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Deutsche Erstausgabe! »Sautet hat mich die Dinge des Lebens gelehrt, er hat mir etwas über mich selbst beigebracht.« Romy SchneiderFrançois Truffaut nannte Claude Sautet den »französischsten aller Regisseure«; für Romy Schneider war er der wichtigste Filmemacher ihrer Karriere, der sie zur weltberühmten Ikone machte. Zu Lebzeiten als Regisseur von Liebesbanalitäten unterschätzt, »wirkt der Gigant jetzt wie einer der letzten großen lebensklugen Erfolgsregisseure des französischen Kinos« (Dominik Graf). Sautet realisierte unter Verzicht auf alles Spektakuläre poetisch-melancholische Filme und…mehr

Produktbeschreibung
Deutsche Erstausgabe! »Sautet hat mich die Dinge des Lebens gelehrt, er hat mir etwas über mich selbst beigebracht.« Romy SchneiderFrançois Truffaut nannte Claude Sautet den »französischsten aller Regisseure«; für Romy Schneider war er der wichtigste Filmemacher ihrer Karriere, der sie zur weltberühmten Ikone machte. Zu Lebzeiten als Regisseur von Liebesbanalitäten unterschätzt, »wirkt der Gigant jetzt wie einer der letzten großen lebensklugen Erfolgsregisseure des französischen Kinos« (Dominik Graf). Sautet realisierte unter Verzicht auf alles Spektakuläre poetisch-melancholische Filme und arbeitete mit den Großen des französischen Kinos seiner Zeit: Lino Ventura, Jean-Paul Belmondo,Romy Schneider, Michel Piccoli, Yves Montand, Gérard Depardieu, Daniel Auteuil, Emmanuelle Béart.Die Gespräche, die der Sautet-Kenner Michel Boujut mit dem publikumsscheuen Regisseur geführt hat, erschließen das Werk sowie die Intentionen des Filmemachers.»Die Dinge passieren nie, wie wir es erwarten. Das ist das Thema aller meiner Filme.« Claude Sautet
Autorenporträt
Claude Sautet war ein französischer Drehbuchautor und Regisseur. In Deutschland wurde er vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Romy Schneider bekannt (u. a. Das Mädchen und der Kommissar, Die Dinge des Lebens, Eine einfache Geschichte, Mado).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur FAS-Rezension

Rezensentin Bettina Hartz ist desillusioniert. Claude Sautets Gespräche mit dem Filmkritiker Michel Boujut erstaunen sie einerseits ob der Auskunftsfreudigkeit des eher scheuen Regisseurs und regen sie dazu an, die alten Filme wiederzusehen, andererseits machen sie ihr auch deutlich, wie gestrig das alles ist: Sautets Figuren, Interieurs, das ewige Rauchen und Trinken vor rauen Oberflächen. Davon steht in den Gesprächen naturgemäß nichts. Dass der Regisseur laut Hartz auch noch zweifelhafte Eigeninterpretationen seines Werks gibt, die exegetisch erst mal zu durchdringen sind, macht die Lektüre für die Rezensentin nicht unbedingt angenehmer.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.07.2022

Leben, unbeschönigt
Claude Sautet machte Filme, die nüchtern, nachdenklich und stets rauchumnebelt wirken.
Seine Gespräche mit Kritiker Michel Boujut sind jetzt als Buch erschienen
Claude Sautets Filme heißen „Die Dinge des Lebens“, „Vincent, François, Paul und die anderen“, „Eine einfache Geschichte“, „Einige Tage mit mir“. Beiläufige, unspezifische Titel, in denen die Kunst des Regisseurs, von Ehen, Freundschaften, Affären wie in Echtzeit zu erzählen, ohne dynamischen Plot, ohne auffällige dramaturgische Kunstgriffe, bereits enthalten ist. In den Gesprächen mit dem Kritiker Michel Boujut, die über zwanzig Jahre nach dem Tod Sautets zum ersten Mal auf Deutsch erscheinen, wird der Regisseur einmal gefragt: „Worum geht es in dem neuen Film?“, und er erwidert, dass er diese Frage nie beantworten könne.
Über „Die Dinge des Lebens“ von 1970, den ersten seiner Filme mit Romy Schneider und Michel Piccoli, sagt er: „Es geht um einen Mann, der einen Autounfall hat“, und über „Vincent, François, Paul und die anderen“ aus dem Jahr 1974, seinen größten Publikumserfolg: „Das sind Leute, die sich jedes Wochenende treffen.“
Das maximale Desinteresse an einem komplexen Handlungsgefüge, das aus diesen Antworten deutlich spricht, ist nicht nur Koketterie; es weist vielmehr auf die Essenz seiner Filme, denen es innerhalb von zwei Stunden gelingt, über die Brillanz der Schauspieler, über die Lakonie der Dialoge, über die Stimmung in den Bars von Paris und den Ferienhäusern auf dem Land von den Sehnsüchten und Krisen der Figuren zu erzählen, als säße man selber mit im Raum. François Truffaut, der in dem Band wie viele andere Regisseure und Schauspieler zu Wort kommt, sagt einmal, „das Thema“ Claude Sautets ließe sich „in zwei Worten zusammenfassen: das Leben“.
Der schönste Effekt dieser präzisen Gespräche über die Entstehungsweisen seines Werks ist, sich über DVDs und Streamingdienste eine eigene Sautet-Retrospektive zusammenzustellen und zum Beispiel die sechs Filme aus den Siebzigerjahren am Stück anzusehen. Welche Atmosphäre, welches Lebensgefühl erzeugen sie aus der Distanz eines halben Jahrhunderts? Was sich sofort einstellt, ist der Eindruck: Man sieht hier vollkommen erwachsenen Menschen zu, ihren privaten und beruflichen Erfahrungen; es geht nicht um Wünsche, sondern um Tatsachen, nicht um Erwartungen, sondern um Zustände, auch wenn etwa Romy Schneider anfangs in einem Alter ist, in dem sie heute auf Social Media über ihre verschleppte Adoleszenz sinnieren würde und die Frage, was sie einmal tun könnte.
Claude Sautet stellt die biografische Saturiertheit seiner Charaktere in den Siebzigerjahren in Bezug zur gescheiterten Revolte von 1968. Über den Film „Vincent, François, Paul und die anderen“, basierend auf dem Roman von Claude Néron, sagt er: „Ich kannte sie gut, diese Romanfiguren. Sie waren aus meiner Generation. Sie hatten sich mehr oder weniger engagiert, bei den Linken oder in der Résistance. Sie fanden sich mit Bitterkeit damit ab, ihre jugendlichen Träume verloren oder verraten zu haben. Das war ein bisschen erbärmlich, aber es war die Realität der 70er-Jahre.“
Die filmästhetische Entsprechung zu dieser ernüchterten, nachrevolutionären Mentalität der von Michel Piccoli oder Yves Montand verkörperten Figuren ist der klassische Erzählstil Sautets: „In der Struktur wie in den Details“, sagt er, „bemühe ich mich, dass man die mise en scène nicht bemerkt“.
Von den Cahiers du Cinéma und von Teilen der Nouvelle Vague wurde die Herangehensweise als zu konventionell abgelehnt; wie lange Sautet unter dieser Missbilligung und seinem Mangel an akademischer Bildung litt, macht er Michel Boujut gegenüber deutlich. Tatsächlich könnte das experimentelle, formgeleitete Kino Godards als eine Gegenposition zu Sautets Filmen betrachtet werden, Theorie versus Empirie, auch wenn die beiden Regisseure, in „Weekend“ und „Die Dinge des Lebens“, fast zeitgleich die vielleicht beeindruckendsten Unfallbilder des europäischen Kinos inszenierten.
Als Claude Sautets erfolgreichste Filme in den Siebzigern herauskamen, wurden sie für ihre eminente Gegenwärtigkeit gepriesen (vielleicht auch eine Konsequenz dessen, dass seine Paare in Paris immer in Neubauwohnungen leben). Wenn man sie heute noch einmal ansieht, fallen natürlich vor allem die historisch gewordenen Differenzen auf, die Bars, Treffpunkt der Streuner und Abgehängten, mit ihren allgegenwärtigen Jukeboxes und Flipperautomaten, in die man beim Reinkommen fast instinktiv eine Geldmünze hineinwirft, oder die Autos, die bei Sautet oft eine den menschlichen Akteuren ebenbürtige Hauptrolle spielen. Der brennende silbergraue Alfa in „Die Dinge des Lebens“, der alte Citroën DS der Kleinganoven in „Das Mädchen und der Kommissar“, dessen Schäbigkeit schon die ganze Vergeblichkeit des geplanten Bankraubs vorwegnimmt, oder die Konkurrenz der beiden Männer in „César und Rosalie“, die zu Beginn als Konkurrenz ihrer Autos gezeigt wird, zwischen dem Plymouth-Straßenkreuzer des Arrivierten und dem kleinen gelben Autobianchi des Jungen, der dem Rivalen davonfährt.
Besonders auffällig und fremd geworden ist aber der Einsatz der Zigaretten. „Einen Film von Sautet anzusehen“, zitiert Boujut die Filmwissenschaftlerin Maëlle Arnaud, „ist Passivrauchen.“ Und tatsächlich gibt es etwa in „Die Dinge des Lebens“ keine einzige Szene, in der Michel Piccoli nicht eine Zigarette im Mund hat oder sich gerade eine anzündet. Das Rauchen ist Ritual, Ablenkung, Zeittotschläger, Genuss, Spaß, Sucht; es kommt im Auto und im Zug zum Einsatz, am Schreibtisch und im Wartezimmer des Arztes, vor dem Einschlafen, mitten in der Nacht und gleich nach dem Aufwachen. Die Zigarette übernimmt im Alltag der Figuren also genau die Funktionen, die heute das Smartphone hat, und die Gewohnheiten des Sehens und Handelns sind mittlerweile so zementiert, dass man in Sautets Filmen immer wieder überrascht ist, dass der Griff in die Jackentasche oder hinüber zum Nachttisch nicht dem iPhone gilt, sondern der hellblauen Packung Gauloises.
Umgekehrt muss die Kommunikation zwischen den Menschen noch ohne Mobiltelefon auskommen, doch selbst diese Lücke wird in den Filmen vom Rauchen gefüllt. In „Das Mädchen und der Kommissar“ trifft der Polizist nur deshalb auf einen alten Bekannten, jenen Kleinganoven, der dann in seine Falle des inszenierten Bankraubs tritt, weil er einen Fremden um Feuer bitten will. Und der Kleinganove schreibt seine Telefonnummer auf das Streichholzheft seiner Stammbar.
Die Filme Claude Sautets, das macht dieser schön gestaltete Gesprächsband deutlich, sind also inzwischen auch historische Kapseln. In ihnen steckt eine urbane Öffentlichkeit, die sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert hat und nicht zuletzt den Ort in der Stadt verdrängt, an dem diese Filme lange gezeigt wurden: das Kino.
Es stellt sich die Frage, ob Sautets Ensemble-Filme aus den Siebzigern schwerer auf die kleinen Displays auf dem Schoß zu übertragen sind als die Werke anderer Regisseure. Ihre fließenden, beinahe hypnotischen Dialog-Kaskaden waren vielleicht besonders eng an den dunklen gemeinschaftlichen Saal gebunden.
ANDREAS BERNARD
„Es geht um einen Mann, der einen Autounfall hat“: Romy Schneider und Michel Piccoli in Claude Sautets zutiefst beeindruckendem Film „Die Dinge des Lebens“ aus dem Jahr 1970.
Foto: imago/United Archives
In seinen Filmen geht es nicht um Wünsche, sondern um Tatsachen: Claude Sautet im Jahr 1996.
Foto: dpa
Claude Sautet. Regisseur der Zwischentöne. Gespräche mit Michel Boujut. Berlin: Alexander Verlag, 2022. 328 Seiten, 30 Euro.
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