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Am 31. Mai 2020 würde Rainer Werner Fassbinder, cinephiler Autodidakt und Gigant des jungen deutschen Films der 1960er und 70er Jahre, seinen 75. Geburtstag feiern. Dass er bei seinem frühen Tod 1982 ein Oeuvre von 44 Filmen hinterließ, das in nur 17 Jahren entstand - vom Stadtstreicher (1966) bis zum posthum veröffentlichten Querelle (1982) -, ist dem unbedingten Ausdruckswillen dieses schöpferischen Berserkers und Selbstausbeuters zu verdanken, der zwischen der Poesie Brechts, der Eleganz Jean-Luc Godards und der Entdeckung des Profanen für die Kunst im Sinne Warhols oszilliert. Unser neuer…mehr

Produktbeschreibung
Am 31. Mai 2020 würde Rainer Werner Fassbinder, cinephiler Autodidakt und Gigant des jungen deutschen Films der 1960er und 70er Jahre, seinen 75. Geburtstag feiern. Dass er bei seinem frühen Tod 1982 ein Oeuvre von 44 Filmen hinterließ, das in nur 17 Jahren entstand - vom Stadtstreicher (1966) bis zum posthum veröffentlichten Querelle (1982) -, ist dem unbedingten Ausdruckswillen dieses schöpferischen Berserkers und Selbstausbeuters zu verdanken, der zwischen der Poesie Brechts, der Eleganz Jean-Luc Godards und der Entdeckung des Profanen für die Kunst im Sinne Warhols oszilliert. Unser neuer Band der "Bibliothek der Klassiker" versammelt 180 Bilder aus fast allen seinen Filmen und gibt Gelegenheit, Fassbinders Vermächtnis in einem Wiedersehen mit zahlreichen Wegbegleitern, deren Ruhm er mitbegründet hat, zu feiern. Der Filmhistoriker Hans Helmut Prinzler würdigt in seinem begleitenden Text das Schaffen dieses genialen Enfant terrible des deutschen Films, und John Waters, Kultregisseur und selbst ein Enfant terrible des amerikanischen Kinos, meldet sich mit einem Geburtstagsgruß zu Wort.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Verena Lueken kennt die Flut der Publikationen zu R. W. Fassbinder. Auf den Zweck dieser jüngsten ist sie entsprechend gespannt. Und tatsächlich entdeckt sie in diesem Band mit (echten oder gestellten) Filmstills aus Fassbinders Werk einen schönen, praktikablen Sinn: Wie die Aushangfotos im Kino vermögen es die Szenen laut Rezensentin, den Betrachter neugierig zu machen, ihn zu locken. Wer Fassbinder nicht kennt, wird Lust auf seine Filme bekommen, verspricht Lueken, und wer ihn kennt, den streift ein "Hauch der Erinnerung". Die Begleittexte von John Waters und anderen zu Fassbinders 75. tun, was sie tun sollen, sie begleiten die Bilder, lässt Lueken uns wissen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.08.2020

Diese Fotos sollten im Kopf herumlungern: Stills aus Fassbinders Filmen

Fünfundsiebzig Jahre alt wäre Rainer Werner Fassbinder in diesem Jahr geworden, und der Gedanke daran, was aus dem deutschen Film hätte werden können, wäre Fassbinder nicht schon seit achtunddreißig Jahren tot, hat viele immer wieder melancholisch gestimmt. Niemand war radikaler und ungemütlicher (und damit auch unterhaltsamer) als er, niemand litt an diesem Land wie er, niemand setzte sich ihm, seiner Geschichte und wie sie sich in der deutschen Seele abgesetzt hat, derart aus wie er. Wenn wir heute auf seine Filme schauen, dann mit einem historischen Blick. Nicht, weil sie nicht gut gealtert wären, das Gegenteil ist der Fall. Sondern weil sie Deutschland in einem Zustand zeigen, von dem aus wir erst dort angekommen sind, wo wir uns heute wiederfinden.

Fassbinder hat vor allem nach seinem Tod eine wahre Flut von Veröffentlichungen provoziert, Studien, Analysen, seine eigenen Schriften kamen heraus, seine Theaterstücke, die Drehbücher, Ausstellungskataloge und immer wieder Bildbände, über einzelne Filme und seine Serie "Berlin Alexanderplatz", über die Schauspielerinnen, die in seinen Filmen groß wurden, über sein Gesamtwerk. Kaum ein anderer deutscher Regisseur ist derartig erforscht und postum geehrt worden wie er. Und die Fassbinder Foundation und ihre Präsidentin Juliane Lorenz haben für eine vorbildliche digitale Werkedition gesorgt (und tun das weiterhin), die fast jeden seiner vierundvierzig Filme verfügbar macht, und das in zeitgemäßer 4K-Qualität.

Was also bleibt für noch ein Buch? Noch ein Bilderbuch, diesmal mit Film-Stills? Gibt es in Fassbinders Filmen noch etwas zu entdecken, das bisher von all den Autoren, die sich über ihn und sein Werk gebeugt haben, übersehen wurde? Ein Knicks vor einem anderen Großen, der nicht erkannt, ein Schmerz, der nicht erfasst, eine Wut, eine Liebe, ein Rausch, denen nicht nachgegangen wurde in den vergangenen Jahrzehnten? Sicher nicht übersehen wurde, dass er selbst sexy war, ein "Filmhengst, umgeben von lauter schlauen, begabten Frauen", wie John Waters in seinem überdrehten Geburtstagsgruß hervorhebt. Das ist schon anderen aufgefallen. Aber Waters betont auch, dass man in seinen Filmen nicht nur weinen, sondern oft auch lachen kann, und nicht immer sadistisch wie in "Martha", sondern oft auch einfach aus Freude an der Klugheit seiner Frauen, an einem Bildeinfall, einem bösen Dialog, einer Übertreibung hin zum Kitsch.

Es gibt mindestens eine Handvoll Bücher, die in einer Kombination von Fotos und Drehbuchdialogen die Filme Fassbinders nacherzählen. Film-Stills tun etwas anderes. Sie hingen in den Aushangkästen der Kinos, man ging vorbei, blieb stehen, um zu schauen und sich den Film vorzustellen, mindestens die dargestellte Szene. Diese Fotos, die am Set extra gestellt wurden, hatten nicht die Aufgabe, zu erzählen, sondern zu animieren. Lust zu machen, ins Kino zu gehen, und zwar in diesen Film. Für eine Weile in der Erinnerung herumzulungern, bis man tatsächlich im Kinosessel saß. Um dann möglicherweise festzustellen, dass die Szene, deren Bild Lust auf den Film machte, dort gar nicht vorkam.

In diesem Sinn ist auch dieses Buch zu verstehen: als Anregung und als Erinnerung. Ob es sich bei der Bildauswahl tatsächlich um Film-Stills im ursprünglichen Sinn handelt, darüber gibt es keine Auskunft über den Titel hinaus. Nehmen wir einmal an, es sei so. Denn tatsächlich funktioniert dieses Buch auf dieselbe Weise wie einst die Aushangfotos - als ein Teaser für alle, die Fassbinder kennenlernen wollen. Und als kurzer Hauch der Erinnerung für die anderen, die ihn längst kennen und immer wieder einmal schauen wollen, was da war. (lue).

R. W. Fassbinder: "Film Stills 1966-1982". Hrsg. von Juliane Lorenz und Lothar Schirmer. Mit Texten von John Waters, Hans Helmut Prinzler und Peter Handke.

Schirmer/Mosel Verlag, München 2020.

240 S., Abb., geb., 24,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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