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Siebzehn Jahre vergehen vom ersten Entwurf Raymond Roussel bis zur Publikation der Neuen Impressionen aus Afrika, dem letzten zu Lebzeiten erschienenen Werk Raymond Roussels. Es ist zugleich sein rätselhaftestes: ein optisches Dispositiv, eine Sprachmaschine zur Vermessung jenes Raums, der das Sichtbare vom Sagbaren trennt.
In vier Gesängen setzt Roussel immer wieder zu einer Beschreibung der Dinge an, nur um sich von ihnen sogleich durch ein labyrinthisches System von Parenthesen, Aufzählungen und Analogien zu entfernen. Dabei wandelt sich seine Sprache auf der Suche nach der unmöglichen
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Produktbeschreibung
Siebzehn Jahre vergehen vom ersten Entwurf Raymond Roussel bis zur Publikation der Neuen Impressionen aus Afrika, dem letzten zu Lebzeiten erschienenen Werk Raymond Roussels. Es ist zugleich sein rätselhaftestes: ein optisches Dispositiv, eine Sprachmaschine zur Vermessung jenes Raums, der das Sichtbare vom Sagbaren trennt.

In vier Gesängen setzt Roussel immer wieder zu einer Beschreibung der Dinge an, nur um sich von ihnen sogleich durch ein labyrinthisches System von Parenthesen, Aufzählungen und Analogien zu entfernen. Dabei wandelt sich seine Sprache auf der Suche nach der unmöglichen Identität in "eine Art von Wörterbuch, das sich mit dem Reim der Dinge beschäftigt: Fundgrube aller Dinge, die man nach den Regeln einer ontologischen Metrik zusammentragen könnte, um die Poesie ihres Seins aufzuschreiben." (Michel Foucault)

Dieser klassische Text der Moderne liegt hier in der Prosaübersetzung Hanns Grössels vor, ergänzt um zahlreiche Beiträge, die die Geschichte des Werks und seinen Einfluss auf Literatur, Kunst und Architektur erkunden.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Helmut Mayer empfiehlt die Neuausgabe von Raymond Roussels Afrika-Impressionen jedem, der sich für die französische Avantgarde interessiert. Der von Breton und Duchamp bewunderte Autor tritt ihm in dem erstmals 1932 erschienenen Band mit vier Gesängen in 1277 Versen als idiosynkratischer Evokator ägyptischer Szenen, von Listen, Inventaren und Katalogen entgegen. Die übernommene alte Übersetzung von Hans Grössel scheint dem Rezensenten noch immer haltbar, die hinzugekommenen Zeichnungen, Typoskriptfaksimiles, Würdigungen, Nachworte und Interpretationen von Michel Leiris, Queneau und anderen dienen Mayer als willkommene Ergänzung. Die Gestaltung des Bandes scheint Mayer außerdem eine lobende Bemerkung wert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.08.2016

Demiurgische Sprachreise ins Herz der Einbildungskraft
Raymond Roussels "Neue Impressionen aus Afrika" in einer exzellenten Ausgabe

Es sollte ursprünglich um ein "winziges Opernglas in Anhängerform" gehen, "von dem jeder Tubus - zwei Millimeter breit und so gebaut, dass man ihn vors Auge drücken kann - eine Photographie auf Glas enthielt: die eine mit den Bazaren von Kairo, die andere mit einem Kai in Luxor". Das wäre schon merkwürdig genug gewesen für den Gegenstand einer Versdichtung in gereimten Alexandrinern. Wenn auch wiederum nicht merkwürdiger als viele der Gegenstände und Geschichten, die Raymond Roussel in seinen seit dem Erstlingswerk 1897 veröffentlichten Dichtungen und Romanen schon präsentiert hatte. Den meisten waren sie schlichtweg idiotisch erschienen, doch einige namhafte Bewunderer hatten sie für ihn eingenommen.

Aber es blieb in diesem Fall nicht beim winzigen Opernglas, denn Roussel überarbeitete und erweiterte seine "Nouvelles Impressions d'Afrique" über mehrere Jahre mit Hingabe, bis jene Fassung vorlag, die schließlich 1932 erschien, wie immer auf Kosten des Autors und als letzte Veröffentlichung zu seinen Lebzeiten: vier Gesänge, in insgesamt 1277 Versen, die noch manche Interpreten beschäftigen sollten. Ägypten und damit das Afrika des Titels waren zwar noch präsent, denn jeder dieser Gesänge setzt mit der Evokation einer ägyptischen Szenerie ein. Doch nach wenigen Versen beginnen gleich die Serien der Parenthesen: In fortgesetzt sich öffnenden Klammern werden Beifügungen angebracht, die sich zu den tollsten Listen, Inventaren und Katalogen auswachsen, immer im getragenen Tonfall der Jamben, welche die oft krude Banalität der Gegenstände einhüllen. Die fortschreitende Verschachtelung des Textes erreicht dabei, rechnet man die zusätzlich angebrachten Fußnoten mit ein, in denen das Spiel der Digressionen weiter fortgesetzt ist, neun Stufen.

Das Ergebnis ist ein extrem zerklüfteter, durch den Verszwang noch zusätzlich syntaktisch zerhackter Text, den selbst Roussels zwischendurch gehegter Vorsatz, die Textebenen farblich voneinander abzuheben, nicht wirklich linear lesbar, wenn auch leichter blätterbar gemacht hätte (diese Version gibt es inzwischen). Und ohnehin gilt natürlich, dass die Grenzen zwischen verrätselnder poetischer Intention und idiosynkratischen Obsessionen bei diesem berühmtesten der "fous littéraires" nicht zu ziehen sind.

Wenn man ihn denn überhaupt unter diese "Verrückten" zählen möchte. Den Surrealisten um André Breton genügte im Wesentlichen der Skandalfaktor, den vor allem die Romanbearbeitungen darstellten, die Roussel als Theaterstücke auf die Bühne brachte. Aber es gab von früh an auch viel ernsthaftere Bewunderer: Marcel Duchamp etwa, Michel Leiris oder Raymond Queneau. Sie trafen sich in der Hochschätzung einer sprachlichen Einbildungskraft, die ihre eigenen Welten erschuf, ohne all dem etwas zuzugestehen, so formulierte es Queneau, was verschieden ist von ihr selbst; Duchamp war insbesondere fasziniert von Roussels Sprachspielen, die aus der klanglichen Ähnlichkeit von Worten mit verschiedener Bedeutung ihre Regeln gewannen und zu den erstaunlichsten imaginierten Objekten führen konnten.

Auf Deutsch erschienen die "Neuen Impressionen aus Afrika" erst 1980, in einem zweisprachigen Band von text + kritik, übersetzt und erläutert vom mittlerweile verstorbenen Hanns Grössel. Nun hat der junge Berliner Verlag zero sharp, dem wir bereits zwei exzellente Roussel-Ausgaben verdanken, eine neue Edition vorgelegt. Unverändert ist die Grösselsche Übersetzung der vier Gesänge, die ohne Vers- und Reimbindung unvermeidlich etwas glatter ausfällt als das Original. Hinzugekommen sind jedoch eine Reihe von neuen Elementen, die nun dafür sorgen, dass man gleichzeitig einen Band über die "Neuen Impressionen" in Händen hält.

Zwischen den Gesängen kommen nun neben den jeweils zusammen gruppierten Zeichnungen von Henri-Achille Zo, die Roussel für die Originalausgabe anfertigen ließ (selbstverständlich auch sie rätselhaft), weitere Texte und auch einige Bilder zu stehen: etwa ein Rückblick von Michel Leiris, ein Brief des Zeichners Zo, das Faksimile einer frühen Typoskriptfassung des ersten Gesangs, eine knappe Würdigung Queneaus oder eine Kostprobe der hartnäckigen Interpretationsversuche von Jean Ferry, seines Zeichens ehemaliger "Régent de Doxographie et Doxodoxie Rousselliennes" am Collège de Pataphysique, in dessen Kalender Roussel natürlich als Heiliger verewigt ist. Man findet auch François Caradecs Erläuterungen zur intrikaten Druckanordnung der Originalausgabe und zur schon in den dreißiger Jahren erfundenen mechanischen Lektürevorrichtung für die "Neuen Impressionen" - eine Art Lesemaschine für Roussels Sprachmaschine, die die Orientierung im Text erleichtern soll.

Das alte Nachwort von Hanns Grössel blieb erhalten, Maximilian Gillessen hat ein weiteres angefügt, das eine gute Ergänzung ist. Überhaupt bestechen die erläuternden und kommentierenden Texte durch Klarheit, mit Ausnahme bloß einer Einlassung von Daniel Libeskind. Der Buchgestalter Anton Stuckardt hat es geschafft, den französischen Originaltext im Umschlag unterzubringen, der auch die Farbcodierung der Lesemaschine zitiert. Und dass der Band auf weißen und schwarzen Seiten gedruckt ist, auch das hat natürlich seine Rousselsche Bewandtnis. Wer sich also auch nur ein wenig für die französische Avantgarde des letzten Jahrhunderts interessiert, kommt an dieser schönen Ausgabe gar nicht vorbei.

HELMUT MAYER

Raymond Roussel: "Neue Impressionen aus Afrika".

Aus dem Französischen

von Hanns Grössel.

Mit 59 Zeichnungen von H.-A. Zo. Zero sharp Verlag, Berlin 2016. 191 S., Abb., br., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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