Benjamin Anastas

Am Fuß des Gebirgs

Roman
Cover: Am Fuß des Gebirgs
Jung und Jung Verlag, Wien 2005
ISBN 9783902144904
Gebunden, 472 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Silvia Morawetz. Am Anfang ist es der Blick durch ein Opernglas, und er richtet sich auf die Bühne des Neuen Deutschen Theaters in Prag. Arno ist es, der da hindurchschaut, und er sieht, wovon andere geträumt haben. Auch er träumt, aber es sind keine guten Träume, dafür ist die Wirklichkeit um ihn herum zu brenzlig, zu gefährlich: Wir sind in der Mitte der dreißiger Jahre, und Arno ist Jude, ein Jude in Prag und Patient der Psychoanalyse. Viel hilft sie ihm nicht, und so ist er rasch bereit, seiner Analytikerin zu folgen, als sie ihn mitnimmt in die Villa der Eugenie Schwarzwald am Grundlsee im Salzkammergut. Dort haben sich Künstler und Intellektuelle aus ganz Europa versammelt, um sich noch einmal vor der Geschichte zu verstecken, deren Schlinge sie schon spüren. Egon Friedell ist da und Julian Huxley mit seiner Frau und May Sarton, eine amerikanische Schriftstellerin, in die Arno sich sofort verliebt, unglücklich-glücklich, wie die Geschichte zeigen wird. Und kurz bevor der Vorhang fällt, erfährt der hilflose Arno, was Liebe kann, und das noch weitaus hilflosere Europa, was es sich eingebrockt hat.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.10.2005

Alles sei wunderbar lebendig bei Benjamin Anastas, Prag und das Salzkammergut kurz vor dem "Anschluss" Österreichs, detailreich die Orte mit ihrer Geschichte, ist die gute Nachricht von Rezensentin Stefana Sabin. Die Menschen und ihre "literarische Wirklichkeit" sind es nicht. Ein neurotischer Prager Jude mit seiner nach Prag geflüchteten Analytikerin und eine amerikanische Dichterin bildeten das Personal für eine Privatgeschichte im "Sommerheim Seeblick" mit welthistorischem Hintergrund. "Dabei werden alle Klischees aufgewärmt", notiert Sabin unumwunden, um sie sogleich genüsslich aufzuzählen. Dementsprechend "schablonenhaft" seien die Figuren geraten, attestiert die Rezensentin, die Sprache "ungenau", die Handlung "dünn" und die Ironie bewege sich auf der Grenze zum "Trivialen". Anastas koloritreichem historischem Panorama aus Osteuropa fehle die entscheidende Perspektive auf die "intellektuelle Befindlichkeit" der Vorkriegszeit, ist die schlechte Nachricht der Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.06.2005

Otto A. Böhmer preist Benjamin Anastas' "Am Fuß des Gebirgs", einen offenbar dem "Zauberberg" nahestehenden Roman, wenn er auch statt in Davos am Grundlsee spielt, wo Europas intellektuell-künstlerische Elite im Schatten der Verwerfungen, zu denen die nationalsozialistische Schreckensherrschaft führte, ein letztes Mal lustwandelt. Hier lernt der sensible Held des Romans, der Prager Arno Singer, der unter Waschzwang und unklaren Bedrückungen litt, die Liebe kennen, in Form der unkompliziert-lebensfrohen Mary, einer amerikanischen Schriftstellerin, die sich sexuell allerdings eher zu Frauen hingezogen fühlt. Gleichwohl begreift Singer das Wesen der Liebe, erzählt Böhmer, und geht, wie vor ihm Hans Castorp, getröstet hinaus in die - "Katastrophe. Und in seiner Begeisterung rühmt Böhmer das Werk als "ein wunderbar vielstimmiges und reichhaltiges Buch, das von den Fragwürdigkeiten der menschlichen Existenz mit den Mitteln des großen realistischen Romans erzählt".