Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
31.03.2003. Was sich im Ranking der 100 größten Verlage getan hat. Wie aus zwei Mal Minus ein Plus werden kann. Wie man erfolgreich die Presse belügt. Und warum es im nächsten Jahr möglicherweise keine lit.Cologne mehr gibt, obwohl das Kölner Lesefestival in diesem Jahr guten Zulauf hatte. Von Hubertus Volmer.

buchreport.magazin

In diesem Heft legt der buchreport sein jährliches Ranking der 100 größten Verlage vor. Nach wie vor größter Verlag und damit natürlich auch größter Fachverlag ist BertelsmannSpringer mit 542 Millionen Euro Umsatz. Von diesem Verlag will Bertelsmann sich trennen. Größter Publikumsverlag ist die Verlagsgruppe Ullstein Heyne List mit 187,3 Millionen Euro Umsatz. Diesen Verlag hat Bertelsmann kürzlich gekauft. Größter Taschenbuch-Verlag ist der Bertelsmann-Verlag Goldmann mit 119,8 Millionen Euro Umsatz. Die meisten Hardcover produziert die Bertelsmann-Verlagsgruppe Random House (nämlich 800). Die meisten Taschenbücher (1.134) kommen von Goldmann (an zweiter Stelle steht hier Ullstein Heyne List mit 1.005 Novitäten). Der größte Jugendbuchverlag ist die Egmont Holding mit einem Umsatz von 74,6 Millionen Euro. Und der umsatzstärkste Schulbuchverlag ist die Klett-Gruppe (329,4 Millionen Euro).

In einem Kommentar zum aktuellen Ranking bilanziert David Wengenroth: "Die hundert Branchengrößten haben 2002 im Durchschnitt gerade mal ein hauchdünnes Wachstum von 0,3 Prozent zustande gebracht. (...) Nur noch 44 Verlage meldeten eine positive Umsatzentwicklung. 37 Unternehmen müssen ein Umsatzminus verkraften." Der Blick ins Ausland zeige, dass die deutschen Buchmacher nicht hoffen dürften, "dass ihre Malaise ein Ergebnis nationaler Sonderfaktoren ist, die sich im nationalen Rahmen beheben lassen". Was tun? "Dafür, wie die Buchmacher jenseits des strikten Kostenmanagements einen Weg in die Zukunft finden können, gibt es keine Patentrezepte, sondern nur Binsenweisheiten. Die gängige Empfehlung lautet, bei der Programmgestaltung mutig und kreativ neue Wege zu beschreiten. Diesen wohlfeilen Rat hat man mittlerweile so oft gehört und gelesen, dass man sich fast scheut, ihn zu wiederholen. Nötig ist es trotzdem, denn von dem geforderten Aufbruch ist in der Branche wenig zu spüren. Die meisten Verlage suchen ihr Heil in altbewährten Rezepten und Inhalten."

Die kleinen Verlage unter den 100 Größten wachsen schneller, schreibt David Wengenroth außerdem. Unter den 15 Verlagen, die prozentual am stärksten zugelegt haben, ist kein Top-Ten-Verlag. Umsatzstärkster Verlag unter diesen 15 ist Wiley VCH, Platz 20 im Gesamtranking. Dann geht es erst mit Carlsen weiter - Platz 45 im Gesamtranking, Platz 11 in der Liste Umsatzsteigerer. Am stärksten zugelegt hat Dorling Kindersley, im Vorjahr bei den größten 100 gar nicht dabei, nun auf Platz 88. "Die deutsche Dorling-Dependance verdankt ihre Umsatzsteigerung vor allem erfolgreichen Produkten wie der Rolling-Stones-Biografie von Bill Wyman und den Büchern des 'nackten Kochs' Jamie Oliver." Zumindest ein großer Verlag dürfte sich 2004 in der Liste der Verlage mit den größten Umsatzsteigerungen wiederfinden: "Wenn die Übernahme von Ullstein Heyne List wie geplant über die Bühne geht, wird Random House im kommenden Jahr mit dem höchsten Zuwachs glänzen."

Kann aus zwei Mal Minus ein Plus werden, fragt der buchreport den seit November 2002 amtierenden Chef von Random House Deutschland, Hans-Joerg Pfuhl. Der antwortet, dass Ullstein Heyne List "in eine wirtschaftliche Schieflage" geraten sei. "Das hat uns die glückliche Gelegenheit gebracht, die Gruppe - nach Genehmigung durch das Kartellamt - in der RandomHouse-Familie begrüßen zu dürfen." Ob es leichter sei, die angestrebte Rendite von zehn Prozent in einem größeren Verbund zu erreichen? "Das kann man pauschal nicht behaupten, weil die Degressionseffekte im Verlagswesen sehr überschaubar sind. Der Erfolg richtet sich ausschließlich am verlegerischen Programm aus und das wird nicht allein dadurch besser, dass eine Verlagsgruppe größer wird." Doch Größe habe Vorteile. "Ein Beispiel: Bei der Vergabe von Druckaufträgen werden wir nicht die Preise aufgrund unseres Gesamtvolumens drücken, sondern eine partnerschaftliche Beziehung zu den Druckern suchen und durch die Auslastung über das ganze Jahr hinweg günstige Abschlüsse erzielen. So kann man in den ruhigen Sommermonaten Backlist-Titel nachdrucken und sich während der Hauptproduktionszeit im Frühjahr und Herbst auf Novitäten konzentrieren." Klingt nur mäßig überzeugend. Der buchreport erwidert denn auch: "Günstige Abschlüsse mit Druckern werden es kaum gewesen sein, die Sie zur Übernahme von Ullstein Heyne List bewogen haben." - Aus dem schönen Namen "Ruhli" wird leider nichts. Die ehemaligen Springer-Verlage werden einzeln in die Dachmarke Random House integriert, ihre "Traditionsnamen bleiben natürlich bestehen", so Pfuhl. Insgesamt werde die Verlagsgruppe rund 3.000 Titel pro Jahr herausbringen (zum Vergleich: 2002 produzierte Ullstein Heyne Liste rund 1.500 Novitäten, bei Random House waren es geschätzt knapp 2.000). Die Verlagsgruppe solle künftig dezentral organisiert sein: "Dafür haben wir 14 Verlagsteams gegründet, die als virtuelle Verlagseinheiten operieren und in denen die meisten operativen Entscheidungen getroffen werden."

Was die Branchenblätter der vergangenen Woche noch nicht wussten: Erneut hat ein Verleger seinen Verlag von Bertelsmann zurückgekauft: Der Berlin Verlag gehört wieder allein Arnulf Conradi; der Siedler Verlag bleibt bei Random House. (Anlässlich dieser Nachricht hatte sich die Süddeutsche in der vergangenen Woche mit der Psyche von Großverlagen beschäftigt.)

Der Umsatz der 100 größten Verlage hat sich zwischen 1990 (als das Ranking erstmals erstellt wurde) und 2003 nahezu verdoppelt, schreibt Peggy Voigt: "1989 betrug der Gesamtwert rund 3,5 Milliarden Euro, in 2002 wurden knapp 6 Milliarden Euro umgesetzt." Voigt vergleicht zudem die Zahlen des Verlags-Rankings mit denen des Buchhandels-Rankings: "Während der umsatzstärkste Verlag sich stets um den Wert 500 Millionen Euro bewegt hat, konnte sein Pendant im Handel den Umsatz im gleichen Zeitraum versechsfachen (...). Das Fazit: Der Handel konnte seine Macht gegenüber den Verlagen in erheblichem Maße verstärken."

Wie kann das Buch "in der modernen Medienwelt" wieder an Bedeutung gewinnen, fragte der buchreport in einem Forum. Theo Schäfer (langjähriger Bertelsmann-Pressechef und Erfinder von "Leipzig liest") zweifelt offenbar gleich am Sinn der Leitfrage des Forums: "Welches Medium auch im 20. Jahrhundert neu auf den Markt gekommen ist - Radio, Fernsehen, Computer -, es war immer gleich der Totengräber des Buches. Aber bisher hat es keine wirtschaftlichen Einbußen gegeben." Trevor Goul-Wheeker (Erfinder des World Book Day) widerspricht: "Auch in unserer Branche kann man die gesamtwirtschaftliche Talfahrt nicht ignorieren, wir verlieren Kunden." Nicht nur neue Technologien bedrohten das Buch, "sondern die heutige Lebensart". Heinrich Kreibich (Geschäftsführer der Stiftung Lesen) will den Jugendlichen vermitteln, dass Bücher "geil" sind. So ähnlich sieht das wohl auch Werner Köhler (Geschäftsführer des Kölner Literaturfestivals lit.Cologne). Er kritisiert, dass manche Veranstaltungen eher schadeten als nutzten: "Nehmen Sie den Bücherherbst in Köln: Da stellen 15 Verlage in einem Zelt an alten Holztischen Bücher aus - das ist doch gruselig!" In den Niederlanden funktioniert das Branchenmarketing besser. Hylco Wijnants (vom der "Collectieve Propaganda van het Nederlandse Boek") sagt: "Mir scheint, dass es bei uns eine ganz andere Kultur gibt. Im Büro des CPNB arbeiten 15 Leute, jahrein, jahraus. Eine Million kommt von Verlagen und Buchhändlern, der Rest von Sponsoren." Und dann wird noch heftig geschimpft: "Der Börsenverein ist ein Gottesacker, in dem gute Gedanken beerdigt werden." (Schäfer) "Sponsoren zu nennen, damit tut sich die deutsche Journaille schwer." (Kreibich) "Das ist so verlogen!" (Köhler) Und Goul-Wheeker verrät: Man muss betrügen. "Dieses Jahr hat der 'World Book Day' eine Untersuchung in Auftrag gegeben - immer eine gute Idee! -, um herauszufinden, mit welchem Buch sich die Schotten, Iren, Waliser bzw. Engländer am meisten identifizieren. Daraus haben wir Favoriten-Listen entwickelt. Alles Quatsch, keiner braucht das. Aber wir erfinden jedes Jahr neue Varianten von diesem Nonsens, weil wir wissen: Die Presse liebt es."

Zwei neue Bücher kündigt Georgette Libori an: "Ein Tag im Jahr. 1960 bis 2000" von Christa Wolf. Die Schriftstellerin hat darin eine Anregung der russischen Zeitung Iswestija verwirklicht: Das Blatt hatte 1960 an Schriftsteller in aller Welt appelliert, sie mögen den 27. September eines jeden Jahres so genau wie möglich beschreiben. "Nie zuvor hat sich ein Autor so ungeschützt ausgeliefert wie Christa Wolf in diesem Buch", sagt Luchterhand-Geschäftsführer Gerald Trageiser. Das zweite Buch ist von Florian Illies. Es trägt den originellen Titel "Generation Golf II". Darin wickelt Illies seine eleganten Floskeln um das Thema "Quarterlife-Crisis". Kostprobe: "Unsere Generation macht die Bekanntschaft mit dem deutschen Kündigungsrecht und dem deutschen Arbeitsrecht, wonach die als Erste gehen müssen, die als Letzte angefangen haben." Eine Million Euro soll der Blessing Verlag hingelegt haben, um das Buch publizieren zu dürfen.

Bericht aus Krefeld. Dort kündigt sich seit geraumer Zeit ein ungewöhnlich scharfer Verdrängungswettbewerb an: Am 24. April eröffnet Buch Habel eine 3.000 Quadratmeter große Filiale in der Stadt am Niederrhein. Als Reaktion darauf hatte Thalia seine Buchhandlung vor Ort auf 1.700 Quadratmeter vergrößert. Neun Buchhändler aus Krefeld um dem Umland wollen der Konkurrenz mit einem gemeinsamen Internetportal trotzen.

Der Schwerpunkt gehört dem Krimi. Darin berichtet Anja Sieg, dass Erstausgaben von Krimi-Klassikern bei Auktionen in den USA fünfstellige Summen erzielen. Andrea Czepek und Peggy Voigt schreiben über die Reihe "GourmetCrime", die im Europa-Verlag erscheint. Anja Sieg stellt die Krimis des Schotten Alexander McCall Smith vor, deren Hauptfigur eine botswanische Miss Marple ist (ihre Detektei heißt "The No. 1 Ladies' Detective Agency"). David Wengenroth schreibt über russische Kriminalromane. Rainer Uebelhöde stellte Websites für Krimi-Fans vor: Kaliber38.de, Krimi-Forum.de, Das Syndikat, Alligatorpapiere.de, Krimicouch.de. Außerdem legt der buchreport sein aktualisiertes "Who's who der Kommissare" vor - eine kommentierte Liste von Krimiautoren und ihren Protagonisten.

Weitere Beiträge: Peggy Voigt berichtet, dass der Einzelhandel in der Krise die Tradition der Genossenschaften und Handelsverbände neu entdeckt. Brit München erzählt, wie hohe Mieten und die schlechte Wirtschaftslage die Bergische Buchhandlung in Radevormwald in die Insolvenz getrieben haben. Anja Sieg schreibt über das walisische Buchmekka Hay-on-Wye, Peggy Voigt über französische Comics und Andrea Czepek über Lizenzhandel mit Jugendbüchern.

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Auf den ersten Blick falle die Bilanz des Rankings der 100 größten Verlage positiver aus als im vergangenen Jahr: Das durchschnittliche Umsatzplus lag 2002 bei 0,3 Prozent; 2001 war es ein Minus von 0,6 Prozent. "Doch die 100 größten Buchverlage sind im Krisenjahr 2002 nur scheinbar mit einem blauen Auge davongekommen. Für das knappe positive Gesamtergebnis ist nur eine kleine Zahl von Ausreißern verantwortlich." Denn: 2001 erreichten 55 ein Umsatzplus, im aktuellen Ranking sind es nur 44. Ein Umsatzminus verbuchten im Ranking des vergangenen Jahres 29 Verlage. Diesmal sind es 37. "Zwischen den Sparten des Buchverlagswesens haben sich die Unterschiede abgeschliffen. Einerseits haben sich die Publikumsverlage vom Vorjahrestief erholt: Während sie 2001 noch ein fettes Minus von 7,3 Prozent verkraften mussten, verbuchten sie für 2002 nur noch vergleichsweise erträgliche -1,7 Prozent. Andererseits haben die Fachverlage ihren Glanz eingebüßt. Im Vorjahr fuhren sie in der Gruppe der 100 Größten ein Plus von 4,5 Prozent ein, doch 2002 ist ihr durchschnittlicher Zuwachs auf 1,1 Prozent zusammengeschmolzen."

Die FAZ hat die DVA-Zeitschriftensparte verkauft. "Bild der Wissenschaft, Natur & Kosmos, Damals sowie sieben Fachzeitschriften aus den Bereichen Architektur, Bauhandwerk, Design und Büro wechseln zum Konradin-Verlag in Leinfelden-Echterdingen (620 Mitarbeiter, 93 Mio Euro Umsatz)." Zuvor hatte sich die FAZ von dem Plan verabschiedet, die Deutsche Verlags-Anstalt nur in einem Stück zu verkaufen. Jetzt dürfte das Interesse an den FAZ-Verlagen DVA und Kösel wachsen, mutmaßt der buchreport. Nicht zuletzt wegen ihrer Beteiligung am Deutschen Taschenbuch Verlag: Sie halten knapp 23 Prozent. Mit ihnen könne ein Käufer, "der - wie z.B. Hoffmann und Campe - selbst einen Anteil hält", zum "Majordomus" werden.

Econ stellt seine Taschenbuchreihe ein. Die Sachbücher des Verlags hätten unter dem Rückgang der Nachfrage nach Wirtschafts- und Computer-Themen gelitten, sagte Ullstein-Vertriebsleiterin Sabine Kahl. Nun soll das Sachbuch im Ullstein-Taschenbuch ausgebaut werden.

Gunter Thielen habe sein Debüt als Bertelsmann-Vorstandschef auf einer "glänzend organisierten Bilanzpressekonferenz" erfolgreich hinter sich gebracht, schreibt der buchreport. Nun habe er aber eine schwere Daueraufgabe vor sich: "Obwohl Umsatz und Erträge zurückgegangen sind und die einst verwöhnte Medienbranche stagniert, will er trotzdem bis zum Börsengang im Jahr 2005 an der Umsatzrendite von 10 Prozent festhalten." Im vergangenen Jahr seien es nur 5,1 Prozent gewesen - "und dies, obwohl aus dem Verkauf der Anteile an AOL Europe nochmals 2,9 Mrd. Euro als warmer Regen in die Konzernkasse geflossen sind". Die Buchverlage des Konzerns verloren 44 Millionen Euro an Umsatz und lagen 2002 bei 1,995 Milliarden, konnten ihren Gewinn vor Steuern jedoch von 33 auf 168 Millionen Euro steigern. Sorgenkind bleibt der Bertelsmann Club. Der Chef der DirectGroup, Ewald Walgenbach, will den Club bis spätestens 2004 aus der Verlustzone herausführen. "Was passieren könnte, wenn er sein Ziel verfehlt, lässt sich zumindest vermuten: Es könnte das Ende des Buchclubs in Deutschland, einstmals das erste Kapitel der Bertelsmann-Erfolgsstory, sein."

Die Leipziger Buchmesse endete erneut mit einem Besucherrekord: 88.000 Besucher kamen, 14,3 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. "Kosten hin oder her - die meisten Verlage sehen Leipzig weiterhin als Chance. Einhellige Meinung der befragten Aussteller: 'Wo sonst kommt man mit seinen Lesern so intensiv ins Gespräch?' Das bekam auch die Messeleitung bestätigt: 90 Prozent der Aussteller haben bereits für 2004 zugesagt. Außerdem konnte Leipzig den Bibliothekskongress 'Information - Macht - Bildung' für die Leipziger Buchmesse 2004, 2007 und 2010 an sich binden."

Auch das Kölner Literaturfestival lit.Cologne war wieder sehr erfolgreich: "40.000 Menschen kamen, 70 der 85 Veranstaltungen waren ausverkauft". Dennoch verkündeten die Veranstalter nach einem Kassensturz: "Wenn im nächsten Jahr nicht ein weiterer Sponsor die noch ungedeckten 50.000 Euro aus dem 600.000-Euro-Etat übernimmt, findet 2004 keine Lese-Party am Rhein statt." Werner Köhler, einer der drei Veranstalter, sagt: "Wir haben jetzt drei Jahre lang eigenes Geld zugeschossen, ein viertes Jahr machen wir das nicht".

Die Leipziger Verlage E.A. Seemann und Edition Leipzig sowie der Berliner Henschel Verlag bleiben an ihren jeweiligen Standorten erhalten. Die Verlagsgruppe Dornier hatte im November angekündigt, die drei Verlage zu schließen. Später wurden Verkaufsverhandlungen in Aussicht gestellt. Nun hat der ehemalige Dornier-Programmleiter Bernd Kolf die Verlage übernommen.

Der ehemalige Holtzbrinck-Verlag Paetec ist nicht - wie die anderen Teile der Schulbuch-Holding Das Bildungshaus - an Westermann verkauft worden. Paetec-Gründer Gerd-Dietrich Schmidt nahm sein Vorkaufsrecht in Anspruch "und suchte Anschluss an die BI/Brockhaus AG." Die hat nun die Mehrheit an dem Bildungsverlag erworben. Schmidt bleibt Geschäftsführer.

Der 14-seitige Fragebogen, den das Bundeskartellamt im Verfahren über die Fusion von Random House und Ullstein Heyne List verschickt hat, macht den Verlagen zwar Arbeit. Doch die Erläuterung zu dem Fragebogen enthalte eine Information, die vielen Konkurrenten ihre Mühe versüßen dürfte, schreibt der buchreport: "Demnach neigen die Wettbewerbshüter dazu, bei ihrer Beurteilung von einem eigenen Markt für Taschenbücher auszugehen. Wenn die Marktwächter aus Bonn bei dieser Einschätzung bleiben, sinken die Chancen der heiratswilligen Elefanten, im laufenden Kartellverfahren ohne Auflagen davonzukommen." Random House geht zwar von einem Taschenbuch-Marktanteil von unter 30 Prozent aus, doch der buchreport hat nach eigenen Angaben einen Anteil von rund 38 Prozent unter den 44 regelmäßig Taschenbücher produzierenden Publikumsverlagen errechnet.

Weitere Meldungen: Die Frankfurter Buchmesse will die Standgebühren für kleine Verlage nun doch nicht so drastisch erhöhen, wie zunächst angekündigt. Die Mayersche Buchhandlung hat in der vergangenen Woche in Essen eine Großbuchhandlung auf 5.000 Quadratmeter eröffnet - nur wenige Häuser entfernt von der Buch & Kunst-Filiale Baedeker (2.500 Quadratmeter). Und der Verlag Langen Müller hofft nach dem Oscar für Caroline Link, die Lizenz für "Nirgendwo in Afrika" von Stephanie Zweig auf dem englischsprachigen Markt verkaufen zu können.

Die Bestsellerlisten gibt es hier.

Börsenblatt

"Aufreger der Woche" ist im aktuellen Börsenblatt der Einmarsch amerikanischer und britischer Truppen in den Irak. "Kopf der Woche" ist Bernd Kolf, der die Verlage Henschel, E.A. Seemann und Edition Leipzig von der Verlagsgruppe Dornier übernommen hat und an ihren Standorten Berlin und Leipzig weiterführen will.

Die Aufbau-Verlage schreiben "kleine, aber schwarze Zahlen"; der Umsatz lag 2002 bei 14,8 Millionen Euro, elf Prozent mehr als 2001. "Verleger Bernd F. Lunkewitz sieht sich in seiner Strategie 'weniger Titel - mehr erfolgreiche Bücher' bestätigt. In den vergangenen beiden Jahren wurde das Hardcover-Programm bereits um ein Viertel reduziert. Für dieses Jahr ist eine Kürzung um weitere zehn Prozent geplant." Der Gustav Kiepenheuer Verlag soll zum Jahresende von Leipzig nach Berlin umziehen. Der Verlag "soll künftig wie Rütten & Loening geführt werden und sich auf internationale Literatur und auf sächsische Regionalkultur konzentrieren." Der buchreport meldet ergänzend, dass der neu berufene Programmleiter Jörg Schieke ein Büro in Leipzig behält.

Da die Zahl der Leser unter den Kindern und Jugendlichen abnimmt, setzen Kinderbuchverlage auf einen "kalkulierten Anbau an bestehende Programmsegmente", schreibt Ralf Schweikart. Die Bücher für die Allerkleinsten bildeten einen sehr stabilen Markt, "den bislang wenige Verlage wie etwa Ravensburger, Coppenrath, Annette Betz oder Pestalozzi unter sich aufgeteilt haben. In dieses Segment drängen nun Einzeltitel von Hanser ebenso wie ein eigenständiges Pappbilderbuchprogramm von Oetinger." Andere Verlage expandieren in die andere Richtung. Zum Beispiel Gerstenberg: "Bislang war das Unternehmen vor allem im Sach- und Bilderbuchprogramm stark. (...) Der Anteil des erzählenden Programms hat in den vergangenen Jahren allerdings stetig zugenommen. (...) Nun wächst das Programm mit 'Der Herr Albert' von Frank Vermeulen in Richtung Jugendbuch."

Andreas Trojan berichtet über die Augsburger Buchhandelslandschaft. Mit Ausnahme von Hugendubel und Pustet sind alle Augsburger Buchhandlungen seit 2001 im "LiteraturTeam" zusammengeschlossen. "Geplant und durchgeführt werden Veranstaltungen etwa zum Welttag des Buches und zur Frankfurter Buchmesse. Was der Einzelne niemals schaffen könnte, stellen sie gemeinsam auf die Beine. (...) Mittlerweile treffen sie sich in lockerer Runde alle zwei Wochen und besprechen Probleme. Die Buchhändler helfen einander, übernehmen Auslieferungsfahrten, wenn das Auto des Kollegen streikt, oder planen, Azubis untereinander auszutauschen, damit der Nachwuchs mehr als nur eine Buchhandlung kennen lernt."

Auch das Börsenblatt findet, dass Gunter Thielens erste Bilanzpressekonferenz als Bertelsmann-Vorstandsvorsitzender gelungen war. Thielen präsentierte "schwarze Zahlen für sechs der sieben Sparten - einzig die DirectGroup verbucht noch Verluste". Random House, die weltgrößte Buchverlagsgruppe, "konnte der schwachen Buchkonjunktur trotzen und die Rezession auf dem deutschsprachigen Buchmarkt sogar überkompensieren".

Am deutschen Gemeinschaftsstand auf der London Book Fair waren 21 Verlage und Unternehmen vertreten, mehr als zehn weitere Verlage kamen mit einem eigenen Stand, berichtet Thomas Minkus. "Weg von der Belletristik, hin zum Sachbuch - über diesen Trend im internationalen Lizenzgeschäft wurde in London viel spekuliert. Deutsche Verlage suchen in den USA insbesondere narrative Sachbücher, sagte eine deutsche Literaturagentin. Gefragt seien [zudem] historische Romane und 'Chick Lit': freche Bücher aus Großbritannien von Frauen über Frauen."

In Leipzig wurden Jugendbücher für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert; 24 von einer Erwachsenen-Jury und sechs von einer Jury aus Jugendlichen. Nicht eines der von den Erwachsenen nominierten Bücher wurde auch von den Jugendlichen nominiert - und das sei auch gut so, befindet Stefan Hauck. Die fünf Preisträger werden im Oktober bekannt gegeben.

Weitere Meldungen: Das Druckunternehmen Brönners in Frankfurt am Main hat Insolvenz beantragt. Hartmut Fischer sucht einen Käufer für seine Buchhandlung "Juliettes Literatursalon" in Berlin-Mitte. Buch.de hat im vierten Quartal 2002 schwarze Zahlen geschrieben. Die Frankfurter Buchmesse und die kleineren Verlage haben sich "aufeinander zubewegt" - die Standmieten sollen nicht ganz so teuer ausfallen, wie zunächst angekündigt.

Außerdem erläutert Alexander Bob, Vorstandssprecher des Bibliographischen Instituts & F.A. Brockhaus, wann Outsourcing sinnvoll ist - "wenn es überschaubar bleibt und die Schnittstellen zum Unternehmen genau definiert werden". Für einen Verlag werde es immer dann problematisch, wenn Kernkompetenzen berührt werden. Uli Hesse berichtet aus Essen, dass die örtlichen Buchhändler gelassen auf die Eröffnung der 5.000-Quadratmeter-Filiale der Mayerschen Buchhandlung reagieren. Emmanuel van Stein bilanziert die lit.Cologne als "Feuerwerk der Literatur". Andreas Dischereit weiß, dass Betrug, Diebstahl, Manipulation, Untreue, Unterschlagung, Mobbing und Arbeitsverweigerung auch im Buchhandel immer wieder vorkommen; unter der Überschrift "Frust ist gefährlich" erläutert er, was Buchhändler gegen Personaldelikte und "Kontraproduktivität" tun können.

Host Cremer weist darauf hin, dass das flexible Schrankwandsystem BBB seit Februar über Heinz Nielsen von der Flensburger Firma BBB-Einrichtungen bezogen werden kann. Uwe Ebbinghaus hat sich eine ganze Reihe von Gesundheitsratgebern angeschaut und stellt fest, dass Männer für diese Sorte Buch als Zielgruppe noch erschlossen werden muss. Und Ulrich Hesse stellt Peter Feierabend und dessen Feierabend Verlag vor. Feierabend würde gern ein Buch machen "über den Mann von Kopf bis Fuß. Das würde sicher kein rein anatomisches Werk, sondern eines über den Mann als biologisches, soziales, kreatives, modisches Wesen". Ein solches Buch über Frauen käme für ihn nicht in Frage: "Frauen sind meines Erachtens in nahezu allen Lebensbereichen facettenreicher als Männer, so dass es vermutlich nicht gelänge, sie in einem Buch 'einzufangen'." In der Reihe "Der Autor und sein Lektor" schwärmt Sibylle Lewitscharoff für Finger und Schrift ihrer Lektorin Christiane Schmidt. Und schließlich erklärt der frühere Piper- und Pendo-Verleger Ernst Piper, was ihm an seinem neuen Job als Literaturagent gefällt: die Autorenbetreuung.

In einem ausführlichen Extra-Teil berichtet das Börsenblatt schließlich vom "Bücherfrühling in Leipzig".
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