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Respektlos, scharfsinnig und voll abgründigem Witz - ein neuer Gedichtband von Charles Simic
Charles Simic ist einer der großen Lyriker unserer Zeit und einer der feinfühligsten Chronisten des Menschseins. Seine Dichtung ist einzigartig in ihrer Verbindung von Witz und Melancholie, ihrer tiefen Empathie, die selbst der Fliege gilt: "In einem Palast solltest du leben wie ein König / Und nicht auf meiner Küchenwand zittern." Geboren in einem Land, das es nicht mehr gibt, hat es den Dichter im Leben herumgetrieben und er lernte die Gerechtigkeit als "eine blinde Dame" kennen. Was er dabei nie…mehr

Produktbeschreibung
Respektlos, scharfsinnig und voll abgründigem Witz - ein neuer Gedichtband von Charles Simic

Charles Simic ist einer der großen Lyriker unserer Zeit und einer der feinfühligsten Chronisten des Menschseins. Seine Dichtung ist einzigartig in ihrer Verbindung von Witz und Melancholie, ihrer tiefen Empathie, die selbst der Fliege gilt: "In einem Palast solltest du leben wie ein König / Und nicht auf meiner Küchenwand zittern." Geboren in einem Land, das es nicht mehr gibt, hat es den Dichter im Leben herumgetrieben und er lernte die Gerechtigkeit als "eine blinde Dame" kennen. Was er dabei nie verloren hat, ist die Lust durch die Straßen zu streifen, um das gewöhnliche Leben zu beobachten. Jedes Bild ist ein "kleines Universum für sich". Dieser Band versammelt Simics schönste Gedichte der letzten Jahre.
Autorenporträt
Charles Simic, 1938 in Belgrad geboren und 2023 in Dover, New Hampshire, gestorben, kam 1954 in die USA. Er war Professor der Universität New Hampshire, wo er seit 1973 lehrte. Er hat etwa 20 Gedichtbände veröffentlicht, die vielfach ausgezeichnet wurden, u.a. mit dem Pulitzer-Preis. Zuletzt erschienen bei Hanser Picknick in der Nacht (Gedichte, 2016) und Im Dunkeln gekritzelt (Gedichte, 2022).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.01.2023

Flirten ist sein Gebet
Charles Simics letzte Gedichte

Jetzt, da Charles Simic gestorben ist, scheint es, als seien seine jüngsten Gedichte von Vorahnungen durchzogen, als seien sie als eine Einübung in den Tod zu verstehen. So spricht das erste Gedicht im Band "Im Dunkeln gekritzelt" davon, wie sich der Dichter jede Nacht mit Worten zudeckt - in "Erwartung des großen Schwamms", der ihn, allen Worten zum Trotz, irgendwann auswischen wird.

Dichterischer Ruhm schützt nicht vor Sterblichkeit. Das weiß auch der Leichenbestatter mit seinem Butterbrötchen in der Hand, der in "Alle vom Dunkeln verschluckt" auftaucht. "Fürchtet Charles Simic den Tod?" heißt es schließlich, fast 150 Seiten später in "Nächtliches Quiz" ganz explizit: "Ja, Charles Simic fürchtet den Tod. / Betet er zum Herrn da oben? / Nein, er schäkert mit seiner Frau." Simics letzte Gedichte haben nichts Trotziges an sich; er hadert nicht mit der eigenen Sterblichkeit und auch nicht mit Gott. Fragen der Metaphysik beschäftigen ihn seit seinem ersten Gedichtband von 1967. Nur sucht er die Antworten nicht in der Bibel, sondern auf den Straßen Manhattans: Das Brötchen des Leichenbestatters ist seine Hostie, das Flirten mit der eigenen Frau sein Gebet.

Das sinnliche, fleischliche Moment ist in Charles Simics letzten Gedichtbänden allerdings merklich zurückgetreten: Das Essen und der Sex spielen kaum noch eine Nebenrolle in "Im Dunkeln gekritzelt". "Scribbled in the Dark" erschien im Original 2017, da war Simic 79 Jahre alt. Das nun unter diesem Titel auf Deutsch vorliegende Buch enthält auch den zwei Jahre später publizierten Band "Komm her und hör zu", "Come closer and listen". Wiebke Meier und Michael Krüger haben als Übersetzer solide Arbeit geleistet, wobei die Schwierigkeit beim Übersetzen von Simics Gedichten darin liegt, den lakonischen Sound zu treffen. Das hat mit Rhythmus zu tun, mit Vokalverteilung, und wenn auch die englischen Originale dem Band nicht beigegeben sind, so hat man doch den Eindruck, als sei Meier und Krüger eine weitestgehende Annäherung gelungen.

Nur verspürt man in den deutschen Fassungen - und das gilt für die Übersetzung aller amerikanischen Dichtung in der Tradition von William Carlos Williams - immer einen Mangel, der eigentlich ein Zuviel ist: Als würde man mit den kürzeren englischen Wörtern dem Geheimnis des Lebens und Sterbens näher kommen als mit den längeren deutschen, als ließe sich die Antwort auf die große Frage nach dem "Wer sind wir" und "Wohin gehen wir", zumindest in der Dichtung, eher mittels Minimalismus und Reduktion finden. Das Wesentliche stellt man sich knapp und kurz vor.

Das heißt natürlich nicht, dass "Im Dunkeln gekritzelt" durchgehend neues Licht auf alte Fragen wirft. Leider wirken viele der Texte in dem Doppelband wirklich nur dahingekritzelt. In die Lakonie schleicht sich hier und da ein schiefes Pathos ein, manchmal auch wirken die Metaphern etwas zu dick aufgetragen, so etwa in "Letzte Wette für die Nacht": "Einen letzten Gedanken wetten / Gegen das Universum, / Den einen auf diesen Moment, / Den ich durchlebe, / Der alles ist, was wahr ist, / Mit klopfendem Herzen / Einen weiteren Chip setzen / Auf dem riesigen, unbewachten / Spieltisch dieser dunklen Nacht."

Charles Simic hat viel und schnell geschrieben in den langen Nächten, die er durch die Stadt gestromert ist. 2022 erschien "No Land in Sight". Das Eröffnungsgedicht führt noch einmal vor, welch ungeheure Musikalität die englische Sprache auf engstem Raum entfalten kann, und es zeigt Simics Meisterschaft, vom Kleinen aufs große Ganze zu schließen, von einer Fliege, die vor einer Fensterfront dahinkriecht auf jene bedauernswerten winzigen Wesen in der Tiefe der Straße, die ohne Flügel vorankommen müssen: "Sickly fly, taking slow, painful steps / On a high and narrow parapet, / Past a long row of tall windows / With a view of the jagged skyline / And the sun setting beyond it / indifferent to your plight, / Where to turn for help as the wind / Comes gusting off the Hudson River / Eager to sweep you off your feet / And make you crawl wingless / On some poorly lit street below / Along with others down on their luck." TOBIAS LEHMKUHL

Charles Simic: "Im Dunkeln gekritzelt".

Aus dem amerikanischen Englisch von Wiebke Meier und Michael Krüger. Hanser Verlag, München 2022. 164 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Charles Simic war ein Meister der Induktion, schwärmt Rezensent Tobias Lehmkuhl. Von den letzten Gedichten des vorgestern verstorbenen Amerikaners gefällt ihm besonders der poetische Vergleich zwischen einer Fliege und den Menschen, die von einem Skyscraper aus betrachtet werden. Aber nicht nur die großen Bilder auf kleinem Raum (die für Lehmkuhl in diesem Band Simics Ahnung seines Ende besonders spüren lassen), sondern auch die Musikalität der Sprache rühren den Rezensenten - um einschränkend darauf hinzuweisen, dass die Übersetzung von Lyrik immer eine Gratwanderung ist: Entweder wird zu viel oder zu wenig des Guten getan. Mit einigem Verständnis für die beiden Übersetzer bedauert Lehmkuhl, dass in diesem Fall oft "zu dick aufgetragen" wurde.

© Perlentaucher Medien GmbH