Verlassen und Verlassen-Werden - ein FestivalresümeeAußer Atem: Das Berlinale Blog 17.02.2017 Beziehungskrisen, aber vor allem ein Rückzug in die ästhetische Komfortzone prägen diesen Jahrgang. Liegt es daran, dass das Kino auf der Berlinale wirkte wie eine überalterte Kunst? Aber an den Rändern des Festivals plädieren einige Filme für einen absichtslosen Blick in die Welt. Und in Nebensektionen gab es die Filme, über die eigentlich gestritten werden sollte, Nicolas Wackerbarths "Casting" und Raoul Pecks "I am not your Negro" (Auf dem Bild: Bärenfavorit Aki Kaurismäki, Foto: Malla Hukkanen) Von Thomas Groh, Anja Seeliger
Wie ein komplizierter Tanz: Raja Amaris 'Foreign Body' (Forum)Außer Atem: Das Berlinale Blog 16.02.2017 Die Flucht sehen wir nicht, nur die Ankunft: Die Tunesierin Samia hat es nach Paris geschafft. Sie wohnt - wie einige andere Illegale auch - bei Imed, einem Bekannten aus Tunesien. Imed arbeitet in einer Bar, er hat Arbeit, eine Wohnung, Geld - kurz, er kennt sich aus. Er hat aber auch einen dominierenden Charakter. Er weiß ganz genau, was gut für den Neuankömmling ist und was nicht. Samia lässt sich das nicht lange gefallen, schnell hat sie sich freigemacht und zieht zu Madame Berteau, einer wohlhabenden Witwe, die Hilfe braucht beim Sortieren des Nachlasses ihres Ehemannes. Unten vor der Tür steht bald Imed, der Samias Unabhängigkeit nicht akzeptieren will. Von Anja Seeliger
Lissette Orozcos Doku 'Adriana's Pact' (Panorama)Außer Atem: Das Berlinale Blog 15.02.2017 Die chilenische Regisseurin Lissette Orozco hat einen Dokumentarfilm über ihre Tante Adriana gedreht: eine gutaussehende lebhafte Frau, immer berufstätig gewesen, voller Unternehmens- und Lachlust, die in Australien lebt. Bei einem Besuch bei den Verwandten in Chile 2007 wird sie verhaftet. Der Vorwurf: Sie soll für Pinochets Geheimpolizei DINA gearbeitet, Gefangene "befragt" und gefoltert haben. Adriana streitet das vehement ab, und hier beginnt der Dokumentarfilm. Von Anja Seeliger
Ernährung durch Kraftvergeudung: Andres Veiels Doku 'Beuys' (Wettbewerb)Außer Atem: Das Berlinale Blog 15.02.2017 So viele Fragen bleiben. Nach Andres Veiels Beuys-Doku möchte man sich sofort eine Beuys-Biografie greifen, in eine Beuys-Ausstellung gehen, auf Youtube nach Material suchen, nach Bildern und Artikeln. Das ist ein Kompliment an den Film. Denn dass er in 107 Minuten nicht den ganzen Beuys zeigen konnte, ist klar. Aber er fixt einen an. Von Anja Seeliger
Gott hat hier noch nie jemandem geholfen: Ahmed El Maanounis 'Alyam, Alyam - Oh the Days!' (Forum)Außer Atem: Das Berlinale Blog 14.02.2017 Es gibt auf der Berlinale einige Filme, die Fluchten aus der Tradition zeigen. Die 16-jährige Khadija zum Beispiel, die in Tala Hadids Film "House in the Fields" von dem letzten gemeinsamen Sommer mit ihrer 19-jährigen Schwester Fatima erzählt, bevor Fatima verheiratet wird. Von Anja Seeliger
Endlich allein: 'My Happy Family' von Nana & Simon (Forum)Außer Atem: Das Berlinale Blog 14.02.2017 Manana will nicht feiern. Warum, sagt sie nicht. Sie presst nur die Lippen zusammen und schüttelt den Kopf, während ihre Mutter unablässig auf sie einredet. Was werden die Nachbarn sagen, die Freunde? Am Ende gibt es natürlich doch eine Geburtstagsparty, nur Manana kommt nicht dazu. Von Anja Seeliger
Alles Verrat: Sally Potters 'The Party' (Wettbewerb)Außer Atem: Das Berlinale Blog 13.02.2017 Als die Abspannmusik einsetzt und der Applaus losbricht, bin ich schockiert, wirklich schockiert. Schon vorbei? 71 Minuten schon vorbei? Aber es hat doch grad erst angefangen, denke ich leicht benommen. Von Anja Seeliger
Zwei Filmschinken im Wettbewerb: Stanley Tuccis 'The Final Portrait' und Gurinder Chadhas 'Viceroy's House'Außer Atem: Das Berlinale Blog 13.02.2017 Das Wochenende bescherte uns im Wettbewerb außer Alain Gomis' schönem "Felicité" (hier die Kritik) und Josef Haders "Wilde Maus" (hier die Kritik) noch zwei Filmschinken: Stanley Tuccis Biopic über den Künstler Alberto Giacometti und Gurinder Chadhas "Viceroy's House". Tuccis Film basiert auf James Lords Buch "A Giacometti Portrait". Von Anja Seeliger
Küss mir die Schuhe: Nicolas Wackerbarths 'Casting' (Forum)Außer Atem: Das Berlinale Blog 12.02.2017 Nicolas Wackerbarts "Casting" ist ein brillante Reflexion über die Machtverhältnisse bei Fernsehen und Film in Deutschland. Und über unsere Existenz als ältliche Zwerge auf den Schultern des ewig jungen Riesen Fassbinder. Von Anja Seeliger
Auf die graue Welt: Rati Onellis 'City of the Sun' (Forum)Außer Atem: Das Berlinale Blog 11.02.2017 In Tschiatura, einer Stadt in den Bergen Westgeorgiens, wurde bis in die neunziger Jahre Mangan abgebaut. Vor dem Ersten Weltkrieg, als die Minen zumeist deutschen Firmen wie der Oberhausener Gutehoffnungshütte, der Friedrich Krupp AG, dem Schalker Gruben- und Hüttenverein, der Gelsenkirchener Bergwerks-Aktien-Gesellschaft und dem Hamburger Kaukasische Grubenverein gehörten, betrug der Anteil Tschiaturas am Manganaufkommen der Welt fast 40 Prozent. Inzwischen sind die Minen erschöpft. Das weiß ich aus der Wikipedia, Rati Onelis Doku über Tschiatura, "City of the Sun", erzählt es nicht. Mit Fakten hat es der Film leider nicht so, er setzt mehr auf Atmosphäre. Die erzählt einem aber auch einiges. Von Anja Seeliger
Kirgisenküsse: Aktan Arym Kubats 'Centaur' (Forum)Außer Atem: Das Berlinale Blog 11.02.2017 Diese Geschichte ist schnell erzählt: Ein Familienvater verliert Frau und Kind, weil er nachts Pferde stiehlt. Nicht um sie zu verkaufen, sondern um sie zu reiten. Das ist selbst im Kirgisistan des 21. Jahrhunderts nicht zu akzeptieren: Vor schneebedeckten Wipfeln wird die Hauptfigur zur Beute von neuen Kapitalisten, neuen Islamisten und traditionellen Richtern, die ihm zur Strafe eine Reise nach Mekka aufbrummen, um ihn nicht ins Gefängnis werfen zu müssen. Von Anja Seeliger
Kleiner Wegweiser durch die BerlinaleAußer Atem: Das Berlinale Blog 08.02.2017 Es ist wieder soweit: Insgesamt 399 Filme werden in den nächsten zehn Tagen im wuchernden Berlinaleprogramm gezeigt. Hier der Versuch, einen kleinen Pfad zu schlagen. Wir freuen uns ganz besonders auf Josef Haders Regiedebüt "Wilde Maus", Raoul Pecks Baldwin-Film "I am not your Negro", Fernando León de Aranoas Doku "Política, manual de instrucciones" über Podemos und Nicolas Wackerbarths fantastischen Schauspielerfilm "Casting". Von Anja Seeliger