Jan T. Gross

Angst

Antisemitismus nach Auschwitz in Polen
Cover: Angst
Suhrkamp Verlag, München 2012
ISBN 9783518423035
Gebunden, 220 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Bei Pogromen gegen Juden wurden in Polen nach dem Zweiten Weltkrieg mehr als 1500 Menschen getötet. Woher kam dieser Hass? Wieso nahm der Antisemitismus derart aggressive Formen an? Jan T. Gross zeigt, wie sich der traditionelle katholische Antisemitismus durch die deutsche Besatzung radikalisierte und nach der Befreiung durch die Rote Armee fortbestand, vor allem im Glauben an einen "jüdischen Bolschewismus". Der Autor schildert die Auseinandersetzungen innerhalb der polnischen Gesellschaft um das Verhältnis zu den Juden, er zeigt detailliert, wie es 1945 und 1946 zu den großen Pogromen von Rzeszów, Krakau und Kielce kam. Diese waren keine Erscheinungen am Rande der Gesellschaft, sondern sie fanden mit Unterstützung der Bevölkerung statt. Gross sieht im polnischen Antisemitismus ein Zeichen der "Angst": die Angst vor den Rückkehrern und nicht zuletzt die Angst, den Besitz der jüdischen Nachbarn wieder zu verlieren, den man sich unter den Deutschen angeeignet hatte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.12.2012

Das geht dem Rezensenten entschieden zu weit. Ein Historiker habe keine Ratschläge an ein Volk zu verteilen, befindet Jörg Baberowski nach Lüktüre von Jan T. Gross' neuem Buch. Die Geschichte der Juden im frühen Nachkriegspolen erzählt der Autor laut Rezesent apodiktisch, grell und in deutlicher Mission: Er will anklagen, und zwar die polnische Nachkriegsgesellschaft für ihren Antisemitismus. Bei aller Fassungslosigkeit, mit der Baberowski hier über die Pogrome von Polen an Juden liest, die den Nationalsozialismus überlebt hatten, hätte er sich doch auch mehr Differenzierungsvermögen beim Autor gewünscht. Nicht alle Polen waren Antisemiten, meint er, und nicht alle hatten die Option für moralisches Handeln, wie wir es aus heutiger Sicht für selbstverständlich halten.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.09.2012

Helmut König stellt klar, dass die systematische Vernichtung der polnischen Juden auf das Konto der deutschen Besatzer geht, um dann aber Jan T. Gross dafür seinen Respekt zu zollen, dass der polnisch-amerikanische Historiker unermüdlich daran arbeitet, die Beteiligung der Polen am Holocaust zu untersuchen, in seinem Buch "Nachbarn" etwa oder in "Goldene Ernte". In seinem neuen Streich "Angst" befasst sich Gross mit den Nachkriegspogromen, bei denen unter anderem in Kielce, Rzeszów und Krakau 500 bis tausend Juden ermordet wurden, von denen viele den Holocaust in Konzentrationslagern oder Verstecken überlebt hatten. König zufolge deutet Gross diese Pogrome als einen "Antisemitismus wegen Auschwitz": Aus Scham oder uneingestandenen Schuldgefühlen hatten die Polen Angst, zur Rechenschaft dafür gezogen zu werden, dass sie am Holocaust beteiligt waren, ihn hingenommen oder von ihm profitiert haben. Dem Rezensenten sind Gross' Interpretationen mitunter zu spekulativ, doch die Ereignisse, von den der Autor berichtet, die stimmen.