Vorgeblättert

Leseprobe zu Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945. Teil 3

05.10.2009.
Der Schweizer Botschafter in Paris berichtet am 15. November 1938 von seinem Gespräch mit Staatssekretär Weizsäcker über die Vertreibung der Juden aus Deutschland(1)

Bericht Nr. 51 des Schweizer Botschafters (I-B-/38./R.P.Nr.51), W. Stucki,(2) in Paris an den Chef des Eidgenössischen Politischen Departements, Bundesrat Motta(3) (Eing. 18.11.1938), vom 15.11.1938(4)

Sehr verehrter Herr Bundesrat,
Der verbrecherisch-stupide Anschlag, dem ein junger Sekretär der hiesigen deutschen Botschaft zum Opfer gefallen ist, hat hier überall berechtigte und grosse Entrüstung und Teilnahme hervorgerufen. Diese kam sehr deutlich zum Ausdruck anlässlich der Trauerfeier, die letzten Samstag von der Deutschen Botschaft in der deutschen Kirche veranstaltet worden ist und an der das ganze offizielle Frankreich teilnahm. Obschon ich dem Deutschen Boschafter(5) bereits vorher einen Beileidsbesuch gemacht hatte und an diesem Tage nachmittags 2 Uhr nach Dijon verreisen musste, hielt ich doch darauf, an der Trauerfeier persönlich teilzunehmen. Es war dies um so angezeigter, als Herr Staatssekretär von Weizsäcker(6) neben dem Botschafter die deutsche Regierung offiziell vertrat. Ich hatte anlässlich der übrigens sehr eindrucksvollen und schönen Trauerfeier nur kurz Gelegenheit, mit Herrn von Weizsäcker zu sprechen, und verreiste unmittelbar nachher nach Dijon. Gestern, nach meiner Rückkehr, telephonierte mir Herr von Weizsäcker, der in Paris geblieben war, um mir seinen freundschaftlichen Besuch anzukündigen. Ich bat ihn auf heute im engsten Familienkreise zum Mittagessen. Er hat mich soeben verlassen, nachdem wir sehr offen und freundschaftlich verschiedene wichtige Fragen eingehend diskutiert haben.
Ich erlaube mir, über die von ihm geäusserten Meinungen folgendes zu berichten:
Er betont mit allem Nachdruck, dass nach Auffassung der deutschen Regierung gegenüber Frankreich kein Konfliktstoff mehr bestehe und man deutscherseits um so lieber zu einer Entspannung und Verständigung bereit sei, als sich der französische Ministerpräsident(7) beim Führer und beim deutschen Volk grosse persönliche Sympathien erworben habe. Ohne es ausdrücklich zu sagen, liess er durchblicken, dass der Abschluss eines deutsch-französischen Nichtangriffpaktes möglich, vielleicht sogar wahrscheinlich sei.(8) Was insbesondere die deutschen Kolonialforderungen anbelangt, so würden sie selbstverständlich von Deutschland energisch weiter vertreten, einen Krieg werde Deutschland deshalb aber nicht führen.
Herr von W. beurteilt meines Erachtens die innere Situation in Frankreich durchaus richtig, wenn er sagt, dass man sich nicht durch die ständigen Parteikämpfe darüber täuschen lassen dürfe, dass Frankreich sich sofort einigen und geschlossen jedem Feinde entgegenstellen würde, falls wirklich ernste französische Lebensinteressen im Spiele stehen. Ich stimme ihm auch darin bei, dass dies eben während der letzten Krise nach Ansicht der französischen Oeffentlichkeit nicht der Fall gewesen ist und dass deshalb im September ein Krieg in Frankreich recht unpopulär gewesen wäre.(9)
Mit Bezug auf die französisch-italienischen Beziehungen äusserte Herr von W. folgende Meinung: Der Duce(10) verachtet die französische Politik und die französischen Politiker. Gewisse seiner Mitarbeiter, insbesondere der Aussenminister,(11) beurteilen Frankreich vollkommen falsch, indem sie meinen, die Korruption, die innere Zersetzung, seien so weit fortgeschritten, dass Frankreich im Kriegsfalle überhaupt kein ernst zu nehmender Gegner mehr wäre. In Berlin, fügt er bei, denke man ganz anders und habe insbesondere vor der französischen Landarmee den grössten Respekt. Wenn trotz der Ernennung eines französischen Botschafters in Rom(12) die italienische Stimmung gegen Frankreich immer noch schlecht sei, so liege der Grund in der oben angedeuteten ausgesprochenen Antipathie des italienischen Regierungschefes gegen die französischen Politiker. Seines Erachtens handelt es sich aber keineswegs darum, irgend eine Angriffshandlung stimmungsgemäss vorzubereiten. In Berlin sei man vollständig davon überzeugt, dass Italien gegenwärtig noch genügend zu "verdauen" habe und keineswegs beabsichtige, in näherer Zukunft irgendwie agressiv im Mittelmeergebiet vorzugehen.(13)
Resumierend betrachtet Herr von W. die Lage also so: Zwischen Deutschland und Frankreich Kriegsgefahr auf absehbare Zeit hinaus beseitigt, zwischen Italien und Frankreich für die nächste Zukunft äusserst unwahrscheinlich.
Ich habe das Gespräch dann auch auf die gegenwärtig akute Judenfrage gebracht. Herr von W. hat nicht den geringsten Versuch unternommen, das zu verteidigen, was in letzter Zeit, illegal und legal, gegen die Juden in Deutschland unternommen wurde. Ohne sich irgend etwas zu vergeben, gab er mir mit seinem grossen Bedauern darüber Ausdruck, dass nun wiederum in der ganzen Welt eine sehr schlechte Stimmung gegen Deutschland geschaffen wurde. Seiner Ansicht nach ist die national-sozialistische Partei derart im Kampf gegen das Judentum engagiert, dass sie nicht mehr zurück, ja nicht einmal mehr stillehalten kann. Die noch in Deutschland verbliebenen circa 500.000 Juden sollten unbedingt irgendwie abgeschoben werden, denn sie könnten in Deutschland nicht bleiben. Wenn, wie bisher, jedoch kein Land bereit sei, sie aufzunehmen, so gingen sie eben über kurz oder lang ihrer vollständigen Vernichtung entgegen.
Ueber die schweizerisch-deutschen Beziehungen haben wir uns nicht näher unterhalten. Herr von W. bezeichnete sie als "ordentlich" und erklärte, in Deutschland teile jedermann die offiziell ausgesprochene Ansicht, die deutsche Schweiz wäre für Deutschland ein "unverdaulicher Bissen".
Herr von W. wird heute abend oder morgen Paris verlassen, in Düsseldorf an den Beerdigungsfeierlichkeiten von Herrn vom Rath teilnehmen und sich unmittelbar hierauf mit seiner Frau auf eine Mittelmeerfahrt begeben.
Das lange Gespräch hat sich in genau der gleichen freundschaftlichen Atmosphäre abgewickelt, wie wir uns von Bern und Berlin gewohnt waren.
Schon im Frühling dieses Jahres war ich durch unseren Konsul in Dijon eingeladen worden, im Herbst nach Burgund zu kommen und die "Trois Glorieuses de Bourgogne" zu präsidieren.(14) Da dies vor mir schon die Botschafter der Vereinigten Staaten und Belgiens sowie einige hier akkreditierte Minister getan hatten, glaubte ich nicht ablehnen zu sollen. Ich war deshalb von Samstagabend bis Montagmorgen, begleitet von den Herren de Torrente und Naville, in Dijon, Nuits-St-Georges, Clos-Vougeot und Beaune. Ich brauche nicht zu betonen, dass die ganze Unternehmung recht anstrengend war. Ich habe aber als Vertreter der Schweiz überall von seiten der Behörden, Organisationen und der Bevölkerung einen ganz ausserordentlich freundschaftlichen Empfang gefunden. Mit verschiedenen anderen Schweizern (Direktor Rietmann von der N.Z.Z., Bittel vom Office du Tourisme, etc.) wurde ich nach feierlichem altem Brauch in die "Confrerie des Tastevins"(15) aufgenommen, wobei der "Grand Maître"(16) in einem äusserst komischen Küchenlatein das Lob der Schweiz und der Schweizer verkündete. Unmittelbar vorher hatte mich der in der Mairie(17) versammelte Gemeinderat von Nuits-St-Georges in einer, in seiner Schlichtheit ergreifenden, Zeremonie zum Ehrenbürger dieser kleinen burgundischen Stadt ernannt. Es hat dies weiter keine andern Konsequenzen, als dass ich für die Armen dieser Gemeinde einen erheblichen Betrag spendieren und eine grössere Bestellung von Wein machen musste. Am nächsten Tage eröffnete ich offiziell die recht interessante Versteigerung der Weine des Jahrganges 1938 von Beaune, bei welcher auch viele Schweizer Käufer zugegen waren. Am Abend war ein zweites grosses Bankett, das zu einer eindrucksvollen Demonstration der burgundischen Freundschaft für die Schweiz Anlass gab. In den verschiedenen Ansprachen, die ich bei diesem Anlasse zu halten hatte, enthielt ich mich jeder politischen Ausführung, benutzte vielmehr die Gelegenheit, um für den Absatz von Schweizerkäse und für den Besuch unserer Landesausstellung 1939 Propaganda zu machen.
Die Zwischenzeit benutzte ich zu einem Besuch des Schweizerischen Konsulates und des schweizerischen Standes an der gegenwärtigen Herbstmesse von Dijon. Mit kleinen Mitteln ist hier eine recht gute und nützliche Arbeit geleistet worden.
Da nächsten Dienstag mein Sohn in Bern sein erstes grösseres Konzert gibt, so beabsichtige ich, mit meiner Frau auf zwei Tage nach Bern zu kommen. Ich werde mir erlauben, Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesrat, meinen Besuch zu machen, und hoffe, Ihnen bei dieser Gelegenheit ein einigermassen sicheres Urteil über die Aussichten der neuen "decrets-lois" bekanntgeben zu können.(18) Zur Stunde ist die Situation in dieser Hinsicht noch recht unübersichtlich.
Genehmigen Sie, Herr Bundesrat, die Versicherung meiner hochachtungsvollen Ergebenheit.

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(1)BAR, Bern, E 2300 1000/716, Bd. 345; Abdruck in: Documents Diplomatiques Suisses, Bd. 12 (1937-1938), hrsg. von der Nationalen Kommission für die Veröffentlichung Diplomatischer Dokumente der Schweiz, Bern 1994, Nr. 449, S. 1030-1032.
(2)Dr. h.c. Walter Stucki (1888-1963), Jurist und Diplomat; 1917-1920 Generalsekretär des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements, 1925-1935 Direktor der eidgenössischen Handelsabt., von 1935 an bevollmächtigter Minister, Delegierter des Bundesrats für den Außenhandel, 1937 zum schweizerischen Gesandten in Paris ernannt; nach 1945 Bundesratsdelegierter für Spezialfragen.
(3)Dr. Dr. h.c. Giuseppe Motta (1871-1940), Jurist; 1895-1911 Großrat und Führer der katholisch-konservativen Partei, 1899-1911 Mitglied des Nationalrats, 1911-1940 Mitglied des Bundesrats, 1915, 1920, 1927, 1932 und 1937 Bundespräsident, von 1920 an Chef des Politischen Departements, Chef der schweizerischen Delegation beim Völkerbund.
(4)Das Original weist handschriftl. Unterstreichungen und Bearbeitungsvermerke auf sowie im Kopf des Dokuments die Bemerkung "sehr interessant". Sprachliche Eigenheiten wurden im Wesentlichen beibehalten.
(5) Deutscher Botschafter in Paris war von März 1936 bis Sept. 1940 Johannes Graf v. Welczeck.
(6)Ernst Freiherr von Weizsäcker (1882-1951), Diplomat; von 1920 an im AA tätig, 1931-1933 Geschäftsträger in Oslo, 1933-1936 Geschäftsträger in der Schweiz; 1938 NSDAP-Mitglied, Ehrenrang eines SS-Gruppenführers; 1938-1943 StS im AA, 1943-1945 Botschafter beim Vatikan; 1947 Inhaftierung, 1949 im Wilhelmstraßenprozess zu sieben Jahren Haft verurteilt, 1950 entlassen.
(7)Edouard Daladier (1884-1970), Politiker und Lehrer; Mitglied und Vorsitzender der Radikalsozialisten, 1936 an der Bildung der Volksfront, Front Populaire, beteiligt, 1933, 1934 und 1938-1940 franz. Ministerpräsident; nach seinem Aufruf zum Widerstand gegen die deutsche Besatzung 1940 Verhaftung und 1942 Anklage durch die Vichy-Regierung, 1943-1945 Internierung in Frankreich und Deutschland.
(8)In der deutsch-französischen Erklärung vom 6.12.1938 konstatierten die Regierungen beider Länder ihr Interesse an gutnachbarlichen Beziehungen und der Erhaltung des Friedens; Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik (1918-1945), Serie D (1937-1945), Bd. IV (die Nachwirkungen von München), Okt. 1938-März 1939, Baden-Baden 1951, S. 409 f.
(9)Am 29./30.9.1938 hatte Daladier zusammen mit Chamberlain, Mussolini und Hitler das Münchener Abkommen geschlossen, das den Anschluss des Sudetenlands an das Deutsche Reich besiegelte. Die Gegner des Abkommens in Frankreich und Großbritannien hatten dafür plädiert, auf die deutschen Expansionsbestrebungen mit militärischen Mitteln anstatt mit diplomatischen Zugeständnissen zu reagieren.
(10)Benito Mussolini (1883-1945), 1922-1943 ital. Ministerpräsident.
(11)Galeazzo Ciano Conte di Cortelazzo (1903-1944), Diplomat; 1936-1943 ital. Außenminister.
(12) Andre Francois-Poncet (1887-1978), Diplomat; 1931-1938 franz. Botschafter in Berlin, 1938-1940 in Rom.
(13) Mussolini verfolgte in Anlehnung an das Römische Imperium der Antike das Ziel eines "mare nostrum", einer ital. Kontrolle über das Mittelmeer. Die ital. Gebietsansprüche auf franz. kontrolliertes Territorium, z.B. Korsika, Tunis, Djibouti, Nizza und Savoyen, belasteten die Beziehungen zwischen beiden Staaten. Eine militärische Durchsetzung dieser Ansprüche schien jedoch vorerst unwahrscheinlich, nachdem die ital. Armee 1935/36 unter erheblichen Anstrengungen Abessinien erobert hatte; Roland Ray, Annäherung an Frankreich im Dienste Hitlers, München 2000, S. 246.
(14)Les Trois Glorieuses de Bourgogne: Weinfest in Burgund, verbunden mit einer Weinauktion zugunsten wohltätiger Zwecke. Das Fest findet jedes Jahr am dritten Wochenende im Nov. statt.
(15)Franz.: eine Gesellschaft von Weinliebhabern.
(16)Franz.: Großmeister; höchster Titel in einer Confrerie.
(17)Franz.: Amtssitz des Bürgermeisters.
(18)Zur Stabilisierung der franz. Währung und Sanierung der Staatsfinanzen wurden im Rahmen der decrets-lois Ende Okt. bzw. Anf. Nov. 1938 Steuern erhöht, öffentliche Ausgaben reduziert und die Vierzigstundenwoche, insbesondere in Industriezweigen, die der Landesverteidigung dienten, abgeschafft.
                    
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SA-Männer aus Lesum erschießen in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 drei Juden in ihren Wohnungen(1)

Urteilsbegründung des Sondersenats des Obersten Parteigerichts der NSDAP (Geschäfts-Nr. Sondersenat Nr. 6), gez. Schneider, vom 20.1.1939

Anlage 10(2)
Im Namen des Führers
Geschäfts-Nr. Sondersenat Nr. 6
In Sachen des SA- Scharführers u. Pg. August Frühling(3) in Lesum und des SA-Rottenführers Bruno Mahlstedt,(4)
Mitglieds-Nummer (5)
hat der Sondersenat des Obersten Parteigerichtes der NSDAP in der Sitzung vom 20. Januar 1939 unter Mitwirkung des Richters
Pg. Schneider als Vorsitzenden
und der Richter Pg. Koch-Schweisfurth(6)
Pg. v. Wauck als Beisitzer
Pg. Lohse,(7) Gauleiter,
Pg. Pg. Damian,(8) SA-Gruppenführer als Schöffen
Für Recht erkannt:
Das Verfahren wird eingestellt.
Begründung:
I. In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 wurden in Lesum bzw. Platjenwerbe das jüdische Ehepaar Goldberg(9) und der jüdische Elektriker Sinasohn(10) in ihren Wohnungen erschossen. Sinasohn wurde nach der Erschießung vergraben. Die Handlungen geschahen anlässlich der Massnahmen gegen die Juden nach dem Tod des Gesandtschaftsrates vom Rath. Die Ausführenden waren im Falle Goldberg der SA-Scharführer Frühling, im Falle Sinasohn der SA-Rottenführer Mahlstedt. Beide legten, zur Verantwortung gezogen, dar, über den Obersturmführer Jahns(11) bzw. den Obertruppführer Harder(12) von dem Sturmhauptführer Köster den Befehl zur Erschießung der Juden Goldberg und Sinasohn und zur Beiseiteschaffung des Sinasohn empfangen zu haben. Köster bestätigte in seiner Vernehmung die Richtigkeit der Darlegungen der SA-Männer. Zu seiner Rechtfertigung führte er aus, dass er den an sie bzw. ihre Führer Jahns und Harder in ihrer Anwesenheit gegebenen Befehl zur Beseitigung der Juden seinerseits von der Standarte 411 durch den Truppführer Seggermann(14) erhalten habe. Dieser Befehl sei wiederum auf eine telefonische Anfrage seines von ihm in der Nacht geweckten Sturmbannführers Roeschmann(15) von der Gruppe bestätigt worden.
Zu den Darlegungen Kösters ist auf Grund der Beweisaufnahme folgender Sachverhalt erwiesen:
Sturmhauptführer Köster, Bürgermeister der Stadt Lesum, wurde in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 um etwa ½ 4 Uhr durch das Telefon geweckt. Sein Hausmeister, der ihn angerufen, teilte ihm mit, dass die Standarte 411 ihn zu sprechen wünsche. Auf der Standarte meldete sich ein Truppführer Seggermann. Es entwickelte sich folgendes Gespräch:
"Hier Standarte 411. Am Telefon Truppführer Seggermann. Haben Sie schon Befehl?"
Köster: "Nein".
Seggermann: "Grossalarm der SA. In ganz Deutschland. Vergeltungsmassnahmen für den Tod vom Rath. Wenn der Abend kommt, darf es keine Juden mehr in Deutschland geben. Auch die Judengeschäfte sind zu vernichten. Sturmbannführer Roeschmann ist zu benachrichtigen."
Köster hat den ganzen Befehl wiederholt und, überrascht durch den Inhalt des Mitgeteilten, nach der Wiederholung des Befehls noch einmal gefragt: "Was soll denn tatsächlich mit den Juden geschehen?", worauf ihm von Seggermann die Antwort wurde: "Vernichten!" Auf die weitere Frage von Köster, ob Sturmbannführer Roeschmann sich noch eine Bestätigung des Befehls holen solle, gab Seggermann die weitere Antwort: "Nein, handeln!"
Köster begab sich darauf zu dem Haus von Roeschmann, weckte ihn und teilte ihm den von der Standarte durch Seggermann erhaltenen Befehl mit. Wegen der Bedeutung des Befehls wurden beide sich einig, sich eine Bestätigung bei der Gruppe zu holen. Roeschmann telefonierte deshalb in Gegenwart von Köster auf der SA-Dienststelle mit der Gruppe. Dort meldete sich in vorübergehender, durch die Ereignisse bedingter Abwesenheit des Stabsführers Oberführer Römpagel,(16) der Sturmführer vom Dienst Gross(17). Roeschmann, der den erhaltenen Befehl am Fernsprecher nicht durchgeben wollte, sagte, als Gross sich meldete, lediglich: "Ich habe hier so einen verrückten Befehl; hat das mit dem seine Richtigkeit?", worauf ihm Gross antwortete: "Jawohl, in Bremen ist schon die Nacht der langen Messer in Gange. Die Synagoge brennt bereits".(18) Auf die Frage Roeschmanns: "Ist das amtlich?", antwortete Gross: "Das ist amtlich".
Köster, der Roeschmann bei dem Telefongespräch am Tisch gegenüber sass, wollte Klarheit. Als er diese aus dem, was Roeschmann am Apparat zunächst sprach und fragte, nicht zu ersehen glaubte, schlug er, um sich verständlich zu machen und seiner Frage Nachdruck zu verleihen, während des Gesprächs mit der Faust auf den Tisch und sagte unter Anspielung auf die Worte Seggermanns zu Roeschmann: "Was heißt vernichten?", worauf ihm Roeschmann wiederholte: "In Bremen ist bereits die Nacht der langen Messer im Gange" und das Gespräch beendend antwortete: "Ja, Fritz, es ist so, wir müssen handeln."
Röschmann und Köster haben das von Gross Gesagte als eine Bestätigung des Befehls der Standarte aufgefasst, also die "Nacht der langen Messer" auf die Beseitigung der Juden bezogen. Sie haben es nach ihren Aussagen umso mehr als eine Bestätigung des Befehls der Standarte angesehen, als kurz vor dem Gespräch mit der Gruppe die Polizeistation Vegesack die SA-Dienststelle angerufen und ihr mitgeteilt hatte, dass ein Sturmführer Weber unterwegs sei, einen von Vegesack nach Blumenthal, einem Nachbarort, geflüchteten Juden abzuholen. Sowohl Roeschmann als auch Köster erteilten sodann an ihre Männer in der Gewissheit, dass ein solcher Befehl nur im Einverständnis mit den höchsten Stellen gegeben werde, im Innern erschüttert, entsprechende Befehle, wobei Köster, als ihn der Obertruppführer Harder im Falle Sinasohn bei der Befehlsausgabe noch einmal fragte, was denn nun getan werden solle, antwortete: "Vernichten, verschwinden lassen". Die Worte "verschwinden lassen", die nach der Meinung Kösters nur ein weiterer Ausdruck für vernichten sein sollten, fasste Harder wörtlich auf, so dass nach der Erschiessung des Sinasohn durch Mahlstedt der Erschossene von Harder und seinen Leuten auf einer Weide begraben wurde. Köster selbst ging mit einem seiner Truppführer zu einer jüdischen Familie, verhaftete sie und fuhr sie mit seinem Wagen auf freies Feld, um sie zu erschiessen. Er brachte die Erschiessung jedoch ebensowenig wie sein Truppführer über sich, sondern liess die Juden auf dem Feld unter Abgabe eines Schreckschusses laufen.(19)
Bei den die Erschiessungen Ausführenden, Frühling und Mahlstedt, handelt es sich um gut beleumundete Männer, die der SA seit 1935 angehören, die nicht vorbestraft sind und denen von ihren zuständigen SA-Führern nach Charakter und Führung ein gutes Zeugnis ausgestellt wird. Irgendwelche selbstsüchtigen Motive waren bei keinem von ihnen festzustellen. Die Erschossenen sind sowohl Mahlstedt als auch Frühling unbekannt gewesen. Beide haben einem erhaltenen Befehl in selbstverständlichem Gehorsam nach schwerem inneren Kampf Folge geleistet.
Dieser Sachverhalt beruht auf den eidlichen Aussagen der Zeugen Roeschmann und Köster sowie auf den Bekundungen der Zeugen Gross und Seggermann.
II. Hinsichtlich der Übermittlung des angeblichen Befehls der Standarte 411 an Köster durch Seggermann konnten folgende Feststellungen getroffen werden:
Der Führer der Standarte 411, Standartenführer Löber,(20) war vom Kreisleiter und Zeugen Kühn(21) in der Nacht vom 9. zum 10.11.1938 dahin unterrichtet worden, dass
1.) die jüdischen Geschäfte zu zertrümmern und
2.) die Synagogen in Brand zu setzen seien.
Irgendwelche Befehle von der Gruppe hatte Löber nicht empfangen. Löber versuchte, seine Sturmbannführer in der Nacht von den geplanten Massnahmen in Kenntnis zu setzen. Er versuchte deshalb auch, den Sturmbannführer Roeschmann telefonisch zu erreichen. Als ihm dies nicht gelang, beauftragte er den bei der Standarte hauptamtlich tätigen Truppführer Seggermann, eine Verbindung mit dem Sturmhauptführer Köster herzustellen. Löber lässt die Möglichkeit offen, dass er nach vielen Versuchen, eine Verbindung zu erreichen, dem Truppführer erlaubt habe, sich mit Köster in Verbindung zu setzen und diesem selbst die besprochenen Befehle, nämlich 1.) die jüdischen Geschäfte zu zertrümmern und 2.) die Synagogen in Brand zu setzen, von denen allein die Rede gewesen sei, zu übermitteln. Seggermann teilte nach dem Gespräch mit Köster, an den Tisch des Standartenführers zurückkehrend und Meldung erstattend, diesem auch auf seine Frage, welche Befehle er übermittelt, mit, dass er die obigen 2 Befehle weitergegeben habe. Diese 2 Befehle sind im Bereich der Standarte 411 bis auf den vorliegenden Fall auch nicht überschritten worden.
Die Stimmung, die nach den übereinstimmenden Aussagen aller Beteiligten, und zwar hier der Zeugen Standartenführer Löber, Kreisleiter Kühn und des Truppführers Seggermann in jener Nacht in dem Cafe Wendt, in dem die Zeugen sassen, geherrscht hat, ist die gewesen, dass nun endlich der Zeitpunkt der restlosen Lösung der Judenfrage für gekommen erachtet wurde und dass die wenigen Stunden bis zum nächsten Tage genützt werden müssten. Es hat ferner die Auffassung geherrscht, dass bei dem geringsten Widerstand zu schiessen sei und dass es dabei auf ein Judenleben nicht ankomme. Sämtliche beteiligten Führer waren sich nach der Aussage des Standartenführers Löber jedoch auch darüber klar, dass irgendeine befehlsmässige Unterlage für eine solche Auffassung nicht vorhanden gewesen sei, dass aber dennoch so gegen die Juden vorgegangen werden könne und müsse und dass dies schliesslich auch die Auffassung der höchsten Stellen sei, die deshalb sich nicht deutlich ausdrückten, weil sie nicht eine für die Bewegung ungünstige Rechtslage mit einem eindeutigen Befehl hätten schaffen wollen.
Aus dieser von dem Zeugen Standartenführer Löber bekundeten Auffassung heraus will der Zeuge Seggermann sodann sein Gespräch mit Köster geführt haben, wie es bereits dargelegt ist und wie es von ihm in den wesentlichen Punkten zugegeben wird.
III. Was die von Roeschmann und Köster angeführte Bestätigung des Befehls durch die Gruppe angeht, so bestreitet der Zeuge Sturmführer Gross nicht, auf die Frage Roeschmanns: "Ich habe hier so einen verrückten Befehl, hat das mit dem seine Richtigkeit?" mit "Jawohl" geantwortet und zugleich erklärt zu haben, dass in Bremen die Synagoge bereits brenne und die Nacht der langen Messer im Gange sei. Er will aber die "Nacht der langen Messer" nicht, wie Roeschmann, auf die Umbringung der Juden, sondern im wesentlichen nach dem Inhalt des ihm durch den Oberführer bekannt gewordenen Befehls des Gruppenführers auf die Inbrandsetzung der Synagogen, die Zerstörung der Geschäfte und die Unterbringung der Juden in Konzentrationslagern bezogen haben, zumal er auch habe annehmen können, dass Roeschmann den Befehl des Gruppenführers mit seiner Frage nach der Richtigkeit des von ihm empfangenen Befehls gemeint habe, worin von einer Beseitigung der Juden aber nichts zu lesen gewesen sei. Mit dem Ausdruck "die Nacht der langen Messer" will Gross ferner lediglich von sich aus der Stimmung Ausdruck gegeben haben, die in der Nacht unter den SA-Führern geherrscht habe, nämlich, dass nunmehr der Zeitpunkt der völligen gewaltsamen Lösung der Judenfrage gekommen sei, bei der es auf das Leben eines Juden nicht ankomme.
Der Befehl des Gruppenführers, der dem Stabsführer der Gruppe, Oberführer Römpagel, in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 telefonisch übermittelt wurde, ist von diesem wie folgt schriftlich zusammengefasst worden:
"Sämtliche jüdischen Geschäfte sind sofort von SA-Männern in Uniform zu zerstören. Nach der Zerstörung hat eine SA-Wache aufzuziehen, die dafür zu sorgen hat, dass keinerlei Wertgegenstände entwendet werden können. Die Verwaltungsführer der SA stellen sämtliche Wertgegenstände einschliesslich Geld sicher.
Die Presse ist heranzuziehen.
Jüdische Synagogen sind sofort in Brand zu stecken, jüdische Symbole sind sicherzustellen. Die Feuerwehr darf nicht eingreifen. Es sind nur Wohnhäuser arischer Deutscher zu schützen von der Feuerwehr. Jüdische anliegende Wohnhäuser sind auch von der Feuerwehr zu schützen, allerdings müssen die Juden raus, da Arier in den nächsten Tagen dort einziehen werden.
Die Polizei darf nicht eingreifen. Der Führer wünscht, dass die Polizei nicht eingreift.
Die Feststellung der jüdischen Geschäfte, Lager und Lagerhäuser hat im Einvernehmen mit den zuständigen Oberbürgermeistern und Bürgermeistern zu erfolgen, gleichfalls das ambulante Gewerbe.
Sämtliche Juden sind zu entwaffnen. Bei Widerstand sofort über den Haufen schiessen.
An den zerstörten jüdischen Geschäften, Synagogen usw. sind Schilder anzubringen, mit etwa folgendem Text:
"Rache für Mord an vom Rath
Tod dem internationalen Judentum.
Keine Verständigung mit den Völkern, die judenhörig sind.
Dies kann auch erweitert werden auf die Freimaurerei."
Stabsführer Römpagel hat diesen Befehl den erreichbaren SA-Führern schriftlich ausgehändigt, andere sind telefonisch von seinem Inhalt in Kenntnis gesetzt worden. Römpagel hat als Zeuge bekundet, dass er, nachdem er den Befehl erhalten, sich darüber klar gewesen sei, dass es Tote geben würde. Er habe aber weder den Gruppenführer gefragt, ob Juden umgelegt werde könnten, noch habe der Gruppenführer von sich aus ähnliches gesagt. Erst um 2 Uhr sei ihm vom Gruppenführer durch den Befehl, dass die Juden in ein Konzentrationslager gebracht werden sollten, Klarheit geworden, was mit den Juden zu geschehen habe. Er selbst habe aber auch vor Erhalt des zweiten Befehls den ersten Befehl nicht so aufgefasst, dass einfach bei jedem Juden Widerstand ohne weiteres anzunehmen sei, denn er habe selbst die Besitzer eines jüdischen Hotels ausgehoben, ohne diese irgendwie anzurühren. Allerdings sei die Meinung unter den SA-Führern, die auf der Gruppe erschienen waren, die gewesen, dass es nun auf Judenleben nicht ankomme und dass ruhig der eine oder andere über die Klinge springen könnte.
Bei den vernommenen SA-Führern handelt es sich durchweg um alte SA-Führer. Sie hinterliessen in der Verhandlung den denkbar besten Eindruck, sowohl hinsichtlich ihres ganzen Auftretens, ihrer Haltung und Einsatzbereitschaft, ihrer Wahrheitsliebe, von der auch dort nicht abgegangen wurde, wo sie sich selbst hätten belasten können, als auch hinsichtlich ihres Einstehens für ihre Männer und der diesen gegebenen Befehle.(22)

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(1) BArch (ehem. BDC), OPG, Mahlstedt, Bruno, 12.7.07; Abdruck in: Wolfgang Scheffler, Ausgewählte Dokumente zur Geschichte des Novemberporgroms 1938, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Ausgabe B 44/78 vom 4.11.1978, S. 15 f.
(2) Die Akte enthält außer der hier abgedruckten Urteilsbegründung keine weiteren Dokumente oder andere Anlagen.
(3) August Frühling (1885-1966), Schiffsingenieur; fuhr von 1908 an zur See, nach 1920 Maschineningenieur und Betriebsleiter in verschiedenen Firmen, zeitweise arbeitslos; 1933 SA-, 1937 NSDAP-Eintritt, 1938 SA-Scharführer; 1952 wieder als Schiffsingenieur tätig.
(4) Bruno Mahlst[a]edt (1915-2001), Offizier und Kaufmann; 1933 SA-Eintritt, 1938 SA-Rottenführer; nach der Pogromnacht Wehrmachtssoldat, zuletzt Hauptmann; 1951 kaufmännischer Angestellter, 1952 Prokurist, 1953 als Handelsvertreter und Betreiber einer Automatenwäscherei tätig, später Angestellter einer Tubenfabrik in Singen.
(5) Im Original nicht ausgefüllt.
(6) Emil Koch-Schweisfurth (1907-1991), Jurist; 1929 NSDAP-Eintritt; 1935 Landesverwaltungsrat in Sachsen; von 1936 an hauptamtlich Richter am Obersten Parteigericht (OPG); 1941 Landesoberverwaltungsrat, 1942 Oberlandesgerichtsrat in Kassel; von 1943 an Reichshauptamtsleiter und Vorsitzender der I. Kammer des OPG.
(7) Hinrich Lohse (1896-1964), Handelskaufmann und Bankbeamter; 1921 NSDAP-Eintritt, 1925-1945 mit Unterbrechung 1932 NSDAP-Gauleiter in Schleswig-Holstein; 1933-1945 Oberpräsident der Provinz Schleswig-Holstein; von 1937 an SA-Obergruppenführer; 1941-1944 Reichskommissar für das Ostland (Riga); 1945 Verhaftung, 1948 zu zehn Jahren Haft und Vermögensentzug verurteilt, 1951 entlassen.
(8) Vermutlich Leopold Damian (1895-1971), Lehrer; 1929 NSDAP- und 1931 SA-Eintritt, 1937-1941 Chef des Gerichts- und Rechtsamts der Obersten SA-Führung, vom 9.11.1938 an SA-Gruppenführer, 1941-1945 Führer der SA-Gruppe Oberrhein (Straßburg), ehrenamtliches Mitglied des Volksgerichtshofs.
(9) Dr. Adolph Goldberg (1860-1938), Arzt; von 1888 an Arzt in seinem Heimatort Burgdamm (Lesum), 1918 Sanitätsrat; 1895 heiratete er die aus einer Schweriner Kaufmannsfamilie stammende Martha Sussmann (1873-1938), die auch in seiner Praxis als Sprechstundenhilfe, Sekretärin und Buchhalterin arbeitete.
(10) Leopold Sinasohn (1877-1938), Monteur; 1891-1894 Mechanikerlehre in Berlin, fuhr mehrere Jahre zur See, 1911-1933 für die Hanseatischen Siemens-Schuckert Werke GmbH in Bremen in der Abt. für Schiffbau tätig, zuletzt als Obermonteur des Baubüros.
(11) Friedrich Jahns (1885-1939), Gärtner; Obersturmführer des SA-Reservesturms 29/411 Lesum-Ritterhude.
(12) Anton Dietrich Harder (1904-1964), Lehrer; 1933 SA-, 1938 NSDAP-Eintritt, 1935-1939 Führer der SA-Nachrichtentruppe Lesum, 1939 Obertruppführer; von 1953 an Versicherungs- und Handelsvertreter, von 1956 an als kaufmännischer Angestellter tätig.
(13) Fritz Johann Köster (1906-1993), kaufmännischer Angestellter; 1932 SA- und 1933 NSDAP-Eintritt; 1934-1939 Bürgermeister in Lesum, anschließend in der Bremer Verwaltung; von 1943 an Oberreg.Rat, zuletzt Vertreter des Bausenators; 1944 SA-Obersturmbannführer; 1947-1953 inhaftiert; danach bei der Horten AG in Düsseldorf, in den 1970er Jahren Berater der Lürssen-Werft.
(14) Walter Seggermann (1908-1972), Kaufmann; 1933 SA- und NSDAP-Eintritt, von 1937 an bei der SA-Standarte 411 der Brigade 62, Gruppe Nordsee, hauptamtlich als Kraftfahrer und Schreiber tätig, 1937 oder 1938 Obertruppführer; von 1939 an Wehrmachtssoldat, 1942 bei der Marine.
(15) Ernst Röschmann (1913-1967), Kaufmann; 1931 SA- und NSDAP-Eintritt, von 1935 an hauptamtlich bei der SA, 1938 SA-Sturmbannführer; von 1939 an Wehrmachtssoldat; 1945 und 1952 als Handelsvertreter tätig, 1966 Geschäftsführer.
(16) Werner Römpagel (1911-1946), kaufmännischer Angestellter; 1928 SA- und 1929 NSDAP-Eintritt; von 1933 an hauptberuflich für die NSDAP tätig, 1937 SA-Oberführer, vom 1.7.1938 an Stabsführer der Gruppe Nordsee in Bremen, 1939 Führer der Brigade 63 Gruppe Nordsee in Oldenburg; 1942 im RMfbO.
(17) Arthur Groß (1910-1944), Verwaltungsgehilfe; 1932 NSDAP-Eintritt, 1934 erneut eingetreten, SA-Führer.
(18) Die Synagoge in Bremen, die 1876 eingeweiht worden war, brannte in der Nacht vom 9./10.11.1938 ab.
(19) Es handelte sich um die Familie des Rabbis Isaak ter Berg aus Ritterhude.
(20) Carl-Theodor Löber (1910-1940), kaufmännischer Angestellter; NSDAP-Mitglied, 1930 SA-Eintritt, SA-Führer der Standarte 411, Gruppe Nordsee; starb bei einem Flugzeugabsturz.
(21) Hugo Kühn (1904-1943), Lehrer; 1925 NSDAP-Eintritt, 1933 Gaupropagandaleiter von Ost-Hannover, von 1934 an NSDAP-Kreisleiter von Wesermündung, später Wesermünde; von 1939 an Kriegsdienst, gefallen.
(22) Wegen der Ermordung des Ehepaars Goldberg und von Leopod Sinasohn mussten sich Köster, Harder, Frühling, Mahlstaedt, Seggermann und Röschmann 1948 vor Gericht verantworten. Köster wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, die Strafe in der Revisionsverhandlung auf 15 Jahre herabgesetzt und er 1953 entlassen; das Gericht verurteilte Frühling zu zehn, Harder zu acht Jahren Zuchthaus, beide wurden 1951 begnadigt; Mahlst[a]edt erhielt eine Strafe von achteinhalb Jahren Zuchthaus, Röschmann wurde zu vier Jahren, Seggermann zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

 
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Mit freundlicher Genehmigung des Oldenbourg Wissenschaftsverlages

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