Colson Whitehead

Harlem Shuffle

Roman
Cover: Harlem Shuffle
Carl Hanser Verlag, München 2021
ISBN 9783446270909
Gebunden, 384 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. Eigentlich würde Ray Carney am liebsten ohne Betrügereien auskommen, doch die Einkünfte aus seinem Laden reichen nicht aus für den Standard, den die Schwiegereltern erwarten. Cousin Freddy bringt gelegentlich eine Goldkette vorbei, die Ray bei einem Juwelier versetzt. Doch was tun mit dem Raubgut aus dem Coup im legendären "Hotel Theresa" im Herzen Harlems, nachdem Freddy sich verdünnisiert hat? Als Polizei und Gangster Ray in seinem Laden aufsuchen, steht sein waghalsiges Doppelleben auf der Kippe. Der mitreißende Roman des zweifachen Pulitzer-Preisträgers Colson Whitehead ist Familiensaga, Soziografie und Ganovenstück, vor allem aber eine Liebeserklärung an New Yorks berühmtestes Viertel.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.09.2021

Meilenweit entfernt vom ernsten Sklaverei-Epos "Underground Railroad" sieht Rezensentin Sonja Zekri Colson Whiteheads heitere Gaunerkomödie "Harlem Shuffle". Vergnügt folgt sie dem Möbelhändler Raymond Carney ins Harlem der sechziger Jahre, in dem Hehler, Cops, Nutten und Messerschwinger versuchen, sich ein solides Leben aufzubauen oder wenigstens eine solide Fassade. Zekri hält Whitehead für einen exzellenten Unterhalter, der souverän Tempo und Stil beherrscht, wie sie versichert, wobei sie es ihm allerdings fast schon als Eitelkeit ankreidet, dass er seine Brillanz dermaßen zur Schau stellt.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.09.2021

Rezensent Benedikt Herber hätte sich von Colson Whiteheads "Harlem Shuffle" etwas mehr Mut gewünscht. Der zweifache Pulitzer-Preisträger beschreibt darin das gewalterfüllte, dreckige Harlem der Sechzigerjahre, erzählt der Rezensent. Durch die an Gangsterserien erinnernde Handlung, die vielen Requisiten und klischeebehafteten Figuren stellt sich Herber die Frage, ob der Schriftsteller nach dem Erfolg der Amazon-Adaption seines Romans "Underground Railroad" einen weiteren Serienhit mit diesem Buch plante. Der Rezensent findet die grobe Figurenzeichnung jedenfalls problematisch, weil dadurch eine einseitige Analyse der Gesellschaft entstehe, und er bedauert, dass eigentlich spannende Fragen nur mit geringem Mut beantwortet werden. Trotz aller Ratlosigkeit und unbefriedigter Bedürfnisse fühlt sich Herber jedoch gut unterhalten.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 06.09.2021

Rezensentin Maike Albath schildert ausführlich den Inhalt von Colson Whiteheads neuem Buch "Harlem Shuffle". Whitehead erzählt in Form eines "swingenden Stadtporträts" aus der Perspektive von Ray Carney, einem ehrbar geworden Ganoven von der dunklen Seite Harlems in den fünfziger und sechziger Jahren, erklärt Albath. Der Aufbau des Buches - Romanteile mit einem Abstand von jeweils drei Jahren - erinnert sie stark an einen aus dem Jazz und Blues stammenden Shuffle. Die vielen Markennamen, Anspielungen auf die damalige Popkultur und detaillierten Beschreibungen von New York bremsen der Rezensentin zufolge an manchen Stellen den Erzählfluss ein wenig aus, aber alles in allem sei die Geschichte leicht und musikalisch erzählt, bediene dabei absichtlich Klischees und vermeidee politisch korrekte Sprache, um authentisch zu bleiben. Die deutsche Übersetzung kommt den Wünschen des Autors nach, bestätigt Albath. Eines macht ihr das Buch besonders deutlich: egal ob es 1964 oder 2021 ist, schwarze junge Männer erfahren noch immer brutale Willkür, resümiert die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.09.2021

Rezensentin Eva Behrendt erzählt unbeeindruckt den Inhalt von Colson Whiteheads neuem und neunten Roman "Harlem Shuffle" nach. Der Autor erzählt im Zeitraum von 1958 und 1964 von dem Möbelhändler Raymond Carney, der sich in zwei unterschiedlichen Welten, einmal als Familienvater, ein anderes Mal als Sohn des kriminellen und berühmten Big Mike, dessen Nachfolger er keinesfalls werden möchte, gefangen fühlt, erklärt Behrendt. Im Gegensatz zu seinem mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten und verfilmten Roman "Underground Railroad" spielen der Rassismus und die Segregation mit ihrer Bürgerrechtsbewegung im neuen Roman nur hintergründig eine Rolle, merkt die Rezensentin an. Trotz der wenigen Perspektivenwechsel fand sie nicht leicht in die Erzählung hinein, die weder einfach noch chronologisch verfasst sei. Auch die Spannung geht ihr zufolge durch zu detaillierte Möbelbeschreibungen verloren. Der Autor ist jedenfalls begabt darin, Pathos zu vermeiden, schließt die Rezensentin ein wenig unzufrieden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 29.08.2021

Rezensent Tobias Rüther kann nicht glauben, wie lässig Colson Whitehead in diesem Roman mit Genre-Elementen der Blacksploitation spielt und zugleich eine atmosphärische Erzählung über schwarze Emanzipation schreibt. Aus dem Milieu der Bars und Puffs im Harlem der 1960er Jahre zaubert der Autor laut Rüther einen pointenreichen, komplexen Roman über den Möbelhändler und Ganoven Ray Carney, über Rassismus und Gentrifizierung. Starke Figuren, Slapstick und großartig beobachtete soziale Wirklichkeit machen den Text für den Rezensenten zur anspruchsvollen Unterhaltung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.08.2021

In seinem neuen Roman schlägt Colson Whitehead einen burlesken Ton, bemerkt Rezensent Florian Balke und freut sich über diese Abwechslung. Das Schnelle, Böse passt zum Sujet, findet Balke, denn Whitehead erzählt diesmal vom Harlem der fünfziger und und sechziger Jahre, in dem der Möbelhändler Ray seinen eleganten Laden ehrlich zu führen versucht, aber immer wieder in krumme Geschäfte gerät. Es geht um Fassaden und Politur oder auch um den unmöglichen Versuch, sich in einer grausamen Umgebung behaglich einzurichten, erkennt Balke, der zugleich versichert, dass in diesem Roman dennoch nichts aus Pappmaché ist: Whitehead bleibe auch in "Harlem Shuffle" ein unkonventioneller Erzähler, der Stoff und Strategie "meisterlich" beherrsche.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 21.08.2021

"Harlem Shuffle" ist ein Gangsterroman um einen "schwarzen Mann ohne Eigenschaften", der gar kein Gangster sein will. Aber wie soll man in Harlem, wo selbst die Polizisten korrupt sind, seinem Vorsatz bleiben, ehrlich zu sein? Beschwingt und freundlich gestimmt erzählt Carsten Hueck, was hier passiert, wie einer reingezogen wird, auch in die Gewalt, aber offenbar - Hueck spoilert nicht - nicht so ganz und gar. Was er an diesem Roman bewundert, ist zweierlei: die Präzision der Zeit- und Ortsschilderung. Automarken, Slang und Filme: Whitehead kennt alle Referenzen, versichert Hueck. Und dann der Rhythmus, der dreihebige Rhythmus des Shuffle, der Harlem in den fünfziger und sechziger Jahren vorantrieb.