Bücher der Saison

Hörbücher

23.11.2016. Endlich: Die Bibel als Hörspiel und ohne störende Gräuelbilder! Es liest die Creme der gehobenen Literatur in Deutschland. Außerdem: Eva Mattes liest Jane Austen. Und Sven Regener Kafka.
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Literarische Hörbücher

Ein Projekt von selbst geradezu biblischem Maßstab hat der Hessische Rundfunk mit "Die Bibel" aus der Taufe gehoben: 21 CDs, 28,5 Stunden Spielzeit und ein 300-seitiges Begleitbuch umfasst die Hörspielsammlung, zu der prominente Autoren wie Marlene Streeruwitz, Patrick Roth, Dietmar Dath, Feridun Zaimoglu und Navid Kermani Episoden beitragen, in denen sie biblische Geschichten aus gegenwärtiger Perspektive erzählen. Die "Spannung zwischen den Zeiten", die dabei entsteht, hat Jens Bisky (SZ) in ihren Bann geschlagen. Besonders freut sich Bisky darüber, dass die Hörspiele den biblischen Urtext allesamt als Kulturgut akzeptieren und von polemischen Attacken absehen. In der Zeit hebt Alexander Cammann besonders Robert Wilsons brillante Inszenierung der babylonischen Vielsprachigkeit mit Künstlern wie Jonathan Meese, Daniel Libeskind oder Inge Keller hervor. Für ihn beweist das Projekt, welch "zeitlose, existentielle" künstlerische Kraft noch immer in der Bibel steckt.

In "Für immer" schildert Peter Kurzeck seine Genese als Schriftsteller, seinem bereits als Fünfjährigen gefassten Berufswunsch und zwischenzeitlichen Abwegen. Tobias Lehmkuhl freut sich in der SZ über den typischen Kurzeck-Sound mit seiner "sympathischen Versponnenheit und gänzlichen Vorbehaltlosigkeit". Die Schriftstelleralltagsschilderungen und Reflexionen über das Schreiben lassen Beate Tröger (FAZ) wünschen, der Autor würde einmal die Frankfurter Poetikvorlesungen halten.

Mit "Überredung" hat Eva Mattes nun auch den sechsten und letzten Roman Jane Austens - ungekürzt - für den Argon Verlag eingesprochen, und das, wie Brigitte Werneburg in der taz versichert, wieder elegant und "organisch". Die Rezensentin erfreut sich an der zugleich beißenden und subtilen Ironie Austens und der für damalige Verhältnisse auffällig emanzipierten Frauenfiguren. Auch Monika Buschey (WDR) gerät über Mattes' differenzierte Lesung ins Schwärmen: die Schauspielerin "hat den passenden Ton für die Verschrobenen, die Eitlen, die Vernünftigen, für das Laute und das Stille." Das mag bei Sven Regeners Einlesung von Kafkas "Prozess" anders sein: die "kleinen, feinen Gestaltungsmittel" stehen ihm nicht zur Verfügung, bedauert Christoph Vratz (WDR), auch die norddeutsch geprägte Aussprache ist vielleicht nicht jedermanns Sache. Aber was dem Musiker und Autor an Feinheiten fehlt, macht er durch Leidenschaft wett: Regener legt so viel Rasanz, Energie und Charakter in seine Lesung, dass er dem Werk ganz neue, auch humoristische Seiten abgewinnt, lobt Wolfgang Schneider in der FAZ.


Sachhörbücher

Der Reichtum an Sprachen auf der Welt und der Reichtum innerhalb der Sprachen sind das Thema von Ernst Kausens Hörsachbuch "Die Sprachen der Welt" Tobias Lehmkuhl (SZ) hat es sich mit großem Gewinn zu Gemüte geführt, nicht zuletzt wegen der "einnehmend-uneitlen Art", mit der Kausen, ein studierter Sprachwissenschaftler, Altorientalistiker und Ägyptologen sowie emeritierter Professor für Mathematik und Theoretische Informatik, in sein Thema einführt. Schon an der Themenliste sieht man, dass Kausen einen selten gewordenen no-nonsense-Stil pflegt. Eine Hörprobe findet man beim Hessischen Rundfunk.

Zu den Nonfiction-Highlights auf dem Hörbuchmarkt zählt in diesem Herbst für die Rezensenten das Gespräch über "Widerstand und Anpassung", das der junge Regisseur Thomas Heise im Jahr 1987 mit dem 80-jährigen Schauspieler Erwin Geschonneck über dessen Zeit als Häftling im KZ Dachau führte. Da Heises Rundfunk-Feature den DDR-Verantwortlichen zu "unideologisch" erschien, durfte es nicht gesendet werden - für Tobias Lehmkuhl (SZ) wird es dadurch zu einem gleich in zweifacher Hinsicht wichtigen historischen Dokument: über das Dritte Reich und über die DDR. Ein weiteres Stück Radiogeschichte präsentiert Hans Sarkowicz mit "Geheime Sender" : acht CDs mit Reden, Liedern, Hörspielen und Kabarettsendungen, mit denen Schriftsteller und Künstler wie Thomas und Golo Mann oder Lotte Lenya auf verschiedenste Weise Widerstand gegen den NS-Staat leisteten. Für Wolfgang Schneider (FAZ) verbindet sich in diesem von Sarkowicz in jahrelanger Recherchearbeit zusammengestellten Hörbuch Geschichte und Mediengeschichte auf faszinierende Weise.

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