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EINE DER UNHEIMLICHSTEN GESTALTEN DER RÖMISCHEN GESCHICHTE - WERNER DAHLHEIMS MEISTERHAFTE BIOGRAPHIE
An den Iden des März 44 v.Chr. fällt Caesar unter den Dolchen seiner Mörder. Sein Erbe ist Octavian - ein blutjunger Mann, unerfahren in Politik und Krieg. Auf ihn warten 15 Jahre Bürgerkrieg, in denen er erst ums Überleben, dann um die Einheit des Imperiums kämpfen muss. Mit seinem Sieg über alle Nebenbuhler beginnt er, als Augustus die Welt neu zu ordnen und ein ganzes Zeitalter zu prägen. Als er im Alter von 76 Jahren stirbt, zweifelten vom Atlantik bis zum Euphrat nur noch wenige, dass…mehr

Produktbeschreibung
EINE DER UNHEIMLICHSTEN GESTALTEN DER RÖMISCHEN GESCHICHTE - WERNER DAHLHEIMS MEISTERHAFTE BIOGRAPHIE

An den Iden des März 44 v.Chr. fällt Caesar unter den Dolchen seiner Mörder. Sein Erbe ist Octavian - ein blutjunger Mann, unerfahren in Politik und Krieg. Auf ihn warten 15 Jahre Bürgerkrieg, in denen er erst ums Überleben, dann um die Einheit des Imperiums kämpfen muss. Mit seinem Sieg über alle Nebenbuhler beginnt er, als Augustus die Welt neu zu ordnen und ein ganzes Zeitalter zu prägen. Als er im Alter von 76 Jahren stirbt, zweifelten vom Atlantik bis zum Euphrat nur noch wenige, dass er den Frieden und das allgemeine Glück für immer auf die Erde zurückgebracht hatte.

Werner Dahlheim, einer der großen Erzähler unter den deutschen Historikern, entwirft ein grandioses Bild einer Epoche von Glanz und Elend: Er führt einen Herrscher vor, der sich mit Feuer und Schwert den Weg zur Macht bahnte und Nachsicht nur kannte, wenn sie ihm nützte. Er blickt auf Jahrzehnte, die durch die Werke ihrer Dichter, Bildhauer und Baumeister bis heute leuchten. Er verweist auf einen Imperialisten, der das Imperium mehrte wie kein zweiter Römer. Und er erklärt, warum die Christen - von den Erben des Augustus als Verbrecher verfolgt - jenen ersten römischen Kaiser ehrten, dem Gott die absolute Macht verlieh, als er seinen Sohn Mensch werden hieß.

"Lebendige, vielschichtige (...) Nahperspektive" Aloys Winterling, Süddeutsche Zeitung
Autorenporträt
Werner Dahlheim ist emeritierter Professor für Alte Geschichte an der Technischen Universität Berlin und Spezialist für römische Geschichte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.09.2010

Er lernte früh, Haken zu schlagen, Mord und Totschlag zu planen, Terror zu üben

Werner Dahlheims Buch über Augustus fragt nach den Umständen, die dem Begründer der römischen Monarchie einen Platz in der Heilsgeschichte sicherten.

Welchen Stempel drückt Werner Dahlheim seinem Protagonisten Augustus auf? Zum Glück versucht er nicht, durch extravagante Thesen hervorzutreten. Über Augustus hat sich so etwas wie ein wissenschaftlicher Konsens herausgebildet; Dahlheim klammert deshalb die strittigen Fragen aus, bietet eine durchaus konventionelle Gliederung und vermeidet die verfremdende Intellektualisierung. Sein Hauptinstrument ist die Sprache. Der friedlosen, heroischen, von höchsten Ansprüchen und grenzenloser Egomanie ihrer Führer gekennzeichneten Welt einer sich vulkanisch verausgabenden und dabei die halbe Welt in Brand setzenden Republik verwandelt er den Stil an. Er schreibt hart, nüchtern, wie für die Ewigkeit und zugleich gespickt mit brillanten Aperçus über ein Rom, "das ein Weltreich gewonnen, aber die Fähigkeit verloren hatte, sich darin zurechtzufinden".

Die kenntnisreichen, doch narrativ nicht ausufernden Kapitel folgen zunächst den Etappen der Machteroberung und Machtsicherung durch alle Krisen hindurch; daran schließen sich eher thematische Stücke: "Die Gesichter der Macht", "Die Wiederkehr des Goldenen Zeitalters", "Herr über Krieg und Frieden", "Das Reich und seine Diener". Ein kurzes Stück berichtet von den letzten Jahren, dann weitet sich der Blick wieder. Dahlheim, der immer wieder den Princeps als Heiland - im Horizont dessen, was der Begriff für Menschen der damaligen Zeit bedeuten konnte - herausgestellt hat, skizziert nun, wie die Christen aus dem zeitlichen Zusammenfallen von Augustus' Herrschaft und Jesu Geburt einen Sinn destillierten, der dem Begründer der römischen Monarchie einen Platz in der Heilsgeschichte sicherte.

Dahlheim urteilt als ein Historiker, der sein herrscherliches Temperament weder verleugnen kann noch will. Nicht verschwiegen wird die Bigotterie des monarchischen Sittenwächters, dessen stets waches Misstrauen biographisch erklärt: Augustus habe "vom ersten Tag seines politischen Aufstiegs an lernen müssen, Haken zu schlagen, Mord und Totschlag zu planen, kalten Herzens Terror zu üben und zu lügen und zu betrügen, wann immer es ihm nützlich erschien". Die Geschichte saß ihm im Nacken, weil die alte Ordnung zwar gescheitert, aber keine neue denkbar war, der die alte nicht mindestens als Referenz diente. Deshalb war die rechtliche Einkleidung der Herrschaft auch "kein Akt mildtätiger Heuchelei".

Am Ende eines Herrscherlebens Bilanz zu ziehen, also die Zeit kurz anzuhalten, ist gewiss nicht weniger willkürlich, als dies in einem beliebigen anderen Moment zu tun. Es ist aber auch nicht unvernünftig. Doch die Wertungen, die Tacitus als Sprecher einer in seinen Augen gekrümmten Aristokratie im bekannten "Totengericht" den Zaungästen von Augustus' Begräbnis in den Mund legte, verfehlen das Gros der Wirklichkeit.

Dahlheim hört auf die vielen in Rom, Italien und dem Reich, die am Ende den zu den Göttern erhobenen Princeps ehrlich betrauerten, und spricht in ihrem Namen von einem kaum zu messenden Erfolg, nämlich der lange währenden Befriedung der römischen Welt, welche die Usurpation der Macht auf lange Sicht annehmbar machte. Immer weniger Menschen zweifelten daran, dass der Friede und das allgemeine Glück für immer auf die Erde zurückgekehrt waren. Dieses Maß an Zustimmung beantwortet für den Autor die Frage nach der Legitimität der Herrschaft des Augustus eindeutig. Doch bevor solche Urteile sub specie aeternitatis formuliert werden, entfaltet Dahlheim ein Leben, dessen einzige gerade Linie der nie zu brechende Wille des Hauptakteurs war, sich zu behaupten.

Gar keine Einwände? Doch. Bestrebt, den Akteuren möglichst nahezukommen, zugleich dann aber doch die Urteilssouveränität eines wenn nicht alles, so doch vieles wissenden Historikers beanspruchend, vergaloppiert sich Dahlheim hier und da. "In der Brust des kaltschnäuzigen neuen Caesar begann in seinem 28. Lebensjahr ein Herz zu schlagen, das sich für das Wohlergehen seiner Mitbürger erwärmte." Woher weiß er das? Den kleinen Leuten räumt der Autor wenig Ehre ein. Vor Zeiten hatten bürgerliche Historiker vielleicht noch Anlass, in den Massen vergangener Epochen das rote Gespenst oder die entfesselte Soldateska ihrer eigenen Zeit zu bekämpfen.

Aber heute? Bei Dahlheim gibt es noch Soldaten- und Offiziersräte, und als der Lärm der Waffen nach dem Bürgerkrieg verstummt war, hörte man "über lange Jahre hin das Schmatzen der Sieger, die ihren Raub verzehrten". Das hauptstädtische Proletariat "war überzeugt, Kaiser, Senatoren und Notabeln seien dazu da, ihm das Leben angenehm, unterhaltsam und sorgenfrei zu machen" - abgesehen davon, dass diese Behauptung sachlich unhaltbar ist, liest sie sich vor dem Hintergrund aktueller Debatten etwas seltsam.

Doch an anderer Stelle wieder mit das Beste, was ein Historiker beim Leser auslösen kann: Stutzen, spontanes Nicken, Nachdenken, am Ende geklärte Zustimmung: "Von der Sonne Andalusiens bis zu den Nebeln des Nordmeeres hatte das römische Schwert nicht die stolzen Pforten eines Paradieses, sondern die morschen Türen eines Armenhauses gesprengt." Genau. Aber ist das nicht ein ideologischer Satz, der jeden Imperialismus zu rechtfertigen geeignet ist? Stimmt auch wieder. Aber falsch ist es trotzdem nicht. Für diesen Moment der Irritation - und viele andere - verdient Dahlheim großen Dank. Zumal er ihn fand, ohne zu verbrennen.

Doch ungeachtet mancher Anverwandlung durch Begriffe im Stile Mommsens (von Soldatenräten ist die Rede, von Agrippa als erstem Seelord, der Großen Armee des Partherfeldzugs und der Propaganda der Dichter und Denkmäler) - sichtbar wird, wie eigenartig, kalt auch diese römische Welt der Adligen und Legionäre war und wie Siege, Beute und der sich aus beidem speisende Ehrgeiz die aristokratische Republik zerstörten.

Der Autor folgt der gängigen Evolution: Der junge Caesar ist Aufrührer und Terrorist "mit höllischer Präzision", doch gelingt es ihm, seine nach dem Bürgerkrieg gewaltige, gleichwohl nicht ungefährdete Macht in anerkannte Herrschaft zu verwandeln, um am Ende mit Geschick und Glück, durch Inszenierungen gezielt befördert, doch ohne Anker in der Wirklichkeit undenkbar, für das Reich zum Heiland zu werden. "In einer Mischung aus Glauben und Zuversicht zweifelten immer weniger Menschen daran, dass er den Frieden und das allgemeine Glück für immer auf die Erde zurückgebracht hatte. Dieses Maß an Zustimmung beantwortet auch die Frage nach der Legitimität der Herrschaft des Augustus."

Dessen Bemühungen, die Geschichte Roms und des Erdkreises zur Heilsgeschichte zu erhöhen, spiegelt Werner Dahlheim in der christlichen Geschichtsdeutung, die Augustus einen wichtigen Platz zuwies: Die Gnade, Zeitgenosse Jesu gewesen zu sein, konnte zum Zeichen der Erwählung durch einen anderen, dem Kaiser fremden Gott werden. Auch wer bisweilen mit dem Autor streiten möchte, etwa wegen allzu abschätzigen Redens über die Soldaten und die kleinen Leute, legt doch dieses glänzend geschriebene und mit meist wenig bekannten Bildzeugnissen der Rezeptionsgeschichte illustrierte Buch reich belehrt und dankbar aus der Hand.

UWE WALTER

Werner Dahlheim: "Augustus". Aufrührer - Herrscher - Heiland. Eine Biographie. Verlag C. H. Beck, München 2010. 448 S., 33 Abb., 11 Karten, geb., 26,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.12.2010

Der Usurpator heiratet die Republik
Die Macht der Vergangenheit: Und es begab sich also zu der Zeit, dass gleich zwei neue Bücher über Kaiser Augustus erschienen
Gibt es heute zu viele historische Biographien? Manch einer erinnert sich noch an die Zeit, als in der Geschichtswissenschaft Skrupel herrschten ob dieser Art der Aneignung von Vergangenheit: Sie standen für personalistische Reduktion und Ereignisgeschichte („Große Männer machen Geschichte“), für Ignoranz gegenüber gesellschaftlichen Strukturen, die sich der Einsicht und Steuerbarkeit seitens der Akteure entziehen, für psychologische Anachronismen, die den Beschriebenen zwar oft attestierten, Kinder ihrer Zeit zu sein, die vor allem aber dokumentierten, dass dies auch für die Biographen galt.
Viel hat sich seitdem verändert. Struktur und Ereignis werden mittlerweile als zwei aufeinander bezogene Aspekte desselben historischen Verlaufs erkannt, Individuum und Gesellschaft als sich gegenseitig bedingende Sachverhalte. Eine historische Anthropologie, die auch Psyche und körperlichen Habitus als ihre Gegenstände erkennt und damit historisiert, hat der Beschreibung vergangener Menschen – jenseits unkontrollierbarer „Intuition“ – methodisch den Boden bereitet. In der Alten Geschichte hat Christian Meiers „Caesar“ (1993) gezeigt, dass unter den Bedingungen einer schwierigen Quellenlage komplexe gesellschaftliche und politische Strukturanalysen die Voraussetzungen schaffen, um historische Personen anhand der Spielräume und Limitierungen ihres Handelns verstehen und angemessen würdigen zu können.
Die beiden neu erschienene Biographien des Augustus, Adoptivsohn Caesars und Begründer des römischen Kaisertums, unterscheiden sich in vielem, haben aber doch eine grundlegende Gemeinsamkeit. Zvi Yavetz, international renommierter israelischer Althistoriker, beschreibt im ersten Teil seines Buches überblicksartig die Ereignisgeschichte von der testamentarischen Adoption des 18-jährigen Oktavian im Jahre 44 v. Chr. bis zum Tod des seit 27 v. Chr. Augustus genannten Alleinherrschers im Jahre 14 n. Chr. Weitere Teile behandeln die gesellschaftlichen Verhältnisse der Zeit sowie seine Persönlichkeit im Spiegel zeitgenössischer Schriften.
Yavetz schreibt kenntnisreich, aber merkwürdig unentschlossen. Der auffällige Gegensatz zwischen der Zeit der Bürgerkriege nach Caesars Tod, als der junge Oktavian sich durch außergewöhnliche Skrupellosigkeit und Brutalität im Kampf um die Macht auszeichnete, und der Zeit nach 27 v. Chr., als er seine im Bürgerkrieg errungenen Gewalten offiziell niederlegte und fortan als zurückhaltender „Princeps“ dem Kaisertum den Weg bereitete, wird zwar betont, nicht aber erklärt. Was bedeutete diese außergewöhnliche Art der Inszenierung von Alleinherrschaft? Yavetz weist einerseits die älteren staatsrechtlichen Sichtweisen zurück, bietet aber keine wirklichen Alternativen an. Eine gesellschaftsgeschichtliche Interpretation der Stellung des Kaisers (im Sinne Ronald Symes) wird verschiedentlich angedeutet, aber nicht ausgeführt. So bleibt es bei dem üblichen „Sowohl als auch“, mit dem die Stellung des ersten Kaisers schon häufig beschrieben worden ist: uneingeschränkte Herrschaft einerseits, äußerlich bescheidene Zurückhaltung gegenüber der Aristokratie andererseits. Warum entstand keine ordentliche Monarchie, wie wir sie sonst aus der Weltgeschichte kennen? Warum erbat sich Augustus am Ende seines Lebens von seinen engsten Vertrauten Applaus, wie er einem Komödianten zukommt, der von der Bühne abtritt?
Yavetz sieht durchaus die Probleme – und umschreibt sie durch humorvolle Anekdoten, witzige Bonmots und geistreiche Agnostizismen. Als leichte Kost ist sein Buch zu empfehlen. Ärgerlich ist nur, dass der Umschlagtext innovativen wissenschaftlichen Anspruch suggeriert. Dabei hört die zur Kenntnis genommene Forschung in den 1970er Jahren auf. Das Buch ist offensichtlich schon vor längerer Zeit geschrieben und erst jetzt übersetzt worden, worüber der Leser jedoch keinerlei Aufklärung bekommt. Ärgerlich sind verlegerische Schlampereien: Die Endnoten sind teilweise durcheinandergeraten, manche sind überzählig; falsche Querverweise und sachliche Irrtümer fallen auf; ein Register fehlt.
Bei Werner Dahlheim, emeritierter Professor für Alte Geschichte der TU Berlin und Verfasser zweier Caesar-Biographien, trifft der Umschlagtext ins Schwarze: Er ist in der Tat „einer der großen Erzähler unter den deutschen Historikern“. Sein Buch zeichnet sich aus durch lebendige, vielschichtige Schilderungen, die die Zeit und ihre Akteure dem Leser gewissermaßen aus der Nahperspektive vertraut machen. Auf der Höhe der Forschung, gewürzt mit aufschlussreichen Zitaten der antiken Quellen, klar gegliedert und plausibel argumentierend wird ebenfalls die Zeit von der Ermordung Caesars bis zum Tod des Augustus behandelt.
Vor allem die ersten Kapitel bis zum Sieg des Oktavian über Antonius in der Seeschlacht bei Aktium 31 v. Chr. haben den Charakter einer auf das reichsweite Kriegsgeschehen konzentrierten, fesselnden politischen Geschichte, die zwar strukturgeschichtlich informiert ist, Strukturen selbst aber nicht zum Thema macht. Dafür betont Dahlheim die Kontingenz und Unwägbarkeit des historischen Verlaufs für die Akteure, was ihn zu interessanten neuen Deutungen führt, etwa bei der Einschätzung der Situation der Caesarmörder Brutus und Cassius vor der Schlacht bei Philippi.
Anschaulich wird über die berühmten Szenen im Januar des Jahres 27 v. Chr. berichtet, als der erfolgreiche Usurpator und Militärdespot Oktavian vor dem Senat seine im Bürgerkrieg errungenen Sondergewalten niederlegte und – so schreibt er in seinem Tatenbericht – die res publica dem freien Ermessen von Senat und Volk übergab. Er stellte damit formal die alte Adelsrepublik wieder her. Im Gegenzug wurde ihm die Befehlsgewalt über die Provinzen, in denen die wichtigen Armeeverbände standen, verliehen. Das bedeutete: Sein im Bürgerkrieg errungenes Monopol der militärischen Gewalt, auf der seine überragende Machtstellung basierte, wurde in den Formen des traditionellen Rechts legitimiert. Dahlheim spricht von dem „Gründungsakt der Monarchie als Hochzeit des Usurpators mit der Republik“ und stellt die Vielschichtigkeit dieses merkwürdigen, paradoxen Vorgangs heraus: Es war kein Betrugsmanöver, vielmehr basierte der Erfolg des Schauspiels darauf, dass es alle durchschauten. Der militärische Machthaber ließ sich von den republikanischen Gremien die Rechtmäßigkeit seiner Stellung bestätigen – und dokumentierte dadurch, dass seiner Stellung sonst jegliche Rechtmäßigkeit fehlte. Der Senat inszenierte sich als Quelle aller legalen politischen Gewalt – und zementierte durch die Bestätigung des Militärherrschers seine politische Machtlosigkeit. Man hätte gern Genaueres zu den strukturellen Hintergründen dieser Paradoxien erfahren. Dahlheim erklärt die Situation aus der „Macht der Vergangenheit“, verweist auf die aristokratische Struktur der Gesellschaft und stellt den Aspekt der Stabilisierung der Alleinherrschaft in den Vordergrund.
Die Folgezeit behandelt er anhand verschiedener Themenfelder: Kurz geht es um Familie und Berater des Kaisers, ausführlicher um die Repräsentation seiner Stellung in Bauten und bildlichen Darstellungen sowie um ihren Reflex in der zeitgenössischen Dichtung. Die Reformen des Militärs, die Eroberungskriege an Rhein und Donau sowie die Organisation und Verwaltung der Provinzen werden gewürdigt. Bei den innerrömischen Entwicklungen stehen die anfängliche Labilität und die dann zunehmende Verfestigung der monarchischen Position, schließlich die im Laufe der Zeit immer wichtiger werdende Frage der Nachfolge im Vordergrund. Dahlheim hält, ausgehend von zeitgenössischen Urteilen, die Herstellung und Sicherung des dauerhaften reichsweiten Friedens für die wichtigste historische Leistung des Kaisers und zeigt in einem eigenen Kapitel, wie seine Herrschaft in der christlichen Überlieferung schon früh als gottgewollte Voraussetzung der Geburt Jesu Christi heilsgeschichtlich gedeutet wurde.
Und Augustus als Person? Beide Autoren geben auf der Basis von Quellenzeugnissen und eigenen Einschätzungen in den Schlussabschnitten ihrer Bücher Urteile über ihn ab. So unterschiedlich und widersprüchlich diese sind (von „kalter Logik“ über „Jähzorn“ und „Großzügigkeit“ bis zu „Heuchelei“ und „Misstrauen“), gemeinsam ist ihnen, dass sie gewissermaßen metahistorisch formuliert werden, das heißt in Kategorien, die auch auf moderne Personen anwendbar wären. Fragen nach der spezifisch aristokratischen Mentalität im antiken Rom, durch die das Handeln des Kaisers erklärt oder der gegenüber seine Besonderheiten profiliert werden könnten, werden nicht gestellt. So wird etwa sein im Kontext römischer Adelsethik nur als höchst seltsam einzustufender Verzicht auf die Manifestation seiner faktischen Macht durch sichtbaren Vorrang und alle anderen übertreffende Ehrungen nirgends als solcher thematisiert. Anders als von Biographien erwartbar, stehen die Wechselwirkungen zwischen der Person und ihrer Zeit bei keiner der beiden Arbeiten im Zentrum der Aufmerksamkeit. Dem entspricht, dass die Abschnitte über die Persönlichkeit des Kaisers weder aus den Schilderungen der Ereignisgeschichte plausibel gemacht, noch umgekehrt zu deren Verständnis herangezogen werden.
Zu viel historische Biographie derzeit? Vielleicht nehmen nur zu viele Bücher diesen Titel in Anspruch. Hier liegen zwei aufschlussreiche Darstellungen vor, deren Interesse – knapp und impressionistisch bei Yavetz, strukturgeschichtlich fundiert und beeindruckend erzählt bei Dahlheim – der spannenden, wechselvollen und historisch folgenreichen politischen Ereignisgeschichte der Zeit des Oktavian-Augustus gilt. ALOYS WINTERLING
ZVI YAVETZ: Kaiser Augustus. Eine Biographie, Reinbek bei Hamburg 2010. 398 Seiten, 24,90 Euro.
WERNER DAHLHEIM: Augustus. Aufrührer, Herrscher, Heiland. Eine Biographie, Verlag C. H. Beck, München 2001, 448 Seiten, 26,95 Euro.
Der Erfolg seiner Machtergreifung
beruhte darauf, dass alle das
Schauspiel durchschauten
Seltsam bleibt es, dass Augustus
auf sichtbaren Ausdruck seiner
Vorzugsstellung verzichtete
Im Jahr 15 v. Chr. gründete der Kaiser, damals der mächtigste Mann der Welt, die Provinzhauptstadt Augusta Vindelicorum. Seine Statue erfreut sich in Augsburg bis heute großer Beliebtheit.
Foto: dpa
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Gebührend beeindruckt ist der Rezensent Uwe Walter von dieser Darstellung des Lebens, des Werks und der Zeit des Kaisers Augustus. Am beeindrucktesten fast ist er von der Tatsache, dass er dem Verfasser Werner Dahlheim keineswegs immer zustimmt, aber noch im Widerspruch höchsten Respekt vor der Formulierungskunst und der Konsistenz seiner Position behält. Wenig etwa hat Dahlheim, so Walter, übrig für die niederen Schichten; recht unverbrüchlich steht er, wie ein Propagator des Reichs, zu Augustus, der dem Imperium Frieden brachte mit keineswegs friedfertigen Mitteln. Originell sei das eigentlich nicht, aber doch schlüssig und kompetent und voller "brillanter Apercus?. Gelegentlich weiß, kritisiert Walter, der Autor mehr übers Innenleben der Protagonisten, als er beim besten Willen wissen kann. Und doch ist der Rezensent am Ende ausdrücklich "reich belehrt? sowie "dankbar?.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Spannend erzählt!"
P.M.History