Omri Boehm, Daniel Kehlmann

Der bestirnte Himmel über mir

Ein Gespräch über Kant
Cover: Der bestirnte Himmel über mir
Propyläen Verlag, Berlin 2024
ISBN 9783549100684
Gebunden, 352 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Wie kann ein Philosoph, der im Jahr 1724 geboren wurde, unser Denken heute maßgeblich beeinflussen? Dreihundert Jahre nach der Geburt des alten Meisters in Königsberg treffen sich Daniel Kehlmann und Omri Boehm zu einer Reihe von Gesprächen über Immanuel Kant. Denn der Begründer der modernen Philosophie selbst hat die grundlegenden Fragen des Menschseins benannt und erklärt: was man wissen kann, was man tun soll, was man hoffen darf. Alle wichtigen Themen kommen zur Sprache: von Vernunft und Illusion bis zu Rassismus, Kolonialismus und Aufklärung; von Raum und Zeit bis zu Freiheit, Kunst, Gerechtigkeit und dem Problem des Bösen; von der Wissenschaft bis zum Glauben, vom Selbst bis zu Gott. Omri Boehm und Daniel Kehlmann behandeln Kant als Zeitgenossen, der uns heute noch wichtige Antworten auf aktuelle Fragen geben kann.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.03.2024

Gern liest Rezensent Tim Caspar Boehme diesen Gesprächsband, in dem sich der Philosoph Omri Boehm und der Schriftsteller Daniel Kehlmann über Immanuel Kant unterhalten. Ersterer ist ohnehin ein ausgewiesener Kant-Experte, aber auch Kehlmann, erfahren wir, hat sich auf vielfältige Weise mit dem Werk des Aufklärers beschäftigt, was zu einem Dialog auf Augenhöhe führe. Die beiden Gesprächspartner reflektieren laut Kritiker auch, was es heißt, mit historischem Abstand über ein philosophisches Werk zu sprechen, und sie bringen Kants Gedanken in einen Zusammenhang mit späteren Entwicklungen des Denkens. Gut gefällt Boehme, dass die Form des Gesprächs die Formulierung noch unfertiger Gedanken ermöglicht, und dass auch schwierige Fragen nicht ausgespart bleiben, etwa hinsichtlich rassistischer Formulierungen Kants. Die werden von den Gesprächspartner verurteilt, so der Rezensent, ohne dass Boehm und Kehlmann deshalb Kants fortgesetzte Relevanz für die Gegenwart in Frage stellten. Für Kant-Einsteiger ist das Buch freilich nur bedingt geeignet, meint der insgesamt angetane Boehme, der auch inhaltlich ein paar Einwände hat, etwa hinsichtlich Boehms Ausführungen zum Bösen bei Kant.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.03.2024

Zwei Tage lang haben Daniel Kehlmann und Omri Boehm über Kant diskutiert und das Ergebnis in diesem gemeinsamen Buch kondensiert. Rezensent Thomas Ribi sympathisiert aber vor allem mit den Beiträgen Kehlmanns. Ein ausgezeichneter Kant-Kenner sei er, habe eine Dissertation über Kants Ästhetik schreiben wollen, aber sein Erfolg als Schriftsteller hat ihn darin unterbrochen. Mit Kehlmann stellt sich Ribi eine moralische Frage: Darf man lügen? Auf keinen Fall, antwortet Kant selbst, auch dann nicht, wenn man einem Mörder sagen müsste, dass sich sein potenzielles Opfer im Haus versteckt. An diesem Rigorismus, so Ribi, arbeiten sich Boehm und Kehlmann im Buch ab, immer wieder drängt Kehlmann Boehm zu grundsätzlichsten Stellungnahmen. Auch am Ende hält es Ribi mit Kehlmann und plädiert bei den Moralfragen für eine humane Grauzone.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.02.2024

Rezensent Jens-Christian Rabe bekommt mit diesem Gesprächsbuch von Omri Boehm und Daniel Kehlmann feine Ware zum Thema Kant. Boehm, ausgewiesener Kant-Kenner, antwortet hier auf Kehlmanns ausführliche Fragen detailliert, meint Rabe. Etwa, wenn es um Kants Rassismus geht. Ein biografisches Plauderbuch ist es nicht geworden, warnt Rabe, dazu war Kants Leben zu "ereignisarm". Nur applaudieren kann der Rezensent den beiden, dass sie trotzdem einen unterhaltsamen Zugang zum Thema geschaffen haben, ohne, dass der Anspruch darunter leidet. Einen kleinen Mangel hat der Band erklärt er: Ein Lektor hätte die ausführlichen Gesprächsbeiträge gerne straffen dürfen, sodass die profunden Kenntnisse der beiden Gesprächspartner und das "kantische Denk-Massiv" noch prägnanter hätten aufscheinen können.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 17.02.2024

Ganz überzeugt ist Rezensent Miguel de la Riva nicht von Omri Boehms und Daniel Kehlmanns Gesprächsband über Kant: Er hätte sich eher eine Einführung in Kants Denken gewünscht, doch der Text, in dem die beiden Autoren Kant als "Gegner der Verabsolutierung einer wissenschaftlichen Weltsicht" verstehen, ist ziemlich voraussetzungsreich. Begriffe wie Universalismus, Transzendenz und Freiheit werden verhandelt, wobei Boehm meist den größeren Redeanteil hat und Kehlmann auf Nachfragen zu oft verzichtet, erfahren wir. Es kommt zudem zu Wiederholungen, an anderen Stellen wird zu wenig erklärt, moniert der Rezensent. Auch kann er nicht alle Interpretationen nachvollziehen. Eine Trennung von Vernunft und Freiheit, wie die Autoren sie Kant unterstellen, kann der Kritiker jedenfalls bei Kant nicht erkennen. Und mit Boehms Verständnis des Universalismus als "quasireligiöses Glaubensbekenntnis" hat er ohnehin Probleme.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 17.02.2024

Knapp, aber äußerst angetan bespricht Rezensentin Katharina Teutsch diesen Gesprächsband, in dem sich mit Daniel Kehlmann und Omri Boehm zwei Kant-Experten in acht Kapiteln über den Philosophen austauschen. Kehlmann hatte seine Dissertation über Kants Begriff des Erhabenen begonnen, Boehm versuchte immer wieder, den Nahostkonflikt mit Kants Universalmoral zu lösen, erinnert Teutsch. Im vorliegenden Buch widmen sich die Gesprächspartner Kants drei "Kritiken", streichen dessen Idee eines "universellen moralischen Gesetzes" heraus und verteidigen ihn gegen "Rassismus"-Vorwürfe. So ist dieser Band sicher "keine Handreichung für den Moralführerschein im 21. Jahrhundert", hält Teutsch dankbar fest.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 06.02.2024

Rezensentin Marianna Lieder freut sich, dass Omri Boehm und Daniel Kehlmanns Gesprächsband über Immanuel Kant weit mehr ist als eine weitere auf die Aktualität des Gefeierten pochende Veröffentlichung im Kant-Jubiläumsjahr. Der Philosoph und der Schriftsteller haben es sich laut Lieder zur Aufgabe gemacht, den Philosophen in seinem historischen Kontext zu würdigen, was zumindest über weite Strecken auch gelingt. So sprechen sie, fasst die Rezensentin zusammen, unter anderem über Kants Verhältnis zu David Hume und Kants Ausführungen zum Gottesbeweis. Ganz abwesend sind aktuelle Diskurse allerdings nicht, heißt es weiter, etwa wenn Kants rassistische Äußerungen thematisiert oder Überlegungen zu einer möglichen Roboterzukunft angestellt werden. An der fortgesetzten Relevanz Kants besteht laut Lieder nach der Lektüre kein Zweifel.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 01.02.2024

Eher nichts für Kant-Einsteiger ist dieser Gesprächsband des Schriftstellers Daniel Kehlmann und des Philosophen Omri Boehm über den Großaufklärer des 18. Jahrhunderts, findet Rezensent Peter Neumann. Ziemlich voraussetzungsreich ist diese Unterhaltung, erfahren wir, und sie dreht sich vor allem um Fragen der Moral bei Kant, also um jene Themen, die dem Philosophen und auch der Aufklärung insgesamt zuletzt von mancher Seite her Kritik einbrachten. Kants eigene rassistische Äußerungen werden auch von Kehlmann und Boehm verurteilt, allerdings merken beide laut Neumann an, dass sie dem universalistischen Anspruch eines Denkers geschuldet sind, der sich nicht auf platonische Ideale zurückziehen wollte. Manchmal hat das Buch zu wenig Gesprächscharakter, moniert der Rezensent, auch die Themen wechseln rasch, mal geht es um KI, mal um Religion, mal um Ambivalenz. Dennoch eröffnet das Buch Neumann einen Blick auf die traumartigen Momente der Kantschen Philosophie.