Ulrike Almut Sandig

Buch gegen das Verschwinden

Geschichten
Cover: Buch gegen das Verschwinden
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt/Main 2015
ISBN 9783895611889
Gebunden, 208 Seiten, 18,95 EUR

Klappentext

Ein junger Journalist versucht inmitten der Unruhen um den Istanbuler Gezi-Park die Erwartungen seiner Mutter abzuschütteln, die nach dem Mauerfall 1989 das Reisefieber gepackt hat. Ein Wanderer geht während eines Schneesturms in den uralten verwunschenen Wäldern des Engadin verloren. Ein kleines Mädchen wird zum nächsten Venusdurchgang von der Großmutter ans Ende der Welt geflogen. Wohin ihre Spuren führen, ist eines der vielen Rätsel dieser Geschichten. Ulrike Almut Sandig beschreibt mit ihrer farbigen und poetischen Sprache nur scheinbar vergangene Orte. In Wirklichkeit leben sie in den Biografien der Älteren und den Lebensentwürfen der jungen Generation fort. Beziehungen werden von den Stürmen der Geschichte durchweht und trügerische Gewissheiten geraten ins Wanken.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.02.2016

Rezensentin Anja Hirsch empfiehlt den neuen Prosaband von Ulrike Almut Sandig wegen seines lyrischen Potenzials, den kleinen Rätseln in ihnen, vor allem aber wegen der unbeschönigten Darstellung des Verschwindens und Vermissens. Doch zuerst müssen Bindungen beschrieben werden, erklärt Hirsch den Aufbau der untereinander thematisch korrespondierenden Geschichten, dann kommt der Verlust. Sandigs "weiche", verdichtende Sprache scheint Hirsch gut geeignet diesen Vorgang einzufangen.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 11.07.2015

So richtig hin und weg ist Dana Buchzik nicht beim Lesen von Ulrike Sandigs Erzählungen. Zwar hat sie keinen Zweifel an Sandigs Konstruktionskompetenz und an ihrer lyrischen Begabung, die für "frische" Bilder sorgt; das Umbiegen schwerer Themen wie Tod, Schmerz und Krankheit ins Fantastische oder schlimmer, ins Betuliche, scheint Buchzik allerdings mitunter unangenehm. Dass der verhandelte Verlust dem Leser direkt in den Magen greift, wie die Rezensentin schreibt, geschieht ihr in den Texten zu selten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.05.2015

Sabine Vogel erzählt in ihrer Rezension fünf der sechs Kurzgeschichten aus Ulrike Almut Sandigs "Buch gegen das Verschwinden" noch kürzer nach und imitiert dabei den Stil der Autorin: Die habe "die Melancholie unbegreiflicher Verluste" mit knappen, kargen Sätzen in Szenen gesetzt, die wie "angehaltene Ewigkeiten" wirken, berichtet die Rezensentin. Feste werden sorgfältig vorbereitet, aber nie gefeiert werden; ein Embryo geht im Mutterleib verloren; ein alter Mann erzählt aus seiner brüchigen Erinnerung - so und ähnlich sehen die Konstellationen aus, in denen Sandig den Verlust verdichtet, fasst Vogel beeindruckt zusammen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.04.2015

Leicht neben der Spur fühlt sich Ina Hartwig mit Ulrike Almut Sandigs Geschichten vom Verschwinden, und ihr gefällt das. Zum einen, da Sandig ihren Figuren in die Seele zu schauen vermag und ihren Schicksalen in diesen Texten mit einem schöpfungsgeschichtliche Subtext (angeordnet sind sie wie die sieben Tage der Schöpfungsgeschichte, schreibt die Rezensentin) einen echten Mehrwert verleihen kann, wie Hartwig versichert. Zum anderen, weil das Buch voller Rätsel ist, melancholische und auch böse, vor allem aber ungelöste. Weiterhin überzeugt Sandig die Rezensentin durch schräge Satzmelodien, doppelte Textböden und genaues Hinschauen auf die Mikroneurosen von heute oder auch im Jahr 2117.
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