm das Bild zu zeigen.

Heißerers Buch folgt in Teil eins den Spuren der Gemälde von Lenbach, Kaulbach, Defregger und anderen Malern, die sich im Besitz der Pringsheims befanden, um im zweiten Teil, getrennt durch einen schönen, farbigen Bildteil, den Spuren dieser Gemälde im Werk Thomas Manns nachzugehen. Insgesamt ein gelungener, anregender Band, der allerdings genauer auf die Untiefen, die sich hinter mancher Bildergeschichte verbirgt, hätte eingehen sollen. Die Umstände, wie ein Leverkusener Arzt vor wenigen Jahren in den Besitz zahlreicher Erbstücke und auch Bilder der Familie Mann gelangte, hat diese Zeitung seinerzeit aufgedeckt (F.A.Z. vom 14. Februar 2006).

Heißerer vermittelte in dieser Frage und hatte Anteil daran, dass die Bilder vom Thomas-Mann-Archiv gekauft werden konnten. Wacker-diplomatisch gibt er in seinem Buch keinen Hinweis auf die traurigen Umstände. Einmal heißt es bei ihm mit Blick auf ein Defregger-Bild, "in welchem Privatbesitz sich dieses Bildnis befindet, muss noch offenbleiben". Der Wunsch, sich Kontakte nicht zu verderben, die womöglich noch Trouvaillen zutage befördern könnten, steht einem offeneren Umgang auch mit den Schattenseiten der Geschichte dieser Kunstsammlung entgegen.

TILMANN LAHME

Dirk Heißerer: "Die wiedergefundene Pracht". Franz von Lenbach, die Familie Pringsheim und Thomas Mann. Wallstein Verlag, Göttingen 2009. 202 S., 75 z. T. farb. Abb., geb., 26,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.01.2010

Die schöne Hedwig
Dirk Heißerer schildert die Wiederentdeckung von Lenbach-Porträts der Familie Pringsheim
Es gibt eine Szene in diesem ansonsten seine Funde sorgfältig und nüchtern ausbreitenden Buch, die Grimm und Abscheu hervorruft, Abscheu wegen der Tat, Grimm über die Ohnmacht vor dieser Tat: „Nun geschah’s. Um halb neun früh drangen vier Männer von der ,Politischen‘ bei uns ein, mit Packern und räumten unsere Wohnung aus, verstauten Bilder, Kunst- und Kulturbestand, Silbersammlung etc. in Kisten und in unten wartende Möbelwagen geschleppt. Die ,Herren‘ taten ihre Pflicht und waren im ganzen recht anständig. Die Prozedur dauerte den ganzen Vormittag bis 4 Ur.”
So aufgeschrieben von Hedwig Pringsheim, der im wahren Sinne des Wortes bildschönen Frau von Alfred Pringsheim, in ihrem Tagebuch. In einem späteren Brief an ihre Tochter Katia klingt das Urteil über den Abtransport ihres Besitztums dann ironisch und bitter zugleich: „Seit gestern ist es in sicherer Hut, und das beruhigt ja ungemein, denn nun kann es ja niemand mehr uns stibitzen. Ebensowenig unsere Bilder; auch die sind in sicherer Hut.”
Das Palais Pringsheim stand in München einst dort, wo sich heute jener Nazibau erhebt, in dem nach dem II. Weltkrieg das Zentral-Institut für Kunstgeschichte, auch die Graphische Sammlung und Museumsverwaltungen eingerichtet wurden. Die Pringsheims gehörten aber nicht nur zu Münchens Großbürgern vor dem I. Weltkrieg, sie spielten auch eine bedeutende Rolle in der Literaturgeschichte, weil Thomas Mann Katia, Tochter von Hedwig und Alfred Pringsheim, heiratete und die Familienmitglieder in mancher Novelle der frühen Münchner Jahre wenn auch verschlüsselt auftreten ließ.
Der Gestapo-Transportwagen
Jene Ausräumszene aber bedeutete nicht nur das Ende der Pringsheims in München, sondern auch das Ende dessen, was einst überhaupt deutsche Kultur heißen mochte. An diesem Vormittag 1938 hatte sich eine NS-Komission im Palais Pringsheim angesagt, die die Kunstsammlungen begutachten sollte. Doch stattdessen fuhr eben ein Transportwagen vor und ein Gestapo-Mann mit seinen Helfern raubte das reiche Haus leer, in einem kaum kaschierten Akt der Barbarei.
Dirk Heißerer berichtet nun über die Odyssee nicht nur der damals verschleppten Bilder, sondern auch derer, die Hedwig Pringsheim ins Schweizer Exil mitnehmen konnte, und ihre Wiederauffindung, nachdem sie im und nach dem Krieg überallhin verstreut waren. Manche sind bis heute nicht wieder aufgetaucht. So versteht Heißerer seine Studie, deren zweiter Teil der Spurensuche von Person, Werk und Wirkung des Malers Franz von Lenbach in Leben und Schaffen Thomas Manns gewidmet ist, auch als Vorstufe zu einer umfassenden „Rekonstruktion der Sammlung Pringsheim als Raubgut der Nazis”.
Die Porträts von Mitgliedern der Pringsheim-Familie des Münchner Malerfürsten Franz von Lenbach, der sich immer wieder besonders die schöne Hedwig als Malobjekt vornahm – und dabei natürlich mit jedem Bild gutes Geld verdiente – tauchten neben anderen Gemälden in Leverkusen, Bonn, Wien, Paris und Köln auf. Manches fand man als vergessene aufgerollte Leinwand in Kellern. Heißerer hat seine Recherche mit ausführlichen Anhängen ausgestattet, sodass der, der als Nächster an diesem Thema arbeiten sollte, mehr als dankbar für diese gelungene und ertragreiche Studie sein wird. HARALD EGGEBRECHT
DIRK HEISSERER: Die wiedergefundene Pracht. Franz von Lenbach, die Familie Pringsheim und Thomas Mann. Wallstein, Göttingen 2009. 204 S., 26 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eine "spannende Detektivarbeit" hat Dirk Heißerer mit diesem Buch geleistet, lobt Rezensent Tilmann Lahme. Denn viele Ereignisse um das Kunstsammlerpaar Pringsheim, den Eltern der späteren Katja Mann, ließen sich heute nicht mehr nachvollziehen, wie er weiß. "Gelungen" und "anregend" erscheint ihm insgesamt das Buch, bei dem ihm auch die Bildsammlung im Mittelteil als "schön" gefiel. Einzig einige Hintergründe erzählt Heißerer für Lahmes Urteil zu diplomatisch, da die kritische Bildergeschichte um manche Besitzerwechsel im Dunkeln bleibt. Lahme vermutet hinter Heißerers Zurückhaltung Verhandlungskalkül, denn dieser vermittelt auch beim Ankauf von Bildern für das Thomas-Mann-Archiv. Nur einen eingeschränkten Blick auf die Kunstsammlung lässt dieses Buch für Lahme daher zu.

© Perlentaucher Medien GmbH