Karen Köhler

Wir haben Raketen geangelt

Erzählungen
Cover: Wir haben Raketen geangelt
Carl Hanser Verlag, München 2014
ISBN 9783446246027
Gebunden, 237 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Es gibt diesen Moment, in dem das eigene Universum zerbricht und weit und breit kein neues in Sicht ist: Eine junge Frau sitzt mittellos und nahezu dehydriert vor einer Tankstelle im Death Valley. Als plötzlich ein Indianer vor ihr steht und ihr das Leben retten will, glaubt sie zu phantasieren. Doch das Universum setzt sich nach seinen eigenen Regeln wieder zusammen. Schon bald teilen sich die beiden einen Doppelwhopper, gehen gemeinsam ins Casino und stranden schließlich in einem dieser schäbigen Motels, die es eigentlich nur im Film gibt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.11.2014

Vor allem sprachlich findet Rezensent Nico Bleutge Karen Köhlers Erzählungen über traumatisierte Menschen von einigem Interesse: "Die Wörter retten die Figuren vor ihrem Absturz", schreibt er. Wobei die Autorin ihre Sprache zuweilen bis aufs Letzte reduziert, führt der Kritiker aus: Die Perspektive verengt sich bei Köhler stark aufs Subjektive der Figuren, an deren Gedanken und Wahrnehmungen sie ganz nahe heranrückt. Mit dieser Methode entwickelt die Autorin in ihren, von vielen Referenzen und Anspielungen durchzogenen Texten durchaus "gebrochenen" Sprachwitz, findet Bleutge, nicht ohne allerdings auch darauf hinzuweisen, dass manche Reise zum sprachlich abstrakten Nullpunkt etwas arg weit führt. Dass die Autorin zuweilen wieder zum Auserzählen zurück findet, findet er abschließend dann doch behaglich.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.10.2014

Die Autorin übt noch, meint Kristina Maidt-Zinke etwas jovial. Am Erzähltalent von Karen Köhler hat die Rezensentin nach der Lektüre von Köhlers Debüt mit 31 Szenen allerdings gar keinen Zweifel. Das zeigt sich für Maidt-Zinke in Köhlers Fähigkeit, die Grenzsituationen und -gefühle ihrer jungen Ich-Erzählerinnen lakonisch und hochdramatisch zu fassen, rhythmisch zudem, lyrisch manchmal, stets flott und cool, wie die Rezensentin erklärt. Am besten gefallen ihr die kurzen Texte, wenn Hoffnung rüberkommt. Mitunter jedoch rutscht die Autorin dabei stilistisch in den Kitsch, findet Maidt-Zinke, oder wirkt allzu bemüht authentisch und juvenil.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 13.09.2014

Bitte anschnallen, rät Rezensentin Sabine Vogel nach der Lektüre von Karen Köhlers Erzählband "Wir haben Raketen geangelt". Denn in diesen wunderbar abgedrehten Geschichten geht es zur Sache, verkündet die Kritikerin, die hier von Leben und Tod oder vielmehr "brutale" Erzählungen am Rande des Abgrunds gelesen hat. Etwa jene einer gestrandeten Tramperin, die  in der Wüste verdurstet, während sich ihr Vater weit entfernt zu Tode säuft. Oder die Erzählung einer Frau, die 27 Tage lang ihren Hungerselbstmord auf einem Hochsitz in Tagebucheinträgen notiert. Diese sprachlich "radikale" Buch kann die Rezensentin mit Nachdruck empfehlen.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 23.08.2014

Lust auf mehr bekommt Marc Reichwein beim Lesen von Karen Köhlers Erzählungen. Was die Debütantin hier abliefert, gefällt Reichwein zwar nicht wegen, sondern trotz einer gewissen Seelenschmerzausstellung, trotz exzentrischer Settings (Wüste, Nevada) und trotz der ein oder anderen stilistischen Unsicherheit; die Short Story und ihre Anforderung, den Leser in eine besondere Erzählsituation zu entführen, bedient Köhler laut Rezensent aber vorbildlich. Dass das männliche Pesonal in diesem Band sich rar macht und ausnahmslos exotisch auftritt, scheint Reichwein irgendwie zu imponieren.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.08.2014

Karen Köhlers Debüt "Wir haben Raketen geangelt" enthält neun Erzählungen und nicht ein einziges "beliebiges Wort", berichtet Ursula März. Die scheinbar zeitgeisttypisch gehaltene Sprache könnte leicht darüber hinwegtäuschen, wie präzise die Autorin in ihren Formulierungen ist, weiß die Rezensentin, die ganz angetan von den temperamentvollen, künstlerisch autonomen und raffiniert konstruierten Erzählungen ist und ihnen "Virtuosität" und einen "fetzigen Sound" attestiert. Die Erzählung "Polarkreis" bestehe etwa nur aus zwei Briefen und siebzehn Postkarten, während die titelgebende Story aus 31 Kurzszenen, Dialogen und Musikstücken zusammengesetzt ist, die sich erst nach der Lektüre als Nekrolog auf einen verstorbenen Freund herausstellen. Die meisten Figuren verlieren erst alle Sicherheiten - meist in Form von Jobs und Gepäck, verrät März - und werden nur mühsam, falls überhaupt, gerettet. Hier ist "Meisterschaft am Werk", jubelt die Kritikerin.