Marktplatzangebote
5 Angebote ab € 3,99 €
  • Gebundenes Buch

1 Kundenbewertung

In ihrer kanadischen Heimat wird Emily Carr verehrt: als Künstlerin, als Schriftstellerin, als Umweltschützerin der ersten Stunde und als Aktivistin, die früh den Reichtum und die Vielfalt der indigenen Kultur in Kanada erkannte. Der titelgebende Name Klee Weck bedeutet in der Sprache der Ureinwohner der kanadischen Nordwestküste »Die, die lacht«. Ein Ehrentitel, den sie der unerschrockenen jungen Frau verliehen, die sie über Jahre hinweg begleitete und an ihrem Leben teilnahm.Klee Wyck ist eine Sammlung von 21 literarischen Skizzen, die mit beeindruckender Detailgenauigkeit das Leben der…mehr

Produktbeschreibung
In ihrer kanadischen Heimat wird Emily Carr verehrt: als Künstlerin, als Schriftstellerin, als Umweltschützerin der ersten Stunde und als Aktivistin, die früh den Reichtum und die Vielfalt der indigenen Kultur in Kanada erkannte. Der titelgebende Name Klee Weck bedeutet in der Sprache der Ureinwohner der kanadischen Nordwestküste »Die, die lacht«. Ein Ehrentitel, den sie der unerschrockenen jungen Frau verliehen, die sie über Jahre hinweg begleitete und an ihrem Leben teilnahm.Klee Wyck ist eine Sammlung von 21 literarischen Skizzen, die mit beeindruckender Detailgenauigkeit das Leben der Ureinwohner beschreiben. Das Buch wurde 1941 veröffentlicht und zu einem viel beachteten Bestseller. Nun erscheint es erstmals auf Deutsch. Carrs klare und poetische Prosa beschwört Totems, verlassene Dörfer, die beeindruckende Schönheit der ursprünglichen Landschaft und den Alltag der dort lebenden Menschen. Dabei verfällt sie nie in nostalgische Sentimentalität oder Romantik. Die Klarheit ihrer Sprache verrät den geschulten Blick der Malerin.
Autorenporträt
Emily Carr (1871 - 1945) wurde in Victoria, British Columbia, geboren. Sie studierte Kunst in San Francisco und London und wurde bei einem längeren Paris-Aufenthalt vom Impressionismus inspiriert. Ihr literarisches und malerisches Schaffen dokumentiert vor allem das Leben und die Kultur der Ureinwohner der pazifischen Nordwestküste. Sie gilt heute als eine der bedeutendsten kanadischen Künstlerinnen ihrer Zeit. Diese Anerkennung wurde ihr erst spät zuteil, obwohl ihrem Werk bereits zu Lebzeiten in Vancouver große Einzelausstellungen gewidmet wurden. Klee Wyck wurde 1941 mit dem Governors General's Award ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Die kanadische Künstlerin Emily Carr musste lange auf ihren Durchbruch warten. Und erst kurz vor ihrem Tod wurde sie auch als Autorin bekannt, erzählt Rezensentin Katharina Granzin. Ihr erster Erzählband "Klee Wyck" schaffte es dann aber sogar auf den schulischen Lehrplan, allerdings verknappt und zensiert: von fragwürdigen Missionierungen der indigenen Bevölkerung und der Trennung indigener Kinder von ihren Familien sollten kanadische Schulkinder besser nichts lesen. Über all das informiert Kathyn Bridges laut Granzin kundiges Vorwort für die Neuauflage von Carrs Erzählband, in dessen erster Geschichte übrigens auch der Ursprung des ungewöhnlichen Titels aufgeklärt wird. Wie diese erste spielen auch die meisten anderen Erzählungen in den First Nations Kanadas und handeln von Geburten, Krankheiten, Begräbnissen, und den Praktiken der Missionare - dem was wirklich und was wahr ist also, erfahren wir. Granzin lobt die Zeitlosigkeit der reduzierten, schlichten Sprache Carrs.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.10.2020

Beste
Absichten
Emily Carrs Versuch, die Kultur der
kanadischen Ureinwohner literarisch zu bewahren
VON NICOLAS FREUND
Die Frage, was Kunst sei, ist immer auch eine politische Frage, denn Kunst genießt einen besonderen Status, während alles, was nicht als Kunst gilt, im Zweifel weg kann. Wie komplex diese Frage werden kann, zeigen Fälle wie der Emily Carrs, die sowohl malte als auch schrieb und sich noch dazu mit dem Rassismus ihrer jungen kanadischen Nation auseinandersetzte. In Deutschland ist Carr vor allem als Vertreterin eines kanadischen Impressionismus bekannt, der mit den Mitteln einer Kunstrichtung, die im Paris des späten 19. Jahrhunderts entstanden war, ein paar Jahrzehnte verspätet in der kanadischen Natur nach einer neuen Wirklichkeit sowie dem Anschluss an den internationalen Kunstdiskurs suchte.
Carr kehrte Anfang des 20. Jahrhunderts nach dem Studium in Kalifornien und Großbritannien nach British Columbia zurück, wo sie mehrere Ausflüge in die Wälder und an die Küsten startete, zeitweise in Dörfern der dort ansässigen Indianer lebte und in ihren Bildern die Natur und die indigene Kultur dokumentierte, vor allem die zu diesem Zeitpunkt schon immer seltener werdenden Totempfähle. In Deutschland weniger bekannt sind die Texte Carrs, deren erste Skizzen auch in dieser Zeit entstanden und wegen derer die Künstlerin in Kanada nicht nur Nationalmalerin, sondern auch Nationalautorin ist. „Klee Wyck – Die, die lacht“ – Klee Wyck ist der Indianername Emily Carrs – ist eine Sammlung früher Texte aus dieser Zeit, die anlässlich des nun auf 2021 verschobenen Auftritts Kanadas als Gastland bei der Frankfurter Buchmesse erstmals vollständig ins Deutsche übersetzt wurden.
In den oft sehr kurzen Texten, deren Gattung sich zwischen Kurzgeschichte, Reportage und Notiz nicht genau festlegen lässt, erzählt sie von diesen Reisen durch moskitoverseuchte Wälder, über stürmische Küstengewässer und holprige Bergwege. In ihrer reduktionistischen Sprache wechseln sich spröder und nüchterner Realismus mit poetischen Einschüben ab: „Das Meer und die Luft umarmen die verstreuten Schreie der Seevögel. Der Wald umarmt nichts als Stille; denn seine Vögel und selbst die Tiere, die in ihm leben, sind stumm.“ Wahrscheinlich erschien ihr dieser Schreibstil wie die kanadische Wildnis, wo inmitten der monoton aufragenden Baumstämme mit einem Mal ein bunter Totempfahl auftaucht.
Besonders angetan haben es ihr die Indianerfriedhöfe. Auf einem wundert sie sich, wieso auf jedem Grabstein unter dem Namen des dort Begrabenen „IPOO“ steht, bis sie herausfindet, dass damit 1900 gemeint ist. Wann genau die Menschen, die dort liegen, gestorben sind, ist in der Lebenswelt der Indianer egal. Eben irgendwann im 20. Jahrhundert. Eingesickert ist die westliche in die indigene Welt trotzdem schon allein in der Art dieser Beerdigung. Sie geht darauf nicht ein, aber aus den Texten geht hervor, dass die Künstlerin eigentlich schon zu spät ist.
Immer wieder schreibt Carr und führt das in ihren Beschreibungen gegenüber den nicht selten misstrauischen Indianern auch als Argument an, dass sie die indigene Kultur und vor allem die Totempfähle in ihrer Malerei vor dem Verfall bewahren wolle. Tatsächlich zeigen sehr viele Motive Carrs diese Skulpturen, die behauen und bemalt in die Höhe ragen, wie die Bäume in anderen ihrer Bilder. Diese Assoziation ist vermutlich gewollt, denn auch in ihren Texten verbindet sie die indigene Kultur immer wieder mit der Natur, wie, als sie eine Familie am Strand beobachtet: „Die Indianerkinder rannten nicht am Strand herum und bestaunten die neuen seltsamen Dinge, wie wir es immer machten. Diese Kinder gehörten zum Strand und waren genauso sehr Teil davon wie das Treibholz und die Steine.“ Man merkt den kanadischen Impressionisten in vielen ihrer Motive noch die Wurzeln in der nordamerikanischen Romantik an, nicht nur den modernen, europäischen Einfluss. In der Romantik Nordamerikas, vor allem in der literarischen Tradition wie sie von Nathaniel Hawthorne geprägt wurde, ist die Natur immer etwas, das es zu bezwingen und zu zivilisieren gilt.
Carr hatte sicherlich die besten Absichten, wenn sie die indigene Kultur erhalten wollte und sich gegen Rassismus einsetzte, nur ist die Kunst, die sie bewahrte, eher die der französischen Impressionisten, als die der kanadischen Ureinwohner. Auch in den Werken anderer kanadischer Impressionisten – eine Ausstellung in der Hypo-Kunsthalle in München im vergangenen Jahr dokumentierte das mit vielen Beispielen – erscheint Kanadas Wildnis als unberührte Natur und die Indianer, wenn sie überhaupt vorkommen, als ein Teil davon und nicht als eigenständige Kultur, die vor den europäischen Einwanderern diese Landschaft prägte und künstlerisch bearbeitete. Viele kanadische Künstler aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verfolgten auch ein Ziel der Nationsbildung, der kulturellen Erschaffung des kanadischen Staats auf vorher vermeintlich unberührtem Gebiet. Den indigenen Werken wird der Status einer eigenständigen Kunst abgesprochen, und auch deshalb waren und sind sie überhaupt vom Verschwinden bedroht. Wie die Totems aussahen ist dokumentiert, was sie bedeuten, was sie selbst darstellten, lässt sich in den Texten Carrs manchmal noch erahnen.
Den indigenen Werken wird
der Status einer eigenen
Kunst abgesprochen
Emily Carr:
Klee Wyck – Die, die lacht. Aus dem Englischen von
Marion Hertle und
mit einem Vorwort
von Kathryn Bridge.
Verlag Das kulturelle
Gedächtnis, Berlin 2020. 176 Seiten, 20 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr