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Der erste Band der Gesammelten Schriften Friedrich Pollocks enthält Texte aus der Zeit der Weimarer Republik, die sich mit der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie auseinandersetzen, insbesondere mit der Wertformanalyse und der Geldkritik. Die Texte - darunter Pollocks bislang unveröffentlichte Dissertation von 1923 - zeigen, dass der Mitbegründer des Frankfurter Instituts für Sozialforschung sich bereits sehr früh vom traditionellen Arbeitermarxismus gelöst und eine Neulektüre der Marxschen Schriften unternommen hat. Damit gehören seine Schriften aus dieser Zeit eindeutig zum…mehr

Produktbeschreibung
Der erste Band der Gesammelten Schriften Friedrich Pollocks enthält Texte aus der Zeit der Weimarer Republik, die sich mit der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie auseinandersetzen, insbesondere mit der Wertformanalyse und der Geldkritik. Die Texte - darunter Pollocks bislang unveröffentlichte Dissertation von 1923 - zeigen, dass der Mitbegründer des Frankfurter Instituts für Sozialforschung sich bereits sehr früh vom traditionellen Arbeitermarxismus gelöst und eine Neulektüre der Marxschen Schriften unternommen hat. Damit gehören seine Schriften aus dieser Zeit eindeutig zum Entstehungskontext des "westlichen Marxismus", der für die Herausbildung der Kritischen Theorie eine so zentrale Rolle spielen sollte.Neben geldtheoretischen Untersuchungen versammelt der Band auch eine Polemik gegen den antisemitischen Soziologen Werner Sombart, eine Untersuchung zur industriellen Revolution in der Landwirtschaft sowie vier Rezensionen aus dem Nachlass. Ergänzt wird der Band um editorische Anmerkungen und ein Personenregister.
Autorenporträt
Friedrich Pollock (1894-1970) steht als bedeutendster Ökonom des Instituts für Sozialforschung zu Unrecht im Schatten der großen Denker der "Kritischen Theorie". Nach dem Studium der Nationalökonomie und der Staatswissenschaften in München, Freiburg und Frankfurt wurde er 1923 mit einer Arbeit zum Marxschen Geldbegriff promoviert. Im selben Jahr gründete er das Institut für Sozialforschung mit, das er mehrere Jahrzehnte gemeinsam mit seinem Freund Max Horkheimer leitete. 1928 habilitierte er sich mit einer Studie zur sowjetischen Planwirtschaft. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte er zunächst in die Schweiz, dann in die USA, wo er Anfang der vierziger Jahre wichtige Aufsätze zur Analyse des Nationalsozialismus veröffentlichte. 1950 kehrte er nach Frankfurt zurück, wo er als Professor für Volkswirtschaftslehre tätig war. Seine Studie Automation untersuchte 1956 erstmals systematisch die sozialen Folgen der Einführung des Computers in die Industrieproduktion.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.08.2018

Hinter dem Geldschleier
Der Mann im Schatten von Max Horkheimer: Friedrich Pollock bekommt eine Gesamtausgabe

Um 1930 herum traten sie, so der junge Theodor Wiesengrund Adorno, als das verschworene "Freundespaar Lenin und Trotzkij" auf, Max Horkheimer und Friedrich Pollock, beides Unternehmersöhne, um die 35 Jahre alt, die gegen das System rebellierten, das ihre Familien wohlhabend gemacht und ihnen, als deutsche Juden, den sozialen Aufstieg ermöglicht hatte. Sie lebten seit Beginn der zwanziger Jahre zusammen in Kronberg im Taunus in einer Wohngemeinschaft, waren Teilnehmer an der legendären "Ersten Marxistischen Arbeitswoche" am Pfingstwochenende 1923 in Jena mit Karl Korsch und Georg Lukács, zudem an der Gründung des Frankfurter Instituts für Sozialforschung beteiligt. Während die Weimarer Republik nun ihre Dämmerung erlebte, wurde Horkheimer Direktor des ersten marxistischen Forschungsinstituts in Deutschland, und zwar als Nachfolger des schwer erkrankten Carl Grünberg, den sein Assistent Pollock zuvor interimsmäßig vertreten hatte.

Nach der Flucht vor den Nationalsozialisten wurde Pollock neben Horkheimer geschäftsführender Direktor des zuvor evakuierten Instituts und versuchte, "das Goldschiff behutsam an allen bedrohlichen Klippen" vorbei zu lotsen, wie der argwöhnische Siegfried Kracauer kommentierte. Was nicht immer gelang, denn Pollock verspekulierte in New York einen großen Teil des von Hermann Weil gestifteten Institutsvermögens. Aber nicht nur viel Geld, sondern auch der kämpferische Marxismus blieb angesichts der Erfahrungen von Flucht, Krieg und nicht zuletzt des Judenmords auf der Stecke. Pollock kehrte mit Horkheimer 1950 nach Frankfurt zurück, wo sie das Institut in der Senckenberganlage wiedereröffneten, und zog sich ein knappes Jahrzehnt später mit dem Freund ins Tessin zurück, wo er 1970 starb. Immer stand Pollock im Schatten Horkheimers, der ihm zusammen mit Adorno die "Dialektik der Aufklärung" gewidmet hatte - beteiligt war Pollock an dem Buch eben nicht, außer natürlich als Zeitzeuge in Sachen beschädigter Lebenserfahrung.

Doch der Ökonom mit politischem Hintergrund war nicht nur Geschäftsführer, sondern selbst Wissenschaftler. 1923 reichte er seine Dissertation zum Marxschen Geldbegriff an der Universität Frankfurt am Main ein. Sie stand unter der Prämisse, dass die politische Ökonomie die einzige "universale Grundwissenschaft" sei, weil die "Produktion und Reproduktion des wirklichen Lebens" aller Kultur und allem Denken vorausgehe. Die Differenz von Wesen und Erscheinung, verdinglicht im Phänomen des Geldes, das die Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse verschleiere, war für Pollock der Ausgangspunkt kritischer Wissenschaft, ähnlich wie bei anderen materialistischen Ideologiekritikern wie Korsch und Lukács. In dieser Zeit bildete sich im deutschen Sprachraum heraus, was man später den "westlichen Marxismus" (Maurice Merleau-Ponty) nennen sollte.

Jetzt werden Pollocks Schriften geborgen. Philipp Lenhard, wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur an der LMU München hat diese Aufgabe in Angriff genommen. Er selbst wird im nächsten Jahr eine Biographie Pollocks veröffentlichen. Die "Gesammelten Schriften", die in einem kleinen und linken Freiburger Verlag ohne große mäzenatische Unterstützung erscheinen, sind auf sechs Bände angelegt, von denen der erste nun erschienen ist, nämlich die "Marxistischen Schriften" aus jenen zwanziger Jahren, in denen das Freundespaar sogar die Aufmerksamkeit des Frankfurter Polizeipräsidenten auf sich zog, der sie einwandfrei als Kommunisten identifizierte. Zu dem Band gehört neben der erwähnten Dissertation auch eine Streitschrift gegen Werner Sombart, der einem Ständestaat das Wort geredet und dabei nicht nur die Grundlagen des Marxismus attackiert, sondern auch die Juden zu Hauptakteuren des Kapitalismus stilisiert hatte. Lenhard meint, die Sombart-Kritik von 1926 könne man als die erste faschismustheoretische Studie des Instituts lesen.

Pollock galt vielen als "die graue Eminenz" des Instituts für Sozialforschung. Nun wird ein, wenn auch kleiner, Scheinwerfer auf ihn gerichtet, der ihn als Autor zeigt. Gespannt darf man auch auf Lenhards Biographie sein, die Auskünfte über die Ursprünge des westlichen Marxismus, die Vertreibung der jüdischen Intelligenz aus Deutschland, ihr Wirken im Exilland Amerika und die Rückkehr nach Deutschland geben wird.

JÖRG SPÄTER

Friedrich Pollock: "Marxistische Schriften". Gesammelte Schriften Band 1.

Hrsg. von Philipp Lenhard. ça ira-Verlag, Freiburg 2018. 362 S., geb., 28,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Jörg Später lernt Friedrich Pollock, einen der Mitbegründer des Frankfurter Instituts für Sozialforschung, als Wissenschaftler kennen mit dem ersten Band der "Gesammelten Schriften" Pollocks. Der Band enthält laut Später nicht nur Pollocks Dissertation zum Marxschen Geldbegriff, sondern auch die Arbeiten aus den zwanziger Jahren, als Pollock gemeinsam mit Horkheimer Frankfurt unsicher machte, sowie eine "Streitschrift" gegen Werner Sombart. Ein kleines Schlaglicht auf Pollock, das Später neugierig macht auf die angekündigte Pollock-Biografie des Herausgebers Philipp Lenhard.

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