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Ibn Arabi ist einer der bedeutendsten mystischen Schriftsteller des islamischen Mittelalters, vergleichbar nur mit Hafis, Rumi und Omar Khayyam. Geboren in Andalusien, durchstreifte er die gesamte arabische Welt, vollzog die Pilgerfahrt nach Mekka, sein Grab in Damaskus ist heute ein Wallfahrtsort. Arabis poetisches Hauptwerk mit dem Titel »Der Übersetzer der Sehnsüchte«, von dem bisher nur wenige Auszüge zu lesen waren, erscheint hier erstmals vollständig auf Deutsch. Stefan Weidner, bekannt für seine Übersetzungen arabischer Poesie, zeigt mit dieser an heutigen poetischen Verfahren…mehr

Produktbeschreibung
Ibn Arabi ist einer der bedeutendsten mystischen Schriftsteller des islamischen Mittelalters, vergleichbar nur mit Hafis, Rumi und Omar Khayyam. Geboren in Andalusien, durchstreifte er die gesamte arabische Welt, vollzog die Pilgerfahrt nach Mekka, sein Grab in Damaskus ist heute ein Wallfahrtsort. Arabis poetisches Hauptwerk mit dem Titel »Der Übersetzer der Sehnsüchte«, von dem bisher nur wenige Auszüge zu lesen waren, erscheint hier erstmals vollständig auf Deutsch. Stefan Weidner, bekannt für seine Übersetzungen arabischer Poesie, zeigt mit dieser an heutigen poetischen Verfahren geschulten Übertragung, wie modern und freizügig diese Gedichte sind. Religion und Eros verschmelzen zu einem Ganzen und laden einander symbolisch auf. Die vordergründig einfache Sprache führt den Leser in unerhörte theologische und erotische Vorstellungswelten, Tabus gibt es nicht. Anmerkungen und ein Nachwort, das die zeitgeschichtlichen Hintergründe und Deutungshorizonte erschließt, helfen dabei, die arabische Kultur mit diesem Band Gedichte von einer vergessenen Seite kennenzulernen.
Autorenporträt
1165 in Murcia geboren, 1240 in Damaskus gestorben, islamischer Gelehrter, Mystiker und Schriftsteller, wird wegen seines großen Einflusses auf die Entwicklung des Sufismus im arabischen Raum auch 'Der größte Meister' genannt. Auch seine Liebeslyrik wird dem Beinamen entsprechend verehrt. Er gilt als Anwalt religiöser Toleranz.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hymnisch bespricht Nico Bleutge die von Stefan Weidner ins Deutsche übertragenen Gedichte des im Jahre 1165 geborenen arabischen Dichters Ibn Arabi. "Wasserhell" erscheinen ihm die Gedichte des Lyrikers, den er als "Dichter der Liebe und der mystischen Verschmelzung" bezeichnet und der ihn hier mit auf eine Reise der großen religiösen und kulturellen Orte seiner Zeit mitnimmt. Mehr noch: Der Kritiker scheint geradezu die "ekstatische Bewegung" Arabis zu spüren, der das Gefühl mystischer Auslöschung durch Metaphern, Bilder, neue Sprachformen und gedankliche Schleifen spürbar machen will. In den meditativen Gedichten erkennt Bleutge nicht nur sufistische Anklänge, sondern auch geradezu moderne lyrische Spielarten. Viel Lob zollt der Kritiker neben Weidners Übertragung auch den "klugen" Kommentaren und der Einleitung, die eine Verbindung zwischen den Gedichten und der religiösen und politischen Situation der Gegenwart zieht.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.08.2016

O Irrland, o Gipfelstein
Ein Buch der Sehnsucht: Stefan Weidner hat die Gedichte
des Mystikers Ibn Arabi in ein sehr heutiges Deutsch übertragen
VON NICO BLEUTGE
Gelobt seien die Weber! Die arabische Dichtung des Mittelalters lebte weniger von der Lust am einzigartigen Bild als von Elementen einer Kunstsprache, die der Dichter stets aufs Neue variierte. Der Dichter als Wortknüpfer, als Jongleur von vorgeformtem Material. Eher nüchtern hat dies der Historiker Ibn Chaldun im 14. Jahrhundert beschrieben: „Die Methode der Dichter bezieht sich auf eine mentale Form. Wortreihen werden ausgewählt und dann im Geist in eine Art Raster hineingelegt, wie ein Baumeister den Ton in seine Form gießt und ein Weber die Wolle am Webstuhl knüpft.“
  Was für ein Glück, dass gerade die besten Dichter diese Vorstellung einfach unterliefen. Ibn Arabi war einer von ihnen, ein Dichter der Liebe und der mystischen Verschmelzung. Wenn er in seinen Versen die Geliebte beschwört, wird sie mal zur Gazelle, mal zu einem Tuch aus Seide, mal zu Sonne, Blitz oder Mond – ganz, wie es die überlieferten Bilder nahelegten. Zugleich aber ist seine Sprache so fein, dass selbst die Speichelbläschen auf den Lippen der Geliebten sichtbar werden und die Atmosphäre sich verwandelt: „Blitze erleuchteten uns im blitzland / donner krachte uns zwischen den rippen.“
  In einer schön gemachten Ausgabe kann man Ibn Arabis Versen jetzt auf Deutsch nachlauschen. Mehr als 60 wasserhelle Gedichte gilt es zu entdecken, die der Autor und Übersetzer Stefan Weidner mit einer großartigen Einleitung und klugen Kommentaren versehen hat. Ibn Arabi wurde im Jahr 1165 christlicher Zeit als Sohn eines Militärs in Murcia geboren. Seine Familie gehörte zur Oberschicht; früh begann er den Koran zu studieren und las die arabischen Dichter. Doch ebenso bald suchte er sich seinen eigenen Weg: den Weg eines Sufis. Die islamische Spielart der Mystik war in ihren Ideen und sprachlichen Mitteln auch Vorbild für die christlichen Mystiker des Mittelalters. So, wie Arabi in seiner Dichtung die überkommenen Muster mit neuer poetischer Energie auflud und von einem Einfall zum nächsten sprang, war er als Reisender in Europa und der arabischen Welt unterwegs. Granada, Tunis, Damaskus, Mekka, Bagdad, Jerusalem – es gibt kaum einen der großen kulturellen und religiösen Orte dieser Zeit, an dem er nicht seine Spuren hinterlassen hätte.
  Seine Suche galt der mystischen Verschmelzung, dem großen Traum, die Welt des Sichtbaren zu übersteigen. Die Erfahrung des Anderen, es mag sich um Gott handeln oder um die Liebe, ist so etwas wie die dunkle Essenz jeder mystischen Erfahrung. Eine Erfahrung, die so umfassend ist, dass sie alle überlieferten Vorstellungen sprengt, wie sie ein Denken in bloßen Gegensätzen bereithält: Denken und Fühlen, Licht und Schatten, Gut und Böse, Wirklichkeit und Möglichkeit. Damit aber wird die Erfahrung zu einem Problem für die Sprache. Sie untergräbt alle Wege der vermittelnden Sprache, ist doch jeder Begriff eingespannt in ein Netz von Dualitäten und setzt immer schon Grenzen.
  Um das Faszinosum der mystischen Auslöschung aber wenigstens teilen zu können, haben die Mystikerinnen und Mystiker schon immer nach Sprachformen gesucht, in denen Momente dieser Erfahrung verwahrt sind. Sie arbeiten mit Paradoxien, Fragen und gedanklichen Schleifen, um etwas von der Widersprüchlichkeit der ekstatischen Bewegung zu zeigen. Sie verwenden Metaphern und Vergleiche, auf dass die Bilder spürbar machen, was sich am Ende doch nicht aussprechen lässt. Vor allem aber greifen sie zu Litaneien und anderen Figuren der Wiederholung. So wird der meditative Charakter der mystischen Erfahrung in die Form des Sprechens eingesenkt.
  All diese Momente finden sich in Ibn Arabis Gedichten wieder. Der große schwedische Dichter Gunnar Ekelöf schrieb einmal, Arabis Lyrik gleiche „einer dunklen Nacht mit Duft von Rosen und Jasmin, Geistern, die in den Kronen der Palmen flüstern, Mondglanz auf nachtschwarzen Wassern“. Und es stimmt. Als „Samariter des Nu“ stellt Arabi den Sprecher seiner Gedichte vor, als Suchenden des einen Augenblicks, in dem die Zeit aufgehoben zu sein scheint und das Ich völlig blank dem Anderen begegnet. Dazu benutzt er poetische Mittel, die ihn mitten in unsere späte Moderne stellen. Ob es sich um einen Wechsel des Sprechers handelt, um Sprachspiele oder selbstreflexive Einschübe, ob Arabi Dialoge in die Verse einbaut, mit Tautologien spielt oder Wiederholungen feiert – in seinen besten Zeilen vermischen sich auf wundersame Weise Anrufung und Klage, Beschreibung und Sprachzauber.
  Dabei hebelt er traditionelle Vorstellungen einfach aus. Um die ersehnte Verschmelzung mit Gott sinnlich beschreiben zu können, griffen die Mystiker zu einer erotischen Sprache. Das Raffinement – und zugleich das Neue – bei Ibn Arabi besteht Stefan Weidner zufolge darin, dass er dieses Verhältnis umdreht. Bei ihm dient die religiöse Bildlichkeit dazu, die Geliebte und die Sehnsucht nach ihr zu inszenieren. Das klingt durchaus plausibel. Vielleicht muss man die beiden Sphären aber auch gar nicht in eine hierarchische Ordnung bringen. Wer in den Gedichten liest, bekommt sehr schnell den Eindruck: Das eine lässt sich vom anderen gar nicht trennen, ja, religiöse und erotische Sprache verweisen hier gegenseitig aufeinander. „zuweilen heiß ich hirte / von gazellen der wüste zuweilen / mönch zuweilen auch astrolog // dreifältig ist die geliebte und gleich / zeitig eins wie die wesenheiten / gottes nur eine sind“.
  Wie kann man diese Sprache, wie kann man die Motive, Rhythmen und Klänge des altarabischen Langgedichts, der Kasside, übersetzen? Stefan Weidner nutzt alle Mittel, die ihm die Lyrik der Gegenwart an die Hand gibt, und holt die Gedichte so in unsere Zeit. Hier verschiebt er einen Reim, dort greift er zu einer Redewendung, beschleunigt den Rhythmus oder schneidet Töne gegeneinander, bis am Ende die Sprache lebt. Vor allem aber fängt er Ibn Arabis Lust ein, mit der Sprache zu spielen, indem er Bedeutungen auffächert und Figuren aus Klang baut: „An der biegung zwischen den schwarz / weißen bergen ist das stelldichein / lass niederknien die tiere wir sind da // such bloß nicht weiter ruf nicht mehr / o Irrland o quellland o gipfelstein“.
  Weit mehr als nur ein „simpler Trick“ indes ist seine Entscheidung, die Langzeilen der Kasside, die aus je zwei Halbversen bestehen, in kurzzeilige Strophen umzuformen. Auch wenn die schriftliche Fixierung etwas Nachträgliches ist: Im Laufe der Jahrhunderte haben sich Lese- und Schreibgewohnheiten entwickelt. Ist es da nicht ein sehr großer Unterschied, ob man sich dem schwingenden Rhythmus einer langen Zeile anvertraut oder den schnellen Schnitten und Zeilensprüngen kurzer Strophen? Diese Frage lässt der Übersetzer offen. Was er aber aus der kurzen Zeile hervorzaubert, hat es in sich. Bisweilen verwandelt er Ibn Arabis Langzeilen in scharf geschnittene Säulen, dann wieder schiebt er einen Block mit festem Reim und Metrum ein.
  Man braucht ein bisschen, um in diese Sprachwelt einzutauchen. Hat man es aber geschafft, kann man staunend zusehen, wie die Sinnlichkeit der Körper ins Spiel der Rhythmen und Laute einwandert: „sie zückt mit jedem blick / den degen gegen dich und zeigt / dir lächelnd zähne die / wie blitze schlagen“. Kein Wunder, dass Stefan Weidner diese Gedichte mit der politischen und religiösen Situation unserer Tage kurzschließt. In ihrer grenzsprengenden Kraft entziehen sie sich jedem Hang zu „Engstirnigkeit“ und Kontrolle.
Ibn Arabi: Der Übersetzer der Sehnsüchte. Gedichte. Aus dem Arabischen übersetzt, kommentiert und mit einer Einführung versehen von Stefan Weidner. Jung und Jung Verlag, Salzburg und Wien 2016. 178 Seiten, 25 Euro.
Die mystische Erfahrung
untergräbt alle Wege
der vermittelnden Sprache
„sie zückt mit jedem blick /
den degen gegen dich und zeigt /
dir lächelnd zähne“
Er suchte Sprache für die Feier der Geliebten: Ibn Arabi in einer Darstellung des 19. Jahrhunderts.
Foto: dpa
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