24,95 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Gebundenes Buch

In neuer Übersetzung von Nikolaus Stingl: «Absalom, Absalom», der vielleicht berühmteste und beste Roman aus dem Faulkner'schen Mythos des Yoknapatawpha Cunty in Mississippi.
Aus der biblischen Geschichte von Absalom, in die Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs versetzt, wird die Geschichte der Sutpens, die sich über mehr als ein Jahrhundert erstreckt. Thomas Sutpen stammt aus einer armen weißen Familie, heiratet auf Haiti die reiche Eulalia Bon und taucht 1833 plötzlich mit einem Haufen schwarzer Sklaven in Jefferson auf, wo er Land kauft, ein Herrenhaus errichtet, ein zweites Mal heiratet…mehr

Produktbeschreibung
In neuer Übersetzung von Nikolaus Stingl: «Absalom, Absalom», der vielleicht berühmteste und beste Roman aus dem Faulkner'schen Mythos des Yoknapatawpha Cunty in Mississippi.

Aus der biblischen Geschichte von Absalom, in die Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs versetzt, wird die Geschichte der Sutpens, die sich über mehr als ein Jahrhundert erstreckt.
Thomas Sutpen stammt aus einer armen weißen Familie, heiratet auf Haiti die reiche Eulalia Bon und taucht 1833 plötzlich mit einem Haufen schwarzer Sklaven in Jefferson auf, wo er Land kauft, ein Herrenhaus errichtet, ein zweites Mal heiratet und gesellschaftliches Ansehen erwirbt. Er hat aus dieser Ehe zwei Kinder, Judith und Henry, aber er hat eben auch einen Sohn aus der ersten Ehe, Charles Bon, einen Studienfreund Henrys, der sich ahnungslos in Judith verliebt.

Nach Ende des Bürgerkriegs, der die Liebenden für eine Weile trennt, kommt es zu einer fatalen Begegnung zwischen Charles und Henry, in deren Verlauf Henry seinen Halbbruder erschießt - nicht etwa wegen des drohenden Inzests, sondern wegen des möglichen «Negerbluts» in den Adern von Charles. Henry flieht und lässt seinen Vater ohne männlichen Erben zurück, womit der Niedergang der Familie Sutpen besiegelt scheint ...

All das kommt bruchstückhaft vor die Augen des Lesers, mit großen Zeitsprüngen und einer Erzähltechnik, die den amerikanischen Roman revolutioniert und zahlreiche Schriftsteller weltweit beeinflusst hat. Es geht um Schuld und Schuldgefühle der Sklavenhaltergesellschaft, den unmöglichen Versuch, die Niederlage im Bürgerkrieg als notwendig zu erkennen, die Macht des Geldes und die Verwüstungen, die es anrichtet. Es ist ein phantastisches Zeitbild, heute so modern und aktuell wie damals.
Autorenporträt
William Faulkner, am 25. September 1897 in Albany, Mississippi, als William Cuthbert Falkner geboren, zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Neben seinem umfänglichen Werk, einer Chronik von Glanz und Verfall der Südstaaten, verfasste er Drehbücher, unter anderem zu Raymond Chandlers 'The Big Sleep' und Ernest Hemingways 'To Have and Have Not', beide unter der Regie von Howard Hawks. Faulkner wurde zweimal mit dem Pulitzer-Preis und dem O'Henry Award ausgezeichnet, erhielt den National Book Award und 1950 den Nobelpreis für Literatur. Er starb am 6. Juli 1962. Nikolaus Stingl, geb. 1952 in Baden-Baden, übersetzte unter anderem William Gaddis, William Gass, Graham Greene, Cormac McCarthy und Thomas Pynchon. Er wurde mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Übersetzerpreis, dem Literaturpreis der Landeshauptstadt Stuttgart, dem Paul- Celan-Preis und dem Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.12.2015

Brennender Süden
Die neue Übersetzung von William Faulkners Südstaaten-Epos „Absalom, Absalom!“
ist eine wahre Pionierleistung. Über die Wiedererweckung eines Meisterwerks
VON CHRISTOPHER SCHMIDT
Was für ein Schlussbild! Unbedingt hollywoodreif! Am Ende von „Absalom, Absalom!“ brennt es lichterloh, das gigantomanische, halb schon verfallene Herrenhaus, das Thomas Sutpen, der nachmalige Infanterie-Colonel in der Konföderiertenarmee, mit seinen eigenen Händen der Wildnis abgetrotzt hat. „Sutpen’s Hundred“, wie er sein Anwesen nannte, dieses babylonische Bauwerk, wird ein Raub der Flammen. Und in der rauchenden Ruine erlischt zugleich der Mythos des amerikanischen Südens, dessen Aufstieg und Fall William Faulkner am Exempel eines patriarchalischen Plantagenbesitzers, des dämonischen Südstaaten-Aristokraten Sutpen, festmacht. Ein ganzes Jahrhundert amerikanischer Geschichte umspannt der Roman, zwischen 1807, als Sutpen geboren wird, und 1909, da sein Haus der Hybris mit einem weithin am Nachthimmel sichtbaren Feuerschein verglüht.
  Im Jahr 1833 war der junge Sutpen eingeritten in Jefferson, Mississippi, im fiktiven Yoknapatawpha County, Faulkners erzählerischem Universum – mit nichts als zwei Colts und einem Silberdollar. Er ergaunert sich hundert Quadratmeilen Indianerland und stampft seinen Palast aus dem Boden. Als der Stammsitz fertig ist, fehlt Sutpen nur noch der Stammhalter für seine dynastischen Pläne. Also bügelt er seinen einzigen Anzug mit einem erhitzten Backstein von der Baustelle und „kauft“ sich eine Frau, Ellen Coldfield, eine Angehörige „aus dem niedrigeren Adel, dessen Fürstlichkeit schon so weit heruntergekommen war, dass keine Gefahr bestand, seine Frau werde als Mitgift Allüren in die Ehe mitbringen“. Und Ellen schenkt ihm zwei Kinder: Henry und Judith – keine Zwillinge, aber doch zwillingshaft in ihrer innigen Verbundenheit.
  Die Jahre vergehen, und eines Tages stellt Henry, der mittlerweile an der neu gegründeten Ole Miss in Oxford, Mississippi studiert, einen Kommilitonen von der Universität zu Hause vor. Dieser Charles Bon ist ein schöner, stutzerhafter junger Mann von exotischer Eleganz, der beiden Geschwistern den Kopf verdreht. Ein multipler Inzest bahnt sich an, zumal Henry für seine Schwester mehr als nur brüderliche Gefühle hegt und auch das, was er für Charles empfindet, weit über Freundschaft hinausgeht. Doch nur dieser und der alte Sutpen wissen, was alle drei wirklich verbindet. Es ist ein teuflischer Knoten, den William Faulkner aus den drei Todsünden der Südstaaten schürzt: Homosexualität, Blutschande und die Vermischung der Rassen. Der ausbrechende Bürgerkrieg verzögert zeitlich die Familientragödie, ökonomisch aber wirkt er wie ein Brandbeschleuniger für den Untergang des Hauses Sutpen. Im Brudermord endet schließlich alles, das Große und das Kleine.
  Die Idee zu „Absalom, Absalom!“ ist aus mehreren Kurzgeschichten herausgewachsen, in denen Colonel Sutpen und andere Figuren des Romans bereits als Skizzen aufgetaucht waren. Der Titel spielt an auf ein Gleichnis aus dem Zweiten Buch Samuel über einen Mann, der, so Faulkner, „aus Eitelkeit einen Sohn haben wollte und zu viele bekam, derart viele, daß sie ihn vernichteten.“ Die Abgabe des Manuskripts versprach er seinem Verleger noch für den Herbst, verbunden mit der Bitte um einen Vorschuss von 1500 Dollar und der Versicherung, dass er nicht mehr trinke. Tatsächlich sollte er volle zwei Jahre für die Niederschrift brauchen. Immer wieder musste Faulkner die Arbeit am Roman unterbrechen, um Geld zu verdienen. Er schrieb nebenher Kurzgeschichten für Zeitungen, viele davon „Trash“, wie er wusste. Und er heuerte erneut als Drehbuchautor auf der Galeere Hollywood an – allerdings unter den komfortablen Bedingungen eines Luxusliners. Er verdiente 1000 Dollar in der Woche und genoss das Privileg zeitweiliger Heimarbeit in seinem Haus Rowan Oak in Oxford, Mississippi.
  Aber auch innere Widerstände hemmten den Fortgang. Schaffensrausch und Schreibblockade waren bei Faulkner zwei Seiten derselben Medaille. Schon das Anfangskapitel versetzt ihn in das „Nägelkau-Stadium“ nervösen Brütens, wie er in einem Brief schreibt. Wochenlang verharrt er in einer Art Lähmungsstarre, schließt sich mit einer eingeschmuggelten Flasche Bourbon ein und schraubt den Türknauf ab. Den schlimmsten Rückfall aber wird er in der Phase postproduktiver Depression nach Fertigestellung durchleben; diesmal muss er in die Entziehungsklinik.
  In rasender Geschwindigkeit verfasst er zwischendurch den Roman „Pylon“ (Wendemarke, 1935) – Entlastungsangriff und Lockerungsübung für das größere, schwierigere Projekt zugleich. Die Mühen, den Roman, von dem er bald glaubt, dass es der beste sei, „der je von einem Amerikaner geschrieben wurde“, aufs Gleis zu bringen, meint man dem Anfang noch anzumerken. Mit seinen fast monotonen Adjektivreihungen, dem schweren Hüftgang der sich oft über ganze Seiten erstreckenden Satzperioden wirkt er wie eine Dampflok, die ächzend und schnaubend unter der Zuglast ihrer Fracht nur mühsam Fahrt aufnimmt, während ihr Kessel schier explodiert unter dem aufgebauten Druck.
  Das Hauptproblem für Faulkner bestand in der komplexen, polyphon und mehrdimensional angelegten Struktur. Gleich fünf Erzählstimmen gibt es im Roman, zusammengehalten wird alles von dem 18-jährigen Quentin Compson, der die Brücke schlägt zwischen Erzählzeit und erzählter Zeit. Aus unterschiedlichen Quellen wie Briefen und mündlichen Berichten versucht er, die ein halbes Jahrhundert zurückliegenden Geschehnisse zu rekonstruieren. Die Handlung wird also nicht linear entwickelt, sondern in rondohaft kreisenden Bewegungen, die eine paranoide Grundspannung erzeugen. Ein zunächst schemenhaftes, verschwommenes Bild nimmt immer schärfere Konturen an, als würden verschiedene Folien nach und nach übereinandergelegt. Es obliegt dem detektivisch herausgeforderten Leser, die jeweiligen Versionen der Wahrheit zu kompilieren und den Verzerrungen und Verdrehungen der Erzähler auf die Spur zukommen, wobei die Vergangenheit für Quentin immer auch eine Projektionsfläche seiner eigenen Traumatisierungen ist.
  Leser des fünf Jahre zuvor entstanden Romans „Schall und Wahn“ wissen, dass Quentin sich im Frühjahr 1910, also wenige Monate nach dem Zeitpunkt, an dem die Handlung von „Absalom, Absalom!“ endet, das Leben nehmen wird. Er kapituliert vor den Schuldgefühlen, die ihn wegen der verbotenen Liebe zu seiner Schwester bedrängen. In „Absalom, Absalom!“ dient Quentin nicht nur als erzählerische Klammer, vielmehr hat Faulkner ihn auch eingeführt, um sich von den „Reifröcken und Chapeau-claques“ des klassischen historischen Romans zu entlasten. Sozialgeschichtliches Kolorit samt Lageplan, Personenregister und Chronologie liefert der Roman trotzdem zur Genüge mit. Allein wie Faulkner die Frauen während der Kriegsjahre beschreibt mit ihren gewendeten Kleidern und ihrer elenden Selbstversorgungs-Wirtschaft, ist grandios. Fulminant auch die Szene, als der französische Architekt zu fliehen versucht und sich mittels eines Astes, an dem er seine Hosenträger befestigt hat, von Baum zu Baum schwingt, damit die Bluthunde seine Spur verlieren. „Großvater sagte, die Nigger hätten vielleicht geglaubt, der Architekt habe durch seine Flucht freiwillig auf seinen Status als verbotene Nahrung verzichtet (. . .) und daher dürften sie ihn jetzt kochen und fressen“, heißt es da.
  Die chorische, oratorienhafte Anlage des Romans entsprang jedoch nicht formalistischem Ehrgeiz oder einem abstrakten Wahrheitsrelativismus, sondern Faulkners Überzeugung, dass auch das Bewusstsein über einen Stoffwechsel verfügt, dessen Gesetzen und Zyklen jeder Mensch unterliege. Und dass eben erst irgendwann die Zeit kommt, da die Fettspeicher der Illusionen verbrannt werden müssen.
  In die Entstehungszeit des Romans fielen einige biografische Umbrüche – auch sie haben sich „Absalom, Absalom!“ eingeschrieben. Faulkners jüngerer Bruder Dean verunglückte tödlich mit dem kleinen Waco-Doppeldecker, den ihm Bill weiterverkauft hatte. Faulkners Verlag Smith & Haas ging pleite, rief den Vorschuss für den Roman zurück, fusionierte dann aber mit Random House, wo James Joyce und Eugene O’Neill verlegt wurden, was sich für beide Seiten als Glücksfall erwies. Und Faulkner begann eine heftige Affäre mit Meta Carpenter, Assistentin und Skriptgirl von Howard Hawks. Dem Liebesfeuer verdankt sich vermutlich der absolut irre Satz, dass „das träumerisch unermessliche Sichvereinigen, das selbstvergessen über dem hemmenden, gehetzten Augenblick schwebt, das War-nicht; Ist; War nur ballonhaft gewichtslosen Elefanten und Walen zukommt“.
  Nikolaus Stingl, als Übersetzer an amerikanischen Hardcore-Avantgardisten wie William Gaddis oder Thomas Pynchon gestählt, hat der elefantösen Gewichtslosigkeit von Faulkners Prosa eine kongeniale deutsche Sprachgestalt gegeben. Wie Ballonseide schmiegen sich seine Wendungen an das Original und überlassen sich allenfalls allzu unerschrocken der Archaik.
„Sobald die ersten Truppen in Jefferson erschienen“ wäre vielleicht eleganter gewesen als „sobald Truppen in Jefferson zu erscheinen begannen“. Für „actions done“ hätten wohl „vollbrachte Taten“ genügt statt der von Stingl gewählten „getanen Taten“. Und Begriffe wie „Retikül“ oder „Fichtenknorren“ klingen, obwohl wörtlich übersetzt, etwas gesucht. Aber das sind Kleinigkeiten. Und dass sich lange Wort- und Nebensatzreihen im Englischen lockerer fügen als im Deutschen, das so gerne hypotaktische Ungeheuer gebiert, versteht sich von selbst. Faulkners Satzbögen spannen sich ja wie die Bögen einer pflanzenhaft emporwuchernden Urwald-Kathedrale, vibrierend vor Fruchtbarkeit und überschüssigem Saft.
  Denn so entschieden William Faulkner ein System ablehnt, das auf Rassenhass und Sklaverei beruhte – seine Sprachgewalt bezieht der Roman aus dem Glauben, dass die damaligen Menschen heroischer waren: „nicht verzwergt und verzwickt, sondern klar und unkompliziert, Menschen, welche die Gabe besaßen, mit ganzer Seele zu lieben und zu sterben, keine haltlosen, zerstreuten Geschöpfe, blindlings Glied und Glied aus dem Greifbeutel gezogen und zusammengesetzt.“
      
William Faulkner: Absalom, Absalom! Roman. Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2015. 480 Seiten. 24,95 Euro. E-Book 21,99 Euro.
„Ich glaube, das ist
der beste Roman, der je
von einem Amerikaner
geschrieben wurde.“
Faulkner in Hollywood über
„Absalom, Absalom!“
Es ist dem Untergang geweiht, das Haus der Hybris, das der Colonel auf dem vom Blut der Indianer und der Sklaven gedüngten Boden errichtet hat.
Foto: Christian Senger / Getty Images
William Faulkner (1897 –
1962) im Jahr 1939.
Foto: Getty Images
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Allenfalls Kleinigkeiten hat Rezensent Christopher Schmidt an Nikolaus Stingls Neuüberetzung von William Faulkners sprachmächtigem Werk auszusetzen. Ansonsten scheint sich ihm die deutsche Fassung "wie Ballonseide" ans Original anzuschmiegen und der "elefantösen Gewichtslosigkeit" von Faulkners Text absolut gerecht zu werden. Auch wenn der Roman dadurch nicht viel leichter lesbar wird, Schmidt findet hier den tollsten Beweis dafür, dass Mühe und Genuss kein Widerspruch sind. Der anfänglichen Erdenschwere des Textes folgt laut Rezensent nämlich ein Südstaatenepos, das dem Leser mit polyphoner und mehrdimensionaler Struktur, nicht linearer Handlungsführung und allerhand Verzerrungen und Verdrehungen der Wahrheit detektivisches Talent abfordert. Dafür wird der Rezensent beschenkt mit jeder Menge fulminanter Szenen und einem Meisterwerk über Blutschande und Krieg, Brudermord und Homosexualität, das ein ganzes Jahrhundert umfasst.

© Perlentaucher Medien GmbH
Ein spannendes, sprachgewaltiges und immer noch verstörendes Werk. FAZ.NET